GesteinsPerspektiven 04/18
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ZUR SACHE<br />
FRAGWÜRDIGER ERKENNTNISGEWINN: Die Zahl zusätzlich geforderter<br />
Gutachten in Genehmigungsverfahren wächst. Doch welcher Erkenntnisgewinn<br />
ist ihnen tatsächlich zu verdanken? Foto: Bernd Kasper/Pixelio.de<br />
bei. Daraus resultierende Unsicherheiten<br />
im Umgang mit komplexen Verfahren<br />
führen schon jetzt – zusätzlich getrieben<br />
durch neue technische Möglichkeiten –<br />
zu einer wahren „Gutachtenflut“, sofern<br />
das Verfahren nicht stringent geführt<br />
wird. Am Ende ist manchmal zu fragen,<br />
welchen tatsächlichen Erkenntnisgewinn<br />
immer aufwendigere Gutachten<br />
tatsächlich bringen.<br />
„Trotz aller Aufklärungsarbeit über den<br />
tatsächlichen jährlichen Rohstoffbedarf<br />
jedes einzelnen Bürgers und die belegbare<br />
Tatsache, dass unsere Branche ausschließlich<br />
Bedarfe deckt, aber nicht<br />
weckt, wird die interessengeleitete Utopie<br />
einer ‚Bedarfsplanung‘ verfolgt, welche in<br />
vollständiger Kreislaufwirtschaft ein Allheilmittel<br />
zu finden glaubt.“<br />
Das alles führt dazu, dass ein Rahmenbetriebsplan<br />
– z. B. für die Tagebaufortführung<br />
auf etwa 70 ha Intensivacker<br />
– im Jahr 2017 in fünf dicken Aktenordnern<br />
abgelegt werden muss,<br />
während ein Vorgängerverfahren im Jahr<br />
2000 noch in einen einzigen Ordner<br />
passte. So kann eine Genehmigungsentscheidung<br />
mittlerweile gerne bis zu zehn<br />
Jahre dauern.<br />
Was aber kann ein Unternehmen<br />
gegen zu weitreichende Forderungen<br />
nach Untersuchungen und Gutachten<br />
tun? Den Rechtsweg zu beschreiten, ist<br />
keine realistische Option. Überlastete<br />
Gerichte mit umfangreichen, komplexen<br />
und technisch geprägten Verfahren zu<br />
konfrontieren, nimmt viel zu viel Zeit in<br />
Anspruch – noch dazu bei einem unberechenbaren<br />
Ausgang. Das entspricht<br />
aber genau dem Gegenteil dessen, was<br />
die Unternehmen brauchen, nämlich Investitionssicherheit!<br />
Neue Hürden im wirtschaftlichen<br />
und gesellschaftlichen Umfeld<br />
Auch ein Unternehmen mit einem ausreichenden<br />
Genehmigungsvorlauf kann<br />
sich unter aktuellen Bedingungen nicht<br />
zurücklehnen. Die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen<br />
erfordern eine beständige<br />
Wachsamkeit. Zu nennen sind hier<br />
beispielsweise die enorm gestiegenen<br />
Stromkosten als Ergebnis der Förderung<br />
erneuerbarer Energien. Sicher gibt es<br />
individuell-kreative Lösungen, wie die<br />
Investitionen in Blockheizkraftwerke mit<br />
hoher Energieeffizienz. Doch kann es<br />
zielführend sein, dass ein Unternehmen<br />
zum Energie-Selbstversorger wird, statt<br />
sich auf seine Kernaufgabe zu konzentrieren?<br />
Wie viele mittelständische Unternehmen<br />
sind in der Lage, diesen Weg zu<br />
gehen?<br />
Dass unsere heimischen Rohstoffe<br />
eine wichtige Grundlage für unsere Industrieproduktion<br />
und unseren Wohlstand<br />
sind, ist als Erkenntnis leider in der<br />
Gesellschaft wenig präsent. Trotz aller<br />
Aufklärungsarbeit über den tatsächlichen<br />
jährlichen Rohstoffbedarf jedes einzelnen<br />
Bürgers und die belegbare Tatsache,<br />
dass unsere Branche ausschließlich Bedarfe<br />
deckt, aber nicht weckt, wird die<br />
interessengeleitete Utopie einer „Bedarfsplanung“<br />
verfolgt, welche in vollständiger<br />
Kreislaufwirtschaft ein Allheilmittel<br />
zu finden glaubt. Die Zahlen sprechen<br />
eine andere Sprache: So beträgt die<br />
Gesamtnachfrage nach mineralischen<br />
Gesteinskörnungen aus primären und<br />
sekundären Quellen für qualifizierte Baumaßnahmen<br />
und die Baustoffproduktion<br />
etwa 570 Mio. t/Jahr. Der Anteil sekundärer<br />
Substitute – in Korrelation der verfügbaren<br />
Abbruchmassen – liegt dabei<br />
bei maximal 12 % – und das bei einer<br />
Recyclingquote von 80 % bis 90 %. Dass<br />
also die Gesamtnachfrage auch bei vollständiger<br />
Rückgewinnung nicht allein<br />
durch Recyclingprodukte gedeckt werden<br />
kann, ist offensichtlich. Dennoch<br />
wird die Utopie einer vollständigen Kreislaufwirtschaft<br />
unverdrossen propagiert<br />
und selbst von einzelnen oberen Bundesbehörden<br />
vertreten.<br />
Derart offiziell konditioniert, ist es<br />
auch kein Wunder, wenn Bürger und<br />
NGOs Informations- und Teilhaberechte<br />
einfordern, daraufhin wieder auf Politik<br />
und öffentliche Meinung (Presse,<br />
Social Media etc.) einwirken und letztlich<br />
politisch geprägte Entscheidungsprozesse<br />
auch in der Raumplanung<br />
zum Tragen kommen. Rohstoffunternehmen<br />
müssen daher im Genehmigungsverfahren<br />
ein regelrechtes Öffentlichkeitsmanagement<br />
betreiben, um<br />
zu einer positiven Genehmigungsentscheidung<br />
zu gelangen. Und auch das<br />
ist wieder mit einem zusätz lichen Aufwand<br />
verbunden, der vor allem kleineren<br />
Unternehmen zunehmend schwerfällt.<br />
Produzenten heimischer Rohstoffe<br />
könnten daher künftig zu einer sehr<br />
seltenen Spezies werden!<br />
(gsz)<br />
ima-europe.eu<br />
bv-miro.org<br />
GESTEINS PERSPEKTIVEN 4/20<strong>18</strong>