4 Dissertationen und Habilita- tionen / Dissertations and Ha- bilitations
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REZENSIONEN BOOK REVIEW<br />
Gr<strong>und</strong> der Spannungen zwischen Außenminister v.<br />
Ribbentrop <strong>und</strong> Propag<strong>and</strong>aminister Goebbels nach<br />
Berlin zurückversetzt, war F. F. Schmidt-Dumont bis<br />
zum Ende des Krieges in der Ostabteilung des Propag<strong>and</strong>aministeriums<br />
beschäftigt – 1945 Gr<strong>und</strong> genug<br />
für die sowjetischen Besatzer, in dem mehrfach dekorierten<br />
Regierungsbeamten einen vermeintlich „besonders<br />
dicken Fisch“ (S. XLVI) zu sehen, ihn zu<br />
verhaften, nach Moskau zu verschleppen <strong>und</strong> sechs<br />
Jahre später zum Tode zu verurteilen. 1952 zur Strafarbeit<br />
in Sibirien „begnadigt“, verstarb F. F. Schmidt-<br />
Dumont im gleichen Jahr in einem sibirischen Krankenhaus.<br />
Der dritte Teil ist der unterhaltsamste. Er basiert auf<br />
einem fast 200 Seiten umfassenden Bändchen, in welchem<br />
F. F. Schmidt- Dumont „ ... 1932 Fre<strong>und</strong>en <strong>und</strong><br />
Mitarbeitern seine langjährigen Reiseerfahrungen <strong>und</strong><br />
Beobachtungen in der Türkei <strong>und</strong> den arabischen Anrainerstaaten<br />
... präsentierte“ (S.XI). Welch nüchterne<br />
Umschreibung dieser mit viel Humor geschilderten<br />
Erlebnisse <strong>und</strong> Anekdoten. Ich würde diese Passagen<br />
nicht in einem öffentlichen Verkehrsmittel lesen!<br />
Denn bei einigen musste ich lauthals Lachen, z. B. bei<br />
der Beschreibung, wie auf dem Platz Eminönü eine<br />
große <strong>und</strong> beleibte Frau mit nur einem Pantoffel an<br />
den Füßen beim Versuch, durch den Verkehr den<br />
Platz zu überqueren, auch noch ihren zweiten Pantoffel<br />
verliert (S. 113). Und immer wieder zieht F. F.<br />
Schmidt-Dumont dabei Vergleiche zwischen den<br />
Verhältnissen im Osmanischen Reich vor 1918 <strong>und</strong><br />
der neuen Türkei unter Mustafa Kemal (später Atatürk)<br />
seit 1923 mit der Wehmut eines dem Orient verschriebenen<br />
Mannes, der die Farbenprächtigkeit des<br />
Osmanischen Reiches vermisst.<br />
Auch in dem Teil „Ausgewählte Vorträge <strong>und</strong> Aufsätze“<br />
schimmert stellenweise die mit lustigem Augenzwinkern<br />
durchsetzte Betrachtungsweise von F. F.<br />
Schmidt-Dumont durch. In ihrer Gesamtheit sind sie<br />
jedoch ernste zeitgenössische Dokumente, vor allem<br />
über die Bagdadbahn (1916-1930). Sicher eine F<strong>und</strong>grube<br />
für Historiker. Ein 1944 verfasster Vortrag über<br />
deutsch-türkischen Beziehungen seit dem 1. Weltkrieg<br />
sowie ein Aufsatz über die historischen jüdischen<br />
Bevölkerungsgruppen im Osmanischen Reich<br />
<strong>und</strong> in der Türkei, 1944 oder 1945 verfasst, beschließen<br />
diesen Teil des Buches. Der Aufsatz über Juden<br />
in der Türkei war sicher ein mutiger, damals, im Dritten<br />
Reich, da F. F. Schmidt-Dumont in ihm darlegt,<br />
dass die Juden in der Türkei ein Konglomerat aus mosaischen<br />
Glaubensbekenntnissen darstellten, die, je<br />
nach geographischer Herkunft, ganz unterschiedliche<br />
Rassenmerkmale aufwiesen.<br />
Ein Register von Personennamen <strong>und</strong> eines von geographischen<br />
Namen erleichtern das Auffinden gewisser<br />
Textstellen. Im Anhang bringen die Herausgeber<br />
überwiegend Dokumente zur Verurteilung F. F.<br />
Schmidt-Dumonts in Moskau.<br />
Zum Schluss noch zwei Glossen am R<strong>and</strong>e. Der Titel<br />
liest sich, als habe F. F. Schmidt-Dumont von<br />
1882-1952 ein hanseatisches Leben im Vorderen Orient<br />
geführt. Die Lebensdaten nach dem Namen anzugeben,<br />
wäre vielleicht sinnvoller gewesen. Das In-<br />
100<br />
haltsverzeichnis weist die Abschnitte „1919-1926<br />
(Deutschl<strong>and</strong>)“ <strong>und</strong> „1926-1942 (Naher Osten) mit<br />
Seite 32 bzw. 37 aus. Im Text stehen sie auf Seite 33<br />
bzw. 38. Die Register folgen dem Text.<br />
Erhard Franz<br />
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Robinson, Kathryn (2009): Gender, Islam <strong>and</strong><br />
Democracy in Indonesia. – Routledge: London <strong>and</strong><br />
New York, 230 p.<br />
Kathryn Robinson fasst in diesem Werk die Ergebnisse<br />
ihrer dreißigjährigen Forschung in Indonesien zusammen.<br />
Ihre Forschungsregion ist die Provinz Süd<br />
Sulawesi. Forschungsquellen bilden englisch- <strong>und</strong> indonesisch-sprachige<br />
öffentliche Publika<strong>tionen</strong> wie<br />
Biographien, politische Schriften, in Zeitungen <strong>und</strong><br />
Zeitschriften – auch im World Wide Web. Hierbei<br />
nutzt sie anthropologische, historische, ökonomische,<br />
politikwissenschaftliche <strong>und</strong> kulturelle Studien. Ihr<br />
Ziel ist die Analyse der aktiven Rolle der Frauen in<br />
der Demokratisierungsbewegung nach dem Fall<br />
Suhartos.<br />
Sie beginnt mit einer anthropologischen Studie über<br />
die unterschiedlichen Rollen der Geschlechter auf der<br />
Inselgruppe. Im nächsten Schritt fragt sie nach den<br />
historischen Wurzeln der Aufteilung der Geschlechterrollen<br />
<strong>und</strong> erkennt ein „nationales Erwachen“ auch<br />
in der Frauenbewegung der 20er Jahre. Dieses Erwachsen<br />
sei beeinflusst durch einen „modernistischen<br />
Islam“ („modernist Islam“) <strong>und</strong> den kolonialen Einfluss<br />
Europas.<br />
Die neue Ordnung wird durch den Präsidenten Suharto<br />
mit einer gewalttätigen <strong>und</strong> militaristischen Regierungsform<br />
eingeleitet. In dieser Ordnung herrscht –<br />
laut der Autorin – nicht nur im Staatswesen die patriarchalische<br />
<strong>und</strong> strenge Hierarchie. Diese wird auch<br />
in die Familienstrukturen übertragen.<br />
Robinson untersucht die Einflüsse der neuen Ordnung<br />
auf die Beschäftigung von Frauen in der Wirtschaft<br />
<strong>und</strong> auf den Zusammenhang zwischen der<br />
Rekonfiguration von Sexualität <strong>und</strong> Reproduktion.