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Thermenland_06_2018

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EDITORIAL<br />

Das Einfachste wäre<br />

es, unser mächtiges Land würde es dem<br />

Abkömmling deutscher Einwanderer, der derzeit<br />

die USA regiert, gleichtun und sich nur noch um<br />

seine eigenen Belange kümmern. Schließlich<br />

geht’s uns ja gut und diesen Wohlstand, den wir<br />

selbst hart erarbeitet haben, lassen wir uns nicht<br />

mehr nehmen. Besonders nicht durch solche<br />

aufgeblähte Bürokratien wie die der EU in Brüssel,<br />

die unseren kleinen Handwerksbetrieben<br />

und Bauernfamilien durch immer neue Vorschriften<br />

das Leben schwer machen und jetzt auch<br />

noch durch die neue Datenschutzverordnung<br />

unsere Vereine Abmahnkanzleien Tür und Tor<br />

öffnen, um sie mit Klagen bis zu 20 Millionen<br />

Euro zu vernichten.<br />

Es könnte alles so einfach sein, wenn es nicht<br />

so kompliziert wäre.<br />

Alles begann damit, dass ein einzelner PC<br />

irgendwann Ende der 60er Jahre durch ein weltumspannendes<br />

Leitungsnetzwerk mit Millionen<br />

anderen verbunden und so das Internet geschaffen<br />

wurde. Die so entstandene globale, grenzenlose<br />

Welt ist anders als alles, was vorher war. Und<br />

das lässt sich nur ändern, indem wir das Internet<br />

wieder abschaffen. Eine Illusion? Auf politischer<br />

Ebene wollen nationale Parteien wie die AfD, die<br />

FPÖ, die Lega Nord und der Front National<br />

nichts anderes: zurück in die heile Welt der 60er<br />

Jahre mit ihrem verschrobenen Gesellschaftsbild<br />

und eigenständigen Nationalstaaten, die sich<br />

im ständigen Wirtschaftskrieg und einem klar<br />

Martin Semmler M.A.<br />

Chefredakteur<br />

definierten Feind im Osten behaupten mussten.<br />

Für eine komplizierter gewordene Welt aber<br />

taugt dieses Konzept nicht mehr. Heute gilt eine<br />

einfache Gleichung: Größe (Zahl der Konsumenten)<br />

plus Stärke (der Wirtschaft) mal Führungsqualität<br />

(Einigkeit der politischen Führung) = Einfluss<br />

und Macht in der globalisierten Welt.<br />

Deutschland ist heute im globalen Vergleich<br />

nicht einmal so groß wie die drei indischen Provinzen<br />

Bihar, Maharashtra und Uttar Pradesh<br />

(über 100 Mio Einw.) oder die chinesischen Provinzen<br />

Henan, Shandong und Guandong (alle<br />

über 100 Mio. Einw.). Unsere um Ostdeutschland<br />

gewachsene Nation hat nur einen Bruchteil<br />

der im Spiel um die globale Macht noch unbedeutenden<br />

Schwergewichte wie Bangladesch<br />

(163 Mio. Einw.), Nigeria (186 Mio. Einw.) oder<br />

Indonesien (261 Mio. Einw.). Bis die globale<br />

Gleichung zugunsten dieser Staaten aufgeht, ist<br />

MEIN AUGENBLICK<br />

nur eine Frage der Zeit. Wo aber bleibt Deutschland,<br />

Bayern, das <strong>Thermenland</strong>?<br />

Kooperation ist in der globalisierten Welt das<br />

Lösungskonzept der Stunde. Das fängt bei der<br />

kommunalen Kooperation einer ILE an Rott &<br />

Inn an (siehe Interview) geht über die Donau-<br />

Moldau-Region bis hinauf zur Europäischen Union.<br />

Um in der globalen Champions League zu<br />

bleiben, müssen sich die Staaten der EU mit<br />

ihren immerhin 741 Millionen Einwohnern noch<br />

enger hinter ihren Spielführern zusammenschließen,<br />

sonst werden sie vom Spieler zum Ball.<br />

Dieses neue Konzept mag schwierig sein wie<br />

das Beispiel der Donau-Moldau-Region zeigt, in<br />

der unterschiedlichste Landesteile dreier Staaten<br />

kooperieren, in denen zwei völlig verschiedene<br />

Sprachen gesprochen werden. Gemeinsam wollen<br />

sie ihre besonderen Stärken gegen bündeln<br />

und so den Metropolregionen München, Prag<br />

und Wien im Dienste ihrer Bürger in Brüssel die<br />

Stirn zu bieten.<br />

Nationalismus ist ein politisches Konzept aus dem<br />

19. Jahrhundert. Wer Grenzkontrollen nach<br />

Deutschland das Wort redet, darf sich gern den<br />

Autobahnstau bei Neuhaus ansehen. Dort sieht<br />

man täglich, wohin uns AfD & Co führen werden.<br />

Welche katastrophalen Folgen solch eine Politik<br />

für den einzelnen Bürger hat, werden wir spätestens<br />

im nächsten Frühjahr sehen, wenn der Brexit<br />

die britische Wirtschaft mit voller Gewalt trifft. Und<br />

dann ist hoffentlich auch für die Menschen <strong>Thermenland</strong><br />

klar: Das wäre für uns echt<br />

nicht das Beste.<br />

Das Pockinger Naturfreibad aus einer anderen Perspektive.<br />

Foto.: F.X. Miedl<br />

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