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4 Dissertationen und Habilita- tionen / Dissertations and Ha- bilitations

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MEDIENSPIEGEL MEDIA REVIEW<br />

Schauplatz, nämlich Marokko, das nicht dem Sultan in<br />

Istanbul unterstellt war. Als roter Faden zieht durch<br />

sein Buch der Bericht eines Mannes aus Cornwall,<br />

Thomas Pellow, der als Elfjähriger mit der Besatzung<br />

eines englischen Schiffes 1715 gefangen genommen<br />

wurde, als Sklave nach Salé <strong>und</strong> Meknès kam <strong>und</strong> erst<br />

nach 23 Jahren entkommen konnte. Wem die Rückkehr<br />

gelang, der war oft verarmt <strong>und</strong> schrieb einen<br />

Bericht über sein Sklavendasein. Solche Berichte<br />

waren oft übertrieben, damit sie sich besser verkauften.<br />

Andere Zeugnisse, auch die aus arabischen Quellen,<br />

beweisen aber, dass Pellow „die Geschehnisse<br />

bemerkenswert getreu wiedergab“. Inhalte des Berichts<br />

machen aber nur einen kleinen Teil des Buches<br />

aus. Der Autor informiert ausführlich über den marokkanischen<br />

Sklavenh<strong>and</strong>el mit Europäern, ein lukratives<br />

Geschäft; die Menschen waren „weißes Gold“.<br />

Milton schreibt vor allem über die Verhältnisse am<br />

Hof des Sultans Mulai Ismael, von dem unvorstellbare<br />

Grausamkeiten überliefert sind. Doch ging es manchen<br />

Sklaven auch verhältnismäßig gut. Einige Chronisten<br />

überliefern, dass die skrupellosen Plünderungszüge<br />

einiger Clans, die aus Andalusien vertrieben<br />

wurden, aus Rache geschahen. Die Sklaven konnten<br />

für bestimmte Lösegeldsummen freigekauft werden<br />

Die weißen Väter. Mission in der Wüste. Von Susanne<br />

Sterzenbach. Sankt Ulrich Verlag, Augsburg<br />

2009. 143 Seiten mit zahlreichen Schwarzweißfotos.<br />

Susanne Sterzenbach war von 2001 bis 2004 ARD-<br />

Korrespondentin für den Maghreb mit Wohnsitz Algier.<br />

Aus dieser Zeit, die den deutschen Zuschauern<br />

manch informativen <strong>und</strong> schönen Film aus Nordafrika<br />

bescherte, resultiert auch dieses Buch über den Missionsorden<br />

der Weißen Väter. In der Wüstenstadt<br />

Ghardaia konnte sie Einblick in ein Fotoarchiv des<br />

Ordens nehmen, das zur Gr<strong>und</strong>lage des Buches wurde.<br />

So sind auf fast jeder Seite Fotos abgebildet, die zum<br />

Teil noch aus dem vorvorigen Jahrh<strong>und</strong>ert stammen.<br />

Susanne Sterzenbach erzählt Geschichten aus der<br />

Historie des Ordens, von ihren Leben <strong>und</strong> Wirken,<br />

142<br />

von ihrer Gelehrsamkeit, ihrer Kenntnis des L<strong>and</strong>es<br />

<strong>und</strong> seiner Sprachen. Sie kamen im Zuge mit der französischen<br />

Besatzung im 19. Jahrh<strong>und</strong>ert ins L<strong>and</strong> <strong>und</strong><br />

entwickelten eine ganz besondere Mission, die auf<br />

Bekehrungsversuche verzichtet, die christliche Werte<br />

vorlebt <strong>und</strong> sich auf das L<strong>and</strong> <strong>und</strong> seine Kultur einlässt,<br />

verb<strong>und</strong>en mit Wohltätigkeit <strong>und</strong> sozialer Arbeit.<br />

Und so soll denn auch noch kein einziger Muslim<br />

von den Weißen Vätern bekehrt worden sein. Heute<br />

hat der Orden – es gibt auch „Weiße Schwestern“ – in<br />

aller Welt Niederlassungen, <strong>und</strong> viele stammen aus<br />

den Ländern ihres Wirkens. Die Autorin schreibt kein<br />

Geschichtswerk über die „Pères blancs“, sondern baut<br />

Historisches in die einzelnen kurzen Episoden ein, die<br />

wie in einem Feature persönliches Erleben mit Sachinforma<strong>tionen</strong><br />

über L<strong>and</strong> <strong>und</strong> Leute sowie Biographischem<br />

einzelner Patres unterhaltsam verbinden. Interessant<br />

sind die Mitteilungen über das Wirken einzelner<br />

Ordensleute, einer der Patres sammelt zum Beispiel<br />

Teppiche <strong>und</strong> erforscht Herstellung <strong>und</strong> Muster,<br />

ein <strong>and</strong>erer widmet sich der Tuaregkultur, wieder ein<br />

<strong>and</strong>erer befasst sich mit Artefakten der Frühgeschichte<br />

<strong>und</strong> hat für steinerne Faustkeile, Speerspitzen <strong>und</strong><br />

<strong>and</strong>ere F<strong>und</strong>e eigenhändig ein Museum gebaut. Die<br />

Patres betreiben Schulen <strong>und</strong> Werkstätten, arbeiten als<br />

H<strong>and</strong>werker oder Hochschullehrer – <strong>und</strong> sie sind immer<br />

für Rat <strong>und</strong> Trost da. In den „schwarzen“ 1990er<br />

Jahren wurden einige weiße Väter von Islamfanatikern<br />

ermordet, worüber die meisten Algerier entsetzt waren,<br />

denn die „Pères Blancs“ genießen hohes Ansehen<br />

bei der Bevölkerung.<br />

Die unbekannte Mitte der Welt. Globalgeschichte<br />

aus islamischer Sicht. Von Tamim Ansary. Aus dem<br />

Englischen von Jürgen Neubauer. Campus Verlag,<br />

Frankfurt a. M. 2010. 367 Seiten mit einigen Karten.<br />

„Mit dem Islam <strong>und</strong> dem Westen stehen zwei gewaltige<br />

Welten nebenein<strong>and</strong>er, doch ist bemerkenswert,<br />

wie wenig sie ein<strong>and</strong>er zur Kenntnis genommen haben“.<br />

In der westlichen Geschichtsschreibung blieb<br />

die islamische immer unter der Oberfläche, „eine Art<br />

gegenläufige Unterströmung“. Der afghanisch-britische<br />

Autor, in den USA lebender Journalist <strong>und</strong> Publizist,<br />

stellt der eurozentrischen Geschichtsauffassung<br />

mit diesem Buch eine Alternative entgegen. Mit seinem<br />

unterhaltsam zu lesenden Buch will er „eine<br />

Geschichte“ erzählen, das, „was ich Ihnen in einem<br />

Café erzählen würde, wenn Sie mich fragen würden,<br />

was es mit dieser parallelen Weltgeschichte auf sich<br />

hat“. Er beginnt mit der vorislamischen „Welt der<br />

Mitte“, dem Mittelmeerraum, <strong>und</strong> arbeitet dann die<br />

Geschichte des Islam chronologisch ab bis zum Jahr<br />

2001, dem Zeitpunkt als beide Geschichtsstränge<br />

zusammen geprallt seien. Was danach geschah, sei<br />

noch zu frisch, um es aus der Vogelperspektive betrachten<br />

zu können. Für den K<strong>und</strong>igen, etwa einem<br />

Islamwissenschaftler, bringt das Buch vielleicht nicht<br />

viel Neues. Aber auch er wird an dem Buch Freude<br />

haben, an den Erklärungen für manche Phänomene, an<br />

den Anekdoten. Zum Beispiel, wie ein englischspra-

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