4 Dissertationen und Habilita- tionen / Dissertations and Ha- bilitations
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DISSERTATIONEN UND HABILITATIONEN DISSERTATIONS AND HABILITATIONS<br />
der Gegenwart stellt eine eigene Rechtskultur dar, die<br />
im Sinne der Rechtsvergleichungstheorie nach den<br />
determinierenden Kriterien von Constantinisco als<br />
eine Rechtsfamilie per se bezeichnet <strong>und</strong> betrachtet<br />
wird. Dabei stellt die Tribalität, welche sich durch die<br />
kollektive <strong>Ha</strong>ftung der Solidargruppe zeigt, zusammen<br />
mit dem Ausgleich nach dem �aqq-Prinzip, also dem<br />
„subjektiven Recht“-Prinzip, die entscheidenden Unterscheidungskriterien<br />
nach René David für die<br />
Rechtsfamilie des beduinischen Rechts dar. Trotzdem<br />
war das Recht der arabischen tribalen Gemeinschaften<br />
in der Neuzeit alles <strong>and</strong>ers als vereinheitlicht. Im<br />
Laufe ihrer Geschichten entwickelten sich die Stammesgemeinschaften<br />
<strong>und</strong> das von ihnen praktizierte<br />
Recht je nach Bedarf <strong>und</strong> eigenen Voraussetzungen.<br />
Sie bildeten dadurch kleinere<br />
unterschiedliche Rechtskreise innerhalb der beduinischen<br />
Rechtsfamilie.<br />
- These II: Die Interaktion zwischen beduinischem<br />
<strong>und</strong> islamischem Recht ist vielschichtig. Zum Rechtswesen<br />
der Zeit der Entstehung des islamischen Rechts,<br />
gehörten die tribalen Rechtsh<strong>and</strong>lungen der Altaraber<br />
mit ihren Normen <strong>und</strong> Praktiken sowie die religiösen<br />
Rechtsauffassungen der Juden <strong>und</strong> Christen von Arabien.<br />
Alles floss in einen Korpus. Im islamischen<br />
Recht sind daher Elemente der verschiedenen beeinflussenden<br />
Rechtssysteme wiederzuentdecken. So<br />
vereinigte das islamische Recht die Idee des Rechtsausgleiches<br />
der Altaraber <strong>und</strong> Beduinen „�aqq“ mit<br />
dem Prinzip der Buße „kaff�ra“ des religiösen Rechts,<br />
indem die kaff�ra als Ausgleich für die verletzten<br />
Rechte Gottes (�aqq All�h) interpretiert <strong>und</strong> damit die<br />
Stiftung objektiven strafrechtlichen Sinns (�aq�ba/<br />
�ud�d) legitimiert wird.<br />
Die Auffassung von Strafe als Buße <strong>und</strong> Individualität<br />
der Schuld sind die entscheidenden Unterscheidungskriterien<br />
für das islamische Recht, die der Autor<br />
als Merkmale der Islamität der Rechtsanwendung<br />
betrachtet. Diese Merkmale harmonisieren aber nicht<br />
selbstverständlich mit der Rechtstribalität des beduinischen<br />
Rechts, welches unter <strong>and</strong>erem dem Zusammenhalt<br />
des tribalen Verb<strong>and</strong>s dienen soll. Daher ist<br />
der Autor der Meinung, dass eine Form der Beduinisierung<br />
bzw. Tribalisierung der Rechtsanwendung<br />
bei der Übersetzung islamischer Normen durch die<br />
Beduinen stattf<strong>and</strong>.<br />
- These III: Die Rechtstransforma<strong>tionen</strong>, welche<br />
arabische Stammesgemeinschaften der Neuzeit in der<br />
Zentralregion <strong>und</strong> bei den Awl�d �Al� erlebten, stehen<br />
in enger Verbindung zur Bildung tribaler Neuorganisa<strong>tionen</strong><br />
durch Spaltungen oder Fusionen begleitet<br />
von der zunehmenden Neuschaffung von vertraglichen<br />
