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EDITORIAL<br />
Das Einfachste wäre<br />
es, unser mächtiges Land würde es dem<br />
Abkömmling deutscher Einwanderer, der derzeit<br />
die USA regiert, gleichtun und sich nur noch um<br />
seine eigenen Belange kümmern. Schließlich<br />
geht’s uns ja gut und diesen Wohlstand, den wir<br />
selbst hart erarbeitet haben, lassen wir uns nicht<br />
mehr nehmen. Besonders nicht durch solche<br />
aufgeblähte Bürokratien wie die der EU in Brüssel,<br />
die unseren kleinen Handwerksbetrieben<br />
und Bauernfamilien durch immer neue Vorschriften<br />
das Leben schwer machen und jetzt auch<br />
noch durch die neue Datenschutzverordnung<br />
unsere Vereine Abmahnkanzleien Tür und Tor<br />
öffnen, um sie mit Klagen bis zu 20 Millionen<br />
Euro zu vernichten.<br />
Es könnte alles so einfach sein, wenn es nicht<br />
so kompliziert wäre.<br />
Alles begann damit, dass ein einzelner PC<br />
irgendwann Ende der 60er Jahre durch ein weltumspannendes<br />
Leitungsnetzwerk mit Millionen<br />
anderen verbunden und so das Internet geschaffen<br />
wurde. Die so entstandene globale, grenzenlose<br />
Welt ist anders als alles, was vorher war. Und<br />
das lässt sich nur ändern, indem wir das Internet<br />
wieder abschaffen. Eine Illusion? Auf politischer<br />
Ebene wollen nationale Parteien wie die AfD, die<br />
FPÖ, die Lega Nord und der Front National<br />
nichts anderes: zurück in die heile Welt der 60er<br />
Jahre mit ihrem verschrobenen Gesellschaftsbild<br />
und eigenständigen Nationalstaaten, die sich<br />
im ständigen Wirtschaftskrieg und einem klar<br />
Martin Semmler M.A.<br />
Chefredakteur<br />
definierten Feind im Osten behaupten mussten.<br />
Für eine komplizierter gewordene Welt aber<br />
taugt dieses Konzept nicht mehr. Heute gilt eine<br />
einfache Gleichung: Größe (Zahl der Konsumenten)<br />
plus Stärke (der Wirtschaft) mal Führungsqualität<br />
(Einigkeit der politischen Führung) = Einfluss<br />
und Macht in der globalisierten Welt.<br />
Deutschland ist heute im globalen Vergleich<br />
nicht einmal so groß wie die drei indischen Provinzen<br />
Bihar, Maharashtra und Uttar Pradesh<br />
(über 100 Mio Einw.) oder die chinesischen Provinzen<br />
Henan, Shandong und Guandong (alle<br />
über 100 Mio. Einw.). Unsere um Ostdeutschland<br />
gewachsene Nation hat nur einen Bruchteil<br />
der im Spiel um die globale Macht noch unbedeutenden<br />
Schwergewichte wie Bangladesch<br />
(163 Mio. Einw.), Nigeria (186 Mio. Einw.) oder<br />
Indonesien (261 Mio. Einw.). Bis die globale<br />
Gleichung zugunsten dieser Staaten aufgeht, ist<br />
MEIN AUGENBLICK<br />
nur eine Frage der Zeit. Wo aber bleibt Deutschland,<br />
Bayern, das <strong>Thermenland</strong>?<br />
Kooperation ist in der globalisierten Welt das<br />
Lösungskonzept der Stunde. Das fängt bei der<br />
kommunalen Kooperation einer ILE an Rott &<br />
Inn an (siehe Interview) geht über die Donau-<br />
Moldau-Region bis hinauf zur Europäischen Union.<br />
Um in der globalen Champions League zu<br />
bleiben, müssen sich die Staaten der EU mit<br />
ihren immerhin 741 Millionen Einwohnern noch<br />
enger hinter ihren Spielführern zusammenschließen,<br />
sonst werden sie vom Spieler zum Ball.<br />
Dieses neue Konzept mag schwierig sein wie<br />
das Beispiel der Donau-Moldau-Region zeigt, in<br />
der unterschiedlichste Landesteile dreier Staaten<br />
kooperieren, in denen zwei völlig verschiedene<br />
Sprachen gesprochen werden. Gemeinsam wollen<br />
sie ihre besonderen Stärken gegen bündeln<br />
und so den Metropolregionen München, Prag<br />
und Wien im Dienste ihrer Bürger in Brüssel die<br />
Stirn zu bieten.<br />
Nationalismus ist ein politisches Konzept aus dem<br />
19. Jahrhundert. Wer Grenzkontrollen nach<br />
Deutschland das Wort redet, darf sich gern den<br />
Autobahnstau bei Neuhaus ansehen. Dort sieht<br />
man täglich, wohin uns AfD & Co führen werden.<br />
Welche katastrophalen Folgen solch eine Politik<br />
für den einzelnen Bürger hat, werden wir spätestens<br />
im nächsten Frühjahr sehen, wenn der Brexit<br />
die britische Wirtschaft mit voller Gewalt trifft. Und<br />
dann ist hoffentlich auch für die Menschen <strong>Thermenland</strong><br />
klar: Das wäre für uns echt<br />
nicht das Beste.<br />
Das Pockinger Naturfreibad aus einer anderen Perspektive.<br />
Foto.: F.X. Miedl<br />
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