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INTERNATIONALE RECHTSHILFE IN STRAFSACHEN<br />

DIE SCHWEIZERISCHE RECHTSHILFE BEI FISKAL-<br />

TATBESTÄNDEN<br />

UNTER BESONDERER BERÜCKSICHTIGUNG DER<br />

BILATERALEN II<br />

Masterarbeit im Rahmen des Nachdiplomstudiums „Master of<br />

advanced stu<strong>die</strong>s <strong>in</strong> <strong>in</strong>ternational crim<strong>in</strong>al law“ an der SCIP der<br />

Universität Bern, Sommersemester 2007<br />

Betreuung: Prof. Dr. iur. Günter He<strong>in</strong>e<br />

Verfasser<strong>in</strong>: Kar<strong>in</strong> Eisenr<strong>in</strong>g Hiestand, lic. iur., Rechtsanwält<strong>in</strong> *<br />

* Zürichbergstrasse 44, 8044 Zürich, Matrikel-Nr. 91.727.339, keisenr<strong>in</strong>g@lawyer.com


INHALTSVERZEICHNIS<br />

ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS V<br />

LITERATURVERZEICHNIS VII<br />

EINLEITUNG 1<br />

I. INTERNATIONALE RECHTSHILFE IN STRAFSACHEN 4<br />

1. Entwicklung und <strong>schweizerische</strong> Ausprägung der <strong><strong>in</strong>ternationale</strong>n<br />

Rechtshilfe <strong>in</strong> Strafsachen 4<br />

1.1. Entwicklung der <strong><strong>in</strong>ternationale</strong>n Rechtshilfe <strong>in</strong> Strafsachen 4<br />

1.2. Geldwäschereigesetz und Rechtshilfe 4<br />

1.3. Gesetzliche Restriktion für den Fiskalbereich 5<br />

2. Amtshilfe – Rechtshilfe 6<br />

2.1. Amtshilfe 6<br />

2.2. Rechtshilfe 7<br />

2.3. Gegenseitige Annäherung 7<br />

3. Euro-<strong><strong>in</strong>ternationale</strong> Rechtshilfe <strong>in</strong> Strafsachen: Rechtsgrundlagen<br />

Schweiz – EU 8<br />

II. EXKURS: DAS SCHWEIZERISCHE BANKGEHEIMNIS IM GELTENDEN RECHT 10<br />

1. Begriff und Natur des Bankgeheimnisses 10<br />

2. Ke<strong>in</strong> absoluter Geheimnisschutz 11<br />

3. Kritik am <strong>schweizerische</strong>n Bankgeheimnis und <strong>die</strong> Bilateralen II 12<br />

III. DIE BILATERALEN II 14<br />

1. Ausgangslage und Ergebnis 14<br />

1.1. Interessen der Verhandlungspartner 14<br />

1.2. Ergebnis, <strong>in</strong>sbesondere im Bereich der Straf<strong>rechtshilfe</strong> 14<br />

2. Das Betrugsbekämpfungsabkommen 16<br />

2.1. Regelungsbereich und Inhaltsübersicht 16<br />

2.2. Amts- und Rechtshilfebestimmungen im allgeme<strong>in</strong>en 17<br />

II


2.2.1. Amtshilfe 18<br />

2.2.1.1. Auf Ersuchen 18<br />

2.2.1.2. Ohne Ersuchen 18<br />

2.2.2. Rechtshilfe 19<br />

2.2.2.1. Auf Ersuchen 20<br />

2.2.2.2. Ohne Ersuchen 21<br />

3. „Schengen/Dubl<strong>in</strong>“ 22<br />

3.1. Begrifferklärung 22<br />

3.2. Inhalt des Dossiers „Schengen“ 23<br />

3.2.1. Das SDÜ als dynamisches Regelwerk 23<br />

3.2.2. Allgeme<strong>in</strong>e Rechtshilfe nach dem SDÜ 24<br />

IV. RECHTSHILFE BEI FISKALTATBESTÄNDEN NACH GELTENDEM RECHT 25<br />

1. Fiskaltatbestände nach <strong>schweizerische</strong>m Recht 25<br />

1.1. Steuerh<strong>in</strong>terziehung 25<br />

1.2. Steuer- und Abgabebetrug 26<br />

2. Rechtshilfe bei Fiskaltatbeständen nach geltendem Recht 27<br />

2.1. Abgabebetrug gemäss Art. 3 Abs. 3 Satz 2 IRSG 28<br />

2.1.1. Abgabebetrug im Lichte des Art. 14 Abs. 2 VStrR 28<br />

2.1.2. „Arglistmodell“ des Bundesgerichts 29<br />

2.2. Vorprüfungsverfahren des Bundesamtes für Justiz 30<br />

2.3. Rechtspraxis <strong>in</strong> der Fiskal<strong>rechtshilfe</strong> nach geltendem Recht 30<br />

2.3.1. Kasuistik zum Abgabebetrug i.S.v. Art. 3 Abs. 3 Satz 2 IRSG 30<br />

2.3.2. Sachverhaltsdarstellung im Rechtshilfeersuchen 32<br />

2.3.3. Vollstreckung von ausländischen Fiskalstrafentscheiden? 32<br />

V. RECHTSHILFE BEI FISKALTATBESTÄNDEN MIT DEN BILATERALEN II 34<br />

1. Fiskal<strong>rechtshilfe</strong> nach dem Betrugsbekämpfungsabkommen 34<br />

1.1. Rechtshilfe bei den klassischen Fiskaltatbeständen 34<br />

1.2. Rechtshilfe bei Geldwäscherei 35<br />

1.3. Ablehnungsgründe 36<br />

1.4. Zwangsmassnahmen und Inländergleichbehandlung 36<br />

1.4.1. Im Allgeme<strong>in</strong>en 36<br />

1.4.2. E<strong>in</strong>ziehung 37<br />

1.5. Betrugsbekämpfungsabkommen und Bankgeheimnis 38<br />

1.6. Spezialitätspr<strong>in</strong>zip 39<br />

III


2. Fiskal<strong>rechtshilfe</strong> nach dem Schengener Durchführungsüber-<br />

e<strong>in</strong>kommen 39<br />

2.1. Rechtshilfe bei <strong>in</strong>direkten Steuern 40<br />

2.1.1. Im Allgeme<strong>in</strong>en 40<br />

2.1.2. Zwangsmassnahmen 40<br />

2.2. Rechtshilfe bei direkten Steuern 41<br />

2.3. Anwendungsvorrang des Betrugsbekämpfungsabkommen 43<br />

2.4. Schengen und das Bankgeheimnis 43<br />

2.5. Spezialitätspr<strong>in</strong>zip 44<br />

VI. PRAKTISCHE PROBLEMSTELLUNGEN AUS DER STRAFRECHTSPFLEGE 46<br />

1. Sachverhalte aus der E<strong>in</strong>leitung 46<br />

1.1. Sachverhalt 1: Abgabebetrug im Mobiltelefonhandel 46<br />

1.1.1. Sach- und Rechtslage 46<br />

1.1.2. Qualifikation des Sachverhaltes 47<br />

1.1.2.1. Nach geltendem Recht 47<br />

1.1.2.2. Mit den Bilateralen II 48<br />

1.1.3. Exkurs: Der Karussellbetrug 48<br />

1.2. Sachverhalt 2: Bankgeheimnis 50<br />

1.2.1. Nach geltendem Recht 50<br />

1.2.2. Mit den Bilateralen II 50<br />

1.2.2.1. Rechtshilfe im Bereich der direkten Fiskalität 50<br />

1.2.2.2. Rechtshilfe im Bereich der <strong>in</strong>direkten Fiskalität 51<br />

1.2.3. Schlussfolgerung 52<br />

2. Themen aus der praktischen Strafrechtspflege 52<br />

2.1. Spezialitätspr<strong>in</strong>zip bei Personal- bzw. Ämterunion 52<br />

2.2. Amts- oder Rechtshilfe ohne Ersuchen 53<br />

2.3. Fiskaldelikte und Geldwäscherei 54<br />

VII. ZUSAMMENFASSUNG UND SCHLUSSWORT 57<br />

1. Die Bilateralen II bei der Fiskalrechthilfe 57<br />

2. Die drei Fragen 58<br />

3. Schlusswort 58<br />

Selbständigkeitserklärung 60<br />

IV


ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS<br />

a.a.O. am angeführten Ort<br />

ABl. Amtsblatt<br />

Abs. Absatz<br />

AJP Aktuelle Juristische Praxis<br />

Amtl.Bull. Amtliches Bullet<strong>in</strong> der Bundesversammlung<br />

Art. Artikel<br />

ASA Archiv für <strong>schweizerische</strong>s Abgabenrecht (Bern); Bullet<strong>in</strong> der<br />

Schweiz. Vere<strong>in</strong>igung für Schiedsgerichtsbarkeit (Basel)<br />

BBA Abkommen über <strong>die</strong> Zusammenarbeit zwischen der Schweize-<br />

rischen Eidgenossenschaft e<strong>in</strong>erseits und der Europäischen<br />

Geme<strong>in</strong>schaft und den Mitgliedstaaten andererseits zur Be-<br />

kämpfung von Betrug und sonstigen rechtswidrigen Handlun-<br />

gen, <strong>die</strong> ihre f<strong>in</strong>anziellen Interessen bee<strong>in</strong>trächtigen (Betrugs-<br />

bekämpfungsabkommen)<br />

BBl Bundesblatt der Schweizerischen Eidgenossenschaft<br />

BStrGer Bundesstrafgericht<br />

BV Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft<br />

vom 18. April 1999 (SR 101)<br />

DBG Bundesgesetz vom 14. Dezember 1990 über <strong>die</strong> direkte Bun-<br />

dessteuer (SR 642.11)<br />

EDA Eidgenössisches Departement für auswärtige Angelegenheiten<br />

EG Europäische Geme<strong>in</strong>schaft<br />

EU Europäische Union<br />

EUeR Europäisches Übere<strong>in</strong>kommen vom 20. April 1959 über <strong>die</strong><br />

EU-Rechtshilfe-<br />

übere<strong>in</strong>kommen<br />

Rechtshilfe <strong>in</strong> Strafsachen (SR 0.351.1)<br />

Übere<strong>in</strong>kommen vom 29. Mai 2000 über <strong>die</strong> Rechtshilfe <strong>in</strong><br />

Strafsachen zwischen den Mitgliedstaaten der Europäischen<br />

Union<br />

EuZW Europäische Zeitschrift für Wirtschaftsrecht<br />

EWG Europäische Wirtschaftsgeme<strong>in</strong>schaft<br />

EWR Europäischer Wirtschaftsraum<br />

f. / ff. folgende(r)<br />

GwG Bundesgesetz vom 10. Oktober 1997 zur Bekämpfung der<br />

Geldwäscherei im F<strong>in</strong>anzsektor (SR 955.0)<br />

GwUe Übere<strong>in</strong>kommen vom 8. November 1990 über Geldwäscherei<br />

Hrsg. Herausgeber<br />

sowie Ermittlung, Beschlagnahme und E<strong>in</strong>ziehung von Erträ-<br />

gen aus Straftaten (SR 0.311.53)<br />

IRSG Bundesgesetz vom 20. März 1981 über <strong><strong>in</strong>ternationale</strong> Rechts-<br />

hilfe <strong>in</strong> Strafsachen (SR 351.1)<br />

V


IRSV Verordnung vom 24. Februar 1982 über <strong><strong>in</strong>ternationale</strong> Rechts-<br />

i.S.v. im S<strong>in</strong>ne von<br />

hilfe <strong>in</strong> Strafsachen (SR 351.11)<br />

i.V.m. <strong>in</strong> Verb<strong>in</strong>dung mit<br />

i.w.S. im weiteren S<strong>in</strong>ne<br />

NR Nationalrat<br />

NZZ Neue Zürcher Zeitung<br />

RSDA Revue suisse de droit des affaires (Zurich)<br />

SAA Abkommen zwischen der europäischen Union, der europäi-<br />

schen Geme<strong>in</strong>schaft und der <strong>schweizerische</strong>n Eidgenossen-<br />

schaft über <strong>die</strong> Assoziierung <strong>die</strong>ses Staates bei der Umset-<br />

zung, Anwendung und Entwicklung des Schengen-<br />

Besitzstands (Schengen-Assoziierungsabkommen)<br />

SDÜ Übere<strong>in</strong>kommen vom 19. Juni 1990 zur Durchführung des Ü-<br />

bere<strong>in</strong>kommens von Schengen vom 14. Juni 1985 zwischen<br />

den Regierungen der Staaten der Benelux-Wirtschaftsunion,<br />

der Bundesrepublik Deutschland und der Französischen Re-<br />

publik betreffend den schrittweisen Abbau der Kontrollen an<br />

den geme<strong>in</strong>samen Grenzen (Schengener Durchführungsüber-<br />

e<strong>in</strong>kommen)<br />

SJZ Schweizerische Juristen-Zeitung (Zürich)<br />

SR Systematische Sammlung des Bundesrechts<br />

ST Der Schweizer Treuhänder (Zürich)<br />

Sten.Bull. Stenographisches Bullet<strong>in</strong> der Bundesversammlung<br />

StGB Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937<br />

(SR 311.0)<br />

StR Ständerat<br />

STR Steuer Revue (Muri/BE)<br />

SZW Schweizerische Zeitschrift für Wirtschaftsrecht (Zürich)<br />

u.a.m. und andere(s) mehr<br />

URG Bundesgesetz vom 9. Oktober 1992 über das Urheberrecht<br />

und verwandte Schutzrechte, Urheberrechtsgesetz (SR 231.1)<br />

VStrR Bundesgesetz vom 22. März 1974 über das Verwaltungsstraf-<br />

recht (SR 313.0)<br />

VI


LITERATURVERZEICHNIS<br />

a) Literatur<br />

AMBÜHL MICHAEL<br />

(ZIT. AMBÜHL)<br />

BEHNISCH URS R.<br />

(ZIT. BEHNISCH AJP)<br />

BEHNISCH URS R.<br />

(ZIT. BEHNISCH ST)<br />

BERNASCONI PAOLO<br />

(ZIT. BERNASCONI SWZ)<br />

BERNASCONI PAOLO<br />

(ZIT. BERNASCONI STR)<br />

BREITENMOSER STEPHAN<br />

(ZIT. BREITENMOSER)<br />

DIETRICH RUDOLF<br />

(ZIT. DIETRICH)<br />

EPINEY ASTRID<br />

(ZIT. EPINEY)<br />

Bilaterale Abkommen II – Politische Würdi-<br />

gung; <strong>in</strong>: Bilaterale Abkommen II Schweiz –<br />

EU, Kommentar zu den Abkommen, Genf<br />

Basel München 2006, S. 5ff.<br />

Auswirkungen der Bilateralen II auf das<br />

<strong>schweizerische</strong> Steuerrecht, AJP/PJA 8/2005,<br />

S. 947ff.<br />

Internationale Amts- und Rechtshilfe im<br />

Steuerrecht – neue Tendenzen, ST 2007, S.<br />

286ff.<br />

Bankbeziehungen und <strong><strong>in</strong>ternationale</strong> Rechts-<br />

hilfe <strong>in</strong> Strafsachen: neuere Entwicklungen,<br />

SWZ/RSDA 2/95, S. 63ff.<br />

Schweizerisches Bankgeheimnis und auslän-<br />

discher Fiskus im Rahmen der <strong>in</strong>ternationa-<br />

len Rechts- und Amtshilfe, STR 2000 S.<br />

702ff. und SJZ 95 (1999), S. 401ff.<br />

Amts- und Rechtshilfe im Rahmen der „Bila-<br />

teralen II“-Verträge, AJP/PJA 8/2005, S.<br />

929ff.<br />

Das Abkommen zur Betrugsbekämpfung: e<strong>in</strong>e<br />

politische Würdigung; <strong>in</strong>: Bilaterale Abkom-<br />

men II Schweiz – EU, Kommentar zu den Ab-<br />

kommen, Genf Basel München 2006, S.<br />

579ff.<br />

Rechtshilfe <strong>in</strong> Strafsachen <strong>in</strong> der EU, E<strong>in</strong> Bei-<br />

trag zum derzeitigen Stand der Verhandlun-<br />

gen der EG im Rahmen der „Bilateralen II“<br />

mit der Schweiz, EuZW 14, S. 421ff.<br />

VII


FREI LIONEL<br />

(ZIT FREI ASA)<br />

FREI LIONEL<br />

(ZIT. FREI STR)<br />

GRABER CHRISTOPH<br />

(ZIT. GRABER GWG)<br />

HEINE GÜNTER<br />

(ZIT. HEINE GEDÄCHTNISSCHRIFT)<br />

HEINE GÜNTER<br />

(ZIT. HEINE SKRIPTUM)<br />

HEINE GÜNTER<br />

(ZIT. HEINE LANDESBERICHT)<br />

HOFSTETTER ELIAS<br />

(ZIT. HOFSTETTER)<br />

JAMETTI GREINER MONIQUE<br />

(ZIT. JAMETTI)<br />

JAMETTI GREINER MONIQUE /<br />

PFENNINGER HANSPETER<br />

(ZIT. JAMETTI/PFENNINGER)<br />

Die Rechtshilfe bei Abgabebetrug gemäss<br />

Art. 3 Abs. 3 des neuen Rechtshilfegesetzes,<br />

ASA 50 (1981), S. 337ff.<br />

2 Jahre Straf<strong>rechtshilfe</strong> bei Abgabebetrug,<br />

STR 1985, S. 183ff.<br />

GwG, Gesetzesausgabe mit Ausführungser-<br />

lassen und Anmerkungen, 2. Auflage, Zürich<br />

2003<br />

Die Schweiz, das Bankgeheimnis und <strong>die</strong><br />

Rechtshilfe, <strong>in</strong>sbesondere bei Fiskaldelikten,<br />

<strong>in</strong>: Gedächtnisschrift für Theo Vogler, Heidel-<br />

berg 2004, S. 67ff.<br />

Das Schweizer Bankgeheimnis und <strong>die</strong> EU:<br />

Mythos und Wirklichkeit, Skriptum des Refe-<br />

rats an der Seniorenuniversität der Universi-<br />

tät Bern, gehalten am 13. Mai 2005<br />

Organisierte Krim<strong>in</strong>alität und Krim<strong>in</strong>elle Or-<br />

ganisation, Landesbericht Schweiz, <strong>in</strong>: Walter<br />

Gropp/Arndt S<strong>in</strong>n (Hrsg.), 2007 (im Druck)<br />

Die <strong><strong>in</strong>ternationale</strong> Rechtshilfe <strong>in</strong> Straf- und<br />

Zivilsachen und das Bankgeheimnis, recht<br />

2004, Heft 3, S. 81ff.<br />

Würdigung der Assoziierungsabkommen der<br />

Schweiz zu Schengen und Dubl<strong>in</strong>; <strong>in</strong>: Bilate-<br />

rale Abkommen II Schweiz – EU, Kommentar<br />

zu den Abkommen, Genf Basel München<br />

2006, S. 195ff.<br />

Der Schutz des <strong>schweizerische</strong>n Bankge-<br />

heimnisses im Abkommen zur Assoziierung<br />

der Schweiz an Schengen, AJP/PJA 2005, S.<br />

159ff.<br />

VIII


KÄSTLI HERMANN<br />

(ZIT. KÄSTLI)<br />

KÄSTLI HERMANN<br />

(ZIT. KÄSTLI SKRIPTUM)<br />

KOLLER HEINRICH<br />

(ZIT. KOLLER)<br />

LENTJES MEILI CHRISTIANE<br />

(ZIT. LENTJES MEILI)<br />

MARGIOTTA ADRIANO<br />

(ZIT. MARGIOTTA)<br />

MICHAEL PETER J.<br />

(ZIT. MICHAEL)<br />

PETERSEN JENS<br />

(ZIT. PETERSEN)<br />

PFENNINGER HANSPETER<br />

(ZIT. PFENNINGER)<br />

PIEPER STEPHAN M.<br />

(ZIT. PIEPER)<br />

POPP PETER<br />

(ZIT. POPP)<br />

Die Amtshilfebestimmungen des Abkommens<br />

zur Betrugsbekämpfung; <strong>in</strong>: Bilaterale Ab-<br />

kommen II Schweiz – EU, Kommentar zu den<br />

Abkommen, Genf Basel München 2006, S.<br />

609ff.<br />

Skriptum des Europa<strong>in</strong>stitut der Universität<br />

Zürich zum Sem<strong>in</strong>ar über „EU-Bilaterale Ab-<br />

kommen im Bereich der <strong>in</strong>direkten Steuern“<br />

vom 1. Dezember 2004<br />

Schengen/Dubl<strong>in</strong> und <strong>die</strong> Bilateralen II – e<strong>in</strong>e<br />

neue Dimension <strong>in</strong> der Integrationspolitik vom<br />

e<strong>in</strong>heitlichen Wirtschafts- zum europäischen<br />

Sicherheitsraum, AJP/PJA 2005, S. 909ff.<br />

Zur Stellung der Banken <strong>in</strong> der Zürcher Straf-<br />

untersuchung, Diss., Zürich 1996<br />

Das Bankgeheimnis – Rechtliche Schranke<br />

e<strong>in</strong>es bankkonzern<strong>in</strong>ternen Informationsflus-<br />

ses? Schweizer Schriften z. Bankrecht, Bd 67<br />

Der Steuer- und Abgabebetrug im schweize-<br />

rischen Recht, Diss., St. Gallen 1992<br />

Das Bankgeheimnis zwischen Individual-<br />

schutz und Institutionsschutz, Diss., Tüb<strong>in</strong>-<br />

gen 2005<br />

Internationale Rechtshilfe <strong>in</strong> Strafsachen; <strong>in</strong>:<br />

Bilaterale Abkommen II Schweiz – EU, Kom-<br />

mentar zu den Abkommen, Genf Basel Mün-<br />

chen 2006, S. 331ff.<br />

Rechts- und Amtshilfe <strong>in</strong> Steuerangelegen-<br />

heiten durch <strong>die</strong> Schweiz <strong>in</strong>sbesondere im<br />

H<strong>in</strong>blick auf das <strong>schweizerische</strong> Bankge-<br />

heimnis, Diss., Frankfurt am Ma<strong>in</strong> 1995<br />

Grundzüge der <strong><strong>in</strong>ternationale</strong>n Rechtshilfe <strong>in</strong><br />

Strafsachen, Basel 2001<br />

IX


RHINOW RENÉ<br />

(ZIT. RHINOW)<br />

SCHOMBURG WOLFGANG /<br />

GLESS SABINE<br />

(ZIT. SCHOMBURG/GLESS)<br />

STRATENWERTH GÜNTER<br />

(ZIT. STRATENWERTH)<br />

STRATENWERTH GÜNTER /<br />

JENNY GUIDO<br />

(ZIT. STRATENWERTH/JENNY)<br />

WYSS RUDOLF<br />

(ZIT. WYSS)<br />

ZIMMERMANN ROBERT<br />

(ZIT. ZIMMERMANN)<br />

b) Materialien<br />

Die Bedeutung der Bilateralen Abkommen II<br />

<strong>in</strong> der Rechtspraxis, AJP/PJA 8/2005, 907ff.<br />

Beck’sche Kurzkommentare, Band 47, Inter-<br />

nationale Rechtshilfe <strong>in</strong> Strafsachen, 4. Auf-<br />

lage, München 2006<br />

Schweizerisches Strafrecht, Besonderer Teil<br />

II, Straftaten gegen Geme<strong>in</strong><strong>in</strong>teressen, 5.<br />

Auflage, Bern 2000<br />

Schweizerisches Strafrecht, Besonderer Teil<br />

I, Straftaten gegen Individual<strong>in</strong>teressen, 6.<br />

Auflage, Bern 2003<br />

Die Rechtshilfebestimmungen des Abkom-<br />

mens zur Betrugsbekämpfung; <strong>in</strong>: Bilaterale<br />

Abkommen II Schweiz – EU, Kommentar zu<br />

den Abkommen, Genf Basel München 2006,<br />

S. 589ff.<br />

La coopération judiciaire <strong><strong>in</strong>ternationale</strong> en<br />

matière pénale, 2. Auflage, Bern 2004<br />

Botschaft zur Genehmigung der bilateralen Abkommen zwischen der Schweiz und<br />

der Europäischen Union, e<strong>in</strong>schliesslich der Erlasse zur Umsetzung der Abkom-<br />

men („Bilaterale II“) vom 1. Oktober 2004, BBl 2004, 5965ff.<br />

Amtsblatt der Europäischen Geme<strong>in</strong>schaften ABl.:<br />

L 176 vom 10. Juli 1999, S. 1ff<br />

Beschluss des Rates 1999/435/EG vom 20. Mai 1999 zur Bestimmung des<br />

Schengen-Besitzstands zwecks Festlegung der Rechtsgrundlagen für jede Be-<br />

stimmung und jeden Beschluss, <strong>die</strong> <strong>die</strong>sen Besitzstand bilden, nach Massgabe<br />

der e<strong>in</strong>schlägigen Bestimmungen des Vertrags zur Gründung der Europäischen<br />

Geme<strong>in</strong>schaft und des Vertrags über <strong>die</strong> Europäische Union; vgl. auch L 239 vom<br />

22. September 2000, S. 3<br />

X


L 239 vom 22. September 2000, S. 19ff<br />

Übere<strong>in</strong>kommen vom 19. Juni 1990 zur Durchführung des Übere<strong>in</strong>kommens von<br />

Schengen vom 14. Juni 1985 zwischen den Regierungen der Staaten der Bene-<br />

lux-Wirtschaftsunion, der Bundesrepublik Deutschland und der Französischen<br />

Republik betreffend den schrittweisen Abbau der Kontrollen an den geme<strong>in</strong>samen<br />

Grenzen (Schengener Durchführungsübere<strong>in</strong>kommen – SDÜ)<br />

L 368 vom 15. Dezember 2004, S. 26ff.<br />

Beschluss des Rates vom 25. Oktober 2004 über <strong>die</strong> Unterzeichnung des Ab-<br />

kommens zwischen der Europäischen Union, der Europäischen Geme<strong>in</strong>schaft und<br />

der Schweizerischen Eidgenossenschaft über <strong>die</strong> Assoziierung der Schweizeri-<br />

schen Eidgenossenschaft bei der Umsetzung, Anwendung und Entwicklung des<br />

Schengen-Besitzstands und <strong>die</strong> vorläufige Anwendung e<strong>in</strong>iger Bestimmungen<br />

<strong>die</strong>ses Abkommens<br />

L 370 vom 17. Dezember 2004, S. 78ff.<br />

(dito)<br />

L 125 vom 18. Mai 2005, S. 18<br />

Berichtigung des Beschlusses des Rates vom 25. Oktober 2004 (dito)<br />

C 197 vom 12. Juli 2000, S. 1ff.<br />

Rechtsakt des Rates vom 29. Mai 2000 über <strong>die</strong> Erstellung des Übere<strong>in</strong>kommens<br />

über <strong>die</strong> Rechtshilfe <strong>in</strong> Strafsachen zwischen den Mitgliedstaaten der Europäi-<br />

schen Union<br />

C 326 vom 21. November 2001, S. 2ff.<br />

Protokoll vom Rat zu dem Übere<strong>in</strong>kommen über <strong>die</strong> Rechtshilfe <strong>in</strong> Strafsachen<br />

zwischen den Mitgliedstaaten der Europäischen Union<br />

XI


EINLEITUNG<br />

1. Zu den bilateralen Verträgen Schweiz – EU<br />

Die Schweiz hat sich <strong>in</strong> der Volksabstimmung vom 6. Dezember 1992 dafür<br />

entschieden, ihren Anschluss an <strong>die</strong> Europäische Union nicht mit e<strong>in</strong>em<br />

umfassenden Beitritt zum Europäischen Wirtschaftsraum zu sichern, son-<br />

dern den Weg der bilateralen Abkommen zu nehmen. Seit 1999/2000 gibt<br />

es das Vertragspaket der „Bilateralen I“, welches <strong>die</strong> sieben Dossiers: Per-<br />

sonenverkehr, Luftverkehr, Landverkehr, Landwirtschaft, Technische Han-<br />

delshemmnisse, Öffentliches Beschaffungswesen und Forschung enthält.<br />

Der Schwerpunkt der Bilateralen I bildet <strong>die</strong> wirtschaftliche Zusammenar-<br />

beit, <strong>in</strong>sbesondere <strong>die</strong> Teilnahme der Schweiz am freien europäischen<br />

Markt. Sowohl für <strong>die</strong> Schweiz als auch für <strong>die</strong> Mitgliedstaaten der Europä-<br />

ischen Union ist <strong>die</strong>ses Vertragspaket von grosser Bedeutung, ist doch <strong>die</strong><br />

Schweiz der zweitwichtigste Handelspartner der EU, nach den USA und<br />

vor Japan und Ch<strong>in</strong>a † .<br />

In den Schlussakten der Bilateralen I wurde bereits vorgesehen, dass über<br />

weitere Bereiche Verhandlungen geführt würden, und zwar e<strong>in</strong>erseits über<br />

<strong>die</strong> „left overs“ aus den Bilateralen I zu den obgenannten Dossiers sowie,<br />

und <strong>die</strong>s war das Haupt<strong>in</strong>teresse der Europäischen Union, über <strong>die</strong> Z<strong>in</strong>s-<br />

besteuerung, <strong>die</strong> Betrugsbekämpfung sowie das Dossier Schengen/Dubl<strong>in</strong>.<br />

Diese sogenannten Bilateralen II gehen über <strong>die</strong> re<strong>in</strong> wirtschaftliche Zu-<br />

sammenarbeit h<strong>in</strong>aus und werden ausgedehnt auf e<strong>in</strong>e polizeiliche und<br />

justizielle Zusammenarbeit zwischen der Schweiz und der EU. Am 17. Juni<br />

2002 wurde der Start gesetzt für <strong>die</strong> Runden zu den Bilateralen II, bereits<br />

im Sommer 2003 waren sieben von neun Dossiers erfolgreich verhandelt<br />

und <strong>in</strong> der Substanz abgeschlossen. Es verblieben <strong>die</strong> politisch sensiblen<br />

Traktanden: <strong>die</strong> Dossiers der Betrugsbekämpfung und das sogenannte<br />

Schengen/Dubl<strong>in</strong>, mith<strong>in</strong> als Kern <strong>die</strong> Frage des Informationsaustausches<br />

bei Fiskaldelikten im Rahmen der Amts- und Rechtshilfe. Am 19. Mai 2004<br />

konnte zwischen den Verhandlungsdelegationen e<strong>in</strong>e politische E<strong>in</strong>igung <strong>in</strong><br />

allen noch offenen Punkten erzielt werden, am 25. Juni 2004 wurden <strong>die</strong><br />

Abkommen paraphiert und am 26. Oktober 2004 <strong>in</strong> Luxemburg unterzeich-<br />

net ‡ . Entsprechend dem Antrag des Bundesrats unterstellte <strong>die</strong> Bundesver-<br />

sammlung sieben Abkommen dem fakultativen Staatsvertragsreferendum<br />

† BBl 2004, 5966ff.; Ambühl, S. 6; Rh<strong>in</strong>ow, S. 907; Vorwort von Bundesrät<strong>in</strong> Michel<strong>in</strong>e<br />

Calmy-Rey zu den Bilateralen II <strong>in</strong>: Bilaterale Abkommen II Schweiz – EU, Kommentar zu<br />

den Abkommen, Genf Basel München 2006. Sämtliche Vertragstexte zum Download<br />

unter: www.europa.adm<strong>in</strong>.ch<br />

‡ BBl 2004, a.a.O., <strong>in</strong>sbes. 5966f.; Koller, S. 909<br />

1


im S<strong>in</strong>ne von Art. 141 Abs. 1 lit. d Ziff. 1-3 BV § . E<strong>in</strong>zig gegen das Assozia-<br />

tionsabkommen der Schweiz an Schengen/Dubl<strong>in</strong> wurde das Referendum<br />

ergriffen. Das Schweizer Volk hat <strong>die</strong> Vorlage am 5. Juni 2005 angenom-<br />

men. Damit s<strong>in</strong>d <strong>die</strong> Bilateralen II verhandelt, abgeschlossen und ange-<br />

nommen und können nun zeitlich unabhängig vone<strong>in</strong>ander <strong>in</strong> Kraft treten ** .<br />

2. Zur vorliegenden Arbeit<br />

Die vorliegende Arbeit befasst sich mit der <strong><strong>in</strong>ternationale</strong>n Rechtshilfe <strong>in</strong><br />

Fiskal<strong>strafsachen</strong> und den Auswirkungen der <strong>rechtshilfe</strong>relevanten Dos-<br />

siers der Bilateralen II auf <strong>die</strong>selbe. Namentlich geht es um <strong>die</strong> Dossiers<br />

der Betrugsbekämpfung und Schengen/Dubl<strong>in</strong>, im letzteren <strong>in</strong>sbesondere<br />

um das Schengener Durchführungsübere<strong>in</strong>kommen.<br />

In e<strong>in</strong>em ersten Teil wird für das Verständnis der Materie kurz und the-<br />

menbezogen <strong>in</strong> <strong>die</strong> <strong><strong>in</strong>ternationale</strong> Rechtshilfe <strong>in</strong> Strafsachen e<strong>in</strong>geführt (I.);<br />

nach e<strong>in</strong>em Exkurs zum Bankgeheimnis (II.) werden <strong>die</strong> Bilateralen II bzw.<br />

<strong>in</strong>sbesondere das Betrugsbekämpfungsabkommen sowie das Schengener<br />

Durchführungsübere<strong>in</strong>kommen erklärt (III.); im Anschluss daran erfolgt <strong>die</strong><br />

