MQ Fru_hjahr 18 red
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
Treffpunkt zum Musizieren,<br />
Kommunizieren, Diskutieren:<br />
Das ist die WG für (von links)<br />
Julian Diekhaus, Patrick Bertram,<br />
Stefan Diekhaus, „Jogi“<br />
Praeck und Johannes Otto-<br />
Lübker; oben: „Oli“ Wissing<br />
WG-Band reißt Musikfans<br />
zwischen 25 und 75 mit!<br />
Schlagzeug, Gitarre, Rocksound:<br />
Die Jungs haben’s DRAUF<br />
von Bernd Middendorf<br />
„Sie suchen eine WG in Quakenbrück?<br />
Dann sind Sie hier genau<br />
richtig!“ wirbt eine Internetseite<br />
im WorldWideWeb, bietet aber im<br />
Herzen der Stadt nur eine Handvoll<br />
Mini-Appartments an. Darauf<br />
wollten im Spätsommer 2016 einige<br />
musikverrückte Jungs einfach<br />
nicht warten – und mieteten sich<br />
kurzerhand eine größere Altbauwohnung<br />
auf dem St. Antoniort.<br />
„Im September sind wir eingezogen<br />
Dann haben wir schon bald Gas<br />
gegeben und richtig gemuckt“<br />
erinnert sich Johannes Otto-Lübker,<br />
im Hauptjob ein junger Pionier im<br />
umkämpften Internetgeschäft, aber<br />
genauso besessen von Schlagzeug<br />
und Gitarre wie alle anderen.<br />
Eine WG in der Burgmannstadt –<br />
und das als Mischung aus Studenten,<br />
Handwerkern, Kaufleuten oder<br />
Schreibtischtätern? Sehr verdächtig<br />
für eine Kleinstadt. Das Rätselraten<br />
nahm so schnell kein Ende, zumal<br />
Tag und Nacht Musikgeräusch aus<br />
dem restauríerten Fachwerkbau<br />
zu hören war. „Am Anfang gab es<br />
reichlich Gerüchte über uns“ verraten<br />
die Jungs und können sich das<br />
Lachen nicht verkneifen. Immerhin<br />
haftet solch „freien“ WGs seit den<br />
Zeiten von Uschi Obermaier und<br />
ihrer Kommune I irgendwie was<br />
Verruchtes an, und der Zutritt<br />
für Mädchen ist auch in der WG am<br />
Antoniort nicht verboten.<br />
Tatsächlich wollten aber die WG-<br />
Mitglieder nur eins, und das ist bis<br />
heute nahezu Bedingung für die<br />
Aufnahme in ihre „Bude“: Musik<br />
machen – in jeder Form, zu jeder<br />
Zeit und so lange wie möglich. „Wir<br />
sind keine typische TOP40- oder<br />
womöglich eine Cover-Band. Wir<br />
spielen immer nur das, was Bock<br />
macht. Manchmal fliegt ein Stück<br />
auch schnell wieder raus. Uns geht’s<br />
um ‚intuitives Wohlfühlen, könnte<br />
man sagen.“ drückt es Patrick<br />
Bertram (27) aus, tätig als Restaurator,<br />
Sänger und ein Stück weit auch<br />
Leader – aber das sind sie eigentlich<br />
alle.<br />
Wie intensiv frönt nun jeder<br />
einzelne seiner Leidenschaft?<br />
„Selbstverständlich beherrschen<br />
wir alle ein Instrument. Und hier<br />
können wir uns richtig ausleben“<br />
sagt Johannes. „Die Nachbarn sind<br />
tolerant, und schließlich ist es ja<br />
ein freistehendes Gebäude, keine<br />
Etagenwohnung“. Er ist Informatik-<br />
Kaufmann und Web-Designer, war<br />
in der Augsburger Radioszene, hat<br />
im EG seine kleine Firma „online@<br />
work“. Bis zur WG-Gründung haben<br />
viele von ihnen schon als Kinder<br />
die Eltern genervt – im Keller, auf<br />
Dachböden, notfalls auch in Wohnzimmern.<br />
„Ich hatte ein Buch mit Volksliedern<br />
und den Grifftabellen dazu gekriegt,<br />
hab mir mit 12 eine Klampfe<br />
gekauft. Unser Musiklehrer an der<br />
O-Stufe, Herr Heide, war echt super“<br />
erzählt Tontechniker Stefan Diekhaus<br />
(32), gelernter Feinmechaniker.<br />
Später stieß er zur Quakenbrücker<br />
Gruppe „Höllenfahrt“; geübt wurde<br />
bei Kynast und Käse-Reinschmidt.<br />
„Ich habe schon zu analogen Zeiten<br />
gemischt und zentnerschwere<br />
Technik geschleppt“ schmunzelt<br />
er. Er arbeitete im Kulturbahnhof<br />
in Neuenkirchen, wagte sich ans<br />
Fotografieren, ehe die WG-Band<br />
sein technisches Talent entdeckte.<br />
„Stefan kam in unser Leben wie<br />
Zauberer Gunharis in ‚Herr der<br />
Ringe‘“ – das klingt scherzhaft, aber<br />
Jogi (Johannes) Praeck, der mit Gitarre<br />
und fetzigen Songs fast jedes<br />
Publikum schnell auf Betriebstemperatur<br />
bringt, bestätigt, was Stefan<br />
mit dem Tablet statt wie früher<br />
mit dem Mischpult für sie tut: „Vor<br />
der Bühne, auf der Bühne – du bist<br />
überall.“ Er habe ihre Qualität um<br />
100 % gesteigert, schiebt Patrick ein<br />
dickes Lob nach.<br />
Qualität – das ist das Stichwort.<br />
Ihr ausgezeichnetes musikalisches<br />
Niveau in Stilrichtungen<br />
wie Rock, Pop und Rap-Musik hat<br />
schon viele begeistert, auch den<br />
Chronisten. Auf Qualität legen sie<br />
Wert und einer der Garanten für<br />
diesen Anspruch ist ausgerechnet<br />
der Youngster. Oliver (Oli) Wissing,<br />
gerade 19 geworden, aber anstelle<br />
einer Lehre als Tischler, die ihn<br />
nicht ausfüllte, studiert er jetzt am<br />
Music-College in Hannover – unter<br />
anderem Schlagzeug, aber auch<br />
Jazz. „Ich hatte mit 8 Jahren schon<br />
Ausgabe Frü<strong>hjahr</strong> 20<strong>18</strong> mq | 31