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Der Pädosexuelle und die Strafverfolgung - SCIP - Universität Bern

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Einstellung meine ich ganz im psychologischen Sinn. Also zu mir hat mal ein Pädophiler<br />

gesagt, warum er denn mit seiner 14-jährigen Tochter kein sexuelles Verhältnis haben soll.<br />

Sie wolle es ja auch. Das ist ja dann auch meist <strong>die</strong> Begründung, wenn man sie danach<br />

fragt.<br />

Zur Diskussion bezüglich einer Einstellungsmodifikation hören wir mehr in Kapitel 6.6.<br />

Ist <strong>die</strong> Polizei in ihrer Wahrnehmung geprägt durch ihre Möglichkeiten <strong>und</strong> durch das Anzeigeverhalten<br />

in der Bevölkerung, ist <strong>die</strong> Auswahl bei der gutachterlichen Tätigkeit zum einen<br />

durch <strong>die</strong> richterliche Selektion bestimmt <strong>und</strong> andererseits durch <strong>die</strong> eng begrenzte Aufgabe.<br />

Auch wenn sich der forensische Gutachter noch so stark für Motive, Ursachen, Entstehungsbedingungen<br />

etc. einer Klientel respektive eines Delikts interessiert, hat er schlussendlich<br />

„nur“ zu beurteilen, ob <strong>die</strong> Person anders hätte handeln können <strong>und</strong> eventuell, ob sie es<br />

wahrscheinlich wieder tut. Auf <strong>die</strong> Frage nach den Ursachen von Pädosexualität, kommt das<br />

im Gespräch deutlich zum Ausdruck:<br />

Ich bin ja Psychologe. Selbst wenn wir so Faktoren (<strong>die</strong> Ursachen erklären würden) finden,<br />

müsste man wissen, was ist Ursache <strong>und</strong> was ist Wirkung. Die Leute kommen mit so ganz<br />

tollen Bildern aus den neurologischen Verfahren, es mag ja sein, dass sich da Unterschiede<br />

zeigen bei bestimmten Personen, aber man weiss ja nicht, was ist <strong>die</strong> Ursache <strong>und</strong> was<br />

ist <strong>die</strong> Wirkung. Die Biografie hat auch einen Einfluss auf <strong>die</strong> Hirnstruktur. Zudem ist hier<br />

wieder <strong>die</strong> Frage, was sich da niederschlägt <strong>und</strong> wie was kompensiert werden kann. Das<br />

ist <strong>die</strong> alte Leib-Seele-Frage. Für <strong>die</strong> forensische Frage, ist das wiederum irrelevant.<br />

Die Personen, <strong>die</strong> sich in der (forensischen) Therapie mit <strong>Pädosexuelle</strong>n auseinandersetzen,<br />

dürfen nicht nur, sondern sie müssen sich um <strong>die</strong> Hintergründe eines Delinquententypus<br />

kümmern. Die Vorstellungen <strong>und</strong> Ansätze sind dabei, wie in anderen Feldern<br />

auch, zwischen Psychologen <strong>und</strong> Psychiatern unterschiedlich. Lassen wir erst den Psychiater<br />

zu Wort kommen, da er sich auch um Begutachtungen kümmert <strong>und</strong> in <strong>die</strong>sem Sinne einen<br />

Übergang bildet.<br />

Wir unterscheiden zwischen ausschliesslichem, auch fixiertem, <strong>und</strong> nicht-ausschliesslichem<br />

(auch heterogenen) <strong>Pädosexuelle</strong>n. Die Ausschliesslichkeit bezieht sich auf das<br />

sexuelle Interesse am Kind. <strong>Der</strong> nicht-ausschliessliche Typus hat bessere Prognosen, ein<br />

deliktfreies Leben zu führen.<br />

Die ausschliesslichen <strong>Pädosexuelle</strong>n leben risikoreicher, da sie nicht ausweichen können.<br />

Die <strong>Pädosexuelle</strong>n, <strong>die</strong> nur eine Teilveranlagung haben, würden wohl nicht "auf freier<br />

Wildbahn" nach Kindern jagen. Diese haben genügend Rückhalt, um sich einzuschränken.<br />

Aber gerade das Internet ist für <strong>die</strong>se eine Möglichkeit, im Schutz der eigenen vier Wände<br />

sich an Dinge zu trauen, <strong>die</strong> man in der Realität nicht ausleben würde. Das Internet bietet<br />

für solche, <strong>die</strong> es bin anhin geschafft haben, der Szene fern zu bleiben, auch eine grosse<br />

Verlockung.<br />

Auch <strong>die</strong> Psychiatrie unterscheidet zwei Typen von <strong>Pädosexuelle</strong>n. Die Kriterien der Unterscheidung<br />

sind aber andere. Bestimmt bei der Begutachtung <strong>die</strong> Möglichkeit des „anders<br />

handeln Könnens“ <strong>die</strong> Unterscheidung, ist es das Kriterium <strong>die</strong> Stärke der Fixierung auf das<br />

Kind. Bei der Begutachtung ist <strong>die</strong>s nicht bezüglich der Zurechnungsfähigkeit ausschlaggebend,<br />

aber für <strong>die</strong> Prognose durchaus, wie es der Gesprächspartner gleich selbst ausführt.<br />

Weitere Ausführungen zu Persönlichkeitsstrukturen sind therapeutisch wichtig:<br />

Die narzisstische Komponente ist bei den Pädophilien ausgeprägt. Es tut ihrem Ego gut,<br />

wenn <strong>die</strong> Kinder sie bew<strong>und</strong>ern, zu ihnen aufschauen, von ihnen abhängig sind. Pädophile<br />

verfügen oft über spezielle Fähigkeiten, <strong>die</strong> den Kindern Eindruck machen, wie z.B. Zaubern.<br />

Das Kind gibt ihnen das Gefühl von Grösse, nebst dem Sexuellen, das schon das<br />

Kerngeschäft bei der Beziehung ausmacht.<br />

Pädophile sind meist nicht Gewinnertypen, sie befinden sich in der Gesellschaft nicht auf<br />

der Sonnenseite <strong>und</strong> verfügen in der Regel auch über eine tiefere Intelligenz als eine Vergleichsgruppe.<br />

Gerade <strong>die</strong> pädosexuell veranlagten Männer, <strong>die</strong> von Erwachsenen weniger<br />

Anerkennung bekommen, können über <strong>die</strong> Anerkennung von Kindern ihr Selbstbewusstsein<br />

stärken, können Macht erleben <strong>und</strong> <strong>die</strong> narzisstischen Seiten befriedigen.

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