Darstellung der Rechtshilfe bei Fiskaltatbeständen nach geltendem Recht<br />

und mit den Bilateralen II (IV. und V.).<br />

Zur Veranschaulichung folgt schliesslich e<strong>in</strong> praktischer Teil (VI.), <strong>in</strong> wel-<br />

chem aktuelle Problemstellungen aus der Strafrechtspflege erörtert wer-<br />

den. Zwei Sachverhalte, welche <strong>die</strong> Fiskal<strong>rechtshilfe</strong> bei <strong>in</strong>direkten und<br />

direkten Steuern bzw. Abgaben darstellen sollen, s<strong>in</strong>d zum E<strong>in</strong>stieg bereits<br />

an <strong>die</strong>ser Stelle kurz angetönt:<br />

Sachverhalt 1 – Abgabebetrug im Mobiltelefonhandel: In der Compliance-<br />

Abteilung e<strong>in</strong>er Schweizer Bank werden <strong>die</strong> Bankkonten bzw. <strong>die</strong> Klientel<br />

rout<strong>in</strong>emässig auf geldwäschereiverdächtige Umstände überprüft. Dabei<br />

fällt e<strong>in</strong>es Tages folgendes auf: Zahlreiche Bankkonten lauten auf (vone<strong>in</strong>-<br />

ander verschiedene) Offshore-Gesellschaften nach englischem Recht; <strong>die</strong><br />

F<strong>in</strong>anztransaktionen s<strong>in</strong>d stets <strong>in</strong> der Währung des britischen Pfundes,<br />

grosse Beträge, ungewöhnlich volatil. Als wirtschaftlicher H<strong>in</strong>tergrund wird<br />

regelmässig der Handel mit Mobiltelefonapparaten angegeben.<br />

§ nämlich <strong>die</strong> Dossiers: Statistik, Pensionen, Umwelt, Me<strong>die</strong>n, Schengen/Dubl<strong>in</strong>, Betrugsbekämpfung,<br />

Z<strong>in</strong>sbesteuerung, vgl. BBl 2004, 6290ff.; Ambühl, S. 10<br />

** Die neun Dossiers der Bilateralen II s<strong>in</strong>d: Landwirtschaft, Statistik, Umwelt, Media,<br />

Pensionen, Bildung und Jugend, sowie, eben, Schengen/Dubl<strong>in</strong>, <strong>die</strong> Betrugsbekämpfung<br />

und <strong>die</strong> Z<strong>in</strong>sbesteuerung, vgl. BBl 2004, 5986; davon per dato <strong>die</strong>ser Arbeit bereits <strong>in</strong><br />

Kraft: Das Abkommen über landwirtschaftlichen Verarbeitungserzeugnisse (30. März<br />

2005), Abkommen über EU-Pensionen (31. Mai 2005) sowie das Abkommen über <strong>die</strong><br />

Z<strong>in</strong>sbesteuerung (1. Juli 2005), Ambühl, S. 10.<br />

2


Sachverhalt 2 – Bankgeheimnis: E<strong>in</strong>e kle<strong>in</strong>e und fe<strong>in</strong>e Privatbank <strong>in</strong> Zug<br />

hat wohlhabende deutsche Kundschaft. Der Chef fürchtet nun, er müsse<br />

mit den Bilateralen II und deren Angriff auf das Schweizer Bankgeheimnis<br />

se<strong>in</strong>e Bücher auf den Tresen legen und <strong>die</strong> Geheimnisse se<strong>in</strong>er Kund-<br />

schaft preisgeben.<br />

Die Sachverhalte werden unter Punkt VI.1. diskutiert werden.<br />

Das Z<strong>in</strong>sbesteuerungsabkommen, <strong>in</strong> Kraft seit dem 1. Juli 2005, ist ke<strong>in</strong><br />

Rechtshilfeabkommen im eigentlichen S<strong>in</strong>ne, weshalb es nicht <strong>in</strong> den<br />

Rahmen <strong>die</strong>ser Arbeit gehört. Der Kerngehalt des Abkommens ist e<strong>in</strong>e sta-<br />

tuierte Verpflichtung der Schweiz, e<strong>in</strong>en Steuerrückbehalt auf allen Z<strong>in</strong>ser-<br />

trägen mit ausländischer Quelle zu erheben, <strong>die</strong> an natürliche Personen<br />

mit steuerlichem Wohnsitz <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em EU-Mitgliedstaat ausgerichtet werden.<br />

Der Steuersatz wird schrittweise <strong>in</strong>nert sieben Jahren seit Inkraftsetzung<br />

des Abkommens auf 35% erhöht †† . Das Bankgeheimnis bleibt dadurch ge-<br />

wahrt, dass es sich grundsätzlich nur um e<strong>in</strong>e Abgabeverpflichtung der<br />

Schweiz handelt und es <strong>in</strong>sbesondere ke<strong>in</strong>en Informationsaustausch zwi-<br />

schen den Steuerbehörden geben wird.<br />

Nach der Lektüre der Arbeit sollen der Leser bzw. <strong>die</strong> Leser<strong>in</strong> unter ande-<br />

rem folgende Fragen beantworten können:<br />

1. Leistet <strong>die</strong> Schweiz heute im (euro-)<strong><strong>in</strong>ternationale</strong>n Sachverhalt<br />

Rechtshilfe bei ausländischen Fiskaldelikten?<br />

2. Wird sich daran mit Inkrafttreten der Bilateralen II etwas ändern?<br />

3. Wird <strong>die</strong> Schweiz auch mit den Bilateralen II noch e<strong>in</strong> Bankgeheimnis<br />

haben?<br />

Wir werden sehen, dass sich <strong>die</strong> Schweiz und <strong>die</strong> EU mit den Bilateralen II<br />

<strong>in</strong> e<strong>in</strong>em ausgewogenen Verhältnis näher gekommen s<strong>in</strong>d.<br />

†† BBl 2004, 5969 und 6003<br />

3


I. INTERNATIONALE RECHTSHILFE IN STRAFSACHEN<br />

1. Entwicklung und <strong>schweizerische</strong> Ausprägung der <strong><strong>in</strong>ternationale</strong>n<br />

Rechtshilfe <strong>in</strong> Strafsachen<br />

1.1. Entwicklung der <strong><strong>in</strong>ternationale</strong>n Rechtshilfe <strong>in</strong> Strafsachen<br />

Der Ursprung der <strong><strong>in</strong>ternationale</strong>n Rechtshilfe <strong>in</strong> Strafsachen liegt <strong>in</strong> der<br />

Auslieferung von geflüchteten Straftätern aus Ländern, wo sie unter kei-<br />

nem Titel h<strong>in</strong>gehörten. Die Ägypter waren <strong>die</strong> ersten, <strong>die</strong> Römer zogen<br />

nach, <strong>die</strong> von anderen Staaten verlangten, dass ihre Abtrünigen zurückge-<br />

schickt, sprich ausgeliefert würden ‡‡ . Das mag weit hergeholt se<strong>in</strong>, doch<br />

war <strong>die</strong> damalige Auslieferungsthematik der heutigen Fiskal<strong>rechtshilfe</strong><br />

nicht unähnlich: Anstelle von Rechtssubjekten, <strong>die</strong> <strong>in</strong>s Ausland geflüchtet<br />

s<strong>in</strong>d, handelt es sich bei der Rechtshilfe im Fiskalbereich im wesentlichen<br />

um Vermögenswerte, <strong>die</strong> das Land verlassen haben, <strong>in</strong> das sie eigentlich<br />

h<strong>in</strong>gehörten. Beide Sachverhalte ziehen <strong>die</strong> Notwendigkeit e<strong>in</strong>er <strong>in</strong>ternatio-<br />

nalen Zusammenarbeit nach sich.<br />

Aus den Anfängen der Auslieferungs<strong>rechtshilfe</strong> entwickelte sich <strong>die</strong> Straf-<br />

<strong>rechtshilfe</strong> zu e<strong>in</strong>em eigentlichen Regelwerk von nationalen Erlassen, bi-<br />

und multilateralen Übere<strong>in</strong>kommen sowie e<strong>in</strong>er umfangreichen Rechtsan-<br />

wendungspraxis. Der Schweiz darf mit Fug attestiert werden, im Rahmen<br />

ihrer Rechtsgrundlagen e<strong>in</strong>e grosszügige Rechtshilfe zu praktizieren, <strong>die</strong><br />

sich dem Grundsatz des maximalen Entgegenkommens und dem Günstig-<br />

keitspr<strong>in</strong>zips verschrieben hat §§ .<br />

1.2. Geldwäschereigesetz und Rechtshilfe<br />

Mit Verabschiedung des Bundesgesetzes vom 10. Oktober 1997 zur Be-<br />

kämpfung der Geldwäscherei im F<strong>in</strong>anzsektor *** und den damit statuierten<br />

Sorgfalts- und Meldepflichten zulasten der F<strong>in</strong>anz<strong>in</strong>termediäre auf dem<br />

F<strong>in</strong>anzplatz Schweiz wurde das <strong>schweizerische</strong> Bestreben um e<strong>in</strong>en sau-<br />

beren F<strong>in</strong>anzplatz verrechtlicht, und es wurden den hiesigen F<strong>in</strong>anz<strong>in</strong>ter-<br />

mediären, sprich Banken, Versicherungse<strong>in</strong>richtungen, Fondsleitungen,<br />

Effektenhändler und andere, Pflichten überbunden, <strong>die</strong> mehr öffentlich-<br />

‡‡<br />

Popp, N 3; Zimmermann, S. 1: Ramses II soll schon im Jahr 1280 v.Chr. e<strong>in</strong> solches<br />

bilaterales Abkommen geschlossen haben!<br />

§§<br />

vgl. Popp, N 189-193; das Günstigkeitspr<strong>in</strong>zip statuiert, dass <strong>die</strong> anzuwendenden<br />

Rechtshilferegeln stets so auszulegen s<strong>in</strong>d, dass der um Rechtshilfe ersuchende Staat <strong>in</strong><br />

se<strong>in</strong>em Verfahren weitestgehend unterstützt wird; vgl. auch Zimmermann, N 76 und 107<br />

***<br />

SR 955.0<br />

4


echtlicher denn privat- bzw. marktwirtschaftlicher Natur s<strong>in</strong>d ††† . In e<strong>in</strong>er<br />

<strong><strong>in</strong>ternationale</strong>n E<strong>in</strong>zigartigkeit hat <strong>die</strong> Schweiz e<strong>in</strong> System entwickelt, <strong>in</strong><br />

welchem <strong>die</strong> F<strong>in</strong>anz<strong>in</strong>termediäre gewissermassen der verlängerte Arm der<br />

Strafverfolgung s<strong>in</strong>d: So muss der F<strong>in</strong>anz<strong>in</strong>termediär nicht nur se<strong>in</strong>en Kun-<br />

den genauestens prüfen und identifizieren, er muss sogar dem Staat ver-<br />

dächtige Vorgänge melden und <strong>die</strong> Vermögenswerte se<strong>in</strong>es Kunden sper-<br />

ren ‡‡‡ .<br />

Seit Inkrafttreten des Geldwäschereigesetzes s<strong>in</strong>d jährlich zwischen 160<br />

(im ersten Berichtsjahr) und bisher maximal 863 (2003) solcher Meldungen<br />

verzeichnet worden §§§ . Die meisten <strong>die</strong>ser Meldungen haben e<strong>in</strong>en <strong>in</strong>terna-<br />

tionalen Sachverhaltsbezug, weshalb sie auch <strong>in</strong> der Regel e<strong>in</strong>en direkten<br />

E<strong>in</strong>fluss auf <strong>die</strong> <strong><strong>in</strong>ternationale</strong> Rechtshilfe <strong>in</strong> Strafsachen haben: Die als<br />

geldwäschereiverdächtig gemeldeten Vorgänge bzw. Vermögenswerte<br />

stammen häufig aus Vortaten, welche sich im Ausland zugetragen haben,<br />

was sich direkt auf <strong>die</strong> Rechtshilfe und entsprechende Informationstransak-<br />

tionen sowohl von der Schweiz <strong>in</strong>s Ausland, wie umgekehrt, auswirkt. Viel-<br />

fach geht es um ausländische Fiskaldelikte, wo sich aus <strong>schweizerische</strong>r<br />

Sicht unter anderem <strong>die</strong> Thematik der Rechtshilferestriktion für den Fiskal-<br />

bereich, wie sie nachfolgend erörtert wird, stellt.<br />

1.3. Gesetzliche Restriktion für den Fiskalbereich<br />

Geht es <strong>in</strong> der Rechtshilfe um Fiskaldelikte, lässt <strong>die</strong> sonst grosszügige<br />

<strong>schweizerische</strong> Rechtshilfe <strong>die</strong> Barriere herunter: Art. 3 Abs. 3 Satz 1<br />

IRSG schliesst <strong>die</strong> Rechtshilfe aus, und zwar reziprok **** , wenn es sich um<br />

e<strong>in</strong>e Tat handelt, „<strong>die</strong> auf e<strong>in</strong>e Verkürzung fiskalischer Angaben gerichtet<br />

ersche<strong>in</strong>t oder Vorschriften über währungs-, handels-, oder wirtschaftpoliti-<br />

sche Massnahmen“ betroffen s<strong>in</strong>d. E<strong>in</strong> Fiskaldelikt liegt dann vor, wenn<br />

„gegen Regeln über Festsetzung und Erhebung öffentlicher Abgaben jeder<br />

Art“ verstossen wurde bzw. wenn es um Handlungen geht, <strong>die</strong> den steuer-<br />

rechtlichen Veranlagungsvorgang betreffen †††† . Allerd<strong>in</strong>gs kennt <strong>die</strong><br />

Schweiz davon e<strong>in</strong>e nicht ganz unbedeutende Ausnahme, nämlich den Ab-<br />

gabebetrug im S<strong>in</strong>ne von Art. 3 Abs. 3 Satz 2 IRSG: S<strong>in</strong>d <strong>die</strong> Umstände im<br />

E<strong>in</strong>zelfall derart, dass nach <strong>schweizerische</strong>r Rechtsordnung <strong>die</strong> Tatbe-<br />

†††<br />

vgl. dazu Graber GwG, S. 16ff.<br />

‡‡‡<br />

vgl. Art. 3-8 GwG für <strong>die</strong> Prüf- und Sorgfaltspflichten des F<strong>in</strong>anz<strong>in</strong>termediärs und Art.<br />

9f. GwG für <strong>die</strong> Meldepflicht und Vermögenssperre; Graber GwG, S. 37ff.<br />

§§§<br />

vgl. Jahresstatistiken der Meldestelle für Geldwäscherei MROS, ab 1999 – 2006,<br />

www.fedpol.adm<strong>in</strong>.ch<br />

****<br />

d.h., <strong>die</strong> Schweiz darf weder auf e<strong>in</strong> Rechtshilfeersuchen aus dem Ausland e<strong>in</strong>treten<br />

noch selber aktiv Informationen aus dem Land führen, vgl. Art. 67a Abs. 4, denn der dort<br />

aufgeführte „Geheimbereich“ betrifft unter anderem gerade den Fiskalbereich, vgl. dazu<br />

Popp, N 421ff.; Zimmermann, N 237ff.<br />

††††<br />

Popp, N 169; Zimmermann, N 408ff.; BGE 110 Ib 85<br />

5


standselemente des Abgabebetruges erfüllt s<strong>in</strong>d bzw. wären, so leistet <strong>die</strong><br />

Schweiz Rechtshilfe im S<strong>in</strong>ne des dritten Teils des IRSG, sprich im We-<br />

sentlichen bei der Beweismittelbeschaffung und <strong>in</strong> Fragen der Zustel-<br />

lung ‡‡‡‡ .<br />

Die EU richtete ihr Augenmerk unter anderem gerade auf <strong>die</strong> fehlende bzw.<br />

e<strong>in</strong>geschränkte Fiskal<strong>rechtshilfe</strong> <strong>in</strong> der Schweiz, als sie <strong>in</strong> <strong>die</strong> Verhandlun-<br />

gen zu den Bilateralen II, genauer zu den Dossiers der Betrugsbekämpfung<br />

und Schengen/Dubl<strong>in</strong>, stieg. Es ist Gegenstand des Kapitels V. aufzuzei-<br />

gen, <strong>in</strong>wiefern der <strong>schweizerische</strong> Rechtshilfeausschluss im Fiskalbereich<br />

gemäss Art. 3 Abs. 3 IRSG von den Bilateralen II tangiert se<strong>in</strong> wird.<br />

2. Amtshilfe – Rechtshilfe<br />

In der Literatur wird zwischen der Amtshilfe und der Rechtshilfe unter-<br />

schieden. Die Begriffe s<strong>in</strong>d vorab e<strong>in</strong>mal term<strong>in</strong>ologisch zu trennen und zu<br />

def<strong>in</strong>ieren, wenngleich wir feststellen werden, dass sie immer näher zu-<br />

sammen kommen.<br />

2.1. Amtshilfe<br />

Als Amtshilfe wird <strong>die</strong> Zusammenarbeit von Verwaltungsbehörden ausser-<br />

halb e<strong>in</strong>es gerichtlichen Verfahrens bezeichnet, bei welcher Massnahmen<br />

mit direkter Wirkung auf natürliche oder juristische Personen ergriffen wer-<br />

den. Internationale Amtshilfe ist Kooperation zur Unterstützung ausländi-<br />

schen hoheitlichen Handelns, das nicht Gesetzgebung, Streiterledigung<br />

oder Bestrafung ist §§§§ . Die ausländische Instanz muss nicht zw<strong>in</strong>gend e<strong>in</strong>e<br />

staatliche se<strong>in</strong>, solange sie nur hoheitliche Befugnisse ausübt oder ihre<br />

Aufgabe <strong>die</strong> hoheitliche Wahrnehmung e<strong>in</strong>es öffentlichen Interesses dar-<br />

stellt; <strong>die</strong> <strong>in</strong>ländische Stelle ist meistens, aber nicht immer, e<strong>in</strong>e Verwal-<br />

tungsbehörde ***** .<br />

Auf steuerlichem Gebiet wird <strong>in</strong> der Regel unter Amtshilfe das Zusammen-<br />

wirken von Steuerverwaltungsbehörden zweier Staaten verstanden, sei es<br />

zur Ermittlung von Besteuerungsgrundlagen oder zur Beweismittelbeschaf-<br />

fung im Steuerstrafverfahren ††††† .<br />

‡‡‡‡ Popp, N 175ff.; Zimmermann, N 409ff.; vgl. auch FN 36 zur Def<strong>in</strong>ition der „kle<strong>in</strong>en<br />

Rechtshilfe“<br />

§§§§ Breitenmoser, S. 930; Popp, N 101<br />

***** Popp, a.a.O.<br />

††††† Pieper, S. 3f.<br />

6


2.2. Rechtshilfe<br />

Als Rechtshilfe <strong>in</strong> Strafsachen wird demgegenüber <strong>die</strong> Hilfeleistung zu<br />

Gunsten von Justizbehörden <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em bereits hängigen Gerichtsverfahren<br />

bezeichnet. Internationale Rechtshilfe <strong>in</strong> Strafsachen ist <strong>die</strong> Unterstützung<br />

e<strong>in</strong>er staatlichen Behörde durch <strong>die</strong> Behörde e<strong>in</strong>es anderen Staates ‡‡‡‡‡ .<br />

Gerade im Fiskalbereich kommen sich <strong>die</strong> Amts- und <strong>die</strong> Rechtshilfe zu-<br />

weilen sehr nahe, weil Steuererhebungen grundsätzlich normales hoheitli-<br />

ches Handeln ohne Bestrafungscharakter darstellt, im Falle von Unregel-<br />

mässigkeiten aber e<strong>in</strong> strafbarer Sachverhalt entsteht, der im schweizeri-<br />

schen Mischsystem von Verwaltungsstrafrecht und allgeme<strong>in</strong>em Strafrecht<br />

je nach Deliktsausprägung e<strong>in</strong> Kompetenzwechsel von der Steuerbehörde<br />

zur Strafverfolgungsbehörde mit sich br<strong>in</strong>gen kann.<br />

2.3. Gegenseitige Annäherung<br />

Die bisherige Unterscheidung zwischen Amts- und Rechtshilfe wird zu-<br />

nehmend verwischt, und <strong>die</strong> beiden Bereiche werden, gerade im <strong>in</strong>ternati-<br />

onalen Verhältnis, e<strong>in</strong>ander angenähert. Zuweilen werden <strong>die</strong> Amtshilfe<br />

und <strong>die</strong> Rechtshilfe beide unter den Titel der <strong><strong>in</strong>ternationale</strong>n Rechtshilfe im<br />

weiteren S<strong>in</strong>n oder der <strong><strong>in</strong>ternationale</strong>n Verfahrenshilfe vere<strong>in</strong>t §§§§§ . Dies hat<br />

den Ursprung dar<strong>in</strong>, dass <strong>die</strong> Kompetenzausscheidungen <strong>in</strong>ternational un-<br />

terschiedlich def<strong>in</strong>iert werden, es Überschneidungen gibt und auch <strong>die</strong><br />

Begriffe nicht e<strong>in</strong>heitlich verwendet werden ****** . Zu Besorgnis soll <strong>die</strong>s aber<br />

nicht Anlass geben, denn sowohl <strong>die</strong> Amts- als auch <strong>die</strong> Rechtshilfe bedür-<br />

fen e<strong>in</strong>er gesetzlichen Grundlage, und <strong>in</strong> den Bilateralen II haben <strong>die</strong> bei-<br />

den Bereiche durchaus e<strong>in</strong>e Art Angleichung erfahren †††††† .<br />

Festzuhalten bleibt für <strong>die</strong> vorliegende Arbeit, dass unter Amtshilfe das<br />

grenzüberschreitende Zusammenwirken von Verwaltungsbehörden und<br />

unter Rechtshilfe dasselbe von Justizbehörden verstanden wird. Das<br />

Schwergewicht der vorliegenden Arbeit ist <strong>die</strong> Rechtshilfe, wo nötig und<br />

‡‡‡‡‡<br />

Popp, N 1; Breitenmoser, S. 930. Daneben gibt es noch <strong>die</strong> Zivil<strong>rechtshilfe</strong> oder <strong>die</strong><br />

Rechtshilfe <strong>in</strong> Verwaltungssachen, deren Verfahrenszweck nicht <strong>die</strong> Ermittlung e<strong>in</strong>es<br />

strafbaren Sachverhaltes betrifft, sondern <strong>die</strong> Beweisführung vor Gericht <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Zivilbzw.<br />

öffentlich-rechtlichen Anspruch, Breitenmoser, a.a.O.; Popp, N 114f.<br />

§§§§§<br />

Hofstetter, S. 82<br />

******<br />

Behnisch ST, S. 286<br />

††††††<br />

Breitenmoser, S. 930; Wo zum Beispiel unter den geltenden bilateralen Zollverträgen<br />

lediglich <strong>die</strong> Amtshilfe geregelt ist und <strong>die</strong>se von den <strong>schweizerische</strong>n Behörden aus<br />

dogmatischen Gründen stets restriktiv ausgelegt wurden, um nicht <strong>in</strong> den Bereich der<br />

Rechtshilfe zu gelangen, enthalten sowohl das Betrugsbekämpfungsabkommen wie auch<br />

das Schengener Durchführungsabkommen Bestimmungen zu Amts- und Rechtshilfe, vgl.<br />

Ausführungen zu den entsprechenden Dossiers der Bilateralen II unter Ziff. III.2. und III.3.<br />

7


angebracht, werden aber auch Ausführungen zu den neuen Amtshilferege-<br />

lungen gemacht, denn <strong>die</strong> Unterscheidung zwischen Amtshilfe und Rechts-<br />

hilfe entspricht nicht immer derjenigen zwischen Adm<strong>in</strong>istrativbehörden<br />

und Strafverfolgungsbehörden, und <strong>in</strong>sbesondere im Betrugsbekämp-<br />

fungsabkommen umfassen <strong>die</strong> Bestimmungen zur Amtshilfe sowohl <strong>die</strong><br />

Zusammenarbeit <strong>in</strong> Verwaltungssachen (adm<strong>in</strong>istrativ) als auch <strong>in</strong> Strafsa-<br />

chen (repressiv) ‡‡‡‡‡‡ .<br />

3. Euro-<strong><strong>in</strong>ternationale</strong> Rechtshilfe: Rechtsgrundlagen Schweiz – EU<br />

Aus <strong>schweizerische</strong>r Sicht gelten gegenüber der EU bzw. teilweise den<br />

e<strong>in</strong>zelnen Mitgliedstaaten derzeit <strong>die</strong> folgenden Rechtsgrundlagen im Be-<br />

reich der euro-<strong><strong>in</strong>ternationale</strong>n Strafrechtspflege §§§§§§ :<br />

− Bundesgesetz vom 20. März 1981 über <strong><strong>in</strong>ternationale</strong> Rechtshilfe <strong>in</strong> Strafsachen,<br />

IRSG (SR 351.1)<br />

− Verordnung über <strong><strong>in</strong>ternationale</strong> Rechtshilfe <strong>in</strong> Strafsachen, IRSV (SR 351.11)<br />

− Europäisches Übere<strong>in</strong>kommen vom 20. April 1959 über <strong>die</strong> Rechtshilfe <strong>in</strong> Strafsachen,<br />

EUeR (SR 0.351.1) *******<br />

− Zusatzprotokoll vom 15. März 1978 zum Europäischen Übere<strong>in</strong>kommen betreffend<br />

Auskünfte über ausländisches Recht (SR 0.351.21)<br />

− Vertrag vom 13. November 1969 zwischen der Schweiz und Deutschland über <strong>die</strong><br />

Ergänzung des Europäischen Übere<strong>in</strong>kommens über <strong>die</strong> Rechtshilfe <strong>in</strong> Strafsachen<br />

und <strong>die</strong> Erleichterung se<strong>in</strong>er Anwendung (SR 0.351.913.61)<br />

− Vertrag vom 13. Juni 1972 zwischen der Schweiz und Österreich über <strong>die</strong> Ergänzung<br />

des Europäischen Übere<strong>in</strong>kommens über <strong>die</strong> Rechtshilfe <strong>in</strong> Strafsachen und<br />

<strong>die</strong> Erleichterung se<strong>in</strong>er Anwendung (SR 0.351.916.32)<br />

− Vertrag vom 10. September 1998 zwischen der Schweiz und Italien über <strong>die</strong> Ergänzung<br />

des Europäischen Übere<strong>in</strong>kommens über <strong>die</strong> Rechtshilfe <strong>in</strong> Strafsachen und<br />

<strong>die</strong> Erleichterung se<strong>in</strong>er Anwendung (SR 0.351.945.41)<br />

− Vertrag vom 28. Oktober 1996 zwischen der Schweiz und Frankreich über Ergänzung<br />

des Europäischen Übere<strong>in</strong>kommens über <strong>die</strong> Rechtshilfe <strong>in</strong> Strafsachen (SR<br />

0.351.934.92)<br />

− Übere<strong>in</strong>kommen vom 8. November 1990 über Geldwäscherei sowie Ermittlung, Beschlagnahme<br />

und E<strong>in</strong>ziehung von Erträgen aus Straftaten, GwUe (SR 0.311.53).<br />

Die <strong>schweizerische</strong> Rechtshilferestriktion für Fiskaltatbestände <strong>in</strong> Art. 3<br />

Abs. 3 IRSG wird von ke<strong>in</strong>em der bestehenden multi- oder bilateralen<br />

‡‡‡‡‡‡ Art. 7 – 24 BBA; Kästli, S. 613<br />

§§§§§§ Vgl. Übersicht über <strong>die</strong> geltenden Erlasse auf www.rhf.adm<strong>in</strong>.ch, Rechtshilfeführer<br />

des Bundesamtes für Justiz. Mit der E<strong>in</strong>grenzung auf <strong>die</strong> Fiskalstrafrechtspflege s<strong>in</strong>d<br />

<strong>in</strong>sbesondere <strong>die</strong> multi- und bilateralen Auslieferungs-Staatsverträge sowie <strong>die</strong> themenspezifischen<br />

Rechtshilfeerlasse i.w.S. ausgenommen, vgl. dazu gegebenenfalls Popp, N<br />

26ff.<br />

******* im Europarecht gilt <strong>die</strong>ses Übere<strong>in</strong>kommen als sogenannte „Mutter-Konvention“, vgl.<br />

Schomburg/Gless, S. 1406 zu Art. 48 SDÜ<br />

8


Staatsverträge tangiert. Das als Mutter-Konvention bezeichnete Europäi-<br />

sche Übere<strong>in</strong>kommen vom 20. April 1959 über <strong>die</strong> Rechtshilfe <strong>in</strong> Strafsa-<br />

chen hält <strong>in</strong> se<strong>in</strong>em Art. 2 lit. a fest, dass <strong>die</strong> Rechtshilfe verweigert wer-<br />

den kann, wenn sich das Ersuchen auf e<strong>in</strong>e strafbare Handlung bezieht,<br />

<strong>die</strong> vom ersuchten Staat als (…) fiskalische strafbare Handlung angese-<br />

hen“ wird. Damit öffnet sie für <strong>die</strong> Schweiz <strong>die</strong> Tür zu Art. 3 Abs. 3 IRSG<br />

und verpflichtet <strong>die</strong> Schweiz nur im Falle e<strong>in</strong>es Abgabebetruges zu<br />

Rechtshilfe ††††††† . Zur Mutter-Konvention gibt es e<strong>in</strong> Erstes Zusatzprotokoll<br />

vom 17. März 1978 ‡‡‡‡‡‡‡ , abgeschlossen <strong>in</strong> Strassburg, welches <strong>in</strong> se<strong>in</strong>em<br />

Art. 2 <strong>die</strong> <strong>schweizerische</strong> Beschränkung auf Rechtshilfe bei Abgabebetrug<br />

aufheben würde. Die Schweiz hat <strong>die</strong>ses Abkommen am 17. November<br />

1981 zwar unterzeichnet, aber schliesslich nicht ratifiziert §§§§§§§ .<br />

Das Übere<strong>in</strong>kommen vom 8. November 1990 über Geldwäscherei sowie<br />

Ermittlung, Beschlagnahme und E<strong>in</strong>ziehung von Erträgen aus Straftaten<br />

schliesst <strong>in</strong> se<strong>in</strong>em Art. 18 Ziff. 1 lit. d den Fiskalbereich <strong>in</strong> Bezug auf <strong>die</strong><br />

Vortat der Geldwäscherei ebenfalls aus bzw. überlässt es dem Vertrags-<br />

staat, ob er Rechtshilfe leisten will, sofern „<strong>die</strong> Straftat, auf <strong>die</strong> sich das<br />

Ersuchen bezieht, e<strong>in</strong>e (…) fiskalische Straftat ist“.<br />

Es kann nach dem Gesagten festgehalten werden, dass sich <strong>die</strong> schweize-<br />

rische Rechtshilfe bei Fiskaltatbeständen trotz Staatsverträgen (derzeit<br />

noch!) nach Art. 3 Abs. 3 IRSG richtet.<br />

††††††† vgl. Zimmermann, N. 408; das Günstigkeitspr<strong>in</strong>zip würde es verh<strong>in</strong>dern, dass <strong>die</strong><br />

Schweiz unter dem EUeR nicht e<strong>in</strong>mal bei geltend gemachtem ausländischem Abgabebetrug<br />

Rechtshilfe leisten würde.<br />

‡‡‡‡‡‡‡ In Kraft getreten am 12. April 1984<br />

§§§§§§§ Zimmermann, N 408 und www.conventions.coe.<strong>in</strong>t für den Gesetzestext, vgl. auch<br />

Jametti Pfenn<strong>in</strong>ger, S. 163. Auch genannt: Zusatzprotokoll Nr. 99 zum Europäischen<br />

Übere<strong>in</strong>kommen über <strong>die</strong> Rechtshilfe <strong>in</strong> Strafsachen.<br />

9


II. EXKURS: DAS SCHWEIZERISCHE BANKGEHEIMNIS IM GELTENDEN RECHT<br />

1. Begriff und Natur des Bankgeheimnisses<br />

Das Bundesgericht hat <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Entscheid aus dem Jahr 1978 <strong>die</strong> histori-<br />

sche Entwicklung des Verhältnisses zwischen dem Bankgeheimnis und der<br />

<strong><strong>in</strong>ternationale</strong>n Rechtshilfe <strong>in</strong> Strafsachen bzw. <strong>in</strong>sbesondere Fiskalstraf-<br />

sachen zusammengefasst ******** : In Art. 11 des Bundesgesetzes vom 22.<br />

Januar 1892 betreffend <strong>die</strong> Auslieferung gegenüber dem Ausland sei be-<br />

reits niedergeschrieben worden, dass „wegen Übertretung fiskalischer Ge-<br />

setze (…) <strong>die</strong> Auslieferung nicht bewilligt“ werde. Auch sämtliche bilatera-<br />

len Auslieferungsverträge, welche <strong>die</strong> Schweiz im 19. Jahrhundert abge-<br />

schlossen habe, hätten e<strong>in</strong>e derartige Klausel enthalten. Das Bundesge-<br />

richt bezog sich im erwähnten Entscheid schliesslich auf Art. 2 lit. a des<br />

EUeR †††††††† , mit welchem der Fiskalbereich auch von der allgeme<strong>in</strong>en<br />

Rechtshilfe ausgenommen werden könne. Das Bankgeheimnis war dabei<br />

das Instrument zum Schutz des Fiskalbereichs vor E<strong>in</strong>griffen durch <strong>die</strong> <strong>in</strong>-<br />

ternationale Rechtshilfe.<br />

Die Ausklammerung des Fiskalbereiches von der Rechtshilfe <strong>in</strong> Strafsa-<br />

chen hat sich schliesslich im Art. 3 Abs. 3 des IRSG zu Gesetze geschla-<br />

gen und hat es bisher geschafft, von ke<strong>in</strong>em bi- oder multilateralen Staats-<br />

vertrag s<strong>in</strong>nentleert worden zu se<strong>in</strong>. Bereits seit 1934 ist das Bankgeheim-<br />

nis explizit gesetzlich geregelt <strong>in</strong> Art. 47 des Bankengesetzes ‡‡‡‡‡‡‡‡ .<br />