Rechtsräumen innerhalb <strong>und</strong> außerhalb einer Genealogie.<br />
Gegen vielfache Auffassung war das Recht der Beduinen<br />
auf dem Gebiet des heutigen Jordaniens, Palästinas,<br />
Israels <strong>und</strong> Ägyptens zwischen dem 17. <strong>und</strong> 20.<br />
Jahrh<strong>und</strong>ert alles <strong>and</strong>ere als statisch. Deutlichster<br />
Ausdruck der veränderlichen Rechtsverhältnisse war<br />
die Aufteilung ihrer beduinischen Rechtsfamilie in<br />
neue Rechtskreise. Diese ging nicht in erster Linie auf<br />
äußere Einflüsse zurück, sondern entsprang der Eigendynamik<br />
der beduinischen Stammesgesellschaft.<br />
Diese Eigendynamik als Quelle von Rechtstransforma<strong>tionen</strong><br />
best<strong>and</strong> wesentlich in inter- <strong>und</strong> transtribalen<br />
Begegnungen <strong>und</strong> Konfronta<strong>tionen</strong>; dies war auch<br />
in früheren Zeiten möglich – <strong>und</strong> wahrscheinlich.<br />
Ausführliche Zusammenfassung unter http://drahme<br />
dabdelsalam.blogspot.com/.<br />
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Christiane Fröhlich: Der israelischpalästinensische<br />
Wasserkonflikt. Diskursanalytische<br />
Betrachtungen. – Abgeschlossene Dissertation<br />
am Zentrum für Konfliktforschung der Philipps-<br />
Universität Marburg. Erstbetreuer Prof. Dr. Berthold<br />
Meyer)<br />
Dem Wasserkonflikt zwischen Israelis <strong>und</strong> Palästinensern<br />
liegen f<strong>und</strong>amental unterschiedliche Wahrnehmungen<br />
von Knappheit zugr<strong>und</strong>e. Zwar bilden die<br />
geografischen, hydrogeologischen <strong>und</strong> demographischen<br />
Gegebenheiten in der Region die Basis des<br />
israelisch-palästinensischen Wasserkonflikts. Der<br />
Begriff Wasser steht jedoch nicht nur für diese „objektiven“<br />
Daten, sondern auch für zahllose soziale,<br />
materielle <strong>und</strong> symbolische Vermittlungsprozesse, die<br />
verschiedenen Funk<strong>tionen</strong> der Ressource Wasser<br />
sowie die mit ihnen verb<strong>und</strong>enen Nutzungsinteressen.<br />
Diese Ambivalenz führt dazu, dass sich Kommunikation<br />
über Wasser auf sehr unterschiedliche Gegenstände<br />
beziehen kann; meist liegt der Fokus dabei<br />
nicht auf dem eigentlichen Stoff Wasser, sondern auf<br />
seiner Nutzung <strong>und</strong> den Kontexten, in denen er zu<br />
finden ist.<br />
Die vorliegende Untersuchung konzentriert sich auf<br />
die politischen, sozialen <strong>und</strong> symbolischen Vermittlungsprozesse<br />
in der israelischen <strong>und</strong> der palästinensischen<br />
Gesellschaft, die dafür sorgen, dass Wasserknappheit<br />
dort als Konfliktgr<strong>und</strong> wahrgenommen<br />
wird. Sie äußern sich in konfliktiven Diskursstrukturen,<br />
etwa der diskursiven Versicherheitlichung von<br />
Wasserknappheit für verschiedene Referenzobjekte.<br />
Beide Seiten konstruieren Wasser zum Konfliktgegenst<strong>and</strong>,<br />
der emotional stark aufgeladen ist: „Nothing is<br />
more basic, more vital, than water, <strong>and</strong> few issues stir<br />
as much emotion.“ Wasserknappheit wird diskursiv<br />
versicherheitlicht, doch die Motiva<strong>tionen</strong> hinter diesen<br />
Versicherheitlichungen sowie ihr Referenzobjekt sind<br />
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