19.06.2018 Aufrufe

GesteinsPerspektiven 04/18

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

6<br />

ZUR SACHE<br />

FRAGWÜRDIGER ERKENNTNISGEWINN: Die Zahl zusätzlich geforderter<br />

Gutachten in Genehmigungsverfahren wächst. Doch welcher Erkenntnisgewinn<br />

ist ihnen tatsächlich zu verdanken? Foto: Bernd Kasper/Pixelio.de<br />

bei. Daraus resultierende Unsicherheiten<br />

im Umgang mit komplexen Verfahren<br />

führen schon jetzt – zusätzlich getrieben<br />

durch neue technische Möglichkeiten –<br />

zu einer wahren „Gutachtenflut“, sofern<br />

das Verfahren nicht stringent geführt<br />

wird. Am Ende ist manchmal zu fragen,<br />

welchen tatsächlichen Erkenntnisgewinn<br />

immer aufwendigere Gutachten<br />

tatsächlich bringen.<br />

„Trotz aller Aufklärungsarbeit über den<br />

tatsächlichen jährlichen Rohstoffbedarf<br />

jedes einzelnen Bürgers und die belegbare<br />

Tatsache, dass unsere Branche ausschließlich<br />

Bedarfe deckt, aber nicht<br />

weckt, wird die interessengeleitete Utopie<br />

einer ‚Bedarfsplanung‘ verfolgt, welche in<br />

vollständiger Kreislaufwirtschaft ein Allheilmittel<br />

zu finden glaubt.“<br />

Das alles führt dazu, dass ein Rahmenbetriebsplan<br />

– z. B. für die Tagebaufortführung<br />

auf etwa 70 ha Intensivacker<br />

– im Jahr 2017 in fünf dicken Aktenordnern<br />

abgelegt werden muss,<br />

während ein Vorgängerverfahren im Jahr<br />

2000 noch in einen einzigen Ordner<br />

passte. So kann eine Genehmigungsentscheidung<br />

mittlerweile gerne bis zu zehn<br />

Jahre dauern.<br />

Was aber kann ein Unternehmen<br />

gegen zu weitreichende Forderungen<br />

nach Untersuchungen und Gutachten<br />

tun? Den Rechtsweg zu beschreiten, ist<br />

keine realistische Option. Überlastete<br />

Gerichte mit umfangreichen, komplexen<br />

und technisch geprägten Verfahren zu<br />

konfrontieren, nimmt viel zu viel Zeit in<br />

Anspruch – noch dazu bei einem unberechenbaren<br />

Ausgang. Das entspricht<br />

aber genau dem Gegenteil dessen, was<br />

die Unternehmen brauchen, nämlich Investitionssicherheit!<br />

Neue Hürden im wirtschaftlichen<br />

und gesellschaftlichen Umfeld<br />

Auch ein Unternehmen mit einem ausreichenden<br />

Genehmigungsvorlauf kann<br />

sich unter aktuellen Bedingungen nicht<br />

zurücklehnen. Die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen<br />

erfordern eine beständige<br />

Wachsamkeit. Zu nennen sind hier<br />

beispielsweise die enorm gestiegenen<br />

Stromkosten als Ergebnis der Förderung<br />

erneuerbarer Energien. Sicher gibt es<br />

individuell-kreative Lösungen, wie die<br />

Investitionen in Blockheizkraftwerke mit<br />

hoher Energieeffizienz. Doch kann es<br />

zielführend sein, dass ein Unternehmen<br />

zum Energie-Selbstversorger wird, statt<br />

sich auf seine Kernaufgabe zu konzentrieren?<br />

Wie viele mittelständische Unternehmen<br />

sind in der Lage, diesen Weg zu<br />

gehen?<br />

Dass unsere heimischen Rohstoffe<br />

eine wichtige Grundlage für unsere Industrieproduktion<br />

und unseren Wohlstand<br />

sind, ist als Erkenntnis leider in der<br />

Gesellschaft wenig präsent. Trotz aller<br />

Aufklärungsarbeit über den tatsächlichen<br />

jährlichen Rohstoffbedarf jedes einzelnen<br />

Bürgers und die belegbare Tatsache,<br />

dass unsere Branche ausschließlich Bedarfe<br />

deckt, aber nicht weckt, wird die<br />

interessengeleitete Utopie einer „Bedarfsplanung“<br />

verfolgt, welche in vollständiger<br />

Kreislaufwirtschaft ein Allheilmittel<br />

zu finden glaubt. Die Zahlen sprechen<br />

eine andere Sprache: So beträgt die<br />

Gesamtnachfrage nach mineralischen<br />

Gesteinskörnungen aus primären und<br />

sekundären Quellen für qualifizierte Baumaßnahmen<br />

und die Baustoffproduktion<br />

etwa 570 Mio. t/Jahr. Der Anteil sekundärer<br />

Substitute – in Korrelation der verfügbaren<br />

Abbruchmassen – liegt dabei<br />

bei maximal 12 % – und das bei einer<br />

Recyclingquote von 80 % bis 90 %. Dass<br />

also die Gesamtnachfrage auch bei vollständiger<br />

Rückgewinnung nicht allein<br />

durch Recyclingprodukte gedeckt werden<br />

kann, ist offensichtlich. Dennoch<br />

wird die Utopie einer vollständigen Kreislaufwirtschaft<br />

unverdrossen propagiert<br />

und selbst von einzelnen oberen Bundesbehörden<br />

vertreten.<br />

Derart offiziell konditioniert, ist es<br />

auch kein Wunder, wenn Bürger und<br />

NGOs Informations- und Teilhaberechte<br />

einfordern, daraufhin wieder auf Politik<br />

und öffentliche Meinung (Presse,<br />

Social Media etc.) einwirken und letztlich<br />

politisch geprägte Entscheidungsprozesse<br />

auch in der Raumplanung<br />

zum Tragen kommen. Rohstoffunternehmen<br />

müssen daher im Genehmigungsverfahren<br />

ein regelrechtes Öffentlichkeitsmanagement<br />

betreiben, um<br />

zu einer positiven Genehmigungsentscheidung<br />

zu gelangen. Und auch das<br />

ist wieder mit einem zusätz lichen Aufwand<br />

verbunden, der vor allem kleineren<br />

Unternehmen zunehmend schwerfällt.<br />

Produzenten heimischer Rohstoffe<br />

könnten daher künftig zu einer sehr<br />

seltenen Spezies werden!<br />

(gsz)<br />

ima-europe.eu<br />

bv-miro.org<br />

GESTEINS PERSPEKTIVEN 4/20<strong>18</strong>

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!