Materiell ist das Bankgeheimnis e<strong>in</strong> Bankkundengeheimnis. Es geht darum,<br />

dass <strong>die</strong> Bank bzw. ihre Organe und Angestellten sowie weitere vom Ban-<br />

kengesetz bezeichnete Personen, <strong>die</strong> <strong>in</strong> direkter Beziehung zur Bank ste-<br />

hen, Stillschweigen bewahren müssen über alle persönlichen und wirt-<br />

schaftlichen Belange ihrer Kunden und allfälliger Dritten, wenn <strong>die</strong>se ihnen<br />

aus der geschäftlichen Beziehung zu ihren Kunden zur Kenntnis gelangt<br />

s<strong>in</strong>d. Gegenstand der Schweigepflicht ist beispielsweise schon <strong>die</strong> Tatsa-<br />

che, dass jemand Kunde der Bank ist. Das Bankgeheimnis schützt also <strong>die</strong><br />

bankgeschäftliche Kommunikation bzw. <strong>die</strong> bankgeschäftliche Beziehung<br />

******** BGE 104 IA 53f.<br />

†††††††† Man beachte: Das EUeR trat für <strong>die</strong> Schweiz am 20. März 1967 <strong>in</strong> Kraft, das<br />

IRSG genau 14 Jahre später, nämlich am 20. März 1981<br />

‡‡‡‡‡‡‡‡ Bundesgesetz vom 8. November 1934 über <strong>die</strong> Banken und Sparkassen, BankG<br />

(SR 952.0); erste Ersche<strong>in</strong>ungen von „Bankgeheimnissen“ bzw. e<strong>in</strong>e allgeme<strong>in</strong> anerkannte<br />

Verschwiegenheitspflicht bei Kreditverhältnissen ist aus dem 16. Jh. bekannt, wo<br />

beispielsweise <strong>die</strong> Mailänder Bank des Heiligen Ambrosius verlauten liess: „Man gebe<br />

niemand Aufschluss über andere ausser dem Anfragenden über sich selbst, desgleichen<br />

dessen Bevollmächtigten, Erben usw. bei Strafe des Amtsverlustes (…).“, Petersen, S. 7<br />

10


zwischen der Bank und ihren Bankkunden, unabhängig vom Inhalt der e<strong>in</strong>-<br />

zelnen Informationen §§§§§§§§ .<br />

International f<strong>in</strong>det das starke <strong>schweizerische</strong> Bankgeheimnis nur wenige<br />

Vergleichsregelungen und ist deshalb immer wieder Ziel von Angriffen an-<br />

derer F<strong>in</strong>anzplätze und Institutionen, <strong>die</strong> ke<strong>in</strong> gesetzlich verankertes Bank-<br />

geheimnis kennen ********* .<br />

2. Ke<strong>in</strong> absoluter Geheimnisschutz<br />

Das Bankgeheimnis besitzt ke<strong>in</strong>en absoluten Schutz, selbst dann nicht,<br />

wenn es Verfassungsrang hätte, weil es bei der Frage um <strong>die</strong> punktuelle<br />

Aufhebung des Bankgeheimnisschutzes immer um Interessenabwägungen<br />

geht. Der wesentliche Durchgriff durch das Bankgeheimnis steht <strong>in</strong> Abs. 4<br />

des Art. 47 BankG selber geschrieben, wo eidgenössische und kantonale<br />

Bestimmungen über <strong>die</strong> Zeugnispflicht und über <strong>die</strong> Auskunftspflicht ge-<br />

genüber e<strong>in</strong>er Behörde vorbehalten bleiben. Anwendungsfälle hiervon s<strong>in</strong>d<br />

etwa Vorladungen von Strafverfolgungsbehörden zu Zeugenaussagen oder<br />

Editionsaufforderungen von Bankunterlagen. Das Bundesgericht hatte sich<br />

<strong>in</strong> der Vergangenheit schon wiederholt zum Bankgeheimnis und <strong>die</strong>sbezüg-<br />

lichen Durchgriffstatbeständen geäussert und <strong>in</strong> mehreren Entscheiden<br />

differenziert abgewogen zwischen dem Interesse der Schweiz am Schutz<br />

des Bankgeheimnisses und dem Interesse des um Rechtshilfe ersuchen-<br />

den Staates an der Aufklärung se<strong>in</strong>es Straffalles. Es hat dabei zusammen-<br />

gefasst gesagt, dass das Bankgeheimnis nicht grundsätzlich zur Ableh-<br />

nung e<strong>in</strong>es Rechtshilfeersuchens führen dürfe, es aber dann zu schützen<br />

wäre, wenn es durch e<strong>in</strong> Rechtshilfeersuchen geradezu ausgehöhlt oder<br />

der ganzen <strong>schweizerische</strong>n Wirtschaft Schaden zugefügt würde ††††††††† .<br />

§§§§§§§§ Margiotta, S. 59f.; man bemerke, dass das Gesetz <strong>in</strong> Art. 47 Abs. 2 auch <strong>die</strong> fahrlässige<br />

Verletzung des Bankgeheimnisses unter Strafe stellt, vgl. auch Stratenwerth, S.<br />

386 N 28<br />

********* E<strong>in</strong> ähnlich rigoros ersche<strong>in</strong>endes Institut kennt etwa das Fürstentum Liechtenste<strong>in</strong>,<br />

welches <strong>in</strong> Art. 14 des Liechtenste<strong>in</strong>ischen Bankengesetzes vom 1. Januar 1993 ebenfalls<br />

e<strong>in</strong> gesetzlich verankertes Bankgeheimnis kennt. Auch der F<strong>in</strong>anzplatz S<strong>in</strong>gapur<br />

wird vor dem H<strong>in</strong>tergrund e<strong>in</strong>es gesetzlichen Bankgeheimnisses und e<strong>in</strong>er auch sonst<br />

äusserst restriktiven Rechtshilfepraxis (vgl. Pieth Marc, Geldwäschereibekämpfung im<br />

<strong><strong>in</strong>ternationale</strong>n Vergleich, Journalistensem<strong>in</strong>ar SBVg vom 5./6. Juni 2003; He<strong>in</strong>e Gedächtnisschrift,<br />

S. 67 FN 2<br />

††††††††† Bernasconi SWZ, S. 63 mit Verweisen auf BGE 113 Ib 157ff., wo es unter anderem<br />

um den Grundsatz der Verhältnismässigkeit (E. 5) und <strong>die</strong> Zeugene<strong>in</strong>vernahme von<br />

Bankangestellten g<strong>in</strong>g (E. 7a-b); 115 Ib 83 E. 4b, wo das Bundesgericht e<strong>in</strong>e verlangte<br />

Auskunftserteilung über zwei Bankkonten nicht als Verwässerung des Bankgeheimnisses<br />

bezeichnete, aber e contrario festhielt, dass das Bankgeheimnis unter bestimmten Voraussetzungen<br />

zu den wesentlichen Interessen der Schweiz zähle und zu schützen sei,<br />

wenn es durch e<strong>in</strong> Rechtshilfeersuchen geradezu ausgehöhlt würde; 118 Ib 442ff., wo es<br />

um <strong>die</strong> Beschwerdelegitimation e<strong>in</strong>er Bank g<strong>in</strong>g und das Bundesgericht sagte, dass <strong>die</strong><br />

Bank <strong>die</strong> Gelegenheit haben müsse, mittels Beschwerde das Bankgeheimnis ihrer Kun-<br />

11


Damit gab das Bundesgericht dem Bankgeheimnis zwar nicht gerade Ver-<br />

fassungsrang, aber doch e<strong>in</strong>e Art Bestandesgarantie.<br />

Im Steuerverwaltungsverfahren behält das Bankgeheimnis se<strong>in</strong>en vollen<br />

Wirkungsgehalt, da es den klassischen Steuerbehörden nicht zusteht, sich<br />

auf Abs. 4 des Art. 47 BankG zu berufen ‡‡‡‡‡‡‡‡‡ . Die heikle Abgrenzung, zu<br />

welcher es ebenfalls e<strong>in</strong>e reiche Palette an Rechtsprechung gibt, ist <strong>die</strong>je-<br />

nige zwischen Abgabeh<strong>in</strong>terziehung und Abgabebetrug, weil Art. 3 Abs. 3<br />

Satz 2 IRSG bei Abgabebetrug <strong>die</strong> sogenannte kle<strong>in</strong>e Rechtshilfe zu-<br />

lässt §§§§§§§§§ .<br />

3. Kritik am <strong>schweizerische</strong>n Bankgeheimnis und <strong>die</strong> Bilateralen II<br />

Auf dem Weg zu den Bilateralen II wurde von Seiten der EU das Bankge-<br />

heimnis <strong>in</strong>s Visier genommen. Seit Jahren wurde moniert, dass das<br />

Schweizer Bankgeheimnis <strong>die</strong> effektive Verfolgung von Krim<strong>in</strong>alität bei-<br />

spielsweise im Zusammenhang mit Geldwäscherei und Steuerdelikten ver-<br />

h<strong>in</strong>dere und PEPs ********** ihre diktatorisch erlangten Milliardenbeträge prob-<br />

lemlos bei Schweizer Banken anlegen könnten †††††††††† . Namentlich war <strong>die</strong><br />

typisch <strong>schweizerische</strong> Unterscheidung zwischen H<strong>in</strong>terziehungs- und Be-<br />

trugstatbeständen der EU stets e<strong>in</strong> Dorn im Auge, denn „Schengen“ kannte<br />

und kennt e<strong>in</strong>e solche Differenzierung nicht.<br />

Die <strong>schweizerische</strong> Verhandlungsdelegation hatte hier e<strong>in</strong>e schwierige<br />

Aufgabe – nämlich das Bankgeheimnis so gut wie möglich über <strong>die</strong> Ver-<br />

handlungsrunden zu br<strong>in</strong>gen und möglichst wenig davon herzugeben. Wir<br />

werden <strong>in</strong> den nachfolgenden Ausführungen sehen, dass <strong>die</strong>s der Schwei-<br />

zer Delegation unter der Leitung von Frau Dr. iur. Monique Jametti Gre<strong>in</strong>er<br />

den zu schützen; 120 Ib 251 E. 5c, wo das Bundesgericht den E<strong>in</strong>wand der Unverhältnismässigkeit<br />

bezüglich e<strong>in</strong>es E<strong>in</strong>griffs <strong>in</strong> das Bankgeheimnis nicht gelten liess; 123 II<br />

153ff., Entscheid <strong>in</strong> der Schmiergeldaffäre Meran, wo das Bundesgericht das Interesse<br />

des ersuchenden Staates an der Aufklärung e<strong>in</strong>es Korruptionsfalles höheres Gewicht<br />

e<strong>in</strong>räumte als dem <strong>schweizerische</strong>n Interesse an der Aufrechterhaltung des Bankgeheimnisses.<br />

‡‡‡‡‡‡‡‡‡ Pieper, S. 33<br />

§§§§§§§§§ Unter der „kle<strong>in</strong>en Rechtshilfe“, auch akzessorische Rechtshilfe genannt, versteht<br />

man <strong>in</strong> der Straf<strong>rechtshilfe</strong> den dritten Teil des IRSG, welcher mit „andere Rechtshilfe“<br />

überschrieben ist. Im Wesentlichen geht es um Zwangsmassnahmen zur Beweiserhebung<br />

und <strong>die</strong> Zustellung und Herausgabe von Akten und Schriftstücken, vgl. Art. 63ff.<br />

IRSG<br />

********** PEP = Politically Exposed Person, will heissen: wichtige Person aus dem öffentlichen<br />

Interesse, namentlich aus der Politik und vor dem H<strong>in</strong>tergrund staatspolitischer<br />

Eigenheiten aus dem Herkunftsland. Der Begriff ist nicht genau def<strong>in</strong>iert und tritt häufig<br />

im Zusammenhang mit bankspezifischen Compliance-Fragen auf. Bei e<strong>in</strong>er PEP ist, jedenfalls<br />

im Lichte des GwG, besondere Sorgfalt geboten bei der Prüfung der genaueren<br />

Umstände.<br />

†††††††††† He<strong>in</strong>e Skriptum, S. 1<br />

12


gelungen ist und es auch mit den Bilateralen II das Bankgeheimnis e<strong>in</strong>st-<br />

weilen als solches noch gibt ‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡ .<br />

‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡ vgl. dazu Jametti/Pfenn<strong>in</strong>ger, <strong>in</strong>sbes. S. 5ff.<br />

13


III. DIE BILATERALEN II<br />

1. Ausgangslage und Ergebnis<br />

1.1. Interessen der Verhandlungspartner<br />

Die EU hatte zwei wichtige Anliegen, <strong>die</strong> sie motivierten, mit der Schweiz<br />

an den Verhandlungstisch zu sitzen: Die Mitwirkung der Schweiz an e<strong>in</strong>em<br />

europaweiten System zur Sicherstellung der Besteuerung von Z<strong>in</strong>serträgen<br />

e<strong>in</strong>erseits sowie e<strong>in</strong>e verstärkte Zusammenarbeit im Bereich der Bekämp-<br />

fung des Betruges bei <strong>in</strong>direkten Steuern andererseits §§§§§§§§§§ . Ihr konkre-<br />

ter Fokus war <strong>die</strong> rechtliche E<strong>in</strong>b<strong>in</strong>dung der Schweiz <strong>in</strong> den EU-Acquis <strong>in</strong><br />

der Amts- und Rechtshilfe <strong>in</strong> Fiskalsachen *********** .<br />

Die Schweiz trat auf <strong>die</strong> Begehren der EU e<strong>in</strong>, stellte ihrerseits aber zwei<br />

Spielregeln auf: erstens sollen <strong>die</strong> Verhandlungen über <strong>die</strong> e<strong>in</strong>zelnen Dos-<br />

siers parallel laufen und geme<strong>in</strong>sam abgeschlossen werden (Verhand-<br />

lungsparallelismus), zweitens sollen <strong>die</strong> Dossiers juristisch nicht mite<strong>in</strong>an-<br />

der verknüpft werden, wie das bei den Bilateralen I mit der sogenannten<br />

„Guillot<strong>in</strong>e-Klausel“ der Fall ist ††††††††††† . Sodann soll das Bankgeheimnis<br />

gewahrt werden ‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡ .<br />

1.2. Ergebnis, <strong>in</strong>sbesondere im Bereich der Amts- und Rechtshilfe <strong>in</strong><br />

Strafsachen<br />

Der Verhandlungsparallelismus bewegte <strong>die</strong> EU aufgrund ihres Interesses<br />

am Abschluss des Z<strong>in</strong>sbesteuerungsabkommens <strong>in</strong> den anderen Dossiers,<br />

namentlich Schengen/Dubl<strong>in</strong>, zu Konzessionen, welche für <strong>die</strong> Schweiz<br />

wichtig s<strong>in</strong>d. So konnte, wie bereits erwähnt, das Bankgeheimnis grund-<br />

sätzlich gerettet bzw. musste nur punktuell gelüftet werden §§§§§§§§§§§ . Und<br />

e<strong>in</strong>e sogenannte „opt out“-Klausel <strong>in</strong> Art. 7 Abs. 5 des Schengen-<br />

Assoziierungsabkommen ermöglicht der Schweiz, künftige Änderungen im<br />

Paket der Schengen-Assoziierung nicht anzunehmen, ohne dass das gan-<br />

ze Schengen-Assoziierungsabkommen dah<strong>in</strong>fallen würde. Der Bundesrat<br />

beurteilt das Verhandlungsergebnis als „Interessenausgleich mit der EU<br />

§§§§§§§§§§<br />

BBl 2004, 5966<br />

***********<br />

Dietrich, S. 583<br />

†††††††††††<br />

Die Guillot<strong>in</strong>e-Klausel sorgt dafür, dass <strong>die</strong> Ablehnung e<strong>in</strong>es e<strong>in</strong>zigen Vertrages<br />

das Dah<strong>in</strong>fallen aller Verträge nach sich zieht. Vgl. Jametti, S. 198<br />

‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡<br />

BBl 2004, 5966; vgl. zu den Verhandlungen auch Jametti, S. 200ff.; Dietrich, S.<br />

583<br />

§§§§§§§§§§§<br />

vgl. He<strong>in</strong>e Landesbericht, S. 32; Ambühl, S. 11<br />

14


unter voller Berücksichtigung der zentralen <strong>schweizerische</strong>n Verhand-<br />

lungsziele“ ************ .<br />

In Bezug auf <strong>die</strong> Amts- und Rechtshilfe <strong>in</strong> Strafsachen sieht das Verhand-<br />

lungsergebnis der Bilateralen II wie folgt aus:<br />

− Im Bereich der Betrugsbekämpfung: Abschluss des „Abkommens über<br />

<strong>die</strong> Zusammenarbeit zwischen der Schweizerischen Eidgenossen-<br />

schaft e<strong>in</strong>erseits und der Europäischen Geme<strong>in</strong>schaft und ihren Mit-<br />

gliedstaaten andererseits zur Bekämpfung von Betrug und sonstigen<br />

rechtswidrigen Handlungen, <strong>die</strong> ihre f<strong>in</strong>anziellen Interessen bee<strong>in</strong>-<br />

trächtigen“ (Betrugsbekämpfungsabkommen [BBA] vom 1. Oktober<br />

2004) †††††††††††† ;<br />

− im Bereich der Assoziierung der Schweiz an den Schengen-Acquis:<br />

Abschluss des „Abkommens zwischen der Europäischen Union, der<br />

Europäischen Geme<strong>in</strong>schaft und der Schweizerischen Eidgenossen-<br />

schaft über <strong>die</strong> Assoziierung <strong>die</strong>ses Staates bei der Umsetzung, An-<br />

wendung und Entwicklung des Schengen-Besitzstandes“ (Schengen-<br />

Assoziierungsabkommen [SAA] vom 1. Oktober 2004) ‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡ ;<br />

− im Bereich von „Schengen/Dubl<strong>in</strong>“: E<strong>in</strong>tritt der Schweiz <strong>in</strong> das „Über-<br />

e<strong>in</strong>kommen zur Durchführung des Übere<strong>in</strong>kommens von Schengen<br />

vom 14. Juni 1985 zwischen den Regierungen der Staaten der Bene-<br />

lux-Wirtschaftsunion, der Bundesrepublik Deutschland und der Fran-<br />

zösischen Republik betreffend den schrittweisen Abbau der Kontrol-<br />

len an den geme<strong>in</strong>samen Grenzen“ (Schengener Durchführungsüber-<br />

e<strong>in</strong>kommen [SDÜ] vom 19. Juni 1990) §§§§§§§§§§§§ .<br />

Die Abkommen und deren Auswirkungen auf <strong>die</strong> <strong>schweizerische</strong> Rechtshil-<br />

fe bei Fiskaltatbeständen, namentlich das Dossier der Betrugsbekämpfung<br />

und das Dossier „Schengen/Dubl<strong>in</strong>“ mit dem Schengener Durchführungs-<br />

übere<strong>in</strong>kommen als <strong>rechtshilfe</strong>relevante Dossiers der Bilateralen II, werden<br />

nachfolgend im E<strong>in</strong>zelnen besprochen, wobei <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em ersten Teil hiernach<br />

folgend auf <strong>die</strong> Dossiers <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em allgeme<strong>in</strong>en S<strong>in</strong>ne e<strong>in</strong>gegangen wird, um<br />

dann im Kapitel V. <strong>die</strong> Schlussfolgerung auf <strong>die</strong> Fiskal<strong>rechtshilfe</strong> mit den<br />

Bilateralen II vornehmen zu können ************* .<br />

************ BBl 2004, 6008<br />

†††††††††††† BBl 2004, 5965ff.<br />

‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡ BBl 2004, 6001ff.; vgl. zur Publikation des Schengen-Besitzstands ABl. L 239<br />

vom 22. September 2000, S. 3ff. und ABl. L 176 vom 10. Juli 1999, S. 1ff.; ABl. L 368<br />

vom 15. Dezember 2004, S. 26; ABl. L 125 vom 18. Mai 2005, S. 18; ABl. L 370 vom 17.<br />

Dezember 2004, S. 78 und BBl. 2004, 6072ff.<br />

§§§§§§§§§§§§ BBl 2004, 6063ff.; ABl. L 239 vom 22. September 2000, S. 19ff.<br />

************* Zu den übrigen Verhandlungsergebnissen vgl. BBl 2004, 6033ff., <strong>in</strong>sbesondere<br />

BBl 2004, 6204ff. zum Z<strong>in</strong>sbesteuerungsabkommen, welches <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em weiteren S<strong>in</strong>ne<br />

auch <strong>rechtshilfe</strong>relevante Normen enthält, aber nicht Gegenstand <strong>die</strong>ser Arbeit ist.<br />

15


2. Das Betrugsbekämpfungsabkommen<br />

2.1. Regelungsbereich und Inhaltsübersicht<br />

Die Zusammenarbeit zwischen der Schweiz und der EU bzw. ihren Mit-<br />

gliedstaaten im Bereich des grenzüberschreitenden Warenverkehrs ist von<br />

grosser praktischer und wirtschaftlicher Bedeutung und heute geregelt mit-<br />

tels verschiedener e<strong>in</strong>schlägiger Abkommen ††††††††††††† . Diese Abkommen<br />

enthalten Amtshilfebestimmungen, da gerade der grenzüberschreitende<br />

Warenverkehr e<strong>in</strong> durchwegs verwaltungslastiger Bereich darstellt. Die<br />

Schweiz legte <strong>die</strong>se Amtshilfebestimmungen <strong>in</strong> der Vergangenheit restriktiv<br />

aus und war <strong>in</strong>sbesondere nicht bereit bzw. hatte <strong>in</strong>nerstaatlich auch nicht<br />

<strong>die</strong> rechtliche Grundlage dafür, im Rahmen der Amtshilfe Zwangsmass-<br />

nahmen wie Hausdurchsuchungen oder Beschlagnahmungen durchzufüh-<br />

ren ‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡ . Gleichzeitig sprach <strong>die</strong> EU Ende der neunziger Jahre von<br />

Milliardenbeträgen, welche ihr und den Mitgliedstaaten durch Schmuggel,<br />

<strong>in</strong>sbesondere Zigarettenschmuggel, und Subventionsbetrügereien verloren<br />

g<strong>in</strong>gen. Auf der anderen Seite verschafften solche Widerhandlungen den<br />

Betrügern horrende Gew<strong>in</strong>ne. Die Schweiz wurde aufgrund ihrer restrikti-<br />

ven Amtshilfepraxis immer mehr als f<strong>in</strong>anzielle und organisatorische Dreh-<br />

scheibe des Missbrauchs der Regelungen im Zollbereich dargestellt und<br />

als solche gebraucht §§§§§§§§§§§§§ .<br />

Mit dem Betrugsbekämpfungsabkommen wurde nun <strong>die</strong> Zusammenarbeit<br />

zwischen der Schweiz und der EU im Kampf gegen Zolldelikte, <strong>in</strong>sbeson-<br />

dere gegen Schmuggeltatbestände und andere Delikte im Bereich der <strong>in</strong>di-<br />

rekten Steuern (Zoll, Mehrwertsteuer, Verbrauchssteuern), aber auch beim<br />

öffentlichen Beschaffungswesen und im Bereich der Subventionen <strong>in</strong>tensi-<br />

viert ************** . Insbesondere enthält das Abkommen im Titel III <strong>in</strong> den Art.<br />

25ff. nun auch Rechtshilfebestimmungen, welche <strong>in</strong> den Beratungen von<br />

den Befürwortern als taugliche Mittel für <strong>die</strong> grenzüberschreitende Strafver-<br />

††††††††††††† Die wichtigsten dürften das Freihandelsabkommen vom 22. Juli 1972 zwischen<br />

der Schweiz und der EWG zur Förderung e<strong>in</strong>er „harmonischen Entwicklung ihrer<br />

Wirtschaftsbeziehungen durch <strong>die</strong> Ausweitung des Warenverkehrs“ se<strong>in</strong> (FHA, SR<br />

0.632.401, vgl. Art. 1), das Protokoll Nr. 3 vom 19. Dezember 1996 sowie das Zusatzprotokoll<br />

vom 9. Juni 1997 über <strong>die</strong> gegenseitige Amtshilfe im Zollbereich (SR<br />

0.632.401.02), beide zum FHA, se<strong>in</strong>. Sodann gibt es das Übere<strong>in</strong>kommen vom 20. Mai<br />

1987 über e<strong>in</strong> geme<strong>in</strong>sames Versandverfahren mit Anlagen und Zusatzprotokollen (SR<br />

0.631.242.04); vgl. BBl 2004, 6185 und Kästli, S. 610<br />

‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡ Kästli, S. 610<br />

§§§§§§§§§§§§§ E<strong>in</strong>e Kritik, <strong>die</strong> übertrieben war und eigentlich <strong>die</strong> Rechtshilferestriktion des<br />

Art. 3 Abs. 3 IRSG, das heisst <strong>die</strong> Beschränkung der Rechtshilfe auf Abgabebetrug, im<br />

Visier hatte; vgl. dazu Dietrich, S. 581f.<br />

************** Dietrich, S. 584<br />

16


folgung von teilweise massiven Betrugs- und H<strong>in</strong>terziehungsfällen bezeich-<br />

net wurden †††††††††††††† .<br />

Das Betrugsbekämpfungsabkommen ist e<strong>in</strong> statisches Abkommen. Es un-<br />

terliegt ke<strong>in</strong>er Weiterentwicklung bzw. Anpassung an allfällig neue EU-<br />

Regeln; Änderungen müssen neu verhandelt und vere<strong>in</strong>bart wer-<br />

den ‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡ . Das Abkommen kann gemäss Art. 45 gegenseitig mit e<strong>in</strong>er<br />

Frist von sechs Monaten gekündigt werden.<br />

2.2. Amts- und Rechtshilfebestimmungen im allgeme<strong>in</strong>en<br />

Das Betrugsbekämpfungsabkommen nimmt e<strong>in</strong>erseits <strong>in</strong>haltlich <strong>die</strong> bishe-<br />

rigen, bereits geltenden Bestimmungen des EUeR und se<strong>in</strong>es Zweiten Zu-<br />

satzprotokolls sowie des IRSG auf. Für <strong>die</strong> Schweiz kommen neu h<strong>in</strong>zu:<br />

Die Bestimmungen des SDÜ und später des Protokolls vom 16. Oktober<br />

2001 zum EU-Rechtshilfeübere<strong>in</strong>kommen §§§§§§§§§§§§§§ , welche bislang nur<br />

unter den Mitgliedstaaten der EU galten. Im S<strong>in</strong>ne des Günstigkeitspr<strong>in</strong>zips<br />

bleiben vor dem H<strong>in</strong>tergrund des Art. 7 BBA <strong>in</strong>sbesondere das Zusatzpro-<br />

tokoll vom 9. Juni 1997 zum Freihandelsabkommen vom 22. Juli 1972 über<br />

<strong>die</strong> gegenseitige Amtshilfe im Zollbereich vorbehalten *************** . Die wesent-<br />

liche Neuerung aus <strong>schweizerische</strong>r Sicht ist <strong>die</strong> Erweiterung der zwi-<br />

schenstaatlichen Zusammenarbeit im Bereich der <strong>in</strong>direkten Fiskali-<br />

tät ††††††††††††††† . Nach geltendem Recht war <strong>die</strong>se nämlich durchwegs aus-<br />

genommen: Gemäss dem EUeR konnten Fiskaldelikte von der <strong>in</strong>ternationa-<br />

len Zusammenarbeit ausdrücklich ausgeschlossen werden ‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡ , und<br />

das IRSG schliesst, wie e<strong>in</strong>gangs unter Ziff. I.1.3. bereits erwähnt, <strong>die</strong><br />

Rechtshilfe im Fiskalbereich ohneh<strong>in</strong> aus, soweit nicht vom ersuchenden<br />

Staat e<strong>in</strong> eigentlicher Abgabebetrug geltend gemacht wird §§§§§§§§§§§§§§§ .<br />

†††††††††††††† BBl 2004, 6031<br />

‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡ Dietrich, S. 587<br />

§§§§§§§§§§§§§§ BBl 2004, 6185f.; ABl. C 326 vom 21. November 2001, S. 2ff. für das Protokoll<br />

und ABl. C 197 vom 12. Juli 2000, S. 1ff. für das EU-Rechtshilfeübere<strong>in</strong>kommen,<br />

genannt: „Übere<strong>in</strong>kommen über <strong>die</strong> Rechtshilfe <strong>in</strong> Strafsachen zwischen den Mitgliedstaaten<br />

der Europäischen Union“ – Element des Schengen-Acquis und als solches nicht<br />

zu verwechseln mit dem EUeR: Das EU-Rechtshilfeübere<strong>in</strong>kommen ist e<strong>in</strong> Rechtsakt der<br />

Europäischen Union, das EUeR ist e<strong>in</strong> Übere<strong>in</strong>kommen des Europarates, Jametti Pfenn<strong>in</strong>ger,<br />

S. 161!<br />

*************** BBl 2004, 6189<br />

††††††††††††††† BBl 2004, 6185f.<br />

‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡ Art. 2 lit. a EUeR<br />

§§§§§§§§§§§§§§§ Art. 3 Abs. 3 IRSG<br />

17


2.2.1. Amtshilfe<br />

2.2.1.1. Auf Ersuchen<br />

Im Titel II des Betrugsbekämpfungsabkommen, Art. 7 – 24, ist <strong>die</strong> gegen-<br />

seitige Amtshilfe geregelt. Diese umfasst sowohl <strong>die</strong> Zusammenarbeit <strong>in</strong><br />

Verwaltungssachen (adm<strong>in</strong>istrativ) als auch <strong>in</strong> Strafsachen (repressiv).<br />

Nach Art. 8 leisten <strong>die</strong> Vertragsparteien e<strong>in</strong>ander Amtshilfe zur Bekämp-<br />

fung rechtswidriger Handlungen, <strong>in</strong>sbesondere durch Verh<strong>in</strong>derung und<br />

Aufdeckung von Widerhandlungen. Die Zuständigkeiten der Verwaltungs-<br />

behörden s<strong>in</strong>d von Land zu Land sehr verschieden. Für <strong>die</strong> Schweiz soll<br />

<strong>die</strong>s so gelöst werden, dass <strong>die</strong> Erledigung von Amtshilfeersuchen grund-<br />

sätzlich nach den e<strong>in</strong>schlägigen Verwaltungsgesetzen vorgenommen wer-<br />

den wird **************** . Neu können unter dem Titel der Amtshilfe nun auch<br />

Zwangsmassnahmen anbegehrt werden, <strong>die</strong> dann nach den Bestimmungen<br />

des Verwaltungsstrafrechts †††††††††††††††† durchgeführt werden. Dem Amtshil-<br />

feersuchen ist <strong>die</strong>sfalls e<strong>in</strong> Durchsuchungsbefehl der zuständigen auslän-<br />

dischen Behörde vorzulegen ‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡ . Materiell unterscheidet sich <strong>die</strong>-<br />

ses Vorgehen nicht mehr von der bereits bisher möglichen Rechtshilfe <strong>in</strong><br />

Strafsachen im Bereich des Abgabebetruges im S<strong>in</strong>ne von Art. 3 Abs. 3<br />

Satz 2 IRSG. Die neue Amtshilfe nach dem BBA geht nun <strong>in</strong>sofern darüber<br />

h<strong>in</strong>aus, <strong>in</strong>dem im Rahmen der Amtshilfe nunmehr auch Zwangsmassnah-<br />

men bei Abgabeh<strong>in</strong>terziehung möglich se<strong>in</strong> werden §§§§§§§§§§§§§§§§ .<br />

In der Schweiz wird für Amtshilfeersuchen <strong>die</strong> Oberzolldirektion <strong>in</strong> Bern<br />

zuständig se<strong>in</strong>.<br />

2.2.1.2. Ohne Ersuchen<br />

Neben der Amtshilfe auf Ersuchen wird es gemäss Art. 20 BBA auch <strong>die</strong><br />

Amtshilfe ohne Ersuchen geben, wobei es <strong>die</strong>se heute schon gestützt auf<br />

Art. 4 des Zusatzprotokolls über <strong>die</strong> gegenseitige Amtshilfe im Zollbereich<br />

gibt und <strong>in</strong> der Praxis von grosser Bedeutung ist. Die spontane Weitergabe<br />

von zweck<strong>die</strong>nlichen Informationen über bestimmte Waren <strong>die</strong>nt der<br />

Schmuggelbekämpfung. Dies wird so praktiziert, dass bei Waren von ho-<br />

hem Wert regelmässig Meldungen an das Zollamt des Bestimmungsortes<br />

gemacht werden, um sicherzustellen, dass <strong>die</strong> Ware dort zollamtlich kor-<br />

****************<br />

Insbesondere nach dem Bundesgesetz über das Verwaltungsverfahrensrecht<br />

vom 20. Dezember 1968 (VwVG, SR 172.021<br />

††††††††††††††††<br />

) Bundesgesetz über das Verwaltungsstrafrecht vom 22. März 1974 (VStrR,<br />

SR 313.0)<br />

‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡<br />

Es gelten <strong>die</strong> Art. 19ff. des VStrR über das Verwaltungsstrafverfahren<br />

§§§§§§§§§§§§§§§§ Kästli, S. 614<br />

18


ekt abgefertigt wird. Bei e<strong>in</strong>er spontanen Informationsübermittlung kommt<br />

es nicht darauf an, ob bereits e<strong>in</strong>e Widerhandlung vorliegt oder nicht. Es<br />

reicht <strong>die</strong> blosse erhöhte Wahrsche<strong>in</strong>lichkeit, dass nach Ansicht der Be-<br />

hörden e<strong>in</strong>e Widerhandlung begangen werden könnte ***************** . Die Infor-<br />

mationsübermittlung kann mündlich oder schriftlich erfolgen und entspricht<br />

<strong>in</strong> etwa der „unaufgeforderten Übermittlung von Beweismitteln und Informa-<br />

tionen“ des Art. 67a IRSG oder des Art. 11 des Zweiten Zusatzprotokolls<br />

zum EUeR bzw. Art. 10 des GwUe ††††††††††††††††† .<br />

2.2.2. Rechtshilfe<br />

Rechtshilfe wurde und wird bislang nur nach den Bestimmungen des EUeR<br />

und dessen Zweitem Zusatzprotokoll vom 8. November 2001 sowie nach<br />

den e<strong>in</strong>schlägigen Bestimmungen des IRSG und der IRSV und bilateralen<br />

