KIRRMANNS SCHWUR
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Müller, Herrn Grèze, der nebst der Mühle noch ein Transportunternehmen führte. Ich suchte den<br />
Leiter des Postamts, Herrn Ramsacher, und die Eltern von Delort auf. Herr Grèze nahm uns,<br />
Ramsacher und mich, im Lkw von Saint-Flour zum Puy mit. Dort wohnte, seit seiner Ausweisung<br />
im Dezember 1940, der Zaberner Finanzamtleiter, Paulus, mit dessen Sohn, Marineoffizier zu der<br />
Zeit, als ich das Kolleg besuchte. Von Vater Paulus - einer seiner Schwiegersöhne war Industrieller<br />
- wurde behauptet, dass er über eine Reihe von Auskünften mit Bezug auf die Zaberner<br />
Ausgewiesenen von 1940 verfügte. Es war also die Gelegenheit, um Neues über die Heimat zu<br />
erfahren und die Atmosphäre der alten Freundschaften herbeizureden. Im Lauf des Gesprächs<br />
zeigte Paulus sich als überzeugter Gaullist. Auf eine seiner Auskünfte wird hier, aufgrund des<br />
Außergewöhnlichen, näher eingegangen.<br />
Der Kommandant, de Gouvello, Absolvent «Croix du Drapeau 1914» des Militärkollegs Saint-Cyr,<br />
Kommandeur der Ehrenlegion «Légion d’Honneur» 14-18, war von 1937 bis 1939 Führer des 10.<br />
Jägerbataillons in Zabern. Die Garnison lebte in vollkommnerer Symbiose mit der Bevölkerung.<br />
Im Einverständnis mit dem Kollegdirektor hatte er das bereits genannte Zentrum zur militärischen<br />
Vorausbildung organisiert und wurde zum Ehrenbürger der Stadt Zabern ernannt. In der Schrift<br />
des Claude Paillat über den Kampf von Juni 1940 wird er in der Eigenschaft als Generalstabsführer<br />
einer Division zitiert. Beim Rückzug in Dünkirchen wurde er ein weiteres Mal ernsthaft verletzt.<br />
Im Sommer 1941 hatte ich ihn in Clermont aufgesucht, wohin er, immer noch hinkend, im Rahmen<br />
der Vichy-Armee, zur Generaldirektion der Infanterie berufen wurde. Als er mich empfing, kamen<br />
sein Revanchegeist und sein Vertrauen an die endgültige deutsche Niederlage deutlich zum<br />
Ausdruck. Also war ich gespannt, Näheres über ihn zu erfahren. Vater Paulus wusste, dass im<br />
Monat davor, im Mai 1943, de Gouvello das Kommando über die mobile Garde der Region<br />
Marseille übernommen hatte. Diese Garde wurde immer mehr von den Nazis zum Einsatz<br />
befohlen und sollte, in der Folge, den Kampf gegen die Maquisards aufnehmen und diese<br />
verhaften. Ich konnte es nicht fassen… Aber nach dem Krieg, zurück in Zabern, traf ich zwei<br />
Kameraden, die heil aus dem Maquis davongekommen waren und anschließend, auf<br />
Entscheidung von Edmond Michelet, in die 2. Panzerdivision unter Philippe Leclerc eingebunden<br />
wurden. Diese Kameraden erzählten mir, unabhängig voneinander, wie sie eines Tages in der<br />
eroberten Zone in Deutschland einen Zwischenfall mit de Gouvelle erlebt hatten und dieses<br />
Geschehen stimmte genau mit den Angaben des Finanzamtleiters Paulus überein. Ein anderer<br />
ehemaliger Maquisard hatte de Gouvelle als Befehlshaber einer bewaffneter Aktion der mobilen<br />
Vichy-Garde gegen seine Maquisardgruppe identifiziert. Aus diesen Unterredungen wurde fast<br />
ein Drama. General Leclerc, der die Karriere von de Gouvello, Held des Ersten Weltkriegs, kannte,<br />
wurde sofort alarmiert und forderte de Gouvello - nach vorläufiger Festnahme und Ermittlungen -<br />
auf, sein Amt sofort niederzulegen. Mehr weiß ich über diese Angelegenheit nicht, aber es<br />
schockiert mich, dass heutzutage eine Straße in Zabern den Namen “Général de Gouvello“ trägt,<br />
ohne dass irgendwo die Namen des Paul Durrenberger oder anderer Märtyrer erscheinen. Die<br />
Gemeinde der 650 Zaberner Juden, von denen mehr als 120 in Auschwitz vergast worden sind,<br />
wurde ganz vergessen.<br />
Ende Juni reiste ich von Saint-Flour nach Clermont zurück und bei meiner Ankunft suchte ich<br />
sofort den Abt auf, nur einige Schritte vom Bahnhof entfernt. Bereits bei der Begrüßung spürte ich<br />
bei ihm eine große Besorgnis. Er bat mich, sofort mit Henri Weilbacher Kontakt aufzunehmen und<br />
ihm mitzuteilen, dass die “Große Gestapo“ (kurz davor in Lyon zugange) seit dem Morgen in<br />
Clermont war.<br />
Keine Zeit, nach der Herkunft dieser Information zu fragen. Sofort eilte ich mit der Straßenbahn<br />
zur Rue Montlosier, zur Polizeiverwaltung. In der streng bewachten Eingangsschleuse wartete ich<br />
eine Weile auf den Befehl von Henri an den wachhabenden Polizisten, mir den Durchgang zu<br />
gestatten und mich zu ihm zu führen. Ich sagte ihm Bescheid. H.W. rief einen seiner Gehilfen, der<br />
bestätigte, diese Information vor zwei Stunden erhalten zu haben. Als ich mit ihm allein war, bat<br />
er mich, in Zukunft, falls er abwesend sein sollte, nach Chabrier, seinem Assistenten, zu fragen,<br />
aber nur bei höchster Dringlichkeit und wenn unbedingt erforderlich (Landung). Er gab mir den<br />
Auftrag, Abt Vincent zu warnen, dass er sich auf keinen Fall beim Banker Asch verstecken sollte,<br />
denn Letzterer befand sich als Jude in einer zu gefährlichen Lage. Solange keine<br />
“unvorhersehbaren Ereignisse“ eintraten, sollte ich ihn vor Oktober nicht wieder aufsuchen. Ich<br />
ahnte Schlimmes. Vincent nahm alles zur Kenntnis und gab mir eine Verbindungsadresse. Zwei<br />
Tage später erlebten wir die zweite Katastrophe: in der Stadt wurden zwei Gestapomänner<br />
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