Erfolgsfaktoren bei der Beratung - Wirtschaftspsychologie aktuell

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eDossier Erfolgsfaktoren bei der Beratung Schärfung der beruflichen oder geschäftlichen Identität in narrativer Form. Der amerikanische Psychologe Jerome Bruner hat bereits Ende des letzten Jahrhunderts in seinem Buch „Sinn, Kultur und Ich-Identität“ auf die Bedeutung von Geschichten für die Identität hingewiesen. Denn es sind die Geschichten, die man selbst über sich erzählt, aber auch die Geschichten, die andere über einen selbst erzählen, oder diejenigen, in denen man in irgendeiner Art „vorkommt“, die zusammen unsere Identität ausmachen: Ich bin derjenige, der in eine bestimmte Familie hineingeboren ist, die selbst eine Geschichte hat und in der Geschichten erzählt werden. Ich bin derjenige, der bestimmte Erlebnisse hatte, Erfahrungen machte, an Ereignissen beteiligt war und über den bestimmte Geschichten von anderen erzählt werden. Nicht umsonst verwenden wir ja mit dem Lebenslauf, dem Curriculum Vitae, eine narrative Form, wenn wir Fremden eine erste Vorstellung von uns geben wollen. Episodisches Gedächtnis Die moderne Gehirnforschung hat die außerordentliche Bedeutung von Geschichten für die Identitätsbildung weiter hervorgehoben. Man weiß mittlerweile, dass jeder Mensch unterschiedliche im Gehirn verortbare Typen von Gedächtnis hat. Einer dieser Gedächtnistypen ist das episodische beziehungsweise autobiografische Gedächtnis, das Episoden, Geschichten speichert und das unter anderem die Aufgabe hat, identitätsrelevante Inhalte aufzubewahren, wie es der Gehirnforscher Gerhard Roth (2003) in seinem Buch „Fühlen, Denken, Handeln“ beschreibt. Die Erarbeitung und die Bewusstmachung der eigenen beruflichen Core Story sind powered by also eine Arbeit an einem Teil der eigenen Identität: Wofür stehe ich mit meiner beruflichen Arbeit und was will ich damit erreichen/verändern? Ähnliches gilt natürlich auch für die Identität eines Unternehmens, eines Teams, einer Arbeitsgruppe. Die Kerngeschichte schärft die berufliche oder geschäftliche Identität: Wofür stehe ich, was tue ich und mit welchem Ziel? Der Begriff Core Story betont dabei nicht nur, dass es um den Kern dieser Identität geht, sondern auch, dass sie den Kern aller Geschichten darstellt, die diese Identität (er)fassbar und kommunizierbar macht. Eine Geschichte ist eine zeitlich geordnete Folge von Ereignissen, innerhalb derer eine Veränderung geschieht. Die Core Story bietet gewissermaßen die Blaupause, nach der sich jede (erzählbare) Geschichte des Unternehmens, des Individuums (in beruflicher Hinsicht) entwickeln muss. Wenn Peter M. von nun an erzählt, was er beruflich macht, ist das eine Geschichte, in der er von den Veränderungen berichtet, die durch seine kommunikativen und fördernden Tätigkeiten angestoßen oder begleitet wurden. Und das Internetunternehmen, das ein Handwerkerportal betreibt, wird vor allem Geschichten erzählen, in denen Menschen den richtigen Handwerker auch für schwierige Anforderungen gefunden haben. Handeln und Kommunizieren aus einem Kern heraus Eine Core Story bietet damit gleich zwei große Vorteile: Sie stellt eine Leitlinie für das geschäftliche und berufliche Handeln zur Verfügung und sie ist gleichzeitig Hohlform für die Kommunikation. Denn aus ihr lassen sich Geschichten entwickeln und Erlebnisse zu Geschichten schärfen, die ge- 34 Zum Inhaltsverzeichnis
eDossier Erfolgsfaktoren bei der Beratung wissermaßen den Kern der Marke (auch der Marke „Ich“) ausdrücken. Eine der konkreten Geschichten von Peter M. lautete etwa: „Ich habe gesehen, dass ein Geschäftsfeld unseres Unternehmens Mitarbeiter mit bestimmtem Profil braucht. Ich habe mir dann einige Mitarbeiter ausgewählt und für sie eine Qualifizierungsmaßnahme organisiert. Dabei war es nicht immer leicht, die Vorgesetzten dieser Mitarbeiter von der Notwendigkeit der Maßnahme zu überzeugen. Aber jetzt geben mir alle recht: Der Geschäftsbereich hat eindeutig gewonnen.“ Leitlinie für Kommunikation Mit der Entwicklung der Core Story eines Unternehmens oder einer Einzelperson hat man daher nicht nur die Identität entwickelt und geschärft, sondern gleichzeitig eine Leitlinie für die gesamte Kommunikation dieser Identität gewonnen. Denn Kommunikation, die wirklich bei den Menschen ankommt, ist die Kommunikation in Geschichtenform. Der Gehirnforscher Manfred Spitzer (2007) formulierte das so: „Nicht Fakten, sondern Geschichten treiben uns an, lassen uns aufhorchen, betreffen uns und gehen uns nicht mehr aus dem Sinn. Wir vergessen gerne, dass wir viel mehr von Geschichten bestimmt sind, als wir wahrhaben wollen. (...) Geschichten enthalten Fakten, aber diese Fakten verhalten sich zu den Geschichten wie das Skelett zum ganzen Menschen.“ Weiterführende Literatur Bruner, J. (1997). Sinn, Kultur und Ich-Identität: Zur Kulturpsychologie de Sinns. Heidelberg: Carl-Auer. Frenzel, K., Müller, M. & Sottong, H. (2005). Das Unternehmen im Kopf: Story- powered by telling und die Kraft zur Veränderung. Wolnzach: Kastner. Frenzel, K., Müller, M. & Sottong, H. (2006). Storytelling: Die Kraft des Erzählens fürs Unternehmen nutzen. München: dtv. Roth, G. (2003). Fühlen, Denken, Handeln: Wie das Gehirn unser Verhalten steuert. Frankfurt am Main: Suhrkamp. Spitzer, M. (2007). Lernen: Gehirnforschung und die Schule des Lebens. München: Spektrum. 35 Zum Inhaltsverzeichnis
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