8-2018
Fachzeitschrift für Industrielle Automation, Mess-, Steuer- und Regeltechnik
Fachzeitschrift für Industrielle Automation, Mess-, Steuer- und Regeltechnik
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Editorial<br />
Von der Information zur Wertschöpfung<br />
mit Machine Learning<br />
Klaus Löckel, Managing Director<br />
EuroCentral, Dassault Systèmes<br />
Wir erleben heute, wie die digitale Transformation über konkrete Anwendungen<br />
in Industrie und Wirtschaft hinaus unseren Alltag verändert. Sie verändert die Art<br />
und Weise, wie wir unsere Berufe ausüben, wie wir miteinander und mit Maschinen<br />
interagieren. Aber sie stellt uns auch Fragen zur Datensicherheit, wie wir mit unseren<br />
Daten umgehen und wer davon profitiert. Und sie fragt uns, wie wir ihre Technologien<br />
nutzen, wo sie uns unterstützen und entlasten kann.<br />
Künstliche Intelligenz (KI) ist dabei ein Gebiet, das besonders starke Emotionen<br />
hervorruft. Es werden teils verstörende Zukunftsszenarien heraufbeschwört.<br />
Gleichzeitig werden Pilotprojekte präsentiert, die beeindruckende, aber nicht<br />
notwendigerweise praxisreife Anwendungen für KI demonstrieren. Das alles kann<br />
Berührungsängste schüren. Dabei könnte man das Thema genauso gut von der<br />
anderen Seite betrachten und im Kleinen anfangen. Machine Learning (ML) ist ein<br />
Aspekt von KI, der ganz pragmatisch zeigt, wo die Technologie heute schon und ganz<br />
konkret ein Gewinn sein und zur Wertschöpfung beitragen kann.<br />
Maschinelles Lernen bedeutet, dass Programmierer nicht mehr alle Eventualitäten<br />
der Anwendung eines Systems bedenken und basierend darauf jeden einzelnen<br />
Arbeitsschritt einer Maschine codieren müssen. Stattdessen programmieren sie<br />
Lernmethoden. So werden Maschinen in die Lage versetzt, selbstständig Wissen<br />
aus Erfahrungen aufzubauen. Sie erkennen automatisch Muster und Korrelationen<br />
in großen Mengen von Daten und leiten daraus Regeln und letztendlich auch<br />
Vorhersagen ab. Die Maschine führt dadurch ihre Arbeitsschritte in einer komplexen<br />
Umwelt immer besser aus. Was es dazu braucht sind Informationen. Sämtliche<br />
Daten müssen entlang der Wertschöpfungskette gesammelt, integriert und analysiert<br />
werden. Idealerweise geschieht dies auf einer zentralen Business-Plattform, welche<br />
relevante Informationen aus allen Teilen der Wertschöpfungskette bündelt und die<br />
passenden Tools zur Auswertung bereitstellt. Bei einer Plattformnutzung in der Cloud<br />
entfallen zudem aufwändige IT-Infrastrukturinstallationen, welche die Analyse großer<br />
Datenmengen erfordern würde.<br />
Die Chancen von ML werden anhand von Predictive Maintenance besonders<br />
deutlich. Auf Basis der Regeln, die eine Maschine gelernt hat, ist sie in der Lage,<br />
abweichende Statusmeldungen zu erkennen, noch bevor sich ein Defekt ankündigt. Je<br />
größer die Datenbank von Ausfällen angelegt ist, welche der Maschine zum „Lernen“<br />
gefüttert wurden, desto genauer kann sie den Defektablauf berechnen und den<br />
optimalen Wartungszeitpunkt bestimmen. Letztendlich werden so die Prozessabläufe<br />
optimiert und die Effizienz der Produktion gesteigert.<br />
Die Bild- und Spracherkennung sind neben Themen wie Programmiersprachen<br />
oder Algorithmen die wichtigsten Funktionen von ML. In der Produktionshalle hilft<br />
die Analyse von Bildern, fehlerhafte oder falsch eingefärbte Komponenten auf<br />
Fließbändern zu erkennen. Auch hier werden die Analysen umso präziser, je mehr<br />
Bilder solcher fehlerhaften Teile das System bereits kennt.<br />
Doch ML schafft nicht nur Chancen zur Effizienzsteigerung. Die Technologie hat<br />
das Potential, völlig neue Geschäftsmodelle zu ermöglichen. Die Auswertung und<br />
Aufbereitung von Daten schafft sogenannte smarte Produkte, die ihre „Intelligenz“<br />
aus einem großen Erfahrungsschatz an Daten schöpfen. Beispielsweise berechnen<br />
Mobilitätsdienstleister auf den User zugeschnittene, optimierte Reiserouten, welche<br />
die Präferenzen für bestimmte Wege und Fortbewegungsmittel berücksichtigen.<br />
Diese Geschäftsmodelle entfernen sich immer weiter vom klassischen Produkt und<br />
konzentrieren sich stattdessen darauf, dem Nutzer in Echtzeit maßgeschneiderte<br />
Erfahrungen zu bieten und letztlich positive Erlebnisse.<br />
Trotz des disruptiven Potentials von ML wird anhand der Anwendungsbeispiele<br />
deutlich, dass man nicht das eigene Geschäftsmodell neu erfinden muss, um die<br />
Möglichkeiten von ML und KI gewinnbringend für sich zu nutzen. Die Digitalisierung<br />
und ihre Potentiale entfalten sich auch und erst recht in einer Implementierung<br />
in kleinen Schritten. ML bietet zahlreiche Möglichkeiten, schon heute mit der<br />
Optimierung von Produktions- und anderen Prozessen zu beginnen.<br />
Klaus Löckel, Dassault Systèmes, www.3ds.com<br />
PC & Industrie 8/<strong>2018</strong> 3