Staatsverträgen mit den angrenzenden Nachbarländern geleis-<br />

tet ‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡ . Im sachlichen Geltungsbereich des BBA, <strong>in</strong>sbesondere im<br />

grenzüberschreitenden Warenverkehr bzw. im Bereich von <strong>in</strong>direkten<br />

Steuern, ist <strong>die</strong> Rechtshilfe nun im Titel III <strong>in</strong> den Art. 25 – 38 BBA gere-<br />

gelt. Das Ziel <strong>die</strong>ser Bestimmungen ist <strong>die</strong> Ergänzung der bestehenden<br />

Rechtsgrundlagen im S<strong>in</strong>ne des Günstigkeitspr<strong>in</strong>zips. Weitergehende Ko-<br />

operationen, vor allem unter den Mitgliedstaaten der EU, bleiben vom BBA<br />

unberührt.<br />

Aus <strong>schweizerische</strong>r Sicht s<strong>in</strong>d ke<strong>in</strong>e wesentlichen neuen Rechtshilfe<strong>in</strong>-<br />

strumente zu nennen. Die aufgrund von Art. 29 Abs. 1 BBA möglichen<br />

„vorsorglichen Massnahmen“ f<strong>in</strong>den wir bereits <strong>in</strong> Art. 18 IRSG; auch <strong>die</strong><br />

auf Wunsch der EU <strong>in</strong> Art. 29 Abs. 2 BBA aufgenommene Bestimmung ü-<br />

ber „E<strong>in</strong>frieren von Erträgen aus Straftaten und <strong>die</strong> zu ihrer Begehung ver-<br />

wendeten Mittel“ ist für <strong>die</strong> Schweiz im Rahmen von vorsorglichen Mass-<br />

nahmen nicht neu und ist über<strong>die</strong>s auch <strong>in</strong> Art. 11 des GwUe enthalten. Als<br />

Novum nennenswert ist <strong>die</strong> <strong>in</strong> Art. 32 Abs. 2 BBA statuierte Möglichkeit der<br />

„Überwachung von Bankgeschäften während e<strong>in</strong>es genau bestimmten Zeit-<br />

raums“. Zwar f<strong>in</strong>det sich <strong>die</strong> Grundlage für e<strong>in</strong>e Bankkonto-Überwachung<br />

auch <strong>in</strong> Art. 4 Ziff. 2 GwG bei geldwäschereiverdächtigen Tatbeständen,<br />

doch wurden solche Überwachungen <strong>in</strong> der Schweiz bisher nur <strong>in</strong> Ausnah-<br />

mefällen angeordnet §§§§§§§§§§§§§§§§§ . Möglicherweise wird <strong>die</strong>s <strong>in</strong> Zukunft nun<br />

vermehrt gemacht werden.<br />

***************** Kästli, S. 618<br />

††††††††††††††††† vgl. Ziff. I.3. hiervor<br />

‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡ Etwa den bilateralen Verträgen zwischen der Schweiz und der Bundesrepublik<br />

Deutschland, Österreich, Frankreich und Italien über <strong>die</strong> Ergänzung des EUeR und<br />

<strong>die</strong> Erleichterung se<strong>in</strong>er Anwendung (SR 0.351.913.61; SR 0.351.916.32; SR<br />

0.351.934.92 und SR 0.351.945.41); vgl. Ziff. I.3. hiervor<br />

§§§§§§§§§§§§§§§§§ Wird <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Rechtshilfeersuchen <strong>die</strong> Überwachung e<strong>in</strong>es Bankkontos<br />

verlangt, so kann entweder <strong>die</strong> Bank schriftlich angehalten werden, auffällige Transaktio-<br />

19


2.2.2.1. Auf Ersuchen<br />

Die Rechtshilfe auf Ersuchen ist der Kerngehalt des traditionellen Rechts-<br />

hilferechts schlechth<strong>in</strong> und ist <strong>in</strong>sofern nichts Neues. Für <strong>die</strong> Schweiz neu<br />

ist nun e<strong>in</strong>erseits <strong>die</strong> Ausdehnung der Rechtshilfe <strong>in</strong> materieller H<strong>in</strong>sicht<br />

auf Tatbestände der <strong>in</strong>direkten Fiskalität bzw. <strong>in</strong>sbesondere auf H<strong>in</strong>terzie-<br />

hungstatbestände ****************** , andererseits <strong>die</strong> Erweiterung der sachlichen<br />

Zuständigkeit auf Verwaltungsbehörden: Künftig ist Rechtshilfe nicht nur<br />

auf Ersuchen von Justizbehörden möglich, sondern eben auch von Verwal-<br />

tungsbehörden, <strong>die</strong> strafbare Handlungen verfolgen †††††††††††††††††† .<br />

Interessant s<strong>in</strong>d <strong>die</strong> <strong>in</strong> Art. 32 Abs. 4 BBA genannten Anforderungen an <strong>die</strong><br />

Konkretisierung und Begründung der im Rechtshilfeersuchen gestellten<br />

Anträge, um sogenannte „fish<strong>in</strong>g expeditions“ zu verh<strong>in</strong>dern ‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡ .<br />

Das Verbot von „fish<strong>in</strong>g expeditions“ galt bereits nach den Regeln des<br />

IRSG, war aber nicht explizit im Gesetz so verankert bzw. war Ausfluss des<br />

Verhältnismässigkeitspr<strong>in</strong>zips und <strong>in</strong> <strong>die</strong>sem S<strong>in</strong>ne e<strong>in</strong> Produkt der Recht-<br />

sprechung §§§§§§§§§§§§§§§§§§ .<br />

Im Ersuchen kann verlangt werden, dass dem von der Rechtshilfe betroffe-<br />

nen F<strong>in</strong>anz<strong>in</strong>stitut e<strong>in</strong> sogenanntes Mitteilungsverbot auferlegt wird, vgl.<br />

Art. 32 Abs. 3 BBA. Das IRSG kennt e<strong>in</strong>e solche Möglichkeit <strong>in</strong> Art. 80n,<br />

wo jedoch das Auferlegen e<strong>in</strong>es Mitteilungsverbotes nur ausnahmsweise<br />

angeordnet werden soll. Die <strong>schweizerische</strong> Rechtshilfepraxis auferlegt<br />

Mitteilungsverbote relativ häufig, denn S<strong>in</strong>n und Zweck desselben ist es ja,<br />

Kollusionsgefahren e<strong>in</strong>zudämmen, und solche s<strong>in</strong>d den meisten Strafver-<br />

fahren immanent. Die <strong>die</strong>sbezügliche Neuerung beschränkt sich demnach<br />

auf e<strong>in</strong>e Erleichterung im Begründungserfordernis im Rechtshilfeersuchen,<br />

da Art. 32 Abs. 3 BBA ke<strong>in</strong>e eigentliche Begründungspflicht vorsieht, mith<strong>in</strong><br />

<strong>die</strong> ersuchte Behörde e<strong>in</strong> Mitteilungsverbot auch von sich aus wird auferle-<br />

gen können.<br />

In der Schweiz wird für Rechtshilfeersuchen gestützt auf das BBA das<br />

Bundesamt für Justiz zuständig se<strong>in</strong> ******************* ; der Vollzug richtet sich<br />

grundsätzlich nach <strong>in</strong>nerstaatlichem Recht ††††††††††††††††††† .<br />

nen oder Aufträge zu melden oder, je nach Auslegung der Sachverhaltsdarstellung bzw.<br />

der Anträge im Rechtshilfeersuchen, das Bankkonto wird beschlagnahmt.<br />

****************** vgl. dazu <strong>die</strong> Ausführungen unter Ziff. V.I. hiernach<br />

†††††††††††††††††† BBl 2004, 6194f.<br />

‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡ BBl 2004, 6199<br />

§§§§§§§§§§§§§§§§§§ vgl. Popp, N 103 und 414, mit Verweisen auf <strong>die</strong> Rechtsprechung des<br />

Bundesgerichts<br />

******************* welches schon seit jeher <strong>die</strong> Zentralstelle im Bereich der Rechtshilfe war.<br />

††††††††††††††††††† Wyss, S. 596<br />

20


2.2.2.2. Ohne Ersuchen<br />

Für Informations- und Beweismittelübermittlungen ohne Rechtshilfeersu-<br />

chen gilt im Bereich der Rechtshilfe Art. 37 BBA und ohneh<strong>in</strong> Art. 67a<br />

IRSG ‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡ . Die Informationen bzw. Beweismittel müssen „geeig-<br />

net se<strong>in</strong>, e<strong>in</strong> Strafverfahren e<strong>in</strong>zuleiten oder e<strong>in</strong>e hängige Strafuntersu-<br />

chung zu erleichtern“. In der Praxis wird von Art. 67a IRSG häufig<br />

Gebrauch gemacht §§§§§§§§§§§§§§§§§§§ . Im Bereich des BBA kann unter <strong>die</strong>sem<br />

Titel e<strong>in</strong>e direkte Kontaktaufnahme zwischen den betroffenen Strafverfol-<br />

gungsbehörden ergehen. Zu beachten s<strong>in</strong>d <strong>die</strong> expliziten Schranken der<br />

Informations- und Beweismittelübermittlung <strong>in</strong> Art. 67a Abs. 4 und 5 IRSG:<br />

Beweismittel, <strong>die</strong> den Geheimbereich betreffen, dürfen nicht übermittelt<br />

werden; blosse Informationen, auch wenn aus dem Geheimbereich, dürfen<br />

dann übermittelt werden, wenn der ausländische Staat anhand <strong>die</strong>ser In-<br />

formationen e<strong>in</strong> Rechtshilfeersuchen an <strong>die</strong> Schweiz stellen kann. Das Ge-<br />

setz selber def<strong>in</strong>iert den Geheimbereich nicht. Allgeme<strong>in</strong> anerkannt werden<br />

darunter <strong>die</strong> gesetzlich geschützten Geheimnisse verstanden, hier beson-<br />

ders erwähnenswert das Bankgeheimnis ******************** . Implizit untersagt s<strong>in</strong>d<br />

damit aber auch <strong>die</strong> Informations- und Beweismittelübermittlung im Fiskal-<br />

bereich ausserhalb des Abgabebetruges gemäss Art. 3 Abs. 3 IRSG bzw.<br />

alle Informationen oder Beweismittel, welche gestützt auf <strong>die</strong> E<strong>in</strong>tretens-<br />

voraussetzungen der Art. 2ff. IRSG zur Ablehnung e<strong>in</strong>es an <strong>die</strong> Schweiz<br />

gerichteten Rechtshilfeersuchens führen würden.<br />

Die Regelung des BBA und des IRSG unterscheiden sich im Wesentlichen<br />

dar<strong>in</strong>, dass das BBA <strong>die</strong> Restriktion für Beweismittel aus dem Geheimbe-<br />

reich nicht kennt und <strong>die</strong>se somit zulassen würde. Allerd<strong>in</strong>gs verweist Art.<br />

37 BBA auf <strong>die</strong> „<strong>in</strong>ternen Rechtsvorschriften“ der Mitgliedländer, womit für<br />

<strong>die</strong> Schweiz auf Art. 67a IRSG verwiesen wird und <strong>die</strong> dort statuierten<br />

Schranken der unaufgeforderten Übermittlung von Beweismitteln und In-<br />

formationen weiterh<strong>in</strong> Geltung haben werden †††††††††††††††††††† .<br />

‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡<br />

sowie Art. 10 des GwUe und Art. 11 des Zweiten Zusatzprotokolls zum<br />

EUeR<br />

§§§§§§§§§§§§§§§§§§§<br />

Bereits <strong>die</strong> telefonische Kontaktnahme mit e<strong>in</strong>em ausländischen Amtskollegen<br />

zwecks gegenseitigen Informationsaustauschs fällt unter Art. 67a IRSG. Zu beachten<br />

ist dann <strong>die</strong> Protokollierungspflicht des Abs. 6 der Bestimmung.<br />

********************<br />

Zimmermann, N 238; Popp, S. 284f.<br />

†††††††††††††††††††† BBl 2004, 6201<br />

21


3. „Schengen/Dubl<strong>in</strong>“<br />

3.1. Begriffserklärung<br />

Die Schweiz hat mit der EU bzw. der EG <strong>in</strong> den Bereichen „Schengen“ und<br />

„Dubl<strong>in</strong>“ je e<strong>in</strong> Assoziierungsabkommen abgeschlossen ‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡ . Das<br />

Dubl<strong>in</strong> Assoziierungsabkommen ist nicht Gegenstand der vorliegenden Ar-<br />

beit. Der Vollständigkeit ist erwähnt, dass unter „Dubl<strong>in</strong>“ namentlich der<br />

Bereich der europaweiten Asylpolitik verstanden wird: Am 15. Juni 1990<br />

schlossen <strong>die</strong> damaligen EU-Mitgliedstaaten <strong>in</strong> Dubl<strong>in</strong> das „Übere<strong>in</strong>kom-<br />

men über <strong>die</strong> Bestimmung des zuständigen Staates für <strong>die</strong> Prüfung e<strong>in</strong>es<br />

<strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Mitgliedstaat der EG gestellten Asylantrags“ ab §§§§§§§§§§§§§§§§§§§§ .<br />

Damit sollten das Herumschieben von Asylsuchenden von e<strong>in</strong>em Staat <strong>in</strong><br />

den anderen und <strong>die</strong> Anzahl von Mehrfachgesuchen <strong>in</strong>nerhalb der EU re-<br />

duziert werden. Per 1. September 2003 wurde das Übere<strong>in</strong>kommen durch<br />

<strong>die</strong> Dubl<strong>in</strong>-Verordnung abgelöst ********************* . Unter der Dubl<strong>in</strong>er Zusammen-<br />

arbeit versteht man <strong>die</strong> Errichtung und Regelung e<strong>in</strong>es europäischen Asyl-<br />

raumes, an welchen sich <strong>die</strong> Schweiz nun mit E<strong>in</strong>tritt <strong>in</strong> das sogenannte<br />

Dubl<strong>in</strong>-Assoziierungsabkommen (DAA) angeschlossen hat ††††††††††††††††††††† .<br />

Die Schweiz übernahm den Teil „Schengen“ mit dem Abschluss des<br />

Schengen-Assoziierungsabkommens ‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡ . Unter „Schengen“<br />

versteht man allgeme<strong>in</strong> gesagt <strong>die</strong> polizeiliche und justizielle Zusammen-<br />

arbeit im Rahmen der Schengener Übere<strong>in</strong>kommen bzw. unter den Schen-<br />

gen- und weiteren assoziierten Staaten. Nachfolgend <strong>in</strong> aller Kürze <strong>die</strong><br />

Chronologie <strong>in</strong> der Hauptsache §§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§ :<br />

− Am 14. Juni 1985 unterzeichneten <strong>die</strong> Regierungen der Benelux-<br />

Staaten, Deutschland und Frankreich im W<strong>in</strong>zerdorf Schengen <strong>in</strong> Lu-<br />

xemburg das „Übere<strong>in</strong>kommen betreffend den schrittweisen Abbau<br />

der Kontrollen an den geme<strong>in</strong>samen Grenzen“ ********************** .<br />

‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡ Das SAA, vgl. III.1.2. sowie das Abkommen vom 1. Oktober 2004 zwischen<br />

der Europäischen Geme<strong>in</strong>schaft und der Schweizerischen Eidgenossenschaft<br />

über <strong>die</strong> Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des zuständigen Staates für <strong>die</strong> Prüfung<br />

e<strong>in</strong>es <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Mitgliedstaat oder <strong>in</strong> der Schweiz gestellten Asylantrags (DAA)<br />

§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§ ABl. C 254 vom 19. August 1997, S. 1; BBl 2004 6070<br />

********************* Verordnung (EG) Nr. 343/2003, ABl. L 50 vom 25. Februar 2003, S. 1<br />

††††††††††††††††††††† BBl 2004, 6121ff., <strong>in</strong>sbesondere 6122f. für <strong>die</strong> rechtliche Verknüpfung<br />

der beiden Assoziierungsabkommen SAA und DAA.<br />

‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡ vgl. Ziff. III.1.2. hiervor<br />

§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§ vgl. detaillierte Darstellung <strong>in</strong> Schomburg/Gless, 1384ff.<br />

********************** ABl. L 239 vom 22. September 2000, S. 13, <strong>in</strong> Kraft seit 2. März 1986. In<br />

e<strong>in</strong>em ersten Schritt haben sich Spanien und Portugal angeschlossen, Italien und Österreich<br />

sowie Dänemark, F<strong>in</strong>nland und Schweden folgten. Zu den e<strong>in</strong>zelnen Mitgliedstaaten<br />

und deren Beitrittsdaten vgl. Schomburg/Gless, 1384f.<br />

22


− Fünf Jahre später, am 19. Juni 1990, folgte das „Übere<strong>in</strong>kommen zur<br />

Durchführung des Übere<strong>in</strong>kommens von Schengen vom 14. Juni<br />

1985“, das heutige Schengener Durchführungsübere<strong>in</strong>kommen<br />

SDÜ †††††††††††††††††††††† .<br />

− Das SDÜ se<strong>in</strong>erseits ist heute Bestandteil des sogenannten „Schen-<br />

gen-Besitzstands“, auch „Schengen-Acquis“ bezeich-<br />

net ‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡ .<br />

In <strong>die</strong>sen gesamten Vertragskomplex, mit allen Zusätzen und Änderungen,<br />

trat <strong>die</strong> Schweiz, wie gesagt, mit dem Schengen- Assoziierungsabkommen<br />

e<strong>in</strong>.<br />

3.2. Inhalt des Dossiers „Schengen“<br />

Das Dossier „Schengen“ ist <strong>in</strong> zwei grosse Hauptbereiche e<strong>in</strong>geteilt, näm-<br />

lich <strong>in</strong> e<strong>in</strong>en Bereich der polizeilichen Kooperation, be<strong>in</strong>haltend unter ande-<br />

rem das berühmte Schengener Informationssystem (SIS), sowie <strong>in</strong> den Be-<br />

reich der Rechtshilfe <strong>in</strong> Strafsachen, mith<strong>in</strong> e<strong>in</strong> justizieller Bereich, geregelt<br />

<strong>in</strong> den Art. 48 – 53 des SDÜ. Im Bereich des Fiskalrechts gilt vorab Art. 51<br />

SDÜ, welcher nachfolgend im E<strong>in</strong>zelnen erörtert werden<br />

wird §§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§ . Hierunter zunächst e<strong>in</strong>ige allgeme<strong>in</strong>e Bemerkungen<br />

zum SDÜ.<br />

3.2.1. Das SDÜ als dynamisches Regelwerk<br />

Im Gegensatz zum Betrugsbekämpfungsübere<strong>in</strong>kommen, welches als sta-<br />

tisches Regelwerk gilt, wo Änderungen neu verhandelt und besiegelt wer-<br />

den müssen, gilt das Schengener Durchführungsübere<strong>in</strong>kommen als dy-<br />

namischer Erlass, wo Änderungen e<strong>in</strong>seitig durch <strong>die</strong> zuständigen Organe<br />

der EU <strong>in</strong> das SDÜ aufgenommen werden können *********************** . Die Schweiz<br />

hat dann <strong>die</strong> Wahl, ob sie <strong>die</strong> Änderung akzeptieren will oder nicht. Bei<br />

e<strong>in</strong>er Ablehnung e<strong>in</strong>er Änderung fällt gemäss Art. 7 Abs. 4 SAA <strong>die</strong> Schen-<br />

gen-Zusammenarbeit bzw. das SDÜ grundsätzlich <strong>in</strong> se<strong>in</strong>er Ganzheit da-<br />

h<strong>in</strong>, es sei denn: a) <strong>die</strong> zuständigen Organe der EU bzw. der sogenannte<br />

„Gemischte Ausschuss“ beschliesse <strong>in</strong>nert 90 Tagen etwas anderes oder<br />

b) falls im Falle der Rechtshilfe <strong>in</strong> Strafsachen aufgrund der e<strong>in</strong>seitig e<strong>in</strong>-<br />

geführten Änderung der jetzige Art. 51 des SDÜ betreffend <strong>die</strong> Fiskal-<br />

†††††††††††††††††††††† Schomburg/Gless, a.a.O., 1384ff.<br />

‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡ Schomburg/Gless, a.a.O., BBl 2004, 6072ff.; Pfenn<strong>in</strong>ger, S. 333; vgl.<br />

zur Publikation des Schengen-Besitzstands FN 47 hiervor<br />

§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§ vgl. Ziff. V.2. hiernach<br />

*********************** Art. 7 Abs. 1 SAA<br />

23


echtshilfe ke<strong>in</strong>e Geltung mehr haben sollte, so könnte <strong>die</strong> Schweiz erklä-<br />

ren, sie akzeptiere <strong>die</strong> Änderung nicht und würde sie auch nicht <strong>in</strong> <strong>die</strong> <strong>in</strong>-<br />

nerstaatliche Rechtsordnung umsetzen. In <strong>die</strong>sen Fällen a) und b) würde<br />

das SDÜ <strong>in</strong> se<strong>in</strong>er Ganzheit bestehen bleiben, ohne dass <strong>die</strong> Schweiz <strong>die</strong><br />

e<strong>in</strong>seitige Änderung übernehmen müsste ††††††††††††††††††††††† .<br />

3.2.2. Allgeme<strong>in</strong>e Rechtshilfe nach dem SDÜ<br />

Die Rechtshilfenormen des SDÜ s<strong>in</strong>d allgeme<strong>in</strong>er Natur mit, <strong>in</strong>sbesondere<br />

<strong>in</strong> Art. 50f., speziellem Fokus auf der Fiskal<strong>rechtshilfe</strong> ‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡ . Sie<br />

sollen gemäss Art. 48 SDÜ das EUeR ergänzen und se<strong>in</strong>e Anwendung er-<br />

leichtern.<br />

Wie im Bereich des Betrugsbekämpfungsabkommens wird auch unter dem<br />

SDÜ <strong>die</strong> dogmatische Grenze zwischen der Amts- und der Rechtshilfe all-<br />

mählich und durchaus bewusst verwischt. Art. 49 lit. a SDÜ weitet <strong>die</strong><br />

Rechtshilfe explizit auf Verfahren aus, <strong>die</strong> als Zuwiderhandlungen gegen<br />

Ordnungsvorschriften gelten. Dies ist deshalb bewusst so formuliert wor-<br />

den, um dem Umstand Rechnung zu tragen, dass unter Umständen <strong>die</strong>sel-<br />

be strafbare Handlung im e<strong>in</strong>en Staat von e<strong>in</strong>er Strafbehörde und im ande-<br />

ren Staat von e<strong>in</strong>er Verwaltungsbehörde geahndet wird. Es soll vermieden<br />

werden, dass <strong>die</strong> Rechtshilfe mit dem Argument abgelehnt wird, dass ke<strong>in</strong><br />

Strafverfahren vor e<strong>in</strong>er Justizbehörde vorliege, sondern bloss e<strong>in</strong> Verfah-<br />

ren vor e<strong>in</strong>er Verwaltungsbehörde §§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§ . Für <strong>die</strong> Besonderhei-<br />

ten des SDÜ im Bereich der (direkten und) <strong>in</strong>direkten Fiskal<strong>rechtshilfe</strong> vgl.<br />

Kapitel V hiernach.<br />

††††††††††††††††††††††† Mehr dazu unter Ziff. V.2. hiernach<br />

‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡ vgl. im Speziellen zur Fiskal<strong>rechtshilfe</strong> unter Ziff. V.2. hiernach<br />

§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§ BBl 2004, 6097<br />

24


IV. RECHTSHILFE BEI FISKALTATBESTÄNDEN NACH GELTENDEM RECHT<br />

1. Fiskaltatbestände nach <strong>schweizerische</strong>m Recht<br />

Im <strong>schweizerische</strong>n Steuer- und Abgaberecht können <strong>die</strong> Steuerdelikte<br />

grundsätzlich <strong>in</strong> drei grosse Kategorien e<strong>in</strong>geteilt werden: Steuerh<strong>in</strong>terzie-<br />

hung, Steuer- bzw. Abgabebetrug ************************ und Steuerwiderhand-<br />

lung †††††††††††††††††††††††† . Im Bereich der Rechtshilfe bei Fiskaltatbeständen<br />

ist <strong>die</strong> Unterscheidung zwischen Steuerh<strong>in</strong>terziehung und Steuer- bzw. Ab-<br />

gabebetrug wesentlich. Die Steuerwiderhandlung als mildester steuerrecht-<br />

licher Tatbestand fällt dabei ausser Betracht bzw. gehört als Rechtshilfe-<br />

tatbestand zum Bereich der Steuerh<strong>in</strong>terziehung. In <strong>die</strong>sem S<strong>in</strong>ne wird <strong>die</strong><br />

Steuerwiderhandlung nachfolgend nicht besonders erwähnt. Ebenfalls nicht<br />

erwähnt werden allfällige kantonale Besonderheiten im Steuerstraf-<br />

recht ‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡ , da <strong>die</strong>se auch entweder als H<strong>in</strong>terziehungs- oder<br />

Betrugstatbestände ausgestaltet s<strong>in</strong>d und sich demnach nach den gleichen<br />

Kriterien entweder als Steuerh<strong>in</strong>terziehung oder als Steuerbetrug qualifizie-<br />

ren lassen.<br />

1.1. Steuerh<strong>in</strong>terziehung<br />

Die Steuerh<strong>in</strong>terziehung stellt den Grundtatbestand im <strong>schweizerische</strong>n<br />

Steuerstrafrecht dar. Sie liegt dann vor, wenn der Steuerpflichtige mittels<br />

unwahrer Angaben oder Verletzung von Verfahrenspflichten e<strong>in</strong>e ungenü-<br />

gende Steuerveranlagung herbeigeführt hat, sprich, wenn er „vergisst“,<br />

e<strong>in</strong>en steuerbaren Tatbestand <strong>in</strong> der Steuererklärung anzugeben. Es han-<br />

delt sich um e<strong>in</strong> Erfolgsdelikt, welches erst dann vollendet ist, wenn <strong>die</strong> zu<br />

niedrige Versteuerung als tatbestandsmässiger Erfolg, e<strong>in</strong>getreten ist. Na-<br />

mentlich ist <strong>die</strong>s dann der Fall, wenn e<strong>in</strong>e E<strong>in</strong>schätzung zu Unrecht unter-<br />

blieben ist, wenn sie ungenügend oder unvollständig war bzw. wenn dem<br />

Staat dadurch Steuern vorenthalten worden s<strong>in</strong>d. Voraussetzung für <strong>die</strong><br />

Strafbarkeit ist, dass <strong>die</strong> unvollständige E<strong>in</strong>schätzung rechtskräftig gewor-<br />

den ist §§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§ . Hauptsächlich handelt es sich um Verheimli-<br />

chungen von steuerpflichtigen Tatbeständen, <strong>in</strong>dem beispielsweise E<strong>in</strong>-<br />

************************ Die Unterscheidung zwischen „Steuern“ und „Abgaben“ lehnt sich an <strong>die</strong><br />

Unterteilung nach „direkten“ Steuern und „<strong>in</strong>direkten“ Steuern an. Direkte Steuern s<strong>in</strong>d im<br />

wesentlichen E<strong>in</strong>kommens- und Vermögenssteuern, <strong>in</strong>direkte Steuern, und dort spricht<br />

man eben von Abgaben, s<strong>in</strong>d im wesentlichen Verbrauchssteuern, Mehrwertsteuern und<br />

Zollabgaben, vgl. Michael, S. 314; BBl 2004, 6159, Popp, S. 121f.<br />

†††††††††††††††††††††††† Michael, S. 13.<br />

‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡ zum Beispiel kantonale Steuertatbestände im Bereich der Quellen-<br />

steuern<br />

§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§ Michael, S. 13f.<br />

25


kommen unvollständig deklariert wird oder Vermögenswerte nicht angege-<br />

ben werden.<br />

Bei den H<strong>in</strong>terziehungstatbeständen genügt <strong>in</strong> subjektiver H<strong>in</strong>sicht stets<br />

Fahrlässigkeit ************************* ; Steuerh<strong>in</strong>terziehungen s<strong>in</strong>d regelmässig Über-<br />

tretungen, auch wenn sie <strong>in</strong> grossem Ausmass erfolgen ††††††††††††††††††††††††† .<br />

Bei Ausbleiben des Erfolges bzw. Entdeckung der Pflichtverletzung vor<br />

E<strong>in</strong>tritt der Rechtskraft gibt es verschiedene gesetzgeberische Lösungen,<br />

welche jedoch hier im Rahmen der Rechtshilfe nicht von Bedeutung s<strong>in</strong>d,<br />

da sie ohneh<strong>in</strong> allesamt <strong>in</strong> den Bereich der Steuerh<strong>in</strong>terziehung bzw. Steu-<br />

erwiderhandlung fallen.<br />

1.2. Steuer- und Abgabebetrug<br />

Des Steuerbetruges macht sich schuldig, wer dem Staate Steuern vorent-<br />

hält, <strong>in</strong>dem er gefälschte, verfälschte oder <strong>in</strong>haltlich unwahre Urkunden zur<br />

Täuschung der Steuerbehörden gebraucht ‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡ . Der Steuer-<br />

betrug ist e<strong>in</strong>e Komposition aus Urkundendelikt und Betrug, wobei der<br />

Grundtatbestand derjenige der Steuerh<strong>in</strong>terziehung ist §§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§ .<br />

Der Abgabebetrug ist nicht notwendigerweise an Urkunden geknüpft, da<br />

sich <strong>die</strong> Abgabepflicht nicht regelmässig an Urkunden orientiert. E<strong>in</strong> Abga-<br />

bebetrug liegt vor, wenn der Täter durch se<strong>in</strong> arglistiges Verhalten bewirkt,<br />

dass dem Geme<strong>in</strong>wesen unrechtmässig und <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em erheblichen Betrag<br />

e<strong>in</strong>e Abgabe, e<strong>in</strong> Beitrag oder e<strong>in</strong>e andere Leistung vorenthalten oder dass<br />

das Geme<strong>in</strong>wesen sonst am Vermögen geschädigt wird ************************** .<br />

*************************<br />

Früher wurde im Bereich des Militärpflichtersatzes auch bei den H<strong>in</strong>terziehungstatbeständen<br />

Vorsatz verlangt. Seit der Totalrevision des Bundesgesetzes über<br />

den Militärpflichtersatz (MPG) und dem Inkrafttreten des neuen Bundesgesetzes über <strong>die</strong><br />

Wehrpflichtersatzabgabe (WPEG) vom 1. Januar 2004 (SR 661), ist auch <strong>die</strong> fahrlässige<br />

H<strong>in</strong>terziehung von Wehrpflichtersatzabgaben strafbar, vgl. Art. 41 Abs. 2 WPEG. Michel,<br />

S. 14 für das alte MPG.<br />

†††††††††††††††††††††††††<br />

He<strong>in</strong>e Gedächtnisschrift, S. 70<br />

‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡<br />

Michael, S. 34f.<br />

§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§<br />

He<strong>in</strong>e Festschrift, S. 69. Nach Art. 186 des Bundesgesetzes über<br />

<strong>die</strong> direkte Bundessteuer vom 14. Dezember 1990 (SR 642.11) heisst <strong>die</strong>s dann so: „Wer<br />

zum Zwecke e<strong>in</strong>er Steuerh<strong>in</strong>terziehung (…) gefälschte, verfälschte oder <strong>in</strong>haltlich unwahre<br />

Urkunden wie Geschäftsbücher, Bilanzen, Erfolgrechnungen oder Lohnausweise und<br />

andere Besche<strong>in</strong>igungen Dritter zur Täuschung gebraucht, wird mit Gefängnis oder mit<br />

Busse bis zu 30'000 Franken bestraft. Die Bestrafung wegen Steuerh<strong>in</strong>terziehung bleibt<br />

vorbehalten.“<br />

**************************<br />

He<strong>in</strong>e Festschrift, S. 70, <strong>in</strong>sbes. FN 16. Nach Art. 14 Abs. 2 des Bundesgesetzes<br />

über das Verwaltungsstrafrecht vom 22. März 1974 (SR 313.0) heisst <strong>die</strong>s dann<br />

so: „Bewirkt der Täter durch se<strong>in</strong> arglistiges Verhalten, dass dem Geme<strong>in</strong>wesen unrechtmässig<br />

und <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em erheblichen Betrag e<strong>in</strong>e Abgabe, e<strong>in</strong> Beitrag oder e<strong>in</strong>e andere<br />

Leistung vorenthalten oder dass es sonst am Vermögen geschädigt wird, so ist <strong>die</strong> Strafe<br />

Gefängnis bis zu e<strong>in</strong>em Jahr oder Busse bis zu 30'000 Franken.“<br />

26


Zum Steuer- und Abgabebetrug hat sich e<strong>in</strong>e reiche Kasuistik entwickelt.<br />

Im Wesentlichen dreht sich <strong>die</strong> Diskussion um den Tatbestand der arglisti-<br />

gen Täuschung, welcher sowohl dem Steuer- als auch dem Abgabebetrug<br />

<strong>in</strong>newohnt. Beim Steuerbetrug verwendet der Täter gefälschte, verfälschte<br />

oder <strong>in</strong>haltlich unwahre Urkunden zur Täuschung der Steuerbehörden. Das<br />

Bundesgericht sieht <strong>die</strong> Arglist dar<strong>in</strong>, dass der Täter darauf baut, dass <strong>die</strong><br />

Steuerbehörden <strong>die</strong> Urkunden, da im S<strong>in</strong>ne von Art. 110 Abs. 5 nStGB ge-<br />

eignet und bestimmt zum Beweis, nicht weiter überprüft. Man spricht hier<br />

vom sogenannten Urkundenmodell, an welchem sich das Bundesgericht<br />

beim Steuerbetrug ausrichtet. Beim Abgabebetrug kann sich <strong>die</strong> Arglist<br />

auch anders als über Urkunden manifestieren. Nach der Rechtsprechung<br />

s<strong>in</strong>d aber jedenfalls besondere Machenschaften, Kniffe oder ganze Lügen-<br />

gebäude erforderlich, wobei im E<strong>in</strong>zelfall auch blosses Schweigen arglistig<br />

se<strong>in</strong> kann, wenn der Täter den Getäuschten, beispielsweise den Zollbeam-<br />

ten, von e<strong>in</strong>er möglichen Überprüfung abhält oder voraussieht, dass <strong>die</strong>ser<br />

wohl von e<strong>in</strong>er Überprüfung absehen wird †††††††††††††††††††††††††† . Man spricht<br />

hier vom sogenannten Arglistmodell; geme<strong>in</strong>t ist e<strong>in</strong>e Ausrichtung am Be-<br />

trugstatbestand des Art. 146 StGB, der nicht schon jegliche Lüge als Täu-<br />

schungshandlung genügen lässt, sondern e<strong>in</strong>en qualifizierten Verhaltens-<br />

unwert verlangt ‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡ .<br />

2. Rechtshilfe bei Fiskaltatbeständen nach geltendem Recht<br />

Trotz geltender Staatsverträge <strong>in</strong> der euro-<strong><strong>in</strong>ternationale</strong>n Strafrechtspfle-<br />

ge §§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§ gilt für <strong>die</strong> Rechtshilfe bei Fiskaltatbeständen aus<br />

<strong>schweizerische</strong>r Sicht Art. 3 Abs. 3 IRSG, wonach e<strong>in</strong>em Rechtshilfeersu-<br />

chen <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Fiskalangelegenheit nur dann entsprochen wird, wenn „Ge-<br />

genstand des Verfahrens e<strong>in</strong> Abgabebetrug ist.“ *************************** Es stellt sich<br />

†††††††††††††††††††††††††† BGE 116 IV 218ff. als illustratives Beispiel: Wer bei der E<strong>in</strong>reise <strong>in</strong><br />

<strong>die</strong> Schweiz alkoholische Getränke <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em raff<strong>in</strong>ierten Versteck mitführt und nicht deklariert<br />

und dadurch bewirkt, dass dem Geme<strong>in</strong>wesen unrechtmässig e<strong>in</strong>e Abgabe vorenthalten<br />

wird, macht sich des Abgabebetrugs im S<strong>in</strong>ne von Art. 14 VStrR schuldig, wenn<br />

der Zollbeamte nach abgabepflichtigen Waren gefragt und nach solchen Waren gesucht<br />

hat. Fragt der Beamte nicht nach Waren, liegt mangels Täuschung ke<strong>in</strong> Betrug vor. Begnügt<br />

sich der Beamte mit der verne<strong>in</strong>enden Antwort und sucht er nicht nach Waren liegt<br />

vollendeter Versuch des Abgabebetrugs vor. Ferner zum Abgabebetrug bzw. Urkunden-<br />

/Arglistmodell zwei Leitentscheide: BGE 125 II 250ff., <strong>in</strong>sbes. 252, und BGE 115 Ib 68ff.,<br />

<strong>in</strong>sbes. 74f.<br />

‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡ He<strong>in</strong>e Festschrift, S. 70f., mit Verweisen auf <strong>die</strong> Rechtsprechung;<br />

auch Pieper S. 71ff.; vgl. zum Betrug nach Art. 146 StGB auch Stratenwerth/Jenny, § 15<br />

S. 339ff., <strong>in</strong>sbes. zum qualifizierten Verhaltensunwert Stratenwerth/Jenny, a.a.O., S.<br />

344ff.<br />

§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§ vgl. Ziff. I.3.<br />

*************************** Der Vollständigkeit halber ist erwähnt, dass <strong>die</strong> Rechtshilfe im Fiskalbereich<br />

noch <strong>in</strong> zwei weiteren Fällen zulässig ist, nämlich wenn sie der Entlastung des Verfolgten<br />

<strong>die</strong>nt, vgl. Art. 63 Abs. 5 IRSG, sodann wenn es sich um e<strong>in</strong> amerikanisches<br />

27


nun <strong>die</strong> Frage, wie der „Abgabebetrug“ nach Art. 3 Abs. 3 Satz 2 IRSG zu<br />

verstehen ist.<br />

Rechtshilfeersuchen im Bereich der organisierten Krim<strong>in</strong>alität handelt, vgl. Art. 2 Nr. 2<br />

des Staatsvertrages zwischen der Schweiz und den USA über gegenseitige Rechtshilfe<br />

<strong>in</strong> Strafsachen vom 25. Mai 1973 (SR 0.351.933.6 bzw. das dazu geltende Bundesgesetz<br />

vom 3. Oktober 1975, SR 351.93)<br />

28


2.1. Abgabebetrug gemäss Art. 3 Abs. 3 Satz 2 IRSG<br />

Die Qualifikation e<strong>in</strong>es Steuertatbestandes als Steuerbetrug oder Abgabe-<br />

betrug hat im Bereich der Rechtshilfe e<strong>in</strong>e besondere Bedeutung, da Art. 3<br />

Abs. 3 Satz 2 IRSG für den „Abgabebetrug“ <strong>die</strong> Rechtshilfe <strong>in</strong> e<strong>in</strong>gegrenz-<br />

tem Umfang zulässt ††††††††††††††††††††††††††† .<br />

Das IRSG selber enthält ke<strong>in</strong>e Def<strong>in</strong>ition des Abgabebetruges. Art. 24 Abs.<br />

2 IRSV verweist auf Art. 14 Abs. 2 VStrR. Danach liegt e<strong>in</strong> Abgabebetrug<br />

vor, wenn durch arglistiges Verhalten bewirkt wird, dass dem Geme<strong>in</strong>we-<br />

sen unrechtmässig und <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em erheblichen Betrag e<strong>in</strong>e Abgabe, e<strong>in</strong> Bei-<br />

trag oder e<strong>in</strong>e andere Leistung vorenthalten oder dass es sonst am Ver-<br />

mögen geschädigt wird ‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡ . Es stellen sich hier namentlich<br />

zwei Fragen – e<strong>in</strong>e erste term<strong>in</strong>ologische Frage: Was ist unter „Abgabebe-<br />

trug“ im S<strong>in</strong>ne des IRSG zu verstehen, wenn Art. 24 Abs. 2 IRSV auf Art.<br />

14 Abs. 2 VStrR verweist? Und e<strong>in</strong>e zweite dogmatische Frage: Wonach<br />

richtet sich das Tatbestandselement der „Arglist“?<br />

2.1.1. Abgabebetrug im Lichte des Art. 14 Abs. 2 VStrR<br />

Die IRSV verweist im Art. 24 Abs. 2 für den Term<strong>in</strong>us „Abgabebetrug“ auf<br />

Art. 14 Abs. 2 VStrR. Für <strong>die</strong> Subsumtion drängt sich <strong>die</strong> Frage auf, wie<br />

das Gesetz den Begriff def<strong>in</strong>iert.<br />

Der Abgabebetrug nach Art. 14 VStrR erweitert den Steuerbetrug auf wei-<br />

tere Abgabekategorien. Somit subsumiert man unter den Abgabebetrug<br />

des Art. 3 Abs. 3 Satz 2 IRSG auch den klassischen Steuerbetrug. In den<br />

Beratungen des Gesetzestextes entschied man sich für den Term<strong>in</strong>us „Ab-<br />

gabebetrug“, weil man damit <strong>die</strong> Rechtshilfe über Steuern h<strong>in</strong>aus auf ande-<br />

re Abgaben ausdehnen wollte §§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§ . Dies erhellt spätestens<br />

auch aus der Lektüre des französischen Gesetzestextes, der umfassender<br />

††††††††††††††††††††††††††† Art. 3 Abs. 3 IRSG verweist auf den dritten Teil des Gesetzes,<br />

welcher geme<strong>in</strong>h<strong>in</strong> als <strong>die</strong> „Kle<strong>in</strong>e Rechtshilfe“ bezeichnet wird und sich damit unterscheidet<br />

von der Auslieferung im zweiten Teil und der Stellvertretenden Strafverfolgung<br />

im vierten bzw. der Urteilsvollstreckung im fünften Teil des Gesetzes. Das Gesetz selber<br />

betitelt den dritten Teil als <strong>die</strong> „Andere Rechtshilfe“ und def<strong>in</strong>iert <strong>die</strong>selbe <strong>in</strong> Art. 63 Abs. 1<br />

IRSG wie folgt: „Rechtshilfe nach dem dritten Teil <strong>die</strong>ses Gesetzes umfasst Auskünfte,<br />

nach <strong>schweizerische</strong>m Recht zulässige Prozesshandlungen und andere Amtshandlungen,<br />

soweit sie für e<strong>in</strong> Verfahren <strong>in</strong> strafrechtlichen Angelegenheiten im Ausland erforderlich<br />

ersche<strong>in</strong>en oder dem Beibr<strong>in</strong>gen der Beute <strong>die</strong>nen.“ Mit anderen Worten handelt es<br />

sich vornehmlich um <strong>die</strong> Beweismittelbeschaffung und um Zustellungsfragen, vgl. Art.<br />

63ff. IRSG.<br />

‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡ He<strong>in</strong>e Festschrift, S. 70; vgl. auch FN 100 hiervor.<br />

§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§ Pieper, S. 68 mit Verweis auf StenBull. StR 1980, S. 210; Popp, N<br />

179<br />

29


als der deutsche Wortlaut von „escroquerie en matière fiscale“<br />

spricht **************************** .<br />

2.1.2. „Arglistmodell“ des Bundesgerichts<br />

Im Bereich der Rechtshilfe bei Abgabebetrug hat sich das Bundesgericht<br />

nicht für das Urkundenmodell, sondern für das Arglistmodell entschieden,<br />

welches extensiver ist als das Urkundenmodell und sich <strong>in</strong> Bezug auf <strong>die</strong><br />

Def<strong>in</strong>ition der Arglist anlehnt an den allgeme<strong>in</strong>en Betrugstatbestand des<br />

Art. 146 StGB †††††††††††††††††††††††††††† . Die dort verlangte Arglist verlangt ei-<br />

nen qualifizierten Verhaltensunwert, der über e<strong>in</strong>e e<strong>in</strong>fache Lüge bzw.<br />

Täuschung h<strong>in</strong>ausgeht und zusammengefasst folgendes bedeutet:<br />

Das Arglistmodell umfasst zunächst das engere Urkundenmodell, also den<br />

klassischen <strong>schweizerische</strong>n Steuerbetrug mittels Verwendung gefälschter<br />

oder verfälschter Urkunden wie Geschäftsbücher, Bilanzen, Erfolgsrech-<br />

nungen und dergleichen. Der Betrugstatbestand ist dabei dadurch erfüllt,<br />

dass der Steuerpflichtige bei Urkunden aufgrund deren geme<strong>in</strong>h<strong>in</strong> höherer<br />

Glaubwürdigkeit nicht davon ausgegangen werden muss, dass <strong>die</strong>se von<br />

den Steuerbehörden weiter überprüft werden. Darüber h<strong>in</strong>aus umfasst e<strong>in</strong><br />

Abgabebetrug jedoch weitere Fälle: Beispielsweise setzt der Täter zur<br />

Täuschung a) „besondere Machenschaften oder Kniffe“ e<strong>in</strong> oder errichtet<br />

„e<strong>in</strong> ganzes Lügengebäude“. Arglist liegt ferner vor, wenn der Täter b) „fal-<br />

sche Angaben macht, deren Überprüfung nicht oder nur mit besonderer<br />

Mühe möglich“ oder „nicht zumutbar“ ist oder er c) „den Getäuschten von<br />

der möglichen Überprüfung abhält“ oder er d) „nach den Umständen vo-<br />

raussieht, dass <strong>die</strong> Überprüfung der Angaben aufgrund e<strong>in</strong>es besonderen<br />

Vertrauensverhältnisses unterlassen wird oder gar e<strong>in</strong>e derartige Zusiche-<br />

rung oder e<strong>in</strong>e klare Regelung“ vorliegen ‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡ .<br />

Das Bundesgericht hat sodann <strong>in</strong> se<strong>in</strong>em Entscheid 111 Ib 242ff aus dem<br />

Jahr 1985 <strong>in</strong> Anlehnung an das kurz zuvor durchgeführte Differenzbere<strong>in</strong>i-<br />

gungsverfahren <strong>in</strong> den eidgenössischen Räten zu Art. 3 Abs. 3 Satz 2<br />

IRSG gesagt, dass der neue IRSG-Begriff des Abgabebetruges jenem von<br />

Art. 14 VStrR entsprechen soll. Damit ist klar geworden, dass im <strong>in</strong>ternati-<br />

onalen Verhältnis der gleiche Begriff des Steuer- bzw. Abgabebetruges gilt<br />

wie bisher im nationalen Sachverhalt und dass das Kriterium der Arglist im<br />

**************************** Zimmermann, N 409; Frei STR, S. 183<br />

†††††††††††††††††††††††††††† vgl. Ziff. IV.1.2. hiervor<br />

‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡ He<strong>in</strong>e Festschrift, S. 71f. mit Verweisen auf <strong>die</strong> Rechtsprechung,<br />

<strong>in</strong>sbes. <strong>in</strong> FN 20ff.; Pieper, S. 10f.; Stratenwerth/Jenny, § 15 N 16ff.<br />

30


Steuerrecht demjenigen des geme<strong>in</strong>rechtlichen Betruges <strong>in</strong> Art. 146 StGB<br />

entsprechen soll §§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§ .<br />

§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§ Popp, S. 121; Frei ASA, S. 341; BGE 111 Ib 246f. mit Verweis auf<br />

Amtl.Bull. NR 1984 I S. 591ff.; auch BGE 115 Ib 68ff.; sodann auch i.V.m. Art. 24 Abs. 1<br />

IRSV.<br />

31


2.2. Vorprüfungsverfahren des Bundesamtes für Justiz<br />

In der praktischen Anwendung geht es bei ausländischen Rechtshilfeersu-<br />

chen im Fiskalbereich regelmässig um e<strong>in</strong>e prima facie Abgrenzung zwi-<br />

schen H<strong>in</strong>terziehungs- und Betrugstatbeständen, welche im Vorprüfungs-<br />

verfahren durchgeführt wird. Das dafür zuständige Bundesamt für Justiz<br />

hat gestützt auf Art. 24 Abs. 3 IRSV <strong>die</strong> Möglichkeit, im Zweifelsfall das<br />

Ersuchen der eidgenössischen Steuerverwaltung oder, je nach Sachver-<br />

haltsdarstellung, der Oberzolldirektion zur Stellungnahme zu unterbreiten.<br />

Dieses beurteilt dann anhand der Sachverhaltsdarstellung im Ersuchen, ob<br />

nach <strong>schweizerische</strong>r Rechtsordnung von e<strong>in</strong>em Abgabebetrug auszuge-<br />

hen ist oder ob es sich subsidiär um e<strong>in</strong>en H<strong>in</strong>terziehungstatbestand han-<br />

delt, für welchen ke<strong>in</strong>e Rechtshilfe geleistet würde ***************************** . Bei be-<br />

gründeter Annahme e<strong>in</strong>es Abgabebetruges überträgt das Bundesamt für<br />

Justiz dann <strong>die</strong> Ausführung des Ersuchens mit e<strong>in</strong>er nicht anfechtbaren<br />

Verfügung der zuständigen kantonalen oder eidgenössischen Behörde im<br />

S<strong>in</strong>ne von Art. 78 Abs. 2 und Abs. 4 IRSG bzw. Art. 79 und 79a IRSG. Im<br />

Falle e<strong>in</strong>er blossen Steuer- bzw. Abgabeh<strong>in</strong>terziehung weist das Bundes-<br />

amt für Justiz das Rechtshilfeersuchen mit e<strong>in</strong>em Rechtsbelehrungsschrei-<br />

ben an den ersuchenden Staat zurück.<br />

2.3. Rechtspraxis <strong>in</strong> der Fiskal<strong>rechtshilfe</strong> nach geltendem Recht<br />

In der Fiskal<strong>rechtshilfe</strong> nach geltendem Recht s<strong>in</strong>d im Wesentlichen <strong>die</strong><br />

folgenden drei Themenbereiche aus der Rechtsanwendung erwähnens-<br />

wert:<br />

2.3.1. Kasuistik zum Abgabebetrug i.S.v. Art. 3 Abs. 3 Satz 2 IRSG<br />

Die Unterscheidung zwischen Abgabeh<strong>in</strong>terziehung und Abgabebetrug ist,<br />

wie wir gesehen haben, <strong>in</strong> der Rechtshilfe <strong>in</strong> Strafsachen entscheidend für<br />

<strong>die</strong> Frage des E<strong>in</strong>tretens der Schweiz auf e<strong>in</strong> ausländisches Rechtshilfeer-<br />

suchen ††††††††††††††††††††††††††††† . Dabei kommt es massgeblich auf <strong>die</strong> im<br />

Sachverhaltsteil des Ersuchens geschilderten Umstände an, welche auf <strong>die</strong><br />

oben ausgeführten Kriterien der Arglist überprüft werden. In den folgenden<br />

drei beispielhaft ausgewählten Sachverhalten hat das Bundesgericht <strong>die</strong><br />

Arglist bejaht:<br />

***************************** Frei STR, S. 188; vgl. auch Wegleitung des Bundesamtes für Justiz zur<br />

„Internationalen Rechtshilfe <strong>in</strong> Strafsachen“, www.rhf.adm<strong>in</strong>.ch<br />

††††††††††††††††††††††††††††† vgl. Ziff. I.1.3. hiervor<br />

32


− In Deutschland wurde gegen mehrere Mitglieder e<strong>in</strong>er <strong><strong>in</strong>ternationale</strong>n<br />

Tätergruppierung im Bereich des Zigarettenschmuggels ermittelt. Im<br />

Rechtshilfeersuchen der Oberstaatsanwaltschaft <strong>in</strong> Augsburg wurde<br />

der folgende mutmassliche Sachverhalt mit Bezug zur Schweiz ge-<br />

schildert: Die Täter haben Zigaretten mit deklarierten Bestimmungsor-<br />

ten Bulgarien und Mazedonien <strong>in</strong> e<strong>in</strong> <strong>schweizerische</strong>s Zollfreilager<br />

e<strong>in</strong>gelagert, haben sie von dort aus angabewidrig nach Montenegro<br />

gefahren und schliesslich illegal über <strong>die</strong> Grenze nach Italien ge-<br />

bracht. Zu <strong>die</strong>sem Zwecke haben sie nicht nur <strong>in</strong>haltlich falsche Ver-<br />

sand- und Frachtpapiere produziert, sondern zur Tarnung e<strong>in</strong>e ganze<br />

Organisation von Firmen <strong>in</strong> mehreren Ländern aufgezogen und irre-<br />

führende Fakturierungswege dokumentiert. Die Arglist lag hier ge-<br />

mäss Bundesgericht „<strong>in</strong> der Errichtung e<strong>in</strong>es ganzen Lügengebäudes,<br />

das den legalen Export der Zigaretten nach Bulgarien vortäuschen<br />

und <strong>die</strong> Herkunft der auf den Schwarzmärkten der EU gehandelten<br />

Zigaretten verschleiern sollte.“ ‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡<br />

− E<strong>in</strong> f<strong>in</strong>diger Autofahrer hat bei se<strong>in</strong>em PW Alfa Romeo den Benz<strong>in</strong>-<br />

tank mit e<strong>in</strong>er Trennwand versehen, den Hohlraum dann jeweils mit<br />

Rum, We<strong>in</strong>brand oder Whisky gefüllt und ist auf <strong>die</strong>se Weise gemäss<br />

eigenen Angaben wiederholt bei St. Margrethen über <strong>die</strong> Grenze <strong>in</strong><br />

<strong>die</strong> Schweiz gefahren. Die Arglist manifestierte sich hier <strong>in</strong> <strong>die</strong>ser be-<br />

sonderen Machenschaft, mit welcher der Täter offensichtlich <strong>die</strong> Zoll-<br />

behörden hatte täuschen wollen und welche sich klarerweise ab-<br />

grenzt von der e<strong>in</strong>fachen Lüge am Zoll auf Frage des Zöllners nach<br />

Zollwaren §§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§ .<br />

− E<strong>in</strong>e mutmasslich krim<strong>in</strong>elle Organisation, gegen welche <strong>in</strong> den 90er-<br />

Jahren <strong>in</strong> den Niederlanden ermittelt wurde, war auf den Handel mit<br />

Seafood spezialisiert. Zwecks Umgehung e<strong>in</strong>es geltenden E<strong>in</strong>fuhrver-<br />

botes von <strong>in</strong>dischen Krevetten gaben sie unter anderem „Ch<strong>in</strong>a“ als<br />

Herkunftsland an, veranschlagten andere Fischwaren mit e<strong>in</strong>em zu<br />

niedrigen Warenwert und schalteten zwecks Herkunftsverschleierung<br />

derselben verschiedene Firmen dazwischen. Die Arglist sah das Bun-<br />

desgericht hier, vergleichbar mit dem Zigarettenschmuggel, auch<br />

wieder <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em recht eigentlichen Lügengebäude, welches <strong>die</strong> Täter<br />

zur Täuschung der Behörden konstruierten * .<br />

‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡<br />

vgl. dazu 1A.247/2000, e<strong>in</strong> BGE aus dem Bereich des Zigarettenschmuggels<br />

§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§<br />

BGE 116 IV 218ff., wobei der Täter aus dem von ihm selber angegebenen<br />

Umstand der mehrfachen Tatbegehung e<strong>in</strong> Argument gegen <strong>die</strong> Arglist ableiten<br />

wollte und angab, er sei zuvor nie gefragt worden, ob er Alkohol mit sich führe. Somit<br />

habe er ja niemanden getäuscht. Dies natürlich ohne Erfolg.<br />

*<br />

vgl. 1A.35/2002<br />

33


2.3.2. Sachverhaltsdarstellung im Rechtshilfeersuchen<br />

Die für <strong>die</strong> Ablehnung oder Gewährung der Rechtshilfe entscheidende<br />

Ausscheidung nach Abgabeh<strong>in</strong>terziehung und Abgabebetrug muss sich aus<br />

der Sachverhaltsdarstellung im ausländischen Rechtshilfeersuchen erge-<br />

ben. Das Bundesgericht hält dazu <strong>in</strong> mehreren Entscheiden fest, dass beim<br />

Tatbestand des Abgabebetruges erhöhte Anforderungen an e<strong>in</strong> Rechtshil-<br />

feersuchen zu stellen seien. Von der ersuchenden Behörde werde nicht e<strong>in</strong><br />

„strikter Beweis“ des Tatbestandes verlangt, wäre <strong>die</strong>se doch dazu meist<br />

gar nicht <strong>in</strong> der Lage, doch müssten „h<strong>in</strong>reichende Verdachtsmomente“<br />

dargelegt werden, damit dem Gesuch entsprochen werden könne. Nament-<br />

lich müsse überprüft werden können, ob ausreichende Anhaltspunkte für<br />

das Tatbestandsmerkmal der arglistigen Täuschung vorlägen † .<br />

2.3.3. Vollstreckung von ausländischen Fiskalstrafentscheiden?<br />

E<strong>in</strong>e <strong>in</strong>teressante Frage im Bereich der Rechtshilfe bei Abgabebetrug und<br />

der Beschränkung auf den dritten Teil des IRSG, also auf <strong>die</strong> „kle<strong>in</strong>e“ oder<br />

„andere“ Rechtshilfe, stellt sich bei e<strong>in</strong>em ausländischen Ersuchen auf<br />

Vollstreckung e<strong>in</strong>es Fiskalstrafentscheides <strong>in</strong> der Schweiz. Die Beschrän-<br />

kung <strong>in</strong> Art. 3 Abs. 3 Satz 2 IRSG auf den dritten Teil des Gesetzes ist an<br />

sich e<strong>in</strong>deutig: Damit s<strong>in</strong>d alle anderen Bereiche der Rechtshilfe wie etwa<br />

<strong>die</strong> Auslieferung, <strong>die</strong> stellvertretende Strafverfolgung oder eben <strong>die</strong> Voll-<br />

streckung von Strafentscheiden im S<strong>in</strong>ne von Art. 94ff. IRSG von der Fis-<br />

kal<strong>rechtshilfe</strong> vollständig ausgenommen.<br />

H<strong>in</strong>gegen ist zu beachten, dass auch im Rahmen der Fiskal<strong>rechtshilfe</strong> vor-<br />

läufige Massnahmen im S<strong>in</strong>ne von Art. 18 IRSG oder Massnahmen nach<br />

Art. 63 Abs. 2 IRSG angeordnet werden können. Werden auf <strong>die</strong>se Weise<br />

gestützt auf e<strong>in</strong> Rechtshilfeersuchen aus e<strong>in</strong>er laufenden ausländischen<br />

Strafuntersuchung Vermögenswerte beschlagnahmt, so könnten <strong>die</strong>se<br />

grundsätzlich nach Abschluss der Strafuntersuchung bzw. bei Vorliegen<br />

e<strong>in</strong>es rechtskräftigen ausländischen Vollstreckungstitels gestützt auf Art.<br />

74a IRSG e<strong>in</strong>gezogen werden. Damit könnte <strong>die</strong> ausländische Strafverfol-<br />

gungsbehörde während laufender Strafuntersuchung wegen Widerhand-<br />

lungen im Fiskalbereich sich <strong>in</strong> der Schweiz bef<strong>in</strong>dliche Vermögenswerte<br />

beschlagnahmen und <strong>die</strong>se dann mit e<strong>in</strong>em rechtskräftigen Strafvollstre-<br />

ckungsentscheid e<strong>in</strong>ziehen lassen.<br />

Das Bundesgericht hatte bisher noch nie <strong>die</strong> Gelegenheit, sich zu e<strong>in</strong>er<br />

solchen Rechtsanwendung zu äussern. In BGE 116 Ib 96ff. liess es bei<br />

† 1A.5/2003; 1A.35/2002; 1A.63/2001; 1A.221/1999<br />

34


e<strong>in</strong>em ausländischen Abgabebetrug vorsorgliche Massnahmen im S<strong>in</strong>ne<br />

von Art. 18 IRSG zu, allerd<strong>in</strong>gs g<strong>in</strong>g es lediglich um <strong>die</strong> Beschlagnahme<br />

von Dokumenten und nicht von Vermögenswerten; <strong>in</strong> BGE 8G.12/2003<br />

wurden <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em deutschen Abgabebetrugsfall Vermögenswerte beschlag-<br />

nahmt, allerd<strong>in</strong>gs stützten sich <strong>die</strong>se auf nationales Recht, weil gegen <strong>die</strong><br />

Beschuldigten auch <strong>in</strong> der Schweiz e<strong>in</strong>e Strafuntersuchung geführt wurde.<br />

In BGE 123 II 595ff. hatte das Bundesgericht schliesslich über das Schick-<br />

sal von <strong>in</strong> der Schweiz beschlagnahmten Vermögenswerten des philipp<strong>in</strong>i-<br />

schen Ex-Diktators Ferd<strong>in</strong>and Marcos zu entscheiden. Es kam dabei zum<br />

Schluss, dass <strong>in</strong> casu auf das Vorliegen e<strong>in</strong>es rechtskräftigen E<strong>in</strong>zie-<br />

hungsentscheides von den Philipp<strong>in</strong>en verzichtet werden könne, da <strong>die</strong><br />

Schweiz e<strong>in</strong> erhebliches Interesse an e<strong>in</strong>er vorzeitigen Rückführung der<br />

Vermögenswerte aus „offensichtlich deliktischer Herkunft“ habe. Allerd<strong>in</strong>gs<br />

war <strong>in</strong> <strong>die</strong>sem Entscheid nicht explizit von Abgabebetrug <strong>die</strong> Rede, konnten<br />

doch <strong>die</strong> beschlagnahmten Gelder „ke<strong>in</strong>en konkreten Delikten zugeordnet“<br />

werden; mith<strong>in</strong> wurde sogar <strong>in</strong> Kauf genommen, auch legal <strong>in</strong> der Schweiz<br />

angelegte Geldmittel der Familie Marcos an <strong>die</strong> Philipp<strong>in</strong>en auszuhändi-<br />

gen ‡ .<br />

In der Literatur ist <strong>die</strong> Thematik umstritten. Popp statuiert lapidar, dass ei-<br />

ne Beschlagnahme von Vermögenswerten <strong>in</strong> Abgabebetrugsfällen nicht <strong>in</strong><br />

Frage komme, weil sonst auf <strong>die</strong>sem Wege Vollzugshilfe für Fiskaldelikte<br />

ermöglicht würde § . Bernasconi zitiert e<strong>in</strong>erseits <strong>die</strong> Ansicht des Bundesam-<br />

tes für Polizeiwesen bzw. des heutigen Bundesamtes für Justiz, wonach<br />

<strong>die</strong> Herausgabe von Bankguthaben gemäss Art. 74a IRSG auch im Rah-<br />

men der Rechtshilfe für Abgabebetrug und bei Steuerbetrug möglich sei ** ,<br />

um dann aber <strong>die</strong> herrschende Lehre dazu wie folgt darzustellen: Die vor-<br />

sorgliche Beschlagnahme und <strong>die</strong> Herausgabe von Vermögenswerten ge-<br />

mäss Art. 74a IRSG können im Bereich des Abgabe- und Steuerbetruges<br />

nicht gewährt werden, weil <strong>die</strong>s im Widerspruch zur grundsätzlichen Ab-<br />

lehnung jeglicher Zusammenarbeit zum Inkasso von ausländischen Steuer-<br />

und Abgabeforderungen stünde †† .<br />

In der Praxis werden solche Beschlagnahmungen <strong>in</strong> der laufenden auslän-<br />

dischen Strafuntersuchung auf Rechtshilfeersuchen des Auslands h<strong>in</strong> voll-<br />

zogen und <strong>die</strong> Vermögenswerte der ersuchenden Behörde bei rechtskräfti-<br />

gem Verfahrensabschluss herausgegeben. Die Zulässigkeit <strong>die</strong>ses Vorge-<br />

hens ist derzeit beim Bundesgericht <strong>in</strong> Lausanne zur Beurteilung rechts-<br />

hängig.<br />

‡ vgl. S. 608<br />

§ Popp, N 176<br />

** Bernasconi STR, S. 703<br />

†† Bernasconi SJZ, S. 402<br />

35


V. RECHTSHILFE BEI FISKALTATBESTÄNDEN MIT DEN BILATERALEN II<br />

1. Fiskal<strong>rechtshilfe</strong> nach dem Betrugsbekämpfungsabkommen<br />

Wir halten uns noch e<strong>in</strong>mal vor Augen, dass <strong>die</strong> Schweiz gegenwärtig,<br />

sprich vor Inkrafttreten des Betrugsbekämpfungsabkommens, im Bereich<br />

der Straf<strong>rechtshilfe</strong> bei re<strong>in</strong> fiskalisch motivierten Widerhandlungen gegen<br />

Zollvorschriften oder andere Fiskaltatbestände nur dann Rechtshilfe leistet,<br />

wenn es sich um Abgabebetrug im S<strong>in</strong>ne des Verwaltungsstrafrechts bzw.<br />

des Steuerrechts handelt ‡‡ , und <strong>die</strong>s auch nur im Bereich der „kle<strong>in</strong>en<br />

Rechtshilfe“ des dritten Teils des IRSG. In der bisherigen Rechtspraxis<br />

heisst das nichts anderes, als dass erfolgreiche ausländische Fiskusschä-<br />

diger auf der sicheren Seite s<strong>in</strong>d, wenn es ihnen gelungen ist, ihre Gew<strong>in</strong>-<br />

ne aus Widerhandlungen gegen e<strong>in</strong>e ausländische Steuer- und Abgabege-<br />

setzgebung <strong>in</strong> der Schweiz anzulegen.<br />

Mit Inkrafttreten des Betrugsbekämpfungsabkommens wird sich <strong>die</strong>se<br />

Rechtslage im Bereich der <strong>in</strong>direkten Steuern ändern und zwar für <strong>die</strong><br />

Amts- wie auch für <strong>die</strong> Rechtshilfe, das heisst, zwischen Verwaltungsbe-<br />

hörden wie auch zwischen Behörden der Strafrechtspflege. Der <strong>in</strong> Art. 2<br />

BBA def<strong>in</strong>ierte Anwendungsbereich ist sehr weit und umfasst e<strong>in</strong>erseits <strong>die</strong><br />

klassischen Fiskaltatbestände im Bereich der <strong>in</strong>direkten Steuern bzw. Ab-<br />

gaben sowie, und darauf sei ganz besonders h<strong>in</strong>gewiesen, auch bestimmte<br />

Fälle von Geldwäscherei §§ .<br />

1.1. Rechtshilfe bei den klassischen Fiskaltatbeständen<br />

Im Bereich der klassischen Fiskaltatbestände bei den <strong>in</strong>direkten Steuern,<br />

Subventionen und dem öffentlichen Beschaffungswesen wird <strong>die</strong> Schweiz<br />

nach dem Betrugsbekämpfungsabkommen grundsätzlich volle Amts- und<br />

Rechtshilfe leisten, also nicht nur für Abgabebetrugsfälle, sondern auch für<br />

leichtere Delikte im Bereich der Abgabeh<strong>in</strong>terziehung. Die <strong>in</strong> Art. 2 Abs. 1<br />

lit. a BBA aufgeführten Tatbestände s<strong>in</strong>d wenig bestimmt und lassen des-<br />

halb e<strong>in</strong>en weiten Anwendungsspielraum zu. So soll das Betrugsbekämp-<br />

fungsabkommen unter anderem auch bei „sonstigen rechtswidrigen Hand-<br />

lungen, <strong>die</strong> <strong>die</strong> f<strong>in</strong>anziellen Interessen der Vertragsparteien bee<strong>in</strong>trächti-<br />

gen„ zur Anwendung kommen. Damit soll verh<strong>in</strong>dert werden, dass sich <strong>die</strong><br />

Vertragsparteien unter Berufung auf beispielsweise unterschiedliche sub-<br />

‡‡ Art. 14 Abs. 2 VStrR und Art. 186 DBG; vgl. Darstellung <strong>in</strong> Ziff. IV.2.1.1. hiervor<br />

§§ Art. 2 Abs. 3 BBA; Wyss, S. 592; vgl. Ziff. V.1.2. hiernach<br />

36


jektive Tatbestandsmerkmale wie demjenigen der Arglist beim Betrugstat-<br />

bestand der Kooperationspflicht unter dem Titel der doppelten Strafbar-<br />

keit *** entledigen können ††† .<br />

Die direkten Steuern s<strong>in</strong>d gemäss Art. 2 Abs. 4 BBA vom Betrugsbekämp-<br />

fungsabkommen ausdrücklich ausgeschlossen.<br />

1.2. Rechtshilfe bei Geldwäscherei<br />

Wird <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em ausländischen Rechtshilfeersuchen geltend gemacht, der<br />

Täter habe Vermögenswerte <strong>in</strong> der Schweiz angelegt zwecks Vereitelung<br />

der Herkunftsermittlung bzw. der E<strong>in</strong>ziehung, welche aus ausländischen<br />

Steuerdelikten stammten, so konnte e<strong>in</strong>em solchen Ersuchen mangels<br />

doppelter Strafbarkeit ke<strong>in</strong>e Folge gegeben werden, da der <strong>schweizerische</strong><br />

Art. 305bis StGB als Vortat für Geldwäscherei nur Verbrechen vorsieht ‡‡‡ .<br />

Die neue Regelung unter dem Betrugsbekämpfungsabkommen ist nun der-<br />

art, dass Rechtshilfe bei Geldwäscherei im Fiskalbereich gewährt wird,<br />

sofern <strong>die</strong> Vortat „nach dem Recht beider Vertragsparteien mit e<strong>in</strong>er Frei-<br />

heitsstrafe oder <strong>die</strong> Freiheit beschränkenden Massregel der Sicherung und<br />

Besserung im Höchstmass von mehr als sechs Monaten bedroht s<strong>in</strong>d.“<br />

Damit wird für <strong>die</strong> Schweiz im <strong><strong>in</strong>ternationale</strong>n Fiskalbereich der Vortaten-<br />

Katalog <strong>in</strong>sbesondere auf <strong>die</strong> Steuer- bzw. Abgabebetrugstatbestände er-<br />

weitert §§§ .<br />

Da <strong>die</strong> <strong>schweizerische</strong> Geldwäschereigesetzgebung nicht angepasst wer-<br />

den wird, fällt bei rechtsvergleichender Betrachtung auf, dass hier e<strong>in</strong>e<br />

dogmatische Unschärfe entstehen wird: Die Def<strong>in</strong>ition der (amts- und<br />

<strong>rechtshilfe</strong>fähigen) Geldwäscherei nach dem Betrugsbekämpfungsabkom-<br />

men deckt sich nicht mit dem <strong>schweizerische</strong>n Tatbestand der Geldwä-<br />

scherei im S<strong>in</strong>ne von Art. 305bis StGB. An der sonst im Rechtshilferecht<br />

allgeme<strong>in</strong> üblichen Voraussetzung der beidseitigen Strafbarkeit werden<br />

somit kle<strong>in</strong>e Abstriche gemacht, was aber deshalb h<strong>in</strong>zunehmen ist, da für<br />

<strong>die</strong> betreffenden Vortaten alle<strong>in</strong>e auch Rechtshilfe geleistet würde **** .<br />

*** Die Voraussetzung der doppelten Strafbarkeit, auch beidseitige Strafbarkeit genannt,<br />

ist e<strong>in</strong>e <strong>in</strong>ternational anerkannte Voraussetzung der Rechtshilfe, wonach e<strong>in</strong> ersuchter<br />

Staat nur dann Rechtshilfe leistet, wenn <strong>die</strong> vom ersuchenden Staat geltend gemachte<br />

Straftat auch im eigenen Land strafbar ist, Popp, S. 133ff.; Hofstetter, S. 85<br />

††† Wyss, S. 592; Behnisch AJP, S. 950f.<br />

‡‡‡ E<strong>in</strong> Verbrechen im S<strong>in</strong>ne der <strong>schweizerische</strong>n Gesetzgebung ist im S<strong>in</strong>ne von Art. 10<br />

nStGB e<strong>in</strong> mit e<strong>in</strong>er Freiheitsstrafe von mehr als drei Jahren bedrohtes Delikt. Im <strong>schweizerische</strong>n<br />

Fiskalstrafrecht aber s<strong>in</strong>d Fiskaldelikte regelmässig höchstens als Vergehen<br />

ausgestaltet, vgl. Art. 14 VStrR bzw. Art. 186 DBG. Nach bisherigem <strong>schweizerische</strong>m<br />

Rechtsverständnis waren bzw. s<strong>in</strong>d Fiskaldelikte regelmässig ke<strong>in</strong>e „Vortaten“ im S<strong>in</strong>ne<br />

der Geldwäschereigesetzgebung.<br />

§§§ Wyss, S. 593, mit Verweis auf BBl 2004, 6525<br />

**** Wyss, S. 593<br />

37


1.3. Ablehnungsgründe<br />

Bei e<strong>in</strong>em <strong>in</strong> Art. 3 BBA als „m<strong>in</strong>der schweren Fall“ bezeichneten Bagatell-<br />

delikt, sprich bei e<strong>in</strong>em Deliktsbetrag unter 25'000 Euro oder e<strong>in</strong>em Wa-<br />

renwert von weniger als 100'000 Euro, kann e<strong>in</strong> Rechtshilfeersuchen abge-<br />

lehnt werden. Dieser Artikel ist auf Wunsch der Schweiz <strong>in</strong> Anlehnung an<br />

Art. 4 IRSG <strong>in</strong> das Gesetz aufgenommen worden. Damit wurde den Beden-<br />

ken Rechnung getragen, dass <strong>die</strong> Behörden im Bereich der Fiskalkoopera-<br />

tion mit Auskunftsersuchen für ger<strong>in</strong>gfügige Tatbestände geradezu über-<br />

schwemmt würden. Die Höhe der Beträge entspricht der Regelung <strong>in</strong> Art.<br />

50 Abs. 4 des SDÜ †††† .<br />

In Art. 4 BBA wurde e<strong>in</strong>e ordre-public Klausel vere<strong>in</strong>bart, <strong>die</strong> es gestattet,<br />

<strong>in</strong> Ausnahmefällen e<strong>in</strong>e Zusammenarbeit abzulehnen. Solche Klauseln s<strong>in</strong>d<br />

<strong>in</strong> Rechtshilfeverträgen nicht unüblich und haben den Stellenwert e<strong>in</strong>es<br />

Notventils ‡‡‡‡ . Praktische Anwendungsfälle s<strong>in</strong>d jedoch ke<strong>in</strong>e bekannt §§§§ .<br />

1.4. Zwangsmassnahmen und Inländergleichbehandlung<br />

1.4.1. Im Allgeme<strong>in</strong>en<br />

Zwangsmassnahmen wie <strong>die</strong> Durchsuchung von Räumen oder <strong>die</strong> Be-<br />

schlagnahme von Akten werden aufgrund e<strong>in</strong>es an <strong>die</strong> Schweiz gerichteten<br />

Ersuchens <strong>in</strong> der Amts- und Rechtshilfe unter den gleichen Voraussetzun-<br />

gen vollzogen werden können wie nach <strong>schweizerische</strong>m Recht <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em<br />

nationalen Verfahren (Term<strong>in</strong>us: Inländergleichbehandlung).<br />

In Art. 31 BBA werden <strong>die</strong> prozessualen Zwangsmassnahmen der Durch-<br />

suchung und der Beschlagnahme erwähnt. Dies s<strong>in</strong>d gleichzeitig <strong>in</strong> der<br />

Praxis <strong>die</strong> wichtigsten Zwangsmassnahmen im Bereich der kle<strong>in</strong>en Rechts-<br />

hilfe des IRSG. Das IRSG verlangt <strong>in</strong> se<strong>in</strong>em Art. 64 für Zwangsmassnah-<br />

men ke<strong>in</strong>e M<strong>in</strong>deststrafandrohung; Art. 31 BBA, welcher identisch ist mit<br />

jenem von Art. 51 SDÜ ***** , ist nun restriktiver und wird von der Schweiz wie<br />

folgt <strong>in</strong>terpretiert:<br />

Die Vertragspartner schulden sich nur dann Zwangsmassnahmen, wenn<br />

<strong>die</strong> dem Rechtshilfeersuchen zugrunde liegende Tat nach dem Recht bei-<br />

der Vertragsparteien mit e<strong>in</strong>er M<strong>in</strong>destfreiheitsstrafe von sechs Monaten<br />

bedroht ist (= erster Teilsatz) oder <strong>die</strong> Tat nach dem Recht e<strong>in</strong>er der bei-<br />

†††† Wyss, S. 594; BBl 2004, 6188<br />

‡‡‡‡ vgl. etwa Art. 2 lit. b EUeR<br />

§§§§ Wyss, S. 594<br />

***** vgl. Ziff. V.2.1.2. hiernach<br />

38


den Vertragsparteien mit m<strong>in</strong>destens sechs Monaten Freiheitsstrafe be-<br />

droht ist und nach dem Recht der anderen wenigstens als Ordnungswidrig-<br />

keit geahndet werden kann, falls dagegen e<strong>in</strong> auch für Strafsachen zustän-<br />

diges Gericht angerufen werden kann (= zweiter Teilsatz). Gemäss<br />

<strong>schweizerische</strong>r Auffassung kann jede Vertragspartei wahlweise nur den<br />

ersten oder den zweiten Teilsatz anwenden. In der Schweiz würde <strong>die</strong>s<br />

grundsätzlich zum gleichen Ergebnis führen: Würde sich <strong>die</strong> Schweiz am<br />

ersten Teilsatz orientieren, so bedeutete <strong>die</strong>s, dass bei den H<strong>in</strong>terzie-<br />

hungstatbeständen <strong>in</strong> der Schweiz ke<strong>in</strong>e Zwangsmassnahmen durchge-<br />

führt würden, weil <strong>die</strong> H<strong>in</strong>terziehungstatbestände nicht mit Freiheitsstrafen<br />

bedroht s<strong>in</strong>d. Verschriebe sich <strong>die</strong> Schweiz h<strong>in</strong>gegen dem zweiten Teilsatz,<br />

so würde <strong>die</strong>s bedeuten, dass bei H<strong>in</strong>terziehungstatbeständen deshalb<br />

ke<strong>in</strong>e Rechtshilfe geleistet bzw. ke<strong>in</strong>e Zwangsmassnahmen vollzogen wür-<br />

den, weil <strong>in</strong> <strong>die</strong>sem Bereich <strong>in</strong> der Schweiz ke<strong>in</strong> <strong>in</strong> Strafsachen zuständiges<br />

Gericht angerufen werden kann.<br />

Die EU-Kommission hat <strong>die</strong> <strong>schweizerische</strong> Interpretation der Alternativität<br />

entschieden abgelehnt ††††† . Für den Bereich des BBA hat man sich<br />

schliesslich auf den (politischen) Kompromiss der Inländergleichbehand-<br />

lung im Bereich der <strong>in</strong>direkten Steuern gee<strong>in</strong>igt: E<strong>in</strong> um Rechtshilfe bzw.<br />

Zwangsmassnahmen ersuchender EU-Mitgliedsstaat muss gleich behan-<br />

delt werden wie e<strong>in</strong>e <strong>schweizerische</strong> Behörde <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em <strong>schweizerische</strong>n<br />

Verfahren. Das heisst, Zwangsmassnahmen wie Hausdurchsuchungen,<br />

Beschlagnahmungen, E<strong>in</strong>sicht <strong>in</strong> Bankkonten u.a., s<strong>in</strong>d neu im Rahmen<br />

von Amts- und Rechtshilfe unter den gleichen Voraussetzungen zu gewäh-<br />

ren wie nach <strong>schweizerische</strong>m Recht <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em nationalen Verfahren ‡‡‡‡‡ .<br />

Zusammenfassend heisst <strong>die</strong>s, dass im Bereich der <strong>in</strong>direkten Steuern<br />

grundsätzlich auch für e<strong>in</strong>en e<strong>in</strong>fachen H<strong>in</strong>terziehungstatbestand Rechts-<br />

hilfe zu leisten und Zwangsmassnahmen zu vollziehen se<strong>in</strong> werden, wie<br />

<strong>die</strong>s im nationalen Sachverhalt auch der Fall ist.<br />

1.4.2. E<strong>in</strong>ziehung<br />

Unter dem Titel der Zwangsmassnahmen gehört erwähnt, dass gemäss<br />

Art. 24 BBA geschuldete Abgaben e<strong>in</strong>gezogen werden können, wobei es<br />

sich hier nicht um e<strong>in</strong>e E<strong>in</strong>ziehung im technischen S<strong>in</strong>ne handelt, sondern<br />

um e<strong>in</strong>e Forderungse<strong>in</strong>treibung (oder: Forderungse<strong>in</strong>ziehung). Vorausset-<br />

zung für <strong>die</strong> E<strong>in</strong>forderung von Abgaben ist e<strong>in</strong> Vollstreckungstitel bzw. e<strong>in</strong>e<br />

rechtskräftige Abgabeverfügung, welche dem Schuldner per Post zugestellt<br />

††††† vgl. dazu <strong>die</strong> Diskussion im Bereich des SDÜ, Ziff. V.2.1.2. hiernach<br />

‡‡‡‡‡ Siehe dazu auch BBl 2004, 6002f.; Breitenmoser, S. 936ff.; Wyss, S. 599f.; Kästli<br />

Skriptum, S. 9<br />

39


werden kann. Wird <strong>die</strong>se vom Schuldner nicht freiwillig bezahlt, so kann sie<br />

wie e<strong>in</strong>e private Forderung <strong>in</strong> der Schweiz auf dem betreibungsrechtlichen<br />

Weg nach den Regeln des SchKG e<strong>in</strong>getrieben werden §§§§§ .<br />

Zu beachten ist, dass es sich um primäre Abgabeforderungen und nicht<br />

etwa um Bussen oder sonstige derivative Geldforderungen handeln muss,<br />

welche nicht über das SchKG, sondern unter Beachtung der Vorausset-<br />

zungen von Art. 94ff. IRSG <strong>in</strong> der Schweiz zu vollstrecken wären.<br />

1.5. Betrugsbekämpfungsabkommen und Bankgeheimnis<br />

Grundsätzlich hätte <strong>die</strong> Schweiz auch <strong>in</strong> den Verhandlungen zum Betrugs-<br />

bekämpfungsabkommen <strong>die</strong> Erklärung abgeben können, dass bei H<strong>in</strong>ter-<br />

ziehungstatbeständen ke<strong>in</strong>e auch <strong>in</strong> Strafsachen zuständigen Gerichte an-<br />

gerufen werden könnten, wie sie <strong>die</strong>s beim SDÜ ja gemacht hat. Aus politi-<br />

schen Gründen war das aber nicht möglich, da aufgrund des Verhand-<br />

lungsparallelismus unter den e<strong>in</strong>zelnen Dossiers im H<strong>in</strong>blick auf <strong>die</strong> Erzie-<br />

lung e<strong>in</strong>es für <strong>die</strong> Schweiz möglichst guten Ergebnisses gewissermassen<br />

das „do ut des“-Pr<strong>in</strong>zip herrschte. Beim BBA hat man sich deshalb, wie<br />

erwähnt, auf <strong>die</strong> Inländergleichbehandlung gee<strong>in</strong>igt. Auf das Bankgeheim-<br />

nis bezogen heisst <strong>die</strong>s wohl <strong>in</strong> Zukunft was folgt: Da nach <strong>schweizerische</strong>r<br />

Rechtsordnung nur im Rahmen e<strong>in</strong>er eigentlichen Strafuntersuchung <strong>in</strong> das<br />

Bankgeheimnis e<strong>in</strong>gegriffen werden kann ****** , wird <strong>die</strong>s wohl über Art. 9 des<br />

BBA auch im <strong><strong>in</strong>ternationale</strong>n Rechtsverhältnis gelten, denn <strong>in</strong> Art. 9 Abs. 1<br />

Satz 1 BBA e<strong>in</strong>igten sich <strong>die</strong> Vertragsparteien auf folgende Formulierung:<br />

„Die Behörden der Vertragsparteien wenden <strong>die</strong> Bestimmungen <strong>die</strong>ses Titels im Rahmen<br />

der Zuständigkeiten an, <strong>die</strong> ihnen auf der Grundlage ihres <strong>in</strong>ternen Rechts übertragen<br />

worden s<strong>in</strong>d. (…)“<br />

was <strong>in</strong> Bezug auf das Bankgeheimnis nichts anderes heissen dürfte, als<br />

dass unter dem Titel der Amtshilfe nicht <strong>in</strong> selbiges e<strong>in</strong>gegriffen werden<br />

kann. Wie <strong>die</strong>s <strong>in</strong> der praktischen Anwendung und Rechtsprechung dann<br />

aussehen wird, ist dere<strong>in</strong>st noch offen †††††† .<br />

§§§§§ Kästli, S. 618f.; BBl 2004, 6194. Der rechtliche H<strong>in</strong>tergrund dafür ist e<strong>in</strong>erseits <strong>die</strong><br />

bisherige Richtl<strong>in</strong>ie 76/308 vom 15. März 1976 über <strong>die</strong> gegenseitige Unterstützung bei<br />

der Beitreibung von Forderungen im Zusammenhang mit bestimmten Abschöpfungen,<br />

Zöllen und sonstigen Massnahmen (ABl. L 73 S. 18 – bisher ke<strong>in</strong>e Geltung für <strong>die</strong><br />

Schweiz!) und andererseits Art. 13a des Übere<strong>in</strong>kommens vom 20. Mai 1987 zwischen<br />

der EG, der Schweiz und den übrigen EFTA-Ländern über e<strong>in</strong> geme<strong>in</strong>sames Versandverfahren<br />

(SR 0.631.242.04). Ausgeschlossen ist gemäss Art. 43 des Bundesgesetzes über<br />

Schuldbetreibung und Konkurs vom 11. April 1889 (SchKG, SR 281.1) <strong>die</strong> Betreibung auf<br />

Konkurs, da es sich um e<strong>in</strong>e öffentlichrechtliche Abgabeforderung handelt.<br />

****** Lentjes Meili, S. 49f.<br />

†††††† vgl. Erläuterung zu Art. 9 <strong>in</strong> BBl 2004, 6190<br />

40


1.6. Spezialitätspr<strong>in</strong>zip<br />

In Art. 5 BBA ‡‡‡‡‡‡ wird e<strong>in</strong> <strong>in</strong> der <strong><strong>in</strong>ternationale</strong>n Rechtshilfe <strong>in</strong> Strafsachen<br />

anerkanntes und <strong>in</strong> der Praxis sehr bedeutendes Pr<strong>in</strong>zip statuiert: Nämlich<br />

zusammengefasst der Grundsatz, dass es dem ersuchenden Staat unter-<br />

sagt ist, Auskünfte und Schriftstücke, welche er im Rahmen se<strong>in</strong>es<br />

Rechtshilfeersuchens erhalten hat, über den im Rechtshilfeersuchen ge-<br />

nannten Zweck h<strong>in</strong>aus zu verwerten §§§§§§ . Das IRSG nennt den Grundsatz<br />

der Spezialität <strong>in</strong> Art. 67 ******* . Gerade im Bereich der <strong>in</strong>direkten Steuern und<br />

bei der nunmehr erweiterten Rechtshilfeverpflichtung der Schweiz, <strong>in</strong>klusi-<br />

ve Öffnung des Bankgeheimnisses, ist <strong>die</strong> Möglichkeit, dem ersuchenden<br />

Staat für <strong>die</strong> Verwertung der im Rahmen der Fiskal<strong>rechtshilfe</strong> gewährten<br />

Informationen Auflagen zu machen, von grosser praktischer Bedeutung<br />

und im Rahmen e<strong>in</strong>es multilateralen Staatsvertrages durchaus auch von<br />

e<strong>in</strong>er gewissen Wirkung ††††††† .<br />

2. Fiskal<strong>rechtshilfe</strong> nach dem Schengener Durchführungsübere<strong>in</strong>-<br />

kommen<br />

„Schengen“ regelt <strong>die</strong> Rechtshilfe <strong>in</strong> Strafsachen <strong>in</strong> den Art. 48 – 69 SDÜ<br />

und zwar e<strong>in</strong>stweilen explizit nur für <strong>die</strong> <strong>in</strong>direkten Steuern. E<strong>in</strong>e Unter-<br />

scheidung zwischen H<strong>in</strong>terziehungs- und Betrugstatbeständen gibt es<br />

nicht. Auf den Bereich der direkten Steuern wird das Übere<strong>in</strong>kommen der-<br />

e<strong>in</strong>st e<strong>in</strong>mal mit e<strong>in</strong>em besonderen Rechtsakt, mit dem sogenannten Pro-<br />

tokoll zum EU-Rechtshilfeübere<strong>in</strong>kommen, ausgedehnt werden ‡‡‡‡‡‡‡ . In Art.<br />

8 Abs. 3 des Protokolls ist vorgesehen, dass „Art. 50 des Übere<strong>in</strong>kommens<br />

zur Durchführung des Schengener Übere<strong>in</strong>kommens aufgehoben“ werden<br />

wird §§§§§§§ . Nachfolgend s<strong>in</strong>d <strong>die</strong> e<strong>in</strong>zelnen Regelungsbereiche des SDÜ<br />

und namentlich dessen wahrsche<strong>in</strong>liche künftige Entwicklung im E<strong>in</strong>zelnen<br />

dargestellt.<br />

‡‡‡‡‡‡ bzw. Art. 19 und Art. 36 BBA<br />

§§§§§§ Popp, N 304f; Wyss, S. 604f.; Hofstetter, S. 85; BBl 2004, 6189ff.<br />

******* In der Praxis wird der sogenannte Spezialitätsvorbehalt zuweilen bereits <strong>in</strong> der E<strong>in</strong>tretensverfügung<br />

gemäss Art. 80a Abs. 1 IRSG oder <strong>in</strong> Zwischenverfügungen, jedenfalls<br />

aber <strong>in</strong> der Schlussverfügung gemäss Art. 80d IRSG angebracht.<br />

††††††† Dies im Gegensatz zu e<strong>in</strong>em e<strong>in</strong>seitig statuierten Spezialitätspr<strong>in</strong>zip wie jenem <strong>in</strong><br />

Art. 67 IRSG, an welches sich der ersuchende Staat nicht ohne Weiteres gebunden fühlt.<br />

Sanktionen bei Missachtung e<strong>in</strong>es Spezialitätsvorbehalts s<strong>in</strong>d denn auch nur auf politischer<br />

bzw. diplomatischer Ebene möglich, vgl. auch Ziff. VI.2.1. hiernach<br />

‡‡‡‡‡‡‡ Protokoll zu dem Übere<strong>in</strong>kommen über <strong>die</strong> Rechtshilfe <strong>in</strong> Strafsachen zwischen<br />

den Mitgliedstaaten der Europäischen Union, ABl. C 326 vom 21. November 2001, S. 2ff.<br />

bzw. ABl. C 197 vom 12. Juli 2000, S 1ff.; BBl 2004, 6159<br />

§§§§§§§ Pfenn<strong>in</strong>ger, S. 348; BBl 2004, 6097f.; vgl. auch Ziff. III.3.2.1. hiervor<br />

41


2.1. Rechtshilfe bei <strong>in</strong>direkten Steuern<br />

2.1.1. Im Allgeme<strong>in</strong>en<br />

Art. 50 SDÜ verpflichtet <strong>die</strong> Vertragsparteien zur gegenseitigen Rechtshilfe<br />

bei den abschliessend aufgezählten Verbrauchssteuern, Mehrwertsteuern<br />

und Zollabgaben. Die Rechtshilfe nach Art. 50 SDÜ bezieht sich somit<br />

grundsätzlich auf sämtliche Delikte im Bereich der genannten <strong>in</strong>direkten<br />

Steuern, seien <strong>die</strong>s nach <strong>schweizerische</strong>m Rechtsverständnis H<strong>in</strong>terzie-<br />

hungs- oder Betrugstatbestände. E<strong>in</strong>zig bei Bagatelldelikten kann, wie<br />

beim Betrugsbekämpfungsabkommen auch, gestützt auf Art. 50 Abs. 4<br />

SDÜ <strong>die</strong> Rechtshilfe abgelehnt werden ******** . Der Umfang und <strong>die</strong> Ausfüh-<br />

rung der Rechtshilfe richten sich im Übrigen nach dem EUeR †††††††† .<br />

2.1.2. Zwangsmassnahmen<br />

Art. 51 SDÜ regelt <strong>die</strong> hauptsächlichsten Zwangsmassnahmen im Fiskalbe-<br />

reich, mith<strong>in</strong> <strong>die</strong> „Durchsuchung und Beschlagnahme“. Wie bereits unter<br />

Ziff. V.1.4.1. ausgeführt, enthält Art. 31 BBA den selben Wortlaut:<br />

„Die Vertragsparteien unterwerfen <strong>die</strong> Erledigung von Rechtshilfeersuchen um Durchsu-<br />

chung und Beschlagnahme ke<strong>in</strong>en weitergehenden Bed<strong>in</strong>gungen als denen, dass<br />

a. <strong>die</strong> dem Rechtshilfeersuchen zugrunde liegende Tat nach dem Recht beider Vertrags-<br />

parteien mit e<strong>in</strong>er Freiheitsstrafe oder <strong>die</strong> Freiheit beschränkenden Massregel der Si-<br />

cherung und Besserung im Höchstmass von m<strong>in</strong>destens sechs Monaten bedroht ist,<br />

oder nach dem Recht e<strong>in</strong>er der beiden Vertragsparteien mit e<strong>in</strong>er Sanktion des glei-<br />

chen Höchstmasses bedroht ist und nach dem Recht der anderen Vertragspartei als<br />

Zuwiderhandlung gegen Ordnungsvorschriften durch Behörden geahndet wird, gegen<br />

deren Entscheidung e<strong>in</strong> auch <strong>in</strong> Strafsachen zuständiges Gericht angerufen werden<br />

kann;<br />

b. <strong>die</strong> Erledigung des Rechtshilfeersuchens im Übrigen mit dem Recht der ersuchten<br />

Vertragspartei vere<strong>in</strong>bar ist.“<br />

Namentlich lit. a der Bestimmung hat lange Debatten zwischen den Ver-<br />

handlungspartnern der Bilateralen II bzw. „Schengen“ ausgelöst. Die<br />

<strong>schweizerische</strong> Lesart war <strong>die</strong>selbe wie jene bei Art. 31 BBA, nämlich e<strong>in</strong>e<br />

Alternativität zwischen den beiden Teilsätzen von lit. a der Bestim-<br />

mung ‡‡‡‡‡‡‡‡ . Wie bereits beim Betrugsbekämpfungsabkommen erwähnt,<br />

könnte sich <strong>die</strong> Schweiz dann grundsätzlich sowohl auf den ersten wie<br />

auch auf den zweiten Teilsatz berufen, mit dem Ergebnis, dass sie so oder<br />

******** vgl. Art. 3 BBA mit gleichem Wortlaut; Ziff. V.1.3. hiervor<br />

†††††††† Art. 50 Abs. 1 SDÜ i.V.m. Art. 48 SDÜ; Pfenn<strong>in</strong>ger, S. 343<br />

‡‡‡‡‡‡‡‡ vgl. Ziff. V.1.4.1.<br />

42


anders ke<strong>in</strong>e Rechtshilfe leisten bzw. ke<strong>in</strong>e Zwangsmassnahmen bei H<strong>in</strong>-<br />

terziehungstatbeständen durchführen müsste.<br />

Die EU teilte auch hier <strong>die</strong> <strong>schweizerische</strong> Auslegung nicht. Im Unterschied<br />

zum Betrugsbekämpfungsabkommen, wo <strong>die</strong> Schweiz das Bankgeheimnis<br />

vollständig hergab, endeten <strong>die</strong> Verhandlungen im Bereich „Schengen“<br />

damit, dass <strong>die</strong> Schweiz e<strong>in</strong>e Erklärung abgab, wonach staatliche Ent-<br />

scheide im Zusammenhang mit H<strong>in</strong>terziehungsdelikten <strong>in</strong> der Schweiz nicht<br />

an e<strong>in</strong> Strafgericht weiter gezogen werden können. Die Erklärung lautet<br />

wie folgt:<br />

„Die Schweiz erklärt, dass bei Steuerdelikten im Bereich der direkten Steuern, <strong>die</strong> von<br />

<strong>schweizerische</strong>n Behörden geahndet werden, zum Zeitpunkt des Inkrafttretens <strong>die</strong>ses<br />

Abkommens ke<strong>in</strong> auch <strong>in</strong> Strafsachen zuständiges Gericht angerufen werden kann.“<br />

§§§§§§§§<br />

Mit <strong>die</strong>ser Erklärung wurde klargestellt, dass <strong>die</strong> <strong>in</strong> der Schweiz bei H<strong>in</strong>ter-<br />

ziehungsdelikten regelmässig zuständigen Verwaltungsgerichte nicht als<br />

Strafgerichte im S<strong>in</strong>ne von Art. 51 SDÜ anzusehen s<strong>in</strong>d ********* . Damit wurde<br />

implizit zugelassen, dass <strong>die</strong> Schweiz auch <strong>in</strong> Zukunft im Bereich der direk-<br />

ten Steuern ke<strong>in</strong>e Rechtshilfe für Steuerh<strong>in</strong>terziehungen leisten wird und<br />

zwar auch nicht nach Inkrafttreten des Protokolls zum EU-<br />

Rechtshilfeübere<strong>in</strong>kommen ††††††††† .<br />

2.2. Rechtshilfe bei direkten Steuern<br />

Die soeben erwähnte „Erklärung“ der Schweiz zu Art. 51 lit. a SDÜ <strong>in</strong> der<br />

Schlussakte des Schengen-Assoziierungsabkommens bezieht sich nicht<br />

nur auf den Bereich der <strong>in</strong>direkten Steuern, sondern, und <strong>die</strong>s sogar vor<br />

allem, auf den Bereich der direkten Steuern. Mit Inkrafttreten des Proto-<br />

kolls zum EU-Rechtshilfeübere<strong>in</strong>kommen wird sich der Regelungsbereich<br />

des SDÜ nämlich auch auf Tatbestände der direkten Fiskalität beziehen.<br />

Der dafür e<strong>in</strong>schlägige Art. 8 lautet derzeit wie folgt:<br />

§§§§§§§§ Schlussakte zum SAA, vgl. auch Jametti/Pfenn<strong>in</strong>ger, FN 57; Schomburg/Gless, S.<br />

1470. Gewisse kantonale Steuergesetze sowie das Bundesgesetz vom 14. Dezember<br />

1990 über <strong>die</strong> Harmonisierung der direkten Steuern der Kantone und Geme<strong>in</strong>den, StHG<br />

(SR 642.14) mussten bzw. müssen noch dah<strong>in</strong>gehend geändert werden, dass <strong>in</strong> der<br />

Steuerrechtspflege vorgesehene <strong>schweizerische</strong> Verwaltungsgerichte, <strong>die</strong> über Fälle von<br />

Steuerh<strong>in</strong>terziehung urteilen, nicht als Strafgerichte im S<strong>in</strong>ne von Art. 51 lit. a SDÜ gelten.<br />

********* Jametti Pfenn<strong>in</strong>ger, S. 166. Art. 57bis StHG und Art. 182 Abs. 1 und 2 DBG werden<br />

deshalb <strong>in</strong> Zukunft ausdrücklich vorsehen, dass gegen Verfügungen und Rekursentscheide<br />

der Behörden nur <strong>die</strong> Beschwerde <strong>in</strong> öffentlich-rechtlichen Angelegenheiten an<br />

das Bundesgericht möglich ist, vgl. auch Pfenn<strong>in</strong>ger, S. 348f.<br />

††††††††† Jametti/Pfenn<strong>in</strong>ger, S. 164; Pfenn<strong>in</strong>ger, S. 346f.; Ep<strong>in</strong>ey, S. 421ff.<br />

43


(Marg<strong>in</strong>alie:)<br />

„Fiskalische strafbare Handlungen“<br />

„(1) Rechtshilfe kann nicht alle<strong>in</strong> deshalb verweigert werden, weil e<strong>in</strong> Ersuchen sich auf<br />

e<strong>in</strong>e strafbare Handlung bezieht, <strong>die</strong> vom ersuchten Mitgliedstaat als fiskalische strafbare<br />

Handlung betrachtet wird.<br />

(2) Hat e<strong>in</strong> Mitgliedstaat <strong>die</strong> Erledigung e<strong>in</strong>es Ersuchens um Durchsuchung oder Be-<br />

schlagnahme der Bed<strong>in</strong>gung unterworfen, dass <strong>die</strong> dem Ersuchen zugrunde liegende<br />

strafbare Handlung auch nach se<strong>in</strong>em Recht strafbar ist, so ist <strong>die</strong>se Bed<strong>in</strong>gung <strong>in</strong> Bezug<br />

auf <strong>die</strong> strafbaren Handlungen nach Abs. 1 erfüllt, wenn <strong>die</strong> Handlung nach se<strong>in</strong>em Recht<br />

e<strong>in</strong>er strafbaren Handlung derselben Art entspricht.<br />

Das Ersuchen darf nicht mit der Begründung abgelehnt werden, dass das Recht des er-<br />

suchten Mitgliedstaats nicht <strong>die</strong>selbe Art von Abgaben oder Steuern oder ke<strong>in</strong>e Abgaben-,<br />

Steuer-, Zoll- oder Devisenbestimmungen derselben Art wie das Recht des ersuchenden<br />

Mitgliedstaats vorseiht.<br />

(3) Artikel 50 des Übere<strong>in</strong>kommens zur Durchführung des Schengener Übere<strong>in</strong>kommens<br />

wird aufgehoben.“<br />

Aufgrund der Erklärung <strong>in</strong> der Schlussakte des Schengen-<br />

Assoziierungsabkommens wird <strong>die</strong> Schweiz nun aber auch mit Inkrafttreten<br />

des Protokolls zum EU-Rechtshilfeübere<strong>in</strong>kommen ke<strong>in</strong>e Rechtshilfe im<br />

Bereich der direkten Steuern bei H<strong>in</strong>terziehungstatbeständen leisten müs-<br />

sen. Im Gegensatz zum politischen Kompromiss beim Betrugsbekämp-<br />

fungsabkommen, ist <strong>die</strong>s nun als Errungenschaft der Schweiz <strong>in</strong> der Aus-<br />

handlung der <strong>schweizerische</strong>n Assoziierung an <strong>die</strong> EU zu bezeich-<br />

nen ‡‡‡‡‡‡‡‡‡ . Hanspeter Pfenn<strong>in</strong>ger, Mitglied der Verhandlungsdelegation<br />

Schengen/Dubl<strong>in</strong> und Betrugsbekämpfung, fand schöne Worte dafür: „E<strong>in</strong>e<br />

explizitere Ausnahmeregelung konnte <strong>die</strong> EU der Schweiz aufgrund des<br />

Vorbehaltverbots von Art. 137 SDÜ <strong>in</strong> Bezug auf den bestehenden Schengen<br />

Acquis nicht zugestehen.“ §§§§§§§§§<br />

Zusammenfassend heisst <strong>die</strong>s, dass <strong>die</strong> Schweiz künftig auch im Bereich<br />

der direkten Steuern für e<strong>in</strong>en e<strong>in</strong>fachen H<strong>in</strong>terziehungstatbestand ke<strong>in</strong>e<br />

Rechtshilfe mit Zwangsmassnahmen zu gewähren haben wird, sondern <strong>die</strong><br />

Regelung von Art. 3 Abs. 3 Satz 2 IRSG weiterh<strong>in</strong> Bestand haben wird.<br />

‡‡‡‡‡‡‡‡‡ Die <strong>schweizerische</strong> Konzession im Fall des Betrugsbekämpfungsabkommens hat<br />

erst das Entgegenkommen der EU bei den direkten Steuern im Falle von Weiterentwicklungen<br />

des Schengen-Acquis ermöglicht – gewissermassen e<strong>in</strong> gesetzgeberisches „do ut<br />

des“, vgl. dazu auch Dietrich S. 585 und Ziff. V.1.5. hiervor<br />

§§§§§§§§§ Pfenn<strong>in</strong>ger, S. 347<br />

44


2.3. Anwendungsvorrang des Betrugsbekämpfungsabkommens<br />

Wie wir gesehen haben, handelt es sich bei „Schengen/Dubl<strong>in</strong>“ im Gegen-<br />

satz zum Betrugsbekämpfungsabkommen um dynamisches Recht. Das<br />

heisst, dass <strong>die</strong> Schweiz e<strong>in</strong>seitig von der EU bzw. deren Mitgliedstaaten<br />

festgelegte Änderungen grundsätzlich übernehmen muss, denn mit dem<br />

Schengen-Assoziierungsabkommen hat <strong>die</strong> Schweiz e<strong>in</strong> Vertragspaket ü-<br />

bernommen, das sich laufend entwickeln wird und zwar e<strong>in</strong>seitig von der<br />

EU aus. Immerh<strong>in</strong> hat <strong>die</strong> Schweiz <strong>in</strong> den Verhandlungen erreicht, dass ihr<br />

<strong>in</strong> Art. 7 Abs. 5 SAA e<strong>in</strong>e „opt out“-Klausel e<strong>in</strong>geräumt wurde, aufgrund<br />

derer <strong>die</strong> Schweiz künftige Änderungen im Vertragspaket der Schengen-<br />

Assoziierung auch ablehnen kann, ohne dass das gesamte Vertragswerk<br />

dah<strong>in</strong>fallen würde ********** . Dennoch bleibt „Schengen“ e<strong>in</strong> dynamisches Ver-<br />

tragswerk, und <strong>die</strong> e<strong>in</strong>e oder andere Änderung wird <strong>die</strong> Schweiz aus politi-<br />

schen Gründen nicht leichtfertig von der Hand weisen können. Das Be-<br />

trugsbekämpfungsabkommen h<strong>in</strong>gegen ist e<strong>in</strong> statischer Erlass, der nur<br />

mittels gegenseitiger übere<strong>in</strong>stimmender Willensäusserung geändert wer-<br />

den kann.<br />

Die Schweiz erklärte gegenüber der EU <strong>in</strong> den Verhandlungen, dass sie<br />

der Ansicht sei, beim Betrugsbekämpfungsabkommen handle es sich im<br />

Vergleich zum Schengener Durchführungsübere<strong>in</strong>kommen um e<strong>in</strong>e lex<br />

specialis, <strong>die</strong> im Konkurrenzfall vorg<strong>in</strong>ge †††††††††† . Das würde heissen, dass<br />

sich <strong>die</strong> Rechtshilfe <strong>in</strong> Tatbeständen der <strong>in</strong>direkten Fiskalität nach dem<br />

Betrugsbekämpfungsabkommen richten würde ‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡ . Die Frage wird sich<br />

erst durch <strong>die</strong> Rechtsanwendung durch europäische oder <strong>schweizerische</strong><br />

Gerichte klären, denn <strong>die</strong> EU hat sich <strong>in</strong> den Verhandlungen auf den<br />

Standpunkt gestellt, es gelte auch hier das <strong>in</strong> der Rechtshilfe allgeme<strong>in</strong><br />

anerkannte Günstigkeitspr<strong>in</strong>zip §§§§§§§§§§ .<br />

2.4. Schengen und das Bankgeheimnis<br />

Mit der beschriebenen Verhandlungslösung ist e<strong>in</strong>stweilen auch für <strong>die</strong> Zu-<br />

kunft sichergestellt, dass <strong>die</strong> Schweiz im Bereich der direkten Fiskalität<br />

ke<strong>in</strong>e Informationen wird übermitteln müssen, welche das <strong>schweizerische</strong><br />

Bankgeheimnis tangieren *********** . Damit konnte das Bankgeheimnis im Be-<br />

reich der direkten Steuern bei H<strong>in</strong>terziehungstatbeständen vorerst noch<br />

********** vgl. auch Ziff. III.1.2. hiervor<br />

†††††††††† Jametti Pfenn<strong>in</strong>ger, S. 169<br />

‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡ so auch BBl 2004, 6160<br />

§§§§§§§§§§ Pfenn<strong>in</strong>ger S. 347<br />

*********** Zu beachten ist, dass sich <strong>die</strong> Erklärung der Schweiz <strong>in</strong> der Schlussakte zum SAA<br />

nur auf <strong>die</strong> direkte Fiskalität bezieht! Vgl. Ziff. V.2.1.2. hiervor.<br />

45


geschützt werden. Dass es allerd<strong>in</strong>gs im Visier der EU ist, verdeutlicht et-<br />

wa Art. 7 des Protokolls zum EU-Rechtshilfeübere<strong>in</strong>kommen, der wie folgt<br />

lautet:<br />

„Das Bankgeheimnis darf von e<strong>in</strong>em Mitgliedstaat nicht als Begründung für <strong>die</strong> Ablehnung<br />

jeglicher Zusammenarbeit <strong>in</strong> Bezug auf e<strong>in</strong> Rechtshilfeersuchen e<strong>in</strong>es anderen Mitglied-<br />

staats herangezogen werden.“<br />

Der Artikel ist als Absichtserklärung formuliert und enthält viel Auslegungs-<br />

potential. E<strong>in</strong>mal mehr geht daraus <strong>die</strong> Stossrichtung der EU gegen das<br />

<strong>schweizerische</strong> Bankgeheimnis hervor, <strong>die</strong> es im Auge zu behalten gilt.<br />

2.5. Spezialitätspr<strong>in</strong>zip<br />

Das SDÜ enthält <strong>in</strong> Art. 50 Abs. 3 e<strong>in</strong>e Art Spezialitätsvorbehalt. Danach<br />

darf e<strong>in</strong>e um Rechtshilfe ersuchende Vertragspartei <strong>die</strong> ihr gestützt auf das<br />

Rechtshilfeersuchen herausgegebenen Informationen oder Beweismittel<br />

nur mit vorheriger Zustimmung der ersuchten Vertragspartei für andere als<br />

im Ersuchen bezeichnete Zwecke verwenden. Diese Regelung hebt sich<br />

grundsätzlich nicht wesentlich ab von den entsprechenden Klauseln <strong>in</strong> an-<br />

deren Rechtshilfeerlassen, <strong>in</strong>sbesondere dem oben erläuterten Speziali-<br />

tätspr<strong>in</strong>zip des BBA ††††††††††† . Zu beachten ist <strong>die</strong> folgende zukünftige Ent-<br />

wicklung:<br />

Der gesamte Art. 50 SDÜ wird mit Inkrafttreten des Protokolls zum EU-<br />

Rechtshilfeübere<strong>in</strong>kommen durch dessen schengenrelevanten Art. 8 voll-<br />

umfänglich ersetzt werden. An se<strong>in</strong>e Stelle tritt dann der <strong>in</strong> Art. 23 des EU-<br />

Rechtshilfeübere<strong>in</strong>kommens statuierte „Schutz personenbezogener Daten“,<br />

welcher allerd<strong>in</strong>gs sehr offen formuliert ist und Auslegungsspielraum ent-<br />

hält. Um das Spezialitätspr<strong>in</strong>zip aus <strong>schweizerische</strong>r Sicht im gewohnten<br />

Umfang wahren zu können, <strong>in</strong>sbesondere um <strong>die</strong> Zustimmung der Schweiz<br />

zur Weiterverwendung von Informationen, welche im Rahmen der Rechts-<br />

hilfe für <strong>in</strong>direkte Steuern künftig e<strong>in</strong>mal übermittelt werden könnten, zu<br />

gewährleisten, e<strong>in</strong>igten sich <strong>die</strong> Schweiz und <strong>die</strong> EU <strong>in</strong> der Schlussakte<br />

des Assoziierungsabkommens auf e<strong>in</strong>e geme<strong>in</strong>same Erklärung, wie sie<br />

auch von Luxemburg angebracht wurde und als sogenannte „Firewall“ be-<br />

zeichnet wird. Die Erklärung lautet wie folgt:<br />

„Die Vertragsparteien vere<strong>in</strong>baren, dass <strong>die</strong> Schweiz - vorbehaltlich des Artikels 23 Abs. 1<br />

Buchstabe c des Übere<strong>in</strong>kommens über <strong>die</strong> Rechtshilfe <strong>in</strong> Strafsachen zwischen den Mit-<br />

gliedstaaten der Europäischen Union – im H<strong>in</strong>blick auf <strong>die</strong> Umstände e<strong>in</strong>es besonderen<br />

Falles verlangen kann, dass personenbezogene Daten, sofern der betreffende Mitglied-<br />

staat nicht <strong>die</strong> Zustimmung der betroffenen Person erhalten hat, für <strong>die</strong> <strong>in</strong> Artikel 23 Ab-<br />

††††††††††† vgl. auch Art. 67 IRSG, FN 142 hiervor, und Art. 5 BBA, Ziff. V.1.6. hiervor<br />

46


satz 1 Buchstaben a und b jenes Übere<strong>in</strong>kommens genannten Zwecke nur mit vorheriger<br />

Zustimmung der Schweiz <strong>in</strong> Bezug auf Verfahren verwendet werden dürfen, für <strong>die</strong> <strong>die</strong><br />

Schweiz <strong>die</strong> Übermittlung oder Verwendung der personenbezogenen Daten nach den Be-<br />

stimmungen jenes Übere<strong>in</strong>kommens oder der Übere<strong>in</strong>künfte im S<strong>in</strong>ne von Artikel 1 des-<br />

selben hätte verweigern oder e<strong>in</strong>schränken können.<br />

Verweigert <strong>die</strong> Schweiz <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em besonderen Fall ihre Zustimmung zu e<strong>in</strong>em Ersuchen<br />

e<strong>in</strong>es Mitgliedstaates gemäss den vorgenannten Bestimmungen, so hat sie ihre Entscheidung<br />

schriftlich zu begründen.“ ‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡<br />

Unter den „besonderen Fall“ werden <strong>die</strong>jenigen Fälle subsumiert, für wel-<br />

che <strong>die</strong> Schweiz im Fiskalbereich grundsätzlich ke<strong>in</strong>e Rechtshilfe leisten<br />

müsste. Dies betrifft <strong>in</strong>sbesondere, wie wir gesehen haben, <strong>die</strong> H<strong>in</strong>terzie-<br />

hungstatbeständen im Bereich der direkten Steuern. Somit hat <strong>die</strong> Schweiz<br />

auch <strong>in</strong> Zukunft, sprich nach Inkrafttreten des EU-Rechtshilfe-<br />

übere<strong>in</strong>kommens und dem Protokoll dazu, <strong>die</strong> Möglichkeit zu def<strong>in</strong>ieren,<br />

wie der ersuchende Staat <strong>die</strong> ihm übermittelten Informationen aus dem<br />

Bereich der direkten Steuern verwenden darf §§§§§§§§§§§ .<br />

‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡<br />

vgl. ABl. C 197 vom 12. Juli 2000, S. 24; Schomburg/Gless, S. 1470; Pfenn<strong>in</strong>ger,<br />

S. 352<br />

§§§§§§§§§§§<br />

Pfenn<strong>in</strong>ger, S. 353; Jametti Pfenn<strong>in</strong>ger, S. 167; BBl 2004, 6097f.<br />

47


VI. PRAKTISCHE PROBLEMSTELLUNGEN AUS DER STRAFRECHTSPFLEGE<br />

Dieser Teil der vorliegenden Arbeit widmet sich e<strong>in</strong>igen Problemstellungen<br />

aus der praktischen Strafrechtspflege. Dabei werden <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em ersten Teil<br />

<strong>die</strong> <strong>in</strong> der E<strong>in</strong>leitung <strong>in</strong> Kürze geschilderten Sachverhalte besprochen. In<br />

e<strong>in</strong>em zweiten Teil werden praxisnahe Fragen gestellt und erörtert.<br />

1. Sachverhalte aus der E<strong>in</strong>leitung<br />

1.1. Sachverhalt 1: Abgabebetrug im Mobiltelefonhandel<br />

In der Compliance-Abteilung e<strong>in</strong>er Schweizer Bank werden <strong>die</strong> Bankkonten<br />

bzw. wird <strong>die</strong> Klientel rout<strong>in</strong>emässig auf geldwäschereiverdächtige Um-<br />

stände überprüft. Dabei fällt e<strong>in</strong>es Tages folgendes auf: Zahlreiche Bank-<br />

konten lauten auf (vone<strong>in</strong>ander verschiedene) Offshore-Gesellschaften<br />

nach britischem Recht mit wirtschaftlich berechtigten natürlichen Personen<br />

mit Wohnsitzen im Ausland; <strong>die</strong> F<strong>in</strong>anztransaktionen s<strong>in</strong>d regelmässig <strong>in</strong><br />

der Währung des britischen Pfundes, grosse Beträge, ungewöhnlich volatil.<br />

Als wirtschaftlicher H<strong>in</strong>tergrund wird regelmässig der Handel mit Mobiltele-<br />

fonapparaten angegeben. Die Bank erstattet e<strong>in</strong>e Verdachtsmeldung im<br />

S<strong>in</strong>ne von Art. 9 Abs. 1 GwG an <strong>die</strong> Meldestelle für Geldwäscherei welche<br />

<strong>die</strong> Meldung ihrerseits an <strong>die</strong> zuständige Bundesanwaltschaft weiterlei-<br />

tet ************ . Die Bank hat ke<strong>in</strong>e Vermögenssperren im S<strong>in</strong>ne von Art. 10 GwG<br />

vorgenommen, da sich <strong>die</strong> Gelder nie lange Zeit auf den Konten befanden<br />

und im Moment der Verdachtsmeldung <strong>die</strong> gemeldeten Bankverb<strong>in</strong>dungen<br />

ke<strong>in</strong>e nennenswerten Saldi aufwiesen.<br />

Der polizeiliche Sachbearbeiter der Bundeskrim<strong>in</strong>alpolizei nimmt mit sei-<br />

nem Berufskollegen <strong>in</strong> England Kontakt auf und erfährt dabei, dass <strong>in</strong> Eng-<br />

land schon seit e<strong>in</strong>iger Zeit gegen e<strong>in</strong> Netzwerk von Handelsgesellschaften<br />

im Mobiltelefonbereich wegen Steuerdelikten ermittelt wird und dass der<br />

zuständige Staatsanwalt gerade dabei ist, an <strong>die</strong> Schweiz e<strong>in</strong> Rechtshilfe-<br />

ersuchen h<strong>in</strong>sichtlich vermuteter Bankverb<strong>in</strong>dungen zu stellen.<br />

1.1.1. Sach- und Rechtslage<br />

Aus <strong>schweizerische</strong>r Sicht ergeben sich zum Tatverdacht und dem weite-<br />

ren Vorgehen <strong>die</strong> folgenden Überlegungen:<br />

************ Art. 23 GwG i.V.m. Art. 337 Abs. 1 nStGB<br />

48


Die Schweiz ist <strong>in</strong> den Sachverhalt, welcher von den englischen Strafver-<br />

folgungsbehörden ermittelt wird, <strong>in</strong>soweit <strong>in</strong>volviert, als dass <strong>die</strong> britischen<br />

Gesellschaften ihre F<strong>in</strong>anztransaktionen über den <strong>schweizerische</strong>n Fi-<br />

nanzplatz abzuwickeln sche<strong>in</strong>en. Bei den Konto<strong>in</strong>habern handelt es sich<br />

weitgehend um juristische Personen nach ausländischem, wie gesagt briti-<br />

schem Recht, <strong>die</strong> sogenannten „Beneficial owners“ oder wirtschaftlich Be-<br />

rechtigten s<strong>in</strong>d ebenfalls Ausländer mit Wohnsitzen ausserhalb der<br />

Schweiz. Die Schweiz hat nur schwache territoriale Ermittlungsansätze und<br />

e<strong>in</strong>e noch schwächere materiell-rechtliche Grundlage: Weder sche<strong>in</strong>t <strong>die</strong><br />

mutmassliche Täterschaft <strong>in</strong> der Schweiz zu se<strong>in</strong>, noch läge, falls es sich<br />

tatsächlich um e<strong>in</strong>en Verdacht auf Widerhandlung gegen <strong>die</strong> ausländische<br />

Steuergesetzgebung handeln sollte, aus <strong>schweizerische</strong>r Sicht e<strong>in</strong>e „Vor-<br />

tat“ im S<strong>in</strong>ne der Geldwäschereigesetzgebung vor †††††††††††† . Da vorliegend<br />

e<strong>in</strong> Rechtshilfeersuchen aus England angekündigt ist, wird das Verfahren<br />

wohl zunächst e<strong>in</strong> Fall der (passiven) Rechtshilfe werden ‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡ .<br />

Gehen wir davon aus, dass der englische Staatsanwalt <strong>in</strong> se<strong>in</strong>em Ersuchen<br />

von „Steuertatbeständen“ oder gar „Steuerbetrug“ spricht. Es stellt sich für<br />

uns nun <strong>die</strong> Frage nach der <strong>schweizerische</strong>n Qualifikation des im Ersuchen<br />

geschilderten Sachverhaltes.<br />

1.1.2. Qualifikation des Sachverhaltes<br />

1.1.2.1. Nach geltendem Recht<br />

Die Schweiz leistet bei Fiskaltatbeständen grundsätzlich ke<strong>in</strong>e Rechtshilfe,<br />

das haben wir gesehen, es sei denn, es handle sich um e<strong>in</strong>en Abgabebe-<br />

trug im S<strong>in</strong>ne von Art. 3 Abs. 3 Satz 2 IRSG. Zunächst geht es für <strong>die</strong> Fra-<br />

ge des E<strong>in</strong>tretens auf das englische Rechtshilfeersuchen demnach um <strong>die</strong><br />

Abgrenzung zwischen Abgabeh<strong>in</strong>terziehung und Abgabebetrug.<br />

Der geschilderte Sachverhalt ist nicht erfunden, sondern e<strong>in</strong>e relative Neu-<br />

ersche<strong>in</strong>ung bei der <strong>in</strong>direkten Fiskalität und dort namentlich im Bereich<br />

der Mehrwertsteuern. Dabei gibt es verschiedene Ausprägungen und In-<br />

tensitäten bezüglich Tat und Täterschaft: Im e<strong>in</strong>fachsten Fall täuscht e<strong>in</strong><br />

tatsächlich am Wirtschaftleben teilnehmendes Steuersubjekt gewissermas-<br />

sen „im Nebenerwerb“ e<strong>in</strong>en Handel vor, der aber wie dargestellt gar nie<br />

††††††††††††<br />

vgl. Art. 305bis Abs. 1 StGB, wo als Vortat e<strong>in</strong> „Verbrechen“ im S<strong>in</strong>ne von Art.<br />

10 Abs. 2 nStGB verlangt wird.<br />

‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡<br />

Bei der passiven Rechtshilfe ist <strong>die</strong> Schweiz der ersuchte und das Ausland der<br />

ersuchende Staat, bei der aktiven Rechtshilfe ersucht <strong>die</strong> Schweiz das Ausland um<br />

Rechtshilfe. Der betroffene ausländische Staat ist dann der ersuchte Staat.<br />

49


stattgefunden hat §§§§§§§§§§§§ . Es handelt sich um e<strong>in</strong>en gemischten Sachver-<br />

halt von tatsächlicher und fiktiver Steuerpflicht. Dreiste Täter betreiben<br />

schon gar ke<strong>in</strong>en legalen Handel mehr, sondern errichten typischerweise<br />

Offshore-Gesellschaften, über <strong>die</strong> sie dann ihre f<strong>in</strong>gierten Geschäfte laufen<br />

lassen. Zuweilen verhält es sich sogar so, dass <strong>die</strong> Täter <strong>die</strong> Sche<strong>in</strong>firmen<br />

gar nicht erst vollständig gründen, sondern nur vorgeben, e<strong>in</strong> „Start-up“-<br />

Unternehmen zu se<strong>in</strong>.<br />

Es dürfte klar se<strong>in</strong>, dass solche Konstrukte <strong>die</strong> Voraussetzungen des Ab-<br />

gabebetruges im S<strong>in</strong>ne des bundesgerichtlichen Arglistmodells erfül-<br />

len ************* . Demnach steht <strong>in</strong> solchen Fällen der Rechtshilfe nichts entge-<br />

gen.<br />

1.1.2.2. Mit den Bilateralen II<br />

Mit Inkrafttreten der <strong>rechtshilfe</strong>relevanten Dossiers der Bilateralen II (dem<br />

Betrugsbekämpfungsabkommen und dem Schengener Durchführungsüber-<br />

e<strong>in</strong>kommen ††††††††††††† ) erweitert sich der Bereich der möglichen Rechtshilfe<br />

<strong>in</strong> Fiskalfällen auf H<strong>in</strong>terziehungstatbestände im Bereich der <strong>in</strong>direkten<br />

Steuern. Das heisst, dass bei solchen Konstellationen künftig auch dann<br />

Rechtshilfe möglich se<strong>in</strong> wird, wenn <strong>die</strong> Arglist weniger offensichtlich als<br />

eben beschrieben vorliegt. Konkret bedeutet <strong>die</strong>s, auch nach geltendem<br />

Recht, dass auf e<strong>in</strong> derartiges Rechtshilfeersuchen ohne Weiteres wird<br />

e<strong>in</strong>getreten werden können und, <strong>in</strong>sbesondere nach dem Betrugsbekämp-<br />

fungsabkommen, auch Zwangsmassnahmen wie e<strong>in</strong>e Vermögensbe-<br />

schlagnahme oder e<strong>in</strong>e Bankdurchsuchung bzw. Editionsaufforderung an<br />

e<strong>in</strong>e Bank möglich se<strong>in</strong> werden.<br />

1.1.3. Exkurs: Der Karussellbetrug<br />

In Anlehnung an den obigen Sachverhalt sei an <strong>die</strong>ser Stelle noch der Beg-<br />

riff des „Karussellbetruges“ erklärt. Der Begriff gehört zur modernen Wirt-<br />

schaftskrim<strong>in</strong>alität, ist aber bereits derart entwickelt, dass für <strong>die</strong> Akteure<br />

bzw. Täterschaft schon e<strong>in</strong>e <strong>in</strong>ternational verwendete Term<strong>in</strong>ologie besteht<br />

und man sich auf dem Internet rasch e<strong>in</strong>en Überblick verschaffen kann. Im<br />

Rahmen der vorliegenden Arbeit ist der Begriff deshalb <strong>in</strong>teressant, weil es<br />

<strong>in</strong> derartigen Fällen regelmässig zu Abgrenzungsfragen <strong>in</strong>nerhalb der Fis-<br />

kaltatbestände e<strong>in</strong>erseits, aber auch zwischen den Fiskaltatbeständen und<br />

§§§§§§§§§§§§ Es handelt sich regelmässig um Luxusgüter, weil <strong>die</strong> fiktiv gehandelte Ware<br />

e<strong>in</strong>en gewissen Wert haben muss, damit auch der massgebliche Mehrwertsteuersatz<br />

entsprechend hoch ist. Mobiltelefonapparate s<strong>in</strong>d dafür e<strong>in</strong> beliebtes Handelsgut.<br />

************* vgl. Ziff. IV.2.1.2. hiervor<br />

††††††††††††† vgl. Ziff. III.2. bzw. V.1. (BBA) und Ziff. III.3. bzw. V.2. (SDÜ) hiervor<br />

50


dem geme<strong>in</strong>rechtlichen Betrugstatbestand andererseits und um <strong>die</strong> sich<br />

daraus ergebenden Folgen für <strong>die</strong> Rechtshilfe <strong>in</strong> (Fiskal-)Strafsachen geht.<br />

Unter Karussellbetrug ist folgendes zu verstehen: Innerhalb e<strong>in</strong>es Kreises<br />

von Unternehmen, deren Zusammensetzung sich rasch ändert, werden<br />

grenzüberschreitende Verkaufsumsätze generiert, wobei der Warenver-<br />

kehr, oft eben der Handel von Mobiltelefongeräten, <strong>in</strong> der Regel nur vorge-<br />

täuscht wird. Die erste Firma <strong>in</strong> der Kette (genannt: miss<strong>in</strong>g trader) erstellt<br />

ke<strong>in</strong>e Mehrwertsteuer-Abrechnung und bezahlt folglich auch ke<strong>in</strong>e Mehr-<br />

wertsteuer. Die im Kreislauf folgende Firma (genannt: buffer firm) zieht<br />

dann gegenüber dem Steueramt e<strong>in</strong>e ihr (<strong>in</strong> Wahrheit nicht) verrechnete<br />

Vorsteuer ab, bevor sie <strong>die</strong> Ware an e<strong>in</strong>en Exporteur verkauft. Über den<br />

Exporteur geht <strong>die</strong> Ware dann wieder <strong>in</strong>s Ausland zu e<strong>in</strong>em anderen mis-<br />

s<strong>in</strong>g trader. Da bei grenzüberschreitenden Lieferungen <strong>die</strong> Mehrwertsteuer<br />

im EWR nicht im Abgangs-, sondern im Bestimmungsland zu entrichten ist,<br />

erhält der Exporteur <strong>die</strong> von se<strong>in</strong>em Lieferanten (der buffer firm) entrichtete<br />

Vorsteuer vollumfänglich zurück. Der neue miss<strong>in</strong>g trader entzieht sich der<br />

Steuerpflicht <strong>in</strong> se<strong>in</strong>em Land <strong>in</strong> der Regel dann durch Untertauchen.<br />

Die Schweiz war <strong>in</strong> der Vergangenheit nur am Rande mit derartigen Mehr-<br />

wertsteuer-Betrugsfällen konfrontiert: E<strong>in</strong>erseits bei Verschiebungen der<br />

auf <strong>die</strong>se Weise ertrogenen Gelder auf und über Konten bei Schweizer<br />

Banken und entsprechenden Rechtshilfeersuchen aus dem betroffenen<br />

Ausland; andererseits <strong>in</strong> Auslieferungsfällen, wo <strong>in</strong> der Schweiz wohnhafte<br />

Täter auf Ersuchen des betroffenen Auslands ausgeliefert wurden. Aus der<br />

Rechtshilfe gibt es <strong>in</strong>zwischen drei e<strong>in</strong>schlägige Bundesgerichtsentschei-<br />

de ‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡ . Bei allen drei Entscheiden war das Kriterium der beidseitigen<br />

Strafbarkeit umstritten, mith<strong>in</strong> <strong>die</strong> Qualifikation der Sachverhalte <strong>in</strong> den<br />

Rechtshilfeersuchen als Fiskaldelikte bzw. als geme<strong>in</strong>rechtliche Betrugsfäl-<br />

le im S<strong>in</strong>ne von Art. 146 StGB. Insbesondere im ersten Entscheid aus dem<br />

Jahr 2002 nahm das Bundesgericht e<strong>in</strong>e dogmatische Ausscheidung zwi-<br />

schen dem Abgabebetrug nach Art. 14 Abs. 2 VStrR und dem geme<strong>in</strong>recht-<br />

lichen Betrug nach Art. 146 StGB vor und kam zum Schluss, dass <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er<br />

solchen Konstellation der Täterschaft das Privileg des milder bestraften<br />

Abgabebetruges nicht zukommen soll. Es qualifizierte den Karussellbetrug<br />

als geme<strong>in</strong>rechtlichen Betrug nach Art. 146 StGB §§§§§§§§§§§§§ , für welchen<br />

letztlich <strong>die</strong> E<strong>in</strong>schränkung des Art. 3 Abs. 3 Satz 2 IRSG nicht gilt und<br />

vollumfängliche Rechtshilfe geleistet werden kann. Das Bundesgericht und<br />

das Bundesstrafgericht argumentieren dabei im <strong><strong>in</strong>ternationale</strong>n wie im na-<br />

tionalen Verhältnis <strong>in</strong> gleicher Weise: E<strong>in</strong> Abgabebetrug liegt gegenüber<br />

‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡ BGE 1A.189/2001 vom 22. Februar 2002; BGE 1A.189/2002 vom 28. Oktober<br />

2002 und BGE 1A.300/2005, alle im Bereich des Karussellbetrugs durch Handel mit Mobiltelefongeräten<br />

§§§§§§§§§§§§§ E. 5.1<br />

51


dem geme<strong>in</strong>rechtlichen Betrug nur dann vor, wenn der Täter primär im<br />

Steuerveranlagungsverfahren betrügt und nicht im allgeme<strong>in</strong>en Wirt-<br />

schaftsleben ************** .<br />

1.2. Sachverhalt 2: Bankgeheimnis<br />

E<strong>in</strong>e kle<strong>in</strong>e und fe<strong>in</strong>e Privatbank <strong>in</strong> Zug hat wohlhabende deutsche Kund-<br />

schaft. Der Chef fürchtet nun, er müsse mit den Bilateralen II und deren<br />

Angriff auf das Schweizer Bankgeheimnis se<strong>in</strong>e Bücher auf den Tresen<br />

legen und <strong>die</strong> Geheimnisse se<strong>in</strong>er Kundschaft preisgeben. Wie ist <strong>die</strong><br />

Rechtslage?<br />

1.2.1. Nach geltendem Recht<br />

Bisher musste <strong>die</strong> Bank kaum fürchten, dass sie Informationen über ihre<br />

Kundschaft preisgeben müsste, <strong>die</strong> ihr Geld nur deshalb <strong>in</strong> der Schweiz<br />

angelegt hatte, um dem deutschen Fiskus zu entgehen. Wie wir gesehen<br />

haben, leistet <strong>die</strong> Schweiz nämlich grundsätzlich ke<strong>in</strong>e Rechtshilfe im Fis-<br />

kalbereich, es sei denn, es läge e<strong>in</strong> Abgabebetrug im S<strong>in</strong>ne von Art. 3 Abs.<br />

3 Satz 2 IRSG bzw. Art. 14 Abs. 2 VStrR vor oder gar e<strong>in</strong> geme<strong>in</strong>rechtli-<br />

cher Betrug im S<strong>in</strong>ne von Art. 146 StGB. Beim Abgabebetrug beschränkt<br />

sich <strong>die</strong> zulässige Rechtshilfe sodann auf <strong>die</strong> kle<strong>in</strong>e Rechtshilfe des dritten<br />

Teils des IRSG (woh<strong>in</strong>gegen sie beim geme<strong>in</strong>rechtlichen Betrug ke<strong>in</strong>e E<strong>in</strong>-<br />

schränkung erfährt). Normalerweise s<strong>in</strong>d solche hiesigen Geldanlagen von<br />

ausländischer Klientel aus den Nachbarstaaten aber eher H<strong>in</strong>terziehungs-<br />

tatbestände, für welche <strong>die</strong> Schweiz ke<strong>in</strong>e Rechtshilfe gewährt. Die Ab-<br />

grenzung zwischen den H<strong>in</strong>terziehungs- und den Betrugstatbeständen im<br />

Fiskalbereich richtet sich nämlich nach <strong>schweizerische</strong>m Recht, und es<br />

braucht für e<strong>in</strong>en Abgabebetrug besondere, e<strong>in</strong>e arglistige Ges<strong>in</strong>nung be-<br />

gründende Machenschaften des Fiskalstraftäters †††††††††††††† .<br />

1.2.2. Mit den Bilateralen II<br />

Im H<strong>in</strong>blick auf <strong>die</strong> Bilateralen II und damit namentlich auf das Betrugsbe-<br />

kämpfungsabkommen und das Schengener Durchführungsübere<strong>in</strong>kommen,<br />

ist zu unterscheiden nach der künftigen Rechtshilfeverpflichtung der<br />

Schweiz bei den direkten und bei den <strong>in</strong>direkten Steuern bzw. Abgaben:<br />

1.2.2.1. Rechtshilfe im Bereich der direkten Fiskalität<br />

************** vgl. dazu auch Urteil des BStrGer vom 22. September 2004, S. 20<br />

†††††††††††††† vgl. Ziff. IV.2.1.2. hiervor zum „Arglistmodell“ des Bundesgerichts<br />

52


Handelt es sich bei den Vermögenswerten e<strong>in</strong>es deutschen Bankkunden<br />

um <strong>in</strong> Deutschland nicht deklariertes E<strong>in</strong>kommen oder Vermögen, so<br />

kommt das Schengener Durchführungsübere<strong>in</strong>kommen zur Anwendung.<br />

Dieses gilt zwar e<strong>in</strong>stweilen nur für <strong>die</strong> <strong>in</strong>direkten Steuern, soll aber mit<br />

Inkrafttreten des EU-Rechtshilfeübere<strong>in</strong>kommens bzw. Art. 8 des Protokol-<br />

les dazu auf <strong>die</strong> Tatbestände der direkten Fiskalität erweitert wer-<br />

den ‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡ . Die Schweiz hat nun zu Art. 51 lit. a SDÜ, welcher im Rah-<br />

men von verlangten Zwangsmassnahmen wie vorliegend etwa e<strong>in</strong>e Vermö-<br />

gensbeschlagnahme oder <strong>die</strong> zwangsweise Herausgabe von Bankdoku-<br />

menten e<strong>in</strong>e Erklärung abgegeben, dass bei Steuerdelikten im Bereich der<br />

direkten Steuern <strong>in</strong> der Schweiz ke<strong>in</strong> auch <strong>in</strong> Strafsachen zuständiges Ge-<br />

richt angerufen werden könne §§§§§§§§§§§§§§ , was dann letztlich <strong>in</strong> der Praxis<br />

zur Ablehnung e<strong>in</strong>es bzw. Nichte<strong>in</strong>treten auf e<strong>in</strong> Rechtshilfeersuchen im<br />

Bereich der Steuerh<strong>in</strong>terziehung führen wird. Das Bankgeheimnis bleibt <strong>in</strong><br />

<strong>die</strong>sem Bereich gewahrt und unser Bankchef muss ke<strong>in</strong>e Angst haben,<br />

deshalb Kundschaft zu verlieren.<br />

1.2.2.2. Rechtshilfe im Bereich der <strong>in</strong>direkten Fiskalität<br />

Im Bereich der <strong>in</strong>direkten Fiskalität, sprich bei Widerhandlungen gegen<br />

Zollgesetzgebungen, Mehrwertsteuer- und Verbrauchssteuergesetzen sieht<br />

es etwas anders aus. Hier wird als lex specialis vermutlich dere<strong>in</strong>st e<strong>in</strong>mal<br />

das Betrugsbekämpfungsabkommen vorgehen *************** , dessen Art. 31 Abs.<br />

1 im Bereich der Zwangsmassnahmen zwar den gleichen Wortlaut hat wie<br />

Art. 51 SDÜ, wo man sich aber am Ende der Verhandlungen anders geei-<br />

nigt hat als beim SDÜ: Im Bereich des BBA haben <strong>die</strong> Schweiz und <strong>die</strong> EU<br />

e<strong>in</strong>en Kompromiss ausgehandelt, wonach <strong>die</strong> Schweiz hier grundsätzlich<br />

volle Rechtshilfe gewähren wird, und zwar auch bei H<strong>in</strong>terziehungstatbe-<br />

ständen, weil man im S<strong>in</strong>ne e<strong>in</strong>er Gleichbehandlung dem Ausland gegen-<br />

über den gleichen Rechtsmassstab anlegen wollte wie <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em nationalen<br />

Verfahren gegenüber <strong>in</strong>ländischen Behörden. Allerd<strong>in</strong>gs kann e<strong>in</strong>e Steuer-<br />

behörde, welche <strong>in</strong> der Schweiz für <strong>die</strong> Untersuchung von mutmasslichen<br />

H<strong>in</strong>terziehungstatbeständen zuständig ist, nicht <strong>in</strong> e<strong>in</strong> Bankgeheimnis e<strong>in</strong>-<br />

greifen, weshalb <strong>die</strong>ses über Art. 9 BBA auch im <strong><strong>in</strong>ternationale</strong>n Verhältnis<br />

geschützt bleiben wird ††††††††††††††† . Selbst wenn also <strong>die</strong> Vermögenswerte<br />

auf unserer Bank <strong>in</strong> Zug teils aus Widerhandlungen gegen das deutsche<br />

Abgaberecht stammten, müsste <strong>die</strong> Bank demzufolge dennoch ke<strong>in</strong>e Aus-<br />

kunft erteilen.<br />

‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡ vgl. Ziff. V.2. hiervor<br />

§§§§§§§§§§§§§§ vgl. Ziff. V.2.1.2. hiervor<br />

*************** vgl. Ziff. V.2.3. hiervor<br />

††††††††††††††† vgl. Ziff. V.1.5. hiervor<br />

53


1.2.3. Schlussfolgerung<br />

Unserem Bankchef kann nach dem Gesagten <strong>die</strong> folgende Auskunft erteilt<br />

werden: Auch „mit den Bilateralen II“ werde er aller Wahrsche<strong>in</strong>lichkeit<br />

nach im Bereich von blossen Steuer- bzw. Abgabeh<strong>in</strong>terziehungen ke<strong>in</strong>e<br />

Auskünfte über Klientschaft und Vermögenswerte erteilen müs-<br />

sen ‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡ .<br />

2. Themen aus der praktischen Strafrechtspflege<br />

2.1. Spezialitätspr<strong>in</strong>zip bei Personal- bzw. Ämterunion<br />

E<strong>in</strong>e Frage aus der praktischen Rechtsanwendung stellt sich im Bereich<br />

der Personal- bzw. Ämterunion bei der Veranlagung von sowohl <strong>in</strong>direkten<br />

als auch direkten Steuern. E<strong>in</strong> fiktives aber durchaus denkbares Beispiel:<br />

Das F<strong>in</strong>anzamt e<strong>in</strong>es EU-Mitgliedstaates ist gleichzeitig für <strong>die</strong> Veranla-<br />

gung von Mehrwertsteuern wie auch für <strong>die</strong> Erhebung von E<strong>in</strong>kommens-<br />

steuern zuständig. Der Beamte wird dere<strong>in</strong>st von se<strong>in</strong>em Kollegen <strong>in</strong> der<br />

Schweiz im Rahmen der Amts-/Rechtshilfemöglichkeiten des BBA problem-<br />

los Auskünfte und/oder Beweismittel im Bereich der Mehrwertsteuer erhal-<br />

ten und damit unter Umständen auch Informationen, <strong>die</strong> er bei der Erhe-<br />

bung der direkten Steuern durchaus nutzen könnte. Wie ist hier <strong>die</strong> Rechts-<br />

lage bzw. was wird wohl <strong>in</strong> der Praxis bei solchen Ämterunionen gesche-<br />

hen? Wird das Spezialitätspr<strong>in</strong>zip <strong>in</strong> solchen Konstellationen zum toten<br />

Buchstaben?<br />

Das Betrugsbekämpfungsabkommen schliesst im Art. 2 Abs. 4 ausdrücklich<br />

<strong>die</strong> direkten Steuern von se<strong>in</strong>em Anwendungsbereich aus. In Konstellatio-<br />

nen, wo e<strong>in</strong> und <strong>die</strong>selbe Behörde für <strong>die</strong> Veranlagung sowohl von <strong>in</strong>direk-<br />

ten als auch von direkten Steuern zuständig ist, ist e<strong>in</strong>e Trennung bei der<br />

Verwertung von bekannten Informationen tatsächlich <strong>in</strong> der Praxis schwie-<br />

rig. Aber auch für solche Fälle gilt das Spezialitätspr<strong>in</strong>zip, und <strong>die</strong> betroffe-<br />

ne Behörde mit der Personal- bzw. Ämterunion muss dafür sorgen, dass<br />

e<strong>in</strong> von dem um Amts- oder Rechtshilfe ersuchten Staat formulierter Spe-<br />

zialitätsvorbehalt e<strong>in</strong>gehalten wird. Die Sanktionen bei Zuwiderhandlungen<br />

s<strong>in</strong>d allerd<strong>in</strong>gs mehr auf der praktischen als auf der rechtlichen Ebene vor-<br />

handen, <strong>in</strong>dem zum Beispiel <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em weiteren Amts- oder Rechtshilfeer-<br />

‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡ Das Restrisiko besteht wie immer <strong>in</strong> der Rechtsanwendung im E<strong>in</strong>zelfall und<br />

der Rechtsfortbildung, namentlich weil <strong>die</strong> EU nach wie vor e<strong>in</strong> scharfes Auge auf dem<br />

<strong>schweizerische</strong>n Bankgeheimnis hat! Die neuen Verpflichtungen aufgrund des Z<strong>in</strong>sbesteuerungsabkommens<br />

bleiben vorbehalten.<br />

54


suchen nicht entsprochen oder <strong>in</strong>dem auf politischem Weg an geeigneter<br />

Stelle e<strong>in</strong>e entsprechende Note platziert würde §§§§§§§§§§§§§§§ .<br />

Das Bundesgericht hatte sich im Entscheid 125 II 258ff. <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Rechts-<br />

hilfeverfahren mit dem Königreich von Lesotho mit e<strong>in</strong>er derartigen Kons-<br />

tellation zu befassen. Es g<strong>in</strong>g um e<strong>in</strong> Rechtshilfeersuchen aus Lesotho<br />

wegen Diebstahls, Betrugs, Bestechung und Me<strong>in</strong>eids. Der von der<br />

Rechtshilfe Betroffene M. war leitendes Organ der „Lesotho Highlands De-<br />

velopment Authority“ (LHDA), deren Aufgabe es war, den Bau verschiede-<br />

ner Staudämme <strong>in</strong> Lesotho zu überwachen. Vor dem High Court of Lesotho<br />

war bereits e<strong>in</strong> Zivilverfahren hängig, <strong>in</strong> welchem <strong>die</strong> LHDS gegen M.<br />

Schadenersatzforderungen geltend machte. Die zuständige Bezirksanwalt-<br />

schaft des Kantons Zürich entsprach dem Rechtshilfeersuchen, brachte<br />

aber e<strong>in</strong>en Spezialitätsvorbehalt an, wonach <strong>die</strong> <strong>in</strong> der Schweiz gewonne-<br />

nen Erkenntnisse e<strong>in</strong>zig zur Verfolgung der im Rechtshilfeersuchen ange-<br />

gebenen geme<strong>in</strong>rechtlichen Straftaten, e<strong>in</strong>schliesslich Abgabebetruges,<br />

verwendet werden dürfen, nicht aber zur Verfolgung von Taten, <strong>die</strong> auf ei-<br />

ne Verkürzung fiskalischer Abgaben gerichtet ersche<strong>in</strong>en. Das Bundesge-<br />

richt schützte <strong>die</strong>sen Vorbehalt und sagte, es gehe dabei darum, dass<br />

Auskünfte nicht zur Verfolgung nicht <strong>rechtshilfe</strong>fähiger Delikte im S<strong>in</strong>ne von<br />

Art. 3 IRSG missbraucht würden. Damit ist geklärt, wie <strong>in</strong> Fällen von<br />

Rechtshilfeersuchen mit verschiedenen Tatbeständen vorzugehen ist, was<br />

auch für Konstellationen mit Kompetenzkumulationen <strong>in</strong> <strong>rechtshilfe</strong>fähigen<br />

und nicht <strong>rechtshilfe</strong>fähigen Bereichen gelten muss. Jedenfalls geht es<br />

nicht an, <strong>die</strong> Rechtshilfe bei derartigen Vorgaben ohne Not gänzlich zu<br />

verweigern.<br />

2.2. Amts- oder Rechtshilfe ohne Ersuchen<br />

Die praktische Auswirkung des Instituts der Amts- oder Rechtshilfe ohne<br />

Ersuchen, wie sie oben unter Ziff. III.2.2.1.2. und 2.2.2.2. beim Betrugsbe-<br />

kämpfungsabkommen dargestellt wurde, ist durchaus auch e<strong>in</strong>e spezielle<br />

Betrachtung wert. „Ohne Ersuchen“ heisst nämlich nichts anderes, als dass<br />

beispielsweise der Steuersachbearbeiter zum Telefon greifen oder e<strong>in</strong>e<br />

schriftliche Mitteilung verfassen und nunmehr auch im Fiskalbereich Infor-<br />

mationen ans Ausland übermitteln bzw. von dort erhältlich machen kann.<br />

Wie s<strong>in</strong>d <strong>die</strong>se Bestimmungen zu handhaben?<br />

Nach Art. 67a IRSG können <strong>die</strong> Strafverfolgungsbehörden im Bereich der<br />

<strong><strong>in</strong>ternationale</strong>n Rechtshilfe <strong>in</strong> Strafsachen unter den dort genannten Vor-<br />

aussetzungen bereits heute schon proaktiv mit Informationen oder Be-<br />

weismitteln an das betroffene Ausland gelangen. Das Gesetz setzt dafür<br />

§§§§§§§§§§§§§§§ vgl. auch Ausführungen unter Ziff. V.1.6. sowie Kästli Skriptum, S. 11<br />

55


elativ enge Grenzen und verlangt Schriftlichkeit bzw. zum<strong>in</strong>dest e<strong>in</strong>e Pro-<br />

tokollierung des Vorgangs. Obwohl das IRSG <strong>die</strong>s nicht ausdrücklich vor-<br />

sieht, werden <strong>in</strong> der Praxis oftmals Spezialitätsvorbehalte angebracht, der-<br />

art, dass dem betroffenen Ausland untersagt wird, <strong>die</strong> Informationen oder<br />

Beweismittel für Verfahren mit politischem oder fiskalischem H<strong>in</strong>tergrund<br />

zu gebrauchen.<br />

Im Fiskalbereich ist <strong>die</strong>s heute lediglich (aber immerh<strong>in</strong>) für den Abgabebe-<br />

trug möglich; mit dem Betrugsbekämpfungsabkommen soll <strong>die</strong>s nun auch<br />

für H<strong>in</strong>terziehungsdelikte im Bereich der <strong>in</strong>direkten Steuern bzw. Abgaben<br />

möglich werden. Bereits gibt es kritische Stimmen, <strong>die</strong> „Zurückhaltung“ bei<br />

den letzteren verlangen. Es seien jedenfalls zunächst Gegenrechtszusiche-<br />

rungen e<strong>in</strong>zuholen, und es sei auch nur dann im Bereich der Amtshilfe pro-<br />

aktiv an das Ausland zu gelangen, wenn zweifelsfrei sicher sei, dass <strong>die</strong>s<br />

auch im <strong>in</strong>ner<strong>schweizerische</strong>n Verhältnis unter den Steuerbehörden e<strong>in</strong>er<br />

Usanz entspreche **************** . In der Praxis werde sich e<strong>in</strong>e präzise Abgren-<br />

zung zwischen Art. 67a IRSG bzw. Art. 37 BBA und Art. 20 BBA aufdrän-<br />

gen.<br />

2.3. Fiskaldelikte und Geldwäscherei<br />

Im Bereich der Geldwäscherei stellt sich stets <strong>die</strong> Frage nach der Vortat:<br />

Die Qualifikationen der Geldwäscherei-Vortaten s<strong>in</strong>d <strong>in</strong>ternational unter-<br />

schiedlich, trotz multilateralem Geldwäscherei-<br />

Übere<strong>in</strong>kommen †††††††††††††††† . Die Schweiz verlangt hierfür <strong>in</strong> Art. 305bis<br />

StGB e<strong>in</strong> Verbrechen im S<strong>in</strong>ne von Art. 10 Abs. 2 nStGB. Nun s<strong>in</strong>d <strong>die</strong> Fis-<br />

kaldelikte nach <strong>schweizerische</strong>r Auffassung ke<strong>in</strong>e Verbrechen, sondern<br />

Übertretungen und Vergehen, können somit regelmässig nicht Vortaten im<br />

S<strong>in</strong>ne der Geldwäschereigesetzgebung se<strong>in</strong>.<br />

Ändert sich daran etwas mit den Bilateralen II? Was ist zu tun bei e<strong>in</strong>em<br />

Rechtshilfeersuchen, <strong>in</strong> welchem der ersuchende Staat Geldwäscherei mit<br />

Vortat(en) aus dem Fiskalbereich geltend macht? Wie verhält es sich mit<br />

dem Erfordernis der beidseitigen Strafbarkeit? Die EU ihrerseits subsu-<br />

miert auch das Anlegen von dem Fiskus nicht deklarierten Vermögenswer-<br />

ten unter <strong>die</strong> Geldwäscherei. Die Lösung unter dem Betrugsbekämpfungs-<br />

abkommen wird wie folgt se<strong>in</strong>: Die Schweiz wird bei Abgabebetrug als<br />

Geldwäscherei-Vortat Rechtshilfe leisten ‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡ . Ke<strong>in</strong>e Frage der<br />

<strong>schweizerische</strong>n Strafhoheit wird es dann se<strong>in</strong>, ob <strong>die</strong> unter <strong>die</strong>sem Titel<br />

****************<br />

Wyss, S. 606<br />

††††††††††††††††<br />

SR 0.311.53, vgl. Ziff. I.3. Das Geldwäscherei-Übere<strong>in</strong>kommen regelt den<br />

Bereich der Vortaten nicht!<br />

‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡<br />

vgl. Ziff. V.1.2. hiervor; zusätzlich: Bernasconi STR, S. 702/SJZ S. 401<br />

56


an den ersuchenden Staat ausgehändigten Informationen dort auch zur<br />

Strafbarkeit wegen Geldwäscherei führen §§§§§§§§§§§§§§§§ .<br />

Im übrigen ist derzeit e<strong>in</strong>e Botschaft des Bundesrates zur Anpassung des<br />

GwG im Entstehen, welche zwölf Massnahmen enthält, mit denen <strong>die</strong> Emp-<br />

fehlungen der F<strong>in</strong>ancial Action Task Force (FATF) zur Bekämpfung der<br />

Geldwäscherei umgesetzt werden sollen. Es werden dort auch neue Vorta-<br />

ten def<strong>in</strong>iert, ohne jedoch vom Verbrechensbegriff abzukommen ***************** .<br />

Bezüglich Amts-/Rechtshilfe im Fiskalbereich ist folgende Neuerung aus<br />

dem Botschaftsentwurf <strong>in</strong>teressant: Im Zusammenhang mit grenzüber-<br />

schreitendem Bargeldverkehr, welcher <strong>in</strong> der Vergangenheit mehr denn je<br />

auftrat ††††††††††††††††† , melden <strong>die</strong> Zollbehörden bei Verdacht auf Geldwä-<br />

scherei bereits heute Personen, welche Bargeldbeträge von erheblichem<br />

Wert mitführen, den zuständigen Polizeibehörden. Es besteht nach gelten-<br />

dem Recht aber ke<strong>in</strong>e Rechtsgrundlage für derartige Anzeigen. Die eidge-<br />

nössische Zollverwaltung soll nun durch Änderung von Art. 95 des Zollge-<br />

setzes (ZG) ‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡ e<strong>in</strong>e solche bekommen. Die Zollbehörden sollen<br />

gestützt auf Art. 112 ZG dabei auch der Meldestelle für Geldwäscherei<br />

mutmasslich strafbare Handlungen bekannt geben dürfen oder derselben<br />

Amtshilfe leisten §§§§§§§§§§§§§§§§§ .<br />

Vor <strong>die</strong>sem H<strong>in</strong>tergrund dazu e<strong>in</strong>e schöne und wahre Geschichte: Un-<br />

längst, Mitte Juni 2007, wurde e<strong>in</strong> älterer Herr aus Deutschland an der<br />

Grenze bei Waldshut-Tiengen bei der E<strong>in</strong>reise <strong>in</strong> <strong>die</strong> Schweiz mit e<strong>in</strong>em<br />

Gehstock voller Geld erwischt. Er wollte 70'000 Euro <strong>in</strong> bar und undekla-<br />

riert <strong>in</strong> <strong>die</strong> Schweiz e<strong>in</strong>führen. Da ihn bereits <strong>die</strong> deutschen Zollbehörden<br />

erwischten, kam es nicht zu e<strong>in</strong>em <strong>schweizerische</strong>n Sachverhalt und auch<br />

nicht zur Amts- oder Rechtshilfe. Wäre der Herr nun e<strong>in</strong> bisschen weiter<br />

spaziert ****************** und von den <strong>schweizerische</strong>n Zollbehörden im H<strong>in</strong>blick<br />

auf e<strong>in</strong>e allfällige Geldwäsche nach mitgeführtem Bargeld gefragt worden,<br />

so hätten ihn <strong>die</strong>se gewiss zum nächsten Polizeiposten begleitet oder ihre<br />

Freunde von der Polizei angerufen und <strong>die</strong>se den Gehstock sicherstellen<br />

§§§§§§§§§§§§§§§§ vgl. dazu auch Dietrich, S. 585<br />

***************** Erwähnt werden namentlich <strong>die</strong> Produktepiraterie i.S.v. Art. URG, <strong>die</strong> gewerbsmässige<br />

Warenfälschung i.S.v. Art. 155 Ziff. 2 StGB und <strong>die</strong> „schweren Schmuggeldelikte“<br />

i.S.v. Art. 14 VStrR, wozu jedenfalls auch schwere H<strong>in</strong>terziehungsfälle subsumiert<br />

werden.<br />

††††††††††††††††† Das deutsche Zollamt S<strong>in</strong>gen, welches das grösste deutsche Zollamt an<br />

der Schweizer Grenze ist, wurden im Jahr 2005 bei Reisenden Bargeld und Unterlagen<br />

über ausländisches Anlagevermögen <strong>in</strong> der Höhe von 29 Mio. Euro aufgespürt! Vgl. Landesportal<br />

Baden-Württemberg, Bericht vom 3. April 2006, www.baden-wuerttemberg.de<br />

‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡ Zollgesetz vom 18. März 2005, <strong>in</strong> Kraft seit dem 1. Mai 2007 (SR 631.0)<br />

§§§§§§§§§§§§§§§§§ Anhörung des F<strong>in</strong>anzdepartementes über „Ergänzungsvorschläge zum<br />

Vorentwurf vom 12. Januar 2005 betreffend Umsetzung der revi<strong>die</strong>rten Empfehlungen<br />

der „Groupe d’action f<strong>in</strong>ancière“ (GAFI)“; auch: NZZ 16./17. Juni 2007, S. 23<br />

****************** d.h. genau genommen gefahren, weil er den Gehstock gemäss Presseberichten<br />

im Fahrzeug mit sich führte, vgl. TOP news, 11. Juni 2007, www.toponl<strong>in</strong>e.ch<br />

57


lassen. Damit e<strong>in</strong> solcher Informationsaustausch unter verschiedenen<br />

Amtsstellen <strong>in</strong> Zukunft auch rechtens ist, braucht es <strong>die</strong> erwähnte Kompe-<br />

tenzerweiterung der Zollbehörden <strong>in</strong> Art. 95 nZG.<br />

58


VII. ZUSAMMENFASSUNG UND SCHLUSSWORT<br />

1. Die Bilateralen II bei der Fiskal<strong>rechtshilfe</strong><br />

Die Verhandlungsparteien der Bilateralen II können beide zufrieden se<strong>in</strong>:<br />

Die Schweiz hat sich im Bereich der Fiskal<strong>rechtshilfe</strong> teilweise gebeugt,<br />

ohne ihre nationalen Werte übermässig herzugeben; <strong>die</strong> EU hat <strong>die</strong><br />

Schweiz e<strong>in</strong> weiteres Stück <strong>in</strong> ihr Regelwerk e<strong>in</strong>gebunden, ohne ihr <strong>die</strong><br />

Souveränität zu nehmen. Das Ergebnis wird auf der politischen Ebene als<br />

„ausgewogen“ bezeichnet †††††††††††††††††† .<br />

Die vorliegende Arbeit hat <strong>die</strong> <strong>rechtshilfe</strong>relevanten Dossiers der Bilatera-<br />

len II und ihre Auswirkungen auf <strong>die</strong> künftige Fiskal<strong>rechtshilfe</strong> der Schweiz<br />

gegenüber der EU beleuchtet. Dabei geht es namentlich um das Betrugs-<br />

bekämpfungsabkommen e<strong>in</strong>erseits und das Schengener Durchführungs-<br />

übere<strong>in</strong>kommen andererseits – zwei Erlasse mit ähnlicher Stossrichtung,<br />

aber unterschiedlicher Ausprägung:<br />

Mit den Amts- und Rechtshilfebestimmungen des Betrugsbekämpfungsab-<br />

kommens verpflichtet sich <strong>die</strong> Schweiz zu e<strong>in</strong>er vollumfänglichen Koopera-<br />

tion im Bereich der <strong>in</strong>direkten Fiskalität und zwar bezüglich H<strong>in</strong>terziehungs-<br />

wie auch Betrugstatbeständen. Für <strong>die</strong> Schweiz ist das Neuland und geht<br />

über <strong>die</strong> bisherige Zusammenarbeit h<strong>in</strong>aus, welche <strong>die</strong> Rechtshilfe auf den<br />

Abgabebetrug beschränkte. Insoweit hat sich <strong>die</strong> Schweiz hier dem<br />

Bestreben der EU gebeugt.<br />

Auch mit dem Schengen-Assoziierungsübere<strong>in</strong>kommen ist <strong>die</strong> Schweiz<br />

Verpflichtungen <strong>in</strong> der Fiskal<strong>rechtshilfe</strong> e<strong>in</strong>gegangen. Vorerst beschränkt<br />

sich das SDÜ auf <strong>in</strong>direkte Steuern und Abgaben, dere<strong>in</strong>st wird es um <strong>die</strong><br />

Tatbestände der direkten Steuern erweitert werden. Beim SDÜ hat <strong>die</strong><br />

Schweiz <strong>in</strong> den Verhandlungen nun aber e<strong>in</strong>e doppelte Absicherung bei<br />

den direkten Steuern erreicht, um hier das Bankgeheimnis schützen zu<br />

können: E<strong>in</strong>erseits mit der Erklärung, es würden <strong>in</strong> der Schweiz bei H<strong>in</strong>ter-<br />

ziehungstatbeständen ke<strong>in</strong>e Strafgerichte angerufen werden können, ande-<br />

rerseits mit der Aushandlung e<strong>in</strong>er „opt out“-Klausel, über welche <strong>die</strong><br />

Schweiz <strong>die</strong> Ablehnung e<strong>in</strong>er Gesetzesrevision erklären kann, ohne dass<br />

sie den Totalausstieg aus dem Dossier riskieren muss. Für <strong>die</strong> Schweiz<br />

wird es bei den direkten Steuern deshalb bei der bisher bereits geltenden<br />

†††††††††††††††††† Vorwort von Bundesrät<strong>in</strong> Michel<strong>in</strong>e Calmy-Rey zu den Bilateralen II <strong>in</strong>:<br />

Bilaterale Abkommen II Schweiz – EU, Kommentar zu den Abkommen, Genf Basel München<br />

2006; vgl. auch FN 2 hiervor.<br />

59


Rechtshilfe bei Betrugstatbeständen bleiben; <strong>die</strong> EU hat hier das schweize-<br />

rische Souveränitätsbedürfnis anerkannt.<br />

2. Die drei Fragen<br />

Die drei Fragen, <strong>die</strong> wir uns e<strong>in</strong>gangs gestellt haben, können wir nun be-<br />

antworten:<br />

1. Leistet <strong>die</strong> Schweiz heute im (euro-)<strong><strong>in</strong>ternationale</strong>n Sachverhalt<br />

Rechtshilfe bei ausländischen Fiskaldelikten? – Antwort: Heute leistet<br />

<strong>die</strong> Schweiz bei Steuern und Abgaben dann Rechtshilfe, wenn aus dem<br />

Rechtshilfeersuchen hervorgeht, dass es sich um e<strong>in</strong>en Abgabebetrug<br />

handelt. Die Schweiz leistet ausdrücklich ke<strong>in</strong>e Rechtshilfe bei blossen<br />

Steuer- und Abgabeh<strong>in</strong>terziehungen.<br />

2. Wird sich daran mit Inkrafttreten der Bilateralen II etwas ändern? –<br />

Antwort: Mit Inkrafttreten des Betrugsbekämpfungsübere<strong>in</strong>kommens<br />

wird <strong>die</strong> Schweiz im Bereich der <strong>in</strong>direkten Steuern vollumfängliche<br />

Rechtshilfe leisten müssen, das heisst, auch bei Abgabeh<strong>in</strong>terziehun-<br />

gen.<br />

3. Wird <strong>die</strong> Schweiz auch mit den Bilateralen II noch e<strong>in</strong> Bankgeheimnis<br />

haben? – Antwort: Das Bankgeheimnis bleibt <strong>in</strong>sofern bestehen, als<br />

dass <strong>die</strong> Schweiz bei den direkten Steuern ke<strong>in</strong>e Rechtshilfe wird leis-<br />

ten müssen, wenn es um Steuerh<strong>in</strong>terziehungen geht.<br />

3. Schlusswort<br />

Die <strong>schweizerische</strong> Rechtshilfeverpflichtung <strong>in</strong> Fiskalsachen betrifft nicht<br />

nur <strong>die</strong> zuständigen Verwaltungs- und Strafverfolgungsbehörden als<br />

Rechtsanwendungsorgane, sondern auch ganz direkt <strong>die</strong> Privatwirtschaft,<br />

namentlich <strong>die</strong> F<strong>in</strong>anz<strong>in</strong>stitute. Sie s<strong>in</strong>d es, <strong>die</strong> sich, je nach geltendem<br />

Recht, mehr oder weniger <strong>in</strong> <strong>die</strong> Bücher schauen lassen müssen, zum<br />

Nachteil ihrer Kundschaft und allenfalls zum Nachteil des F<strong>in</strong>anzplatzes<br />

Schweiz.<br />

Die Stimmen aus der Privatwirtschaft s<strong>in</strong>d bezüglich der Bilateralen II ver-<br />

halten optimistisch. Die Vere<strong>in</strong>igung der <strong>schweizerische</strong>n Privatbankiers<br />

hat das Ergebnis ganz offen so kommentiert: „Wir hätten nicht daran ge-<br />

dacht, dass es den Schweizer Unterhändlern gel<strong>in</strong>gen würde, e<strong>in</strong>e solche<br />

Konzession seitens der EU zu erlangen.“ Damit spielten sie vorab auf <strong>die</strong><br />

60


„opt out“-Klausel im Schengen-Assoziierungsabkommen und den damit<br />

ermöglichten Schutz vor „unerwünschten Entwicklungen des Geme<strong>in</strong>-<br />

schaftsrechts im Bereich der direkten Steuern“ an. Das Übere<strong>in</strong>kommen<br />

von Schengen sei „der erste Staatsvertrag, der <strong>in</strong> <strong>in</strong>direkter, aber dennoch<br />

deutlicher Weise <strong>die</strong> Diskretionspflicht des Bankiers im Bereich der direk-<br />

ten Steuern anerkennt.“ ‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡ In ähnlicher Weise äusserte sich<br />

auch <strong>die</strong> Schweizerische Bankiervere<strong>in</strong>igung, <strong>die</strong> aber beifügte, dass zu<br />

bedenken sei, dass der Schengen-Acquis doch immerh<strong>in</strong> rund 40 Verträge,<br />

Richtl<strong>in</strong>ien, Ratsbeschlüsse u.a.m. enthielte und dass sich e<strong>in</strong>zelne <strong>die</strong>ser<br />

Bestimmungen substanziell auf den <strong>schweizerische</strong>n Bankensektor auswir-<br />

ken könnten. Deshalb sei es „für unsere Vere<strong>in</strong>igung wichtig, bei der Um-<br />

setzung des Schengen-Acquis <strong>in</strong> se<strong>in</strong>er ganzen Breite mitwirken zu kön-<br />

nen.“ In Bezug auf den für das Bankgeheimnis wichtigen Spezialitätsvor-<br />

behalt, so <strong>die</strong> Bankiervere<strong>in</strong>igung weiter, sei wichtig, dass <strong>die</strong> Schweiz ge-<br />

nau auf <strong>die</strong> E<strong>in</strong>haltung desselben achte, andernfalls „<strong>die</strong> Gewährleistung<br />

des Bankgeheimnisses <strong>in</strong> Frage“ stünde §§§§§§§§§§§§§§§§§§ .<br />

Damit dürfte alles gesagt se<strong>in</strong>: Die Verhandlungen s<strong>in</strong>d gut gelaufen, <strong>die</strong><br />

Verträge s<strong>in</strong>d akzeptabel und sogar über den Erwartungen; nun s<strong>in</strong>d alle<br />

Augen auf <strong>die</strong> Rechts- und Gerichtspraxis und nicht zuletzt auch auf <strong>die</strong><br />

Polit-Bühne gerichtet. Erst <strong>die</strong> Anwendung der Übere<strong>in</strong>kommen wird zei-<br />

gen, ob und wie sich der F<strong>in</strong>anzplatz Schweiz wirtschaftspolitisch verän-<br />

dern wird.<br />

‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡‡<br />

Berner Me<strong>die</strong>ngespräch Vere<strong>in</strong>igung Schweizerischer Privatbankiers vom<br />

13. Januar 2005, S. 3<br />

§§§§§§§§§§§§§§§§§§<br />

Stellungnahme der Schweizerischen Bankiervere<strong>in</strong>igung zuhanden des<br />

EDA vom 7. September 2004, S. 7 und 16<br />

61


Selbständigkeitserklärung<br />

nach Art. 22 Abs. 4 des Stu<strong>die</strong>nreglements SCIP vom 1. September 2004<br />

„Ich erkläre hiermit, dass ich <strong>die</strong>se Arbeit selbständig verfasst und ke<strong>in</strong>e<br />

anderen als <strong>die</strong> angegebenen Quellen benutzt habe. Alle Stellen, <strong>die</strong> wört-<br />

lich oder s<strong>in</strong>ngemäss aus Quellen entnommen wurden, habe ich als solche<br />

gekennzeichnet. Mir ist bekannt, dass andernfalls der Senat gemäss Art.<br />

36 Abs. 1 Bst. o des Gesetzes über <strong>die</strong> Universität vom 5. September 1996<br />

zum Entzug des aufgrund <strong>die</strong>ser Arbeit verliehenen Titels berechtigt ist.“<br />

Zürich, 30. Juni 2007 Kar<strong>in</strong> Eisenr<strong>in</strong>g Hiestand<br />

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