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Anna Skvarc - SCIP - Universität Bern

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Das Zusatzprotokoll zum Übereinkommen über<br />

Computerkriminalität: Neue Europaratsbestimmungen<br />

für die Kriminalisierung rassistischer und fremdenfeindlicher<br />

Handlungen, begangen mittels Computersystemen<br />

Masterarbeit<br />

vorgelegt von<br />

<strong>Anna</strong> <strong>Skvarc</strong><br />

Dorfmatt 93<br />

3286 Muntelier<br />

am 6. November 2007<br />

bei<br />

Prof. Dr. G. Heine<br />

School of Criminology, International Criminal Law and Psychology of Law<br />

Studiengang Internationales und Europäisches Strafrecht<br />

<strong>Universität</strong> <strong>Bern</strong>


Inhaltsverzeichnis<br />

Inhaltsverzeichnis ........................................................................................ I<br />

Abkürzungsverzeichnis ............................................................................ IV<br />

Literatur- und Materialienverzeichnis ................................................... IX<br />

Einleitung ...................................................................................................... 1<br />

§ 1 Gegenstand und Zielsetzung der Arbeit .................................................................. 1<br />

§ 2 Vorgehensweise ...................................................................................................... 4<br />

1. Kapitel: Zur Anwendbarkeit des schweizerischen Strafrechts ........... 6<br />

§ 1 Allgemeines ............................................................................................................ 6<br />

§ 2 Ort der Tatausführung ............................................................................................. 6<br />

§ 3 Ort des Erfolgseintritts ............................................................................................ 7<br />

2. Kapitel: Rassistisches und fremdenfeindliches Material ................... 10<br />

§ 1 Material ................................................................................................................. 10<br />

I. Der Begriff „Material“ im Sinne des ZP ............................................................. 10<br />

II. „Material“ als Tatmittel im Sinne von Art. 261 bis StGB .................................... 10<br />

§ 2 Rassistisch und fremdenfeindlich ......................................................................... 11<br />

I. Allgemeines ......................................................................................................... 11<br />

II. Der Begriff „Rassismus“ .................................................................................... 12<br />

III. Der Begriff „Fremdenfeindlichkeit“ ................................................................. 13<br />

IV. Der Begriff „Rassendiskriminierung“ .............................................................. 14<br />

V. Folgerung ........................................................................................................... 15<br />

§ 3 Hass, Diskriminierung und Gewalt ....................................................................... 18<br />

I. Hass ..................................................................................................................... 18<br />

1. Im Sinne von Art. 2 ZP .............................................................................. 18<br />

2. Im Sinne von Art. 261 bis Abs. 1 StGB ....................................................... 18<br />

II. Gewalt ................................................................................................................ 19<br />

1. Im Sinne von Art. 2 ZP .............................................................................. 19<br />

2. Im Sinne von Art. 261 bis StGB ................................................................... 19<br />

III. Diskriminierung ................................................................................................ 20<br />

§ 4 Befürworten, Fördern und Aufstacheln ................................................................ 21<br />

I. Allgemeines ......................................................................................................... 21<br />

II. Befürworten und Fördern ................................................................................... 22<br />

1. Im Sinne von Art. 2 ZP .............................................................................. 22<br />

2. Im Sinne von Art. 261 bis StGB ................................................................... 22<br />

III. Aufstacheln ....................................................................................................... 23<br />

1. Im Sinne von Art. 2 ZP .............................................................................. 23<br />

2. Im Sinne von Art. 261 bis StGB ................................................................... 23<br />

§ 5 Person oder Gruppe von Personen ........................................................................ 25<br />

I. Im Sinne von Art. 2 ZP ........................................................................................ 25<br />

II. Im Sinne von Art. 261 bis StGB ........................................................................... 25<br />

§ 6 Rasse, Hautfarbe, Abstammung, nationale Herkunft, ethnische Herkunft, Religion<br />

..................................................................................................................................... 26<br />

I. Rasse und Hautfarbe ............................................................................................ 26<br />

1. Im Sinne von Art. 2 ZP .............................................................................. 26<br />

2. Im Sinne von Art. 261 bis<br />

StGB ................................................................... 27<br />

II. Abstammung ...................................................................................................... 28<br />

1. Im Sinne von Art. 2 ZP .............................................................................. 28<br />

I


2. Im Sinne von Art. 261 bis<br />

StGB ................................................................... 28<br />

III. Nationale Herkunft ............................................................................................ 29<br />

1. Im Sinne von Art. 2 ZP .............................................................................. 29<br />

2. Im Sinne von Art. 261 bis<br />

StGB ................................................................... 29<br />

IV. Ethnische Herkunft ........................................................................................... 31<br />

1. Im Sinne von Art. 2 ZP .............................................................................. 31<br />

2. Im Sinne von Art. 261 bis<br />

StGB ................................................................... 31<br />

V. Religion .............................................................................................................. 32<br />

1. Im Sinne von Art. 2 ZP .............................................................................. 32<br />

2. Im Sinne von Art. 261 bis<br />

StGB ................................................................... 32<br />

§ 7 Folgerung .............................................................................................................. 33<br />

3. Kapitel: Tatbegehung mittels Computersystemen ............................. 35<br />

§ 1 Begriff des Computersystems ............................................................................... 35<br />

I. Im Sinne der CCC und des ZP ............................................................................. 35<br />

II. Im Sinne des StGB ............................................................................................. 36<br />

§ 2 Begriff der Computerdaten ................................................................................... 37<br />

I. Im Sinne der CCC und des ZP ............................................................................. 37<br />

II. Im Sinne des StGB ............................................................................................. 37<br />

§ 3 Öffentliche Tatbegehung mittels Computersystemen ........................................... 38<br />

I. Die Tatbestandsvoraussetzung der Öffentlichkeit in Art. 3, 5 und 6 ZP ............. 38<br />

II. Die Tatbestandsvoraussetzung der Öffentlichkeit in Art. 261 bis StGB .............. 39<br />

III. Arten von Internet-Diensten ............................................................................. 44<br />

1. Zum Begriff „Internet“............................................................................... 44<br />

2. WWW ........................................................................................................ 44<br />

3. Newsgroups ................................................................................................ 45<br />

4. IRC ............................................................................................................. 46<br />

5. FTP-Dienst ................................................................................................. 46<br />

6. E-Mail ........................................................................................................ 47<br />

§ 4 Folgerung .............................................................................................................. 48<br />

4. Kapitel: Gemäss ZP als Straftaten zu umschreibende Handlungen 51<br />

§ 1 Subjektive Tatbestandsmerkmale ......................................................................... 51<br />

I. Von Art. 3-6 ZP ................................................................................................... 51<br />

II. Zum Vorsatz nach schweizerischem Strafrecht ................................................. 51<br />

III. Folgerung .......................................................................................................... 52<br />

§ 2 Rechtfertigungs- und Schuldausschlussgründe ..................................................... 53<br />

§ 3 Versuch ................................................................................................................. 55<br />

§ 4 Täterschaft und Teilnahme ................................................................................... 56<br />

I. Allgemeines zur Regelung in Art. 7 ZP .............................................................. 56<br />

II. Täterschaft nach schweizerischem Strafrecht im Hinblick auf eine Tatbegehung<br />

mittels Computersystemen ...................................................................................... 57<br />

1. Allgemeines ............................................................................................... 57<br />

2. Autor rassistischen oder fremdenfeindlichen Materials ............................ 57<br />

3. Nutzer eines Computernetzes .................................................................... 59<br />

4. ISP .............................................................................................................. 60<br />

5. Täterschaft durch Setzen von Links ........................................................... 66<br />

III. Teilnahme nach schweizerischem Strafrecht in Hinblick auf eine Tatbegehung<br />

mittels Computersystemen ...................................................................................... 70<br />

1. Allgemeines ............................................................................................... 70<br />

2. Content-Provider als Gehilfe ..................................................................... 71<br />

3. Host-Provider als Gehilfe .......................................................................... 72<br />

II


4. Access-Provider als Gehilfe ....................................................................... 73<br />

5. Setzen von Links als Gehilfenschaft .......................................................... 74<br />

IV. Gesetzgeberische Arbeit in der Schweiz auf Grund von Art. 7 ZP? ................ 75<br />

§ 5 Öffentliches Verbreiten und Verfügbarmachen von rassistischem und<br />

fremdenfeindlichem Material ...................................................................................... 77<br />

I. Allgemeines ......................................................................................................... 77<br />

II. Verbreiten ........................................................................................................... 78<br />

1. Als objektives Tatbestandsmerkmal von Art. 3 ZP ................................... 78<br />

2. Als objektives Tatbestandsmerkmal von Art. 261 bis Abs. 2 StGB ............ 78<br />

III. Verfügbarmachen .............................................................................................. 79<br />

1. Als objektives Tatbestandsmerkmal von Art. 3 ZP ................................... 79<br />

2. Tathandlungen von Art. 261 bis Abs. 2-5 StGB .......................................... 81<br />

IV. Vorbehalte zu Art. 3 ZP .................................................................................... 88<br />

1. Allgemeines zu den ZP-Vorbehalten ......................................................... 88<br />

2. Zulässige Vorbehalte zu Art. 3 ZP ............................................................. 89<br />

V. Gesetzgeberische Arbeit in der Schweiz auf Grund von Art. 3 ZP? ................. 93<br />

§ 6 Rassistisch und fremdenfeindlich motivierte Drohung ......................................... 96<br />

I. Objektive Tatbestandsmerkmale von Art. 4 ZP .................................................. 96<br />

II. Gesetzgeberische Arbeit in der Schweiz auf Grund von Art. 4 ZP? .................. 97<br />

§ 7 Rassistisch und fremdenfeindlich motivierte Beleidigung ................................... 98<br />

I. Objektive Tatbestandsmerkmale von Art. 5 ZP .................................................. 98<br />

II. Zulässige Vorbehalte zu Art. 5 ZP ..................................................................... 99<br />

III. Gesetzgeberische Arbeit in der Schweiz auf Grund von Art. 5 ZP? ................ 99<br />

§ 8 Leugnen, grobes Verharmlosen, Billigen, Rechtfertigung von Völkermord oder<br />

Verbrechen gegen die Menschlichkeit ...................................................................... 101<br />

I. Objektive Tatbestandsmerkmale von Art. 6 ZP ................................................ 101<br />

II. Leugnen von Völkermord gemäss Art. 261 bis Abs. 4 2. Satzhälfte StGB ........ 102<br />

III. Zulässige Vorbehalte zu Art. 6 ZP .................................................................. 105<br />

IV. Gesetzgeberische Arbeit in der Schweiz auf Grund von Art. 6 ZP? .............. 105<br />

5. Kapitel Schlussbetrachtung und Ausblick ........................................ 107<br />

Anhang I ................................................................................................... 111<br />

Anhang II .................................................................................................. 119<br />

Selbständigkeitserklärung ...................................................................... 133<br />

III


AB Amtliches Bulletin<br />

Abs. Absatz<br />

Access-<br />

Provider<br />

Abkürzungsverzeichnis<br />

Zugangsdienstleister oder -vermittler<br />

AJP Aktuelle Juristische Praxis, Lachen<br />

a. M. anderer Meinung<br />

Art. Artikel<br />

AS Amtliche Sammlung des Bundesrechts<br />

Aufl. Auflage<br />

BBl Bundesblatt, zitiert nach Jahrgang und Seitenzahl<br />

Bd. Band/Bände<br />

BetmG Bundesgesetz über die Betäubungsmittel vom 3. Oktober 1951 (SR<br />

812.121)<br />

BGBl Bundesgesetzblatt (Deutschland)<br />

BGE Amtliche Sammlung der Entscheidungen des Schweizerischen<br />

Bundesgerichts, zitiert nach Bandzahl, Teil und Seitenzahl<br />

BGH Bundesgerichtshof (Deutschland)<br />

BGHSt Bundesgerichtshof (Deutschland), Entscheidungen in Strafsachen<br />

BJ Bundesamt für Justiz<br />

BT/2 Besonderer Teil II<br />

BV Bundesverfassung der Schweizerischen Eidgenossenschaft vom 18.<br />

April 1999 (SR 101)<br />

IV


BWIS Bundesgesetz über Massnahmen zur Wahrung der inneren<br />

Sicherheit vom 21. März 1997 (SR 120)<br />

bzw. Beziehungsweise<br />

Caching Automatische, zeitlich begrenzte Zwischenspeicherung in einem<br />

Speicherbereich, auf den schnell zugegriffen werden kann.<br />

Beim Internet verwenden dies Access-Provider zur Beschleunigung<br />

der Kundenzugriffe auf populäre Webseiten.<br />

CCC Convention on Cybercrime, Budapest, 23. November 2001<br />

CDPC Comité Européen pour les problèmes criminels (Europäischer<br />

Content-<br />

Provider<br />

Ausschuss für Strafrechtsfragen)<br />

Inhaltsanbieter<br />

d. h. das heisst<br />

Diss. Dissertation<br />

Doc. Dokument<br />

D-StGB Deutsches Strafgesetzbuch (BGBl. I. 3322)<br />

E. Erwägung(en)<br />

EGMR, ECHR Europäischer Gerichtshof für Menschenrechte<br />

EJPD Eidgenössisches Justiz- und Polizeidepartement<br />

E-Mail Elektronische Nachricht<br />

EMRK Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten<br />

Et al. Et alii<br />

vom 4. November 1950 (SR 0.101)<br />

EU Europäische Union<br />

f./ff. Folgende Seite/n<br />

FTP File Transfer Protocol<br />

V


gl. M. Gleicher Meinung<br />

h. L. Herrschende Lehre<br />

Hosting-<br />

Provider<br />

Dienstleister, der seinen Kunden Speicherplatz auf einem Server zur<br />

Verfügung stellt<br />

Hrsg./hrsg. Herausgeber/in(nen)/herausgegeben von<br />

HTML Hyper text markup language<br />

http Hyper text transport protocol (das beim WWW verwendete<br />

Protokoll, mit welchem der Browser auf Webseiten zugreifen kann)<br />

i. V. m. In Verbindung mit<br />

IPbpR Internationaler Pakt vom 16. Dezember 1966 über bürgerliche und<br />

politische Rechte (SR 0.103.2)<br />

IPwsR Internationaler Pakt vom 16. Dezember 1966 über wirtschaftliche,<br />

IRC Inter Relay Chat<br />

soziale und kulturelle Rechte (SR 0.103.1)<br />

IRSG Bundesgesetz vom 20. März 1981 über internationale Rechtshilfe in<br />

i. S. In Sachen<br />

Strafsachen (SR 351.1)<br />

ISO International Organization for Standardization<br />

ISP Internet-Service-Provider (siehe auch Provider)<br />

KOBIK Koordinationsstelle zur Bekämpfung der Internet-Kriminalität<br />

Link Verweis in einer Webseite auf eine andere Webseite oder auf<br />

lit. Litera<br />

multimediale Inhalte (Musik, Video)<br />

medialex Medialex: Zeitschrift für Kommunikationsrecht, <strong>Bern</strong><br />

MStG Militärstrafgesetz von 13. Juni 1927 (SR 321.0)<br />

m. w. H. mit weiteren Hinweisen<br />

VI


N Note/Randnote<br />

Newsgroup Elektronisches Diskussionsforum im WWW (siehe auch WWW)<br />

NNTP Network News Transfer Protocol<br />

Nr. Nummer<br />

NStZ Neue Zeitschrift für Strafrecht (München)<br />

NZZ Neue Zürcher Zeitung und schweizerisches Handelsblatt<br />

ÖJZ Österreichische Juristen-Zeitung, Wien<br />

OLG Oberlandesgericht (Deutschland)<br />

RDK, CERD Internationales Übereinkommen vom 21. Dezember 1965 zur<br />

Beseitigung jeder Form von Rassendiskriminierung (SR 0.104)<br />

recht recht, rechtliche Zeitschrift für juristische Ausbildung und Praxis,<br />

<strong>Bern</strong><br />

RTVG Bundesgesetz über Radio und Fernsehen vom 2. Juni 1991<br />

(SR 784.40)<br />

Server Computer eines Netzwerks, der seine Daten den am Netzwerk<br />

teilnehmenden Computern zur Verfügung stellt<br />

sic! Zeitschrift für Immaterialgüter, Informations- und<br />

Wettbewerbsrecht, <strong>Bern</strong><br />

SJZ Schweizerische Juristen-Zeitung, Zürich<br />

sog. so genannt<br />

SR Systematische Sammlung des Bundesrechts<br />

StGB Schweizerisches Strafgesetzbuch vom 21. Dezember 1937 (SR 311)<br />

TDG Teledienstegesetz (Deutschland)<br />

TCP/IP Transmission Control Protocol/Internet Protocol<br />

u. a. unter anderem<br />

VII


UN United Nations<br />

vgl. Vergleiche<br />

v. Versus<br />

WWW World Wide Web<br />

z. B. zum Beispiel<br />

Ziff. Ziffer<br />

zit. Zitiert<br />

ZP Additional Protocol to the Convention on cybercrime, concerning<br />

the criminalisation of acts of a racist and xenophobic nature<br />

committed through computer systems, Strasbourg, 28. Januar 2003<br />

ZStrR Zeitschrift für Strafrecht<br />

ZUM Zeitschrift für Urheber- und Medienrecht, Baden-Baden<br />

VIII


Literatur- und Materialienverzeichnis<br />

Zitierweise: Die aufgeführten Autoren werden, wenn nicht anders angegeben, mit ihrem<br />

Nachnamen und der Seitenzahl oder der Randnote der Fundstelle zitiert.<br />

ADDY DAVID NII, Rassistische Diskriminierung. Internationale Verpflichtungen und<br />

nationale Herausforderungen für die Menschenrechtsarbeit in Deutschland, 3.<br />

Aufl., Berlin 2005, abrufbar unter<br />

http://files.institut-fuer-menschenrechte.de/488/<br />

d42_v1_file_4318385f31b3d_Rassism_II_050830_Einzel.pdf.<br />

ALEXANDER LAWRENCE ALAN, Freedom of Speech, Volume II: Doctrine, San Diego<br />

2000.<br />

ASSEMBLEE PARLEMENTAIRE, Commission des questions juridiques et des droits de<br />

l’homme, Internet et le droit, Strasbourg 2000 (zit. Internet et le droit).<br />

BOESE OLIVER, Strafrechtliche Verantwortlichkeit für Verweisungen durch Links im<br />

Internet, Frankfurt am Main 2000.<br />

BREMER KARSTEN, Strafbare Internet-Inhalte in internationaler Hinsicht: Ist der<br />

Nationalstaat wirklich überholt?, Diss. Trier 2000, Frankfurt am Main 2001.<br />

BUNDESAMT FÜR JUSTIZ, Strafrechtliche Verantwortlichkeit von Internet-Access-<br />

Providern gemäss Art. 27 und 322 bis . Gutachten vom 24. 12. 1999, VPB 2000<br />

III, 820 ff., abrufbar unter<br />

http://www.ejpd.admin.ch/etc/medialib/data/kriminalitaet/gesetzgebung/<br />

netzwerkriminalitaet.Par.0009.File.tmp/ga-acc-prov.pdf (zit. Gutachten BJ).<br />

BUNDESAMT FÜR JUSTIZ, Das strafrechtliche Verbot der Rassendiskriminierung gemäss<br />

Artikel 261 bis StGB und Art. 171c MStG, Arbeitspapier des BJ für das Hearing<br />

betreffend die Rassismusstrafnorm, Mai 2007 (zit. Arbeitspapier BJ).<br />

BUNDESAMT FÜR POLIZEI, Skinheads in der Schweiz, 2. Aufl., <strong>Bern</strong> 2000,<br />

http://www.fedpol.admin.ch/etc/medialib/data/kriminalitaet/<br />

extremismus_rassismus.Par.0006.File.tmp/Skinheads-d-bericht-internet-02-s.pdf<br />

(zit. Bericht Skinheads).<br />

BUNDESAMT FÜR POLIZEI, Bericht der Arbeitsgruppe Rechtsextremismus, <strong>Bern</strong> 2000,<br />

abrufbar unter http://www.fedpol.admin.ch/etc/medialib/data/kriminalitaet/<br />

extremismus_rassismus.Par.0004.File.tmp/bericht-d-ag-rex-d-01-s.pdf<br />

(zit. Bericht Rechtsextremismus).<br />

IX


BUNDESAMT FÜR POLIZEI, Bundesgesetz über Massnahmen gegen Rassismus,<br />

Hooliganismus und Gewaltpropaganda, Erläuterungen, <strong>Bern</strong> 2003, abrufbar<br />

unter http://www.fedpol.admin.ch/etc/medialib/data/kriminalitaet/<br />

extremismus_rassismus.Par.0009.File.tmp/<br />

BWIS1-Bericht-zur-Vernehmlassung-Version-030212.pdf (zit. Erläuterungen).<br />

BUNDESPOLIZEI, Die strafrechtliche Verantwortung von Internet Service Providern.<br />

Positionspapier, <strong>Bern</strong> 2000, abrufbar unter<br />

http://www.ejpd.admin.ch/etc/medialib/data/kriminalitaet/gesetzgebung/<br />

netzwerkriminalitaet.Par.0001.File.tmp/2000-05-15-internet-isp-d.pdf<br />

(zit. Positionspapier).<br />

CHAIX FRANÇOIS/BERTOSSA BERNARD, La repression de la discrimination raciale: Lois<br />

d’exceptions? Semaine Judiciare 2002, II, 177 ff.<br />

CDPC, Cybercriminalité, Note du secrétariat établier par la direction générale des<br />

affaires juridiques, Strasbourg 2000.<br />

DONATSCH ANDREAS/TAG BRIGITTE, Strafrecht I, Verbrechenslehre, 8. Aufl., Zürich<br />

2006.<br />

DONATSCH ANDREAS/WOHLERS WOLFGANG, Strafrecht IV, Delikte gegen die<br />

Allgemeinheit, 3 Aufl., Zürich 2004.<br />

EJPD (Hrsg.), Netzwerkkriminalität, Bericht der Expertenkommission<br />

Netzwerkkriminalität, <strong>Bern</strong> 2003, abrufbar unter<br />

http://www.ejpd.admin.ch/etc/medialib/data/kriminalitaet/gesetzgebung/<br />

netzwerkriminalitaet.Par.0006.File.tmp/ber-netzwerkkrim-d.pdf<br />

(zit. Bericht Expertenkommission Netzwerkkriminalität).<br />

EUROPARAT, Convention on Cybercrime (ETS Nr. 185), Explanatory Report,<br />

Strassbourg 2001, abrufbar unter<br />

http://conventions.coe.int/Treaty/en/Reports/Html/185.htm<br />

(zit. Explanatory Report CCC).<br />

EUROPARAT, Additional Protocol to the Convention on Cybercrime, concerning the<br />

criminalisation of acts of a racist and xenophobic nature committed through<br />

computer systems (ETS Nr. 189), Explanatory Report, Strasbourg 2002,<br />

abrufbar unter http://conventions.coe.int/Treaty/en/Reports/Html/189.htm<br />

(zit. Explanatory Report ZP).<br />

EUROPARAT, Organised Crime in Europe: the threat of cybercrime. Situation report<br />

2004, Strasbourg 2005 (zit. Organised Crime in Europe).<br />

X


FIOLKA GERHARD/NIGGLI MARCEL ALEXANDER, Das Private und das Politische: Der<br />

Begriff der Öffentlichkeit im Strafrecht am Beispiel der<br />

Bundesgerichtsentscheide vom 21. Juni 2000 und vom 23. August 2000<br />

betreffend Rassendiskriminierung, AJP 2001, 533 ff.<br />

FROMM RAINER/KERNBACH BARBARA, Rechtsextremismus im Internet: Die neue<br />

Gefahr, München 2001.<br />

GUYAZ ALEXANDRE, L’incrimination de la discrimination raciale, Diss. <strong>Bern</strong> 1996.<br />

HÄNNI FREDI, Die Schweizerische Anti-Rassismus-Strafnorm und die Massenmedien,<br />

Diss. <strong>Bern</strong> 1997.<br />

HEITMEYER WILHELM/MÜLLER JOACHIM, Fremdenfeindliche Gewalt junger Menschen.<br />

Biographische Hintergründe, soziale Situationskontexte und die Bedeutung<br />

strafrechtlicher Sanktionen, Bonn 1995.<br />

HEINZMANN PETER L./OCHSENBEIN ANDREAS, Strafrechtliche Aspekte des Internet,<br />

Kriminalistik 7/1998, 513 ff. und 8-9/1998, 599 ff.<br />

HILGENDORF ERIC/FRANK THOMAS/VALERIUS BRIAN, Computer- und Internetstrafrecht:<br />

Ein Grundriss, Berlin 2005.<br />

HILTY RETO, Zur Zulässigkeit des „Link“ - Rechtliches Damokles-Schwert für die<br />

Internettechnologie, in WEBER ROLF/HILTY RETO/AUF DER MAUR ROLF (Hrsg.),<br />

Geschäftsplattform Internet III, Zürich 2002, 123 ff.<br />

HOEREN THOMAS Skript Internetrecht, März 2007, abrufbar unter http://www.uni-<br />

muenster.de/Jura.itm/hoeren/materialien/Skript/skript_Maerz2007.pdf.<br />

JAEGER STEFAN, Computerkriminalität, Augsburg, 1998.<br />

JONES CALVERT W., Council of Europe Convention on Cybercrime: Themes and<br />

Critiques, Berkeley, April 2005.<br />

KUNZ KARL-LUDWIG, Neuer Straftatbestand gegen Rassendiskriminierung-<br />

Bemerkungen zur bundesrätlichen Botschaft, ZStrR 109 (1992) 154 ff.<br />

(zit. Bemerkungen Botschaft).<br />

KUNZ KARL-LUDWIG, Zur Unschärfe und zum Rechtsgut der Strafnorm gegen<br />

Rassediskriminierung, ZStrR 1998, 223 ff. (zit. Rechtsgut).<br />

MARBERTH-KUBICKI ANNETTE, Computer- und Internetstrafrecht, München 2005.<br />

NAGUIB TAREK/ZANNOL FABIENNE, Zehn Jahre Strafnorm gegen Rassendiskriminierung<br />

(Art. 261 bis StGB und Art. 171 MStG): ein Rückblick unter Einbeziehung der<br />

nicht publizierten Praxis, recht 5/2006, 161 ff.<br />

NIGGLI MARCEL ALEXANDER, Rassendiskriminierung: Ein Kommentar zu Art. 261 bis<br />

StGB und Art. 171 MStG, Zürich 1996 (zit. Rassendiskriminierung).<br />

XI


NIGGLI MARCEL ALEXANDER, Rassendiskriminierung- Gerichtspaxis zu Art. 261 bis<br />

StGB: Analysen, Gutachten und Dokumentation der Gerichtspraxis 1995-1998:<br />

Ergänzungsband zum Kommentar zu Art. 261 bis StGB und 171c MStG mit<br />

Rücksicht auf das „Übereinkommen vom 21. Dezember 1965 zur Beseitigung<br />

jeder Form von Rassendiskriminierung und die entsprechenden Regelungen<br />

anderer Unterzeichnerstaaten, hrsg. von der Gesellschaft Minderheiten in der<br />

Schweiz und der Stiftung gegen Rassismus und Antisemitismus, Zürich 1999<br />

(zit. Gerichtspraxis).<br />

NIGGLI MARCEL ALEXANDER, Rassendiskriminierung und Internet, in:<br />

SCHWARZENEGGER CHRISTIAN/ARTER OLIVER/JÖRG FLORIAN S. (Hrsg.),<br />

Internet-Recht und Strafrecht, <strong>Bern</strong> 2005, 299 ff.<br />

(zit. Rassendiskriminierung und Internet).<br />

NIGGLI MARCEL ALEXANDER, Aufruf zum Kebap-Boykott als strafare<br />

Rassendiskriminierung i.S.v. Art. 261 bis StGB?, in Jusletter vom 13. Februar<br />

2006 (zit. Aufruf).<br />

NIGGLI MARCEL ALEXANDER/SCHWARZENEGGER CHRISTIAN, Strafbare Handlungen im<br />

Internet, SJZ 98 (2002), 61 ff.<br />

NIGGLI MARCEL ALEXANDER/RIKLIN FRANZ/STRATENWERTH GÜNTER, Die<br />

strafrechtliche Verantwortlichkeit von Internet-Providern, medialex<br />

Sonderausgabe 2000, 22 ff., abrufbar unter<br />

http://www.ejpd.admin.ch/etc/medialib/data/kriminalitaet/gesetzgebung/<br />

netzwerkriminalitaet.Par.0010.File.tmp/gutachten_isp.pdf.<br />

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http://assembly.coe.int/Documents/WorkingDocs/doc01/EDOC9263.htm<br />

(zit. Racism and xenophobia).<br />

PARLIAMENTARY ASSEMBLY, Racism and xenophobia in cyberspace, Recommendation<br />

1543 (2001), Strasbourg 2001, abrufbar unter<br />

http://assembly.coe.int/Documents/AdoptedText/ta01/EREC1543.htm<br />

(zit. Recommendation 1543).<br />

PARLIAMENTARY ASSEMBLY, Racism and xenophobia in cyberspace, Reply from the<br />

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http://assembly.coe.int/Documents/WorkingDocs/doc02/EDOC9607.htm<br />

(zit. Doc. 9607).<br />

XII


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den Einzelnen, 8. Aufl., Zürich 2003.<br />

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Aufl., F. a. M. 2007.<br />

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im Falle der Rassendiskriminierung. Art. 27, Art. 261 bis Abs. 4 StGB,<br />

Bemerkungen zu BGE 125 IV 206 ff., AJP 2000, 1039 ff.<br />

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2006.<br />

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XIII


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(zit. Geltungsbereich).<br />

SCHWARZENEGGER CHRISTIAN, Gefangen im Spinnennetz der Strafjustiz? Die<br />

strafrechtliche Bewertung von Links, in NZZ vom 30. Juni 2000, 71 ff.<br />

(zit. Gefangen).<br />

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Ein leading case zu grenzüberschreitenden Internetdelikten. Zum Urteil des<br />

BGH vom 12. Dezember 2000, sic! 3/2001, 240 ff. (zit. Abstrakte Gefahr).<br />

SCHWARZENEGGER CHRISTIAN, E-Commerce - Die strafrechtliche Dimension, in:<br />

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Internetstrafrechts durch die Convention on Cybercrime vom 23. November<br />

2001, in: DONATSCH ANDREAS/FORSTER MARC/SCHWARZENEGGER CHRISTIAN,<br />

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SCHWARZENEGGER CHRISTIAN, Die strafrechtliche Beurteilung von Hyperlinks. Nach<br />

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Fassung der Verantwortlichkeitsregelung in den §§ 8 bis 11 TDG, in BECKER<br />

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Umfelds. Festschrift für Manfred Rehbinder, München 2002, 723 ff.<br />

(zit. Beurteilung).<br />

SCHWARZENEGGER CHRISTIAN, Hyperlinks und Suchmaschinen aus strafrechtlicher<br />

Sicht, in: PLÖCKINGER OLIVER/DUURSMA DIETER/MAYRHOFER MICHAEL<br />

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Strafgesetzbuches und des Militärstrafgesetzes sowie betreffend die Änderung<br />

des Bundesgesetzes über die wirtschaftliche Landesversorgung vom 24. 04.<br />

1991, BBl 1991 II 969 ff. (zit. Botschaft 1991)<br />

SCHWEIZERISCHER BUNDESRAT, Botschaft über den Beitritt der Schweiz zum<br />

Internationalen Übereinkommen von 1965 zur Beseitigung jeder Form von<br />

Rassendiskriminierung und über die entsprechende Strafrechtsrevision, <strong>Bern</strong><br />

1992, BBl 144 (III), 269 ff. (zit. Botschaft).<br />

XIV


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(zit. Kontrollmöglichkeiten).<br />

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(zit. Criminal Liability).<br />

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XV


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MARCEL ALEXANDER/WIPRÄCHTIGER HANS (Hrsg.), StGB, Kommentar,<br />

Strafgesetzbuch II, Art. 111 - Art. 401 StGB, Basel 2003.<br />

XVI


Einleitung<br />

§ 1 Gegenstand und Zielsetzung der Arbeit<br />

Seit Ende der achtziger Jahre bieten die neuen elektronischen Kommunikationsmittel<br />

und die weltweite Vernetzung mit dem Internet eine neue Plattform für den Austausch<br />

und die Verbreitung von rassistischem und fremdenfeindlichem Gedankengut.<br />

Die erste rassistische Webseite erscheint im März 1995, lanciert von einem<br />

amerikanischen Neonazi aus Florida. Sie verwendet das Keltenkreuz als Symbol und<br />

enthält Rassismus propagierende Texte, eine Linksammlung und viele Informationen<br />

für Interessenten aus dem rechtsextremen Spektrum. Bis August 2000 wurde die<br />

Webseite von 120’000 Personen besucht, wobei die meisten davon aus den USA und<br />

aus Deutschland stammten. 1<br />

Heute ist im WWW jede Schattierung rassistischer und fremdenfeindlicher Publizität zu<br />

finden: Webseiten vertreiben revisionistische Literatur, Publikationen mit rassistischen<br />

Inhalten, rechtsextreme Embleme und Insignien, Illustrationen und Lieder im MP3-<br />

Format, welche neonazistisches Gedankengut befürworten. 2 Auch Skinhead-<br />

Gruppierungen benutzen die neue Informationstechnologie vermehrt, einerseits zur<br />

Stärkung des Gruppenzusammenhalts, andererseits als Einstiegsmöglichkeit für<br />

Aussenstehende. Typische Inhalte einer Skinhead-Webseite sind Sammlungen<br />

rechtsextremer Zeichen und Bilder, revisionistische und historische Texte (wie z. B.<br />

"Mein Kampf" von Adolf Hitler), Presseartikel und Propagandamaterial über die<br />

Skinhead-Bewegung. 3 Das Internet wird auch als Kommunikationsmittel benutzt, indem<br />

in Diskussionsforen, in Gästebüchern oder in E-Mails rassistisches und<br />

fremdenfeindliches Gedankengut ausgetauscht wird und Kontakte geknüpft werden. 4<br />

Mehr als die Hälfte der weltweit registrierten Webseiten mit rassistischen Inhalten<br />

werden in den USA gehostet. 5 Diese Webseiten sind auch in Europa abrufbar, obschon<br />

1<br />

FROMM/KERNBACH, 29 f.<br />

2<br />

Bericht Rechtsextremismus, 27 ff.; FROMM/KERNBACH, 16; EUROPARAT, Organised Crime in Europe,<br />

138.<br />

3<br />

Bericht Skinheads, 26 ff.<br />

4<br />

HILGENDORF/FRANK/VALERIUS, 126, N 465; Explanatory Report ZP, N 3.<br />

5<br />

So wurden im Jahr 2000 vom Simon Wiesenthal Zentrum über 2000 solche Webseiten registriert, hierzu<br />

FROMM/KERNBACH, 14 f.<br />

1


die europäischen Rechtsordnungen rassistische Handlungen und Inhalte generell für<br />

strafbar erklären.<br />

Der Europarat machte daher im Jahr 2001 mit der „Convention on Cybercrime“<br />

(nachfolgend „CCC“ 6 ) auf internationaler Ebene den ersten Schritt für die Bekämpfung<br />

von Straftaten, die im WWW oder mittels Computersystemen begangen werden.<br />

Die CCC enthält Bestimmungen über Straftaten gegen die Vertraulichkeit, Integrität<br />

und Verfügbarkeit von Computerdaten und -systemen (unbefugter Zugriff auf<br />

Computersysteme, unbefugtes Abfangen von Computerdatenübertragungen, Eingriffe in<br />

Computerdaten und Computersysteme, Missbrauch von Computervorrichtungen,<br />

Computerurkundenfälschung und Computerbetrug, Kinderpornographie sowie<br />

Verletzungen des Urheberrechts und verwandter Schutzrechte). Sie verpflichtet die<br />

Vertragsstaaten, Massnahmen auf nationaler Ebene zu treffen, und enthält auch<br />

Bestimmungen über die internationale Zusammenarbeit.<br />

Auf Grund der rechtlichen Situation in den Common-Law-Staaten 7 und vor allem<br />

angesichts der Bedeutung der Meinungsäusserungsfreiheit in den Vereinigten Staaten<br />

(„freedom of speech“ im ersten Verfassungszusatz der Verfassung der Vereinigten<br />

Staaten 8 ) sind jedoch rassistische und fremdenfeindliche Handlungen vom<br />

Regelungsbereich der CCC ausgenommen worden. 9 Der Europäische Ausschuss für<br />

Strafrechtsfragen arbeitete daher ein Zusatzprotokoll betreffend die Kriminalisierung<br />

von Handlungen rassistischen und fremdenfeindlichen Charakters, begangen mittels<br />

eines Computersystems, aus (Additional Protocol to the Convention on Cybercrime,<br />

concerning the criminalisation of acts of a racist and xenophobic nature committed<br />

through computer systems, nachfolgend „ZP“). 10<br />

6<br />

Abrufbar unter http://conventions.coe.int/Treaty/en/Treaties/Html/185.htm.<br />

7<br />

In den meisten Common-Law-Staaten werden rassistische und fremdenfeindliche Äusserugen nur<br />

bestraft, wenn sie die konkrete Gefahr von gewalttätigen Übergriffen mit sich bringen. Dazu<br />

eingehend BREMER, 153 ff.; CDPC, 14 ff.; TIMOFEEVA, 269 ff.<br />

8<br />

Der erste Verfassungszusatz (1st Am.) lautet: „Congress shall make no law ... abridging the freedom of<br />

speech, or of the press...“. Dieses Verbot richtet sich an den Kongress der Vereinigten Staaten, d. h. an<br />

die Legislative. In den Vereinigten Staaten herrscht die Idee des „marketplace of ideas“, wonach es<br />

nicht die Aufgabe des Staates ist, Ansichten vom „marketplace“ zu drängen (vgl. Hate speech and the<br />

Internet, 2). Ein weiterer Ansatzpunkt ist die Idee, dass es nicht die Worte sind, die verletzen, sondern<br />

die Überzeugung, die dahinter steht. Es sei nicht sinnvoll, das Ausdrucksmittel zu verbieten, während<br />

die Überzeugung weiterhin in der Vorstellung der Person besteht, da sie nicht kontrolliert werden<br />

kann. Vgl. zum Ganzen ALEXANDER, 206. Auf die vom Supreme Court als strafrechtlich relevant<br />

anerkannten Aussagen (z. B. Drohung, Belästigung, Anstiftung zu Gewalt) wird in der vorliegenden<br />

Arbeit nicht eingegangen. Vgl. dazu Hate Speech and the Internet, 4 f; CDPC 20 ff.<br />

9<br />

Explanatory Report ZP, N 4.<br />

10<br />

Abrufbar unter http://www.conventions.coe.int/Treaty/Commun/QueVoulezVous.asp?<br />

NT=189&CM=1&DF=29/09/04&CL=ENG.<br />

2


Der Zweck des ZP besteht gemäss Art. 1 ZP darin, die CCC zu vervollständigen, indem<br />

die Regelungslücke bezüglich Kriminalisierung von Handlungen rassistischen und<br />

fremdenfeindlichen Charakters, begangen mittels eines Computersystems, geschlossen<br />

wird, indem neue Bestimmungen geschaffen werden. Art. 8 Abs. 2 ZP hält fest, dass die<br />

Vertragsparteien den Anwendungsbereich der Art. 14-21 CCC (Verfahrensrecht) und<br />

23-35 CCC (internationale Zusammenarbeit) auf die im ZP ausdehnen müssen. 11<br />

Die CCC ist am 01. 07. 2004 in Kraft getreten, und das ZP am 01. 03. 2006. 12<br />

Da das ZP in Kraft getreten ist, darf jeder Staat, der der CCC schon beigetreten ist,<br />

durch Hinterlegung einer Ratifikations-, <strong>Anna</strong>hme- oder Genehmigungsurkunde auch<br />

dem ZP beitreten (Art. 11 Abs. 1 ZP). Für die Unterzeichnerstaaten, die auf diese Weise<br />

ihre Zustimmung ausdrücken, durch das ZP gebunden zu sein, tritt das ZP am ersten<br />

Tag des Monats in Kraft, der auf eine Periode von drei Monaten nach dem Tag erfolgt,<br />

an welchem die Zustimmung ausgedrückt wurde (Art. 10 Abs. 2 ZP).<br />

Die Schweiz hat die CCC am 23. 11. 2001 unterzeichnet, und das ZP am 09. 10. 2003.<br />

Für die Schweiz werden die Ratifikation der CCC und die anschliessende Ratifikation<br />

des ZP, die im Verlaufe des Jahres 2008 erfolgen könnten, somit bedeuten, dass das ZP<br />

drei Monate nach der Hinterlegung der Ratifikationsurkunde für die Schweiz in Kraft<br />

treten wird, und dann in der Schweiz als zusätzliche massgebende Rechtsquelle für die<br />

Bekämpfung von rassistischen und fremdenfeindlichen Handlungen, begangen über<br />

Computersysteme, von Bedeutung sein wird.<br />

Die Bestimmungen des ZP haben einen zwingenden Charakter. 13 Zwar stellt die<br />

fehlende eigene Gesetzgebungskompetenz des Europarates als völkerrechtliche<br />

Institution eine Schranke für die Verbindlichkeit der Europaratsabkommen.<br />

Die Ratifikation eines Abkommens des Europarates begründet jedoch die<br />

völkerrechtliche Verpflichtung des jeweiligen Staates, den Inhalt des Abkommens in<br />

sein innerstaatliches Recht umzusetzen. 14 Um diese Verpflichtung zu erfüllen, müssen<br />

die Vertragsstaaten des ZP nicht nur die auf Grund des ZP erforderlichen Massnahmen<br />

11<br />

Vgl. Entscheid des EGMR Lehideux und Isorni v. Frankreich, 23. September 1998, Nr.<br />

55/1997/839/1045, Reports of judgments, 1998-VII, 2864 ff.<br />

12<br />

Bzw. am ersten Tag des Monats, der auf einen Zeitabschnitt von drei Monaten nach dem Tag folgte, an<br />

dem fünf Unterzeichnerstaaten der CCC das ZP ratifiziert haben, vgl. Art. 10 Abs. 1 ZP.<br />

13<br />

Explanatory Report ZP, N 9.<br />

14<br />

HILGENDORF/FRANK/VALERIUS, 28, N 94.<br />

3


treffen, sondern auch sicherstellen, dass sie effektiv wirksam bzw. rechtlich<br />

durchsetzbar sind. 15<br />

Die vorliegende Masterarbeit untersucht daher die Frage, ob die Bestimmungen des ZP<br />

mit der gegenwärtigen Rechtslage in der Schweiz übereinstimmen, und ob nach der<br />

Ratifikation des ZP gesetzgeberische Arbeiten notwendig wären. Dabei wird<br />

insbesondere auf die Bestimmungen von Art. 261 bis StGB, der schweizerischen<br />

Strafbestimmung für die Bekämpfung von rassendiskriminierenden Handlungen,<br />

eingegangen.<br />

§ 2 Vorgehensweise<br />

Da nach dem Inkrafttreten für die Schweiz die ZP-Bestimmungen ein Bestandteil des<br />

schweizerischen Strafrechts werden müssen, 16 wird im ersten Kapitel der Masterarbeit<br />

zunächst kurz dargestellt, bei welchen Sachverhalten das schweizerische Strafrecht<br />

anwendbar ist. 17 Es wird auch auf die Besonderheiten der Anwendbarkeit von Art.<br />

261 bis StGB eingegangen, da er, wie in den weiteren Kapiteln dargestellt wird, bereits<br />

Handlungen erfasst, die im ZP umschrieben sind.<br />

Im zweiten Kapitel wird der ZP-Begriff "rassistisches und fremdenfeindliches Material"<br />

erläutert. Dabei, wie auch in den weiteren Kapiteln der Arbeit, wird der Tatsache<br />

Rechnung getragen, dass für die Auslegung der Begriffe des ZP neben dem Völkerrecht<br />

und der völkerrechtlichen Praxis die innerstaatlichen Recht und Praxis massgebend<br />

sind. 18 Daher werden die Tatbestandsmerkmale des ZP-Begriffs den Schutzobjekten<br />

und anderen Tatbestandsmerkmalen von Art. 261 bis StGB gegenübergestellt, und es<br />

wird zur Frage Stellung genommen, ob die Bestimmungen des ZP Änderungen oder<br />

Ergänzungen des schweizerischen Rechts mit sich bringen werden.<br />

15 Explanatory Report ZP, N 9.<br />

16 Zur bindenden Kraft der Europaratsbestimmungen HILGENDORF/FRANK/VALERIUS, 28, N 94.<br />

17 Dabei sind die Regeln betreffend die Anwendbarkeit des nationalen Strafrechts vom Kollisionsrecht<br />

des internationalen Privatrechts zu unterscheiden. Sie stellen eine einseitige Bestimmung der Strafhoheit<br />

dar und lösen die Kollisionsprobleme nicht. So können bei einer Überschneidung der innerstaatlichen<br />

Geltungsbereiche in der gleichen Sache Strafverfahren in mehreren Staaten geführt werden, vgl.<br />

SCHWARZENEGGER, Geltungsbereich, 115.<br />

18 Explanatory Report ZP, N 18.<br />

4


Das dritte Kapitel der Masterarbeit befasst sich sodann mit der vom ZP verlangten<br />

Tatbegehung mittels Computersystemen. Die Begriffe des Computersystems, der<br />

Computerdaten und der öffentlichen Tatbegehung über Computersysteme werden<br />

erläutert, und ihre Tragweite der Tragweite der entsprechenden Begriffen im StGB<br />

gegenübergestellt.<br />

Das vierte Kapitel dient einer Darstellung der im Art. 2 ZP nicht verwendeten<br />

Tatbestandsmerkmale der Art. 3-6 ZP, und der Fragen der Teilnahme gemäss Art. 7 ZP.<br />

Ferner wird zur Frage Stellung genommen, ob auf Grund von Art. 3-7 ZP in der<br />

Schweiz gesetzgeberische Arbeiten notwendig wären.<br />

Das letzte, fünfte Kapitel der Masterarbeit, enthält eine Schlussbetrachtung und<br />

Ausführungen de lege ferenda. Dabei wird kurz auf laufende Gesetzgebungsprojekte in<br />

der Schweiz eingegangen, die sich auf die Umsetzung des ZP in der Schweiz auswirken<br />

können.<br />

5


1. Kapitel: Zur Anwendbarkeit des schweizerischen<br />

Strafrechts<br />

§ 1 Allgemeines<br />

Ausgangspunkt für den räumlichen Geltungsbereich des schweizerischen Strafrechts ist<br />

das sog. Territorialitätsprinzip, welches in Art. 3 StGB aufgestellt ist. Danach findet das<br />

nationale Strafrecht uneingeschränkt Anwendung, wenn die strafbare Handlung in der<br />

Schweiz verübt wurde. Nur in Ausnahmefällen wird der räumliche Geltungsbereich auf<br />

im Ausland verübte Taten ausgeweitet. 19<br />

Der Ort der Tatverübung wird durch das sog. Ubiquitätsprinzip konkretisiert: Straftaten<br />

gelten als in der Schweiz verübt, wenn entweder der Ort der Ausführung oder der Ort<br />

des Erfolgseintritts im Inland liegt (Art. 8 Abs. 1 StGB). 20<br />

Art. 8 StGB legt sowohl den Ort der Begehung (der sich sowohl auf Handlungen als<br />

auch Unterlassungen bezieht) als auch des Versuchs fest. Der Begehungsort ist der Ort,<br />

an welchem der Täter die Tat ausführt, und derjenige, wo der Erfolg eingetreten ist oder<br />

- beim Versuch - hätte eintreten sollen. 21<br />

§ 2 Ort der Tatausführung<br />

Massgebend für die Bestimmung des Ausführungsorts ist der physische Aufenthaltsort<br />

des Täters im Moment der Tathandlung. 22 Bei einer Tatbegehung mittels<br />

Computersystemen ist dabei zu beachten, dass der Transport der Daten zum Server und<br />

die dortige Speicherung nicht mehr durch den Täter ausgeführt werden, sondern<br />

automatisch ablaufen. Daher ist der Ort des Servers nicht der Tatausführungsort. 23<br />

19<br />

Vgl. zum Staatsschutzprinzip, zum aktiven und passiven Personalitätsprinzip und zum<br />

Weltrechtsprinzip SCHWARZENEGGER, Abstrakte Gefahr, 240.<br />

20<br />

Zu den Voraussetzungen von Art. 8 StGB vgl. STRATENWERTH/WOHLERS, Art. 8 N 1 ff.<br />

21<br />

Dazu SCHWARZENEGGER, Geltungsbereich, 117; BOESE, 102.<br />

22<br />

TRECHSEL, Art. 7 N 8, m. w. H.<br />

23<br />

Unveröffentlichter Entscheid der Anklagekammer des Bundesgerichts vom 11. August 1999,<br />

(8G.43/1999), 5; vgl. auch SCHWARZENEGGER, E-Commerce, 339 f.<br />

6


Wenn ein Straftatbestand das Anpreisen, Anbieten, Zeigen, Auffordern, Verbreiten oder<br />

Zugänglichmachen bestimmter Informationen oder Inhalte verbietet, liegt der<br />

Ausführungsort vielmehr dort, wo der Täter den Übermittlungs- oder den<br />

Abspeicherungsbefehl betätigt, mit dem die Datenverarbeitung durch automatisierte<br />

Programmabläufe in Gang gesetzt wird. Bezogen auf eine Begehung mittels<br />

Computersystemen von strafbaren Handlungen nach Art. 261 bis StGB, der auch<br />

Öffentlichkeit fordert, bedeutet dies, dass auf den Aufenthaltsort des Täters im Moment<br />

der Eingabe des Befehls abzustellen ist, mit dem die Daten durch automatisierte<br />

Programmabläufe auf den öffentlichen Bereich der Festplatte eines Rechners transferiert<br />

werden. 24<br />

§ 3 Ort des Erfolgseintritts<br />

Für die Anknüpfung an einen Erfolg im Sinne von Art. 8 StGB muss die strafbare Tat<br />

nach h. L. einen tatbestandsmässigen Erfolg aufweisen, der sich räumlich und zeitlich<br />

von der Ausführungshandlung abgrenzen lässt (ein sog. „Erfolg im technischen Sinne“),<br />

und der bei den sog. schlichten Tätigkeitsdelikten fehlt. 25<br />

Ob bei Verstössen gegen eine Strafnorm ein solcher Erfolg gegeben ist, hängt vom<br />

Deliktstypus der betreffenden Norm ab, und damit auch von Frage nach dem<br />

geschützten Rechtsgut. 26<br />

Beim Deliktstypus muss einerseits zwischen Gefährdungs- und Verletzungsdelikten,<br />

und andererseits zwischen Erfolgsdelikten- und schlichten Tätigkeitsdelikten<br />

unterschieden werden. Abstrakte Gefährdungsdelikte und schlichte Tätigkeitsdelikte<br />

kennen keinen Erfolg im technischen Sinne, sodass bei ihnen nicht an einen Erfolg<br />

angeknüpft werden kann. 27 Diese Deliktstypen sind mit der Ausführung der Handlung<br />

bereits vollendet, weswegen es bei ihnen keinen vom Handlungsort unterscheidbaren<br />

Ort des Erfolgseintritts geben kann. 28<br />

24 Hierzu SCHWARZENEGGER, Handlungs- und Erfolgsort, 158 f.; Geltungsbereich, 118.<br />

25 So die Definition des Erfolgsbegriffs nