4 Dissertationen und Habilita- tionen / Dissertations and Ha- bilitations
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MEDIENSPIEGEL MEDIA REVIEW<br />
Die Autorin, eine Literaturwissenschaftlerin <strong>und</strong> Journalistin,<br />
hat allerh<strong>and</strong> Unterhaltsames für diesen großformatigen<br />
Text-Bild-B<strong>and</strong> zusammengetragen. Sie<br />
beginnt mit der komplizierten Herkunfts- <strong>und</strong> Editionsgeschichte<br />
<strong>und</strong> endet mit der Rezeptionsgeschichte<br />
in Europa. Letztere hätte etwas ausführlicher sein<br />
können. Zwischendrin informiert sie den Leser über<br />
die <strong>Ha</strong>uptpersonen (Shahrazad, Ali Baba, Ala ed-Din,<br />
Djinnen, Dämonen, König Salomo, <strong>Ha</strong>run ar-Rachid<br />
<strong>und</strong> Sindbad). Wer die Geschichten kennt, erfährt hier<br />
aus dem Nacherzählten kaum Neues. Interessanter ist<br />
schon der Teil, der sich mit der Geographie <strong>und</strong> den<br />
Erzählschwerpunkten beschäftigt (Luxus, Frauen,<br />
Schicksal <strong>und</strong> Glück sowie Zauberhaftes). Hier gibt es<br />
ein wenig Hintergr<strong>und</strong>wissen. Die Bebilderung besteht<br />
sowohl aus alten <strong>und</strong> neuen Fotos, als auch aus<br />
Malereien, Zeichnungen usw. von der persischen<br />
Miniatur aus dem 12. Jahrh<strong>und</strong>ert über niederländische<br />
Gemälde <strong>und</strong> Werke der Orientalisten bis zu<br />
kitschigen Märchenbuchillustra<strong>tionen</strong> <strong>und</strong> Bildern von<br />
Marc Chagall <strong>und</strong> Paul Klee.<br />
4. Belletristik<br />
Frauenl<strong>and</strong>. Roman von Rachida Lamrabet. Aus<br />
dem Niederländischen von Heike Baryda. Luchterh<strong>and</strong><br />
Verlag, München 2010. 255 Seiten.<br />
Der Debütroman der belgischen Menschenrechtsaktivistin<br />
<strong>und</strong> Schriftstellerin mit marokkanischen Wurzeln<br />
f<strong>and</strong> in der deutschen Presse ein erstaunlich großes<br />
Echo, das wesentlich besseren Werken nicht beschieden<br />
war. Es ist wohl ein Thema, das hierzul<strong>and</strong>e<br />
eine breitere Leserschaft berührte: Die Schwierigkeit<br />
für Menschen, besonders Frauen, aus islamischorientalischen<br />
Ländern, in der neuen Heimat zurechtzukommen,<br />
ihre Identität zu bewahren, einen Weg<br />
zwischen zwei Kulturen zu finden. Es geht um eine<br />
verworrene Liebesgeschichte zwischen der in Belgien<br />
lebenden Mariam <strong>und</strong> dem in Marokko lebenden<br />
Younes. Sie haben sich in den Ferien in Marokko<br />
kennen gelernt, <strong>und</strong> die Liebe von Younes ist so groß,<br />
dass er fünf Jahre später nach Abschluss seines Studiums<br />
beschließt, ihr nach Belgien zu folgen. Er ertrinkt<br />
aber während der Überfahrt nach Spanien in einem<br />
Flüchtlingsboot. Mariam hat sich emanzipiert, mit<br />
Familie <strong>und</strong> Tradi<strong>tionen</strong> völlig gebrochen Durch mehrere<br />
Zufälle erfährt sie vom Tod ihrer Urlaubsbekanntschaft,<br />
die sie schon vergessen hatte. Sie lässt<br />
sich von ihrem Bruder überreden, an den Platz zu<br />
fahren, wo Younes in Spanien an L<strong>and</strong> gespült wurde.<br />
Danach reisen sie weiter nach Marokko zu Verw<strong>and</strong>ten.<br />
Mariam beginnt, an ihrem selbstgewählten Lebensentwurf<br />
zu zweifeln. Ein Brief <strong>und</strong> seltsame<br />
Träume spielen dabei eine Rolle. Manches in dem<br />
Roman ist wenig glaubwürdig, die Charaktere der<br />
vielen auftretenden Personen sind oberflächlich gezeichnet.<br />
Vor allem am Anfang ist es schwierig, die<br />
H<strong>and</strong>lung, in der sich mehrere Stränge abwechseln, zu<br />
verfolgen. Dann, vor allem zum Ende hin, ist der<br />
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Roman packender <strong>und</strong> enthält auch gute Dialoge, zum<br />
Beispiel wenn Mariam sich mit dem frömmelnden<br />
Abdelkader unterhält, der ihr wegen ihres Lebensw<strong>and</strong>els<br />
Vorwürfe macht: „Mann, du bist vielleicht<br />
pathetisch! … Es dreht sich alles allein um Deinen<br />
eigenen jämmerlichen Profit. Ausgebeutet zu werden,<br />
um genug Geld zu verdienen, um ein besseres Auto<br />
<strong>und</strong> ein größeres <strong>Ha</strong>us zu kaufen als deine Brüder, die<br />
du da hinten zurückgelassen hast. Du willst im westlichen<br />
Überfluss schwelgen, dich mit amerikanischem<br />
<strong>und</strong> deutschem Luxus umgeben <strong>und</strong> dann fünfmal am<br />
Tag den Arsch in die Luft strecken, um dein Gewissen<br />
zu reinigen.“.<br />
Die Schuld des Tages an die Nacht. Roman von<br />
Yasmina Khadra. Aus dem Französischen von Regina<br />
Keil-Sagave. Ullstein Verlag, München 2010. 414<br />
Seiten.<br />
Younes Mahieddine erzählt als über Achtzigjähriger<br />
seine Lebensgeschichte. Eine Geschichte, die vor<br />
allem in das koloniale Algerien der 1920er bis 1960er<br />
Jahre führt. Sein Lebensweg beginnt auf einem<br />
Bauerhof, den sein Vater durch einen Sabotageakt<br />
verliert, über einen Slum in Oran in ein wohlhabendes<br />
von Kolonialisten bewohntes Weindorf an der Küste.<br />
Dort findet er als Jugendlicher drei Fre<strong>und</strong>e, die vier<br />
bilden die unzertrennliche „Forke“. Aus Younes wird<br />
Jonas. Unter den Vieren kommt es zu Zerwürfnissen.<br />
Der Roman h<strong>and</strong>elt vor allem vom Leben der in Algerien<br />
lebenden Europäer. Manchmal erscheinen Algerier,<br />
im Slum, in Person des missh<strong>and</strong>elten Dienstboten<br />
Djelloul, in Gestalt eines <strong>Ha</strong>rkis, der auf Seiten der<br />
Franzosen kämpft. Der Befreiungskrieg verändert das<br />
süße Leben im Weindorf. Die politischen Geschehnisse<br />
bleiben aber immer im Hintergr<strong>und</strong>. Eine unerfüllte<br />
tragische Liebesgeschichte mit Émilie durchzieht vor<br />
allem den zweiten Teil das Buch. Younes ist gespalten,<br />
er sitzt zwischen den Stühlen, er weiß nicht, wohin<br />
er gehört. Und er kann sich nicht entscheiden. Das<br />
Buch erhält seine Spannung durch das Verschwinden<br />
<strong>und</strong> Wiederauftauchen der verschiedenen Personen<br />
<strong>und</strong> durch eine Liebesgeschichte, von der der Leser<br />
bis zum Schluss hofft, dass sie sich erfüllen möge. Am<br />
Ende zieht Younes Bilanz: „Was sollte ich aus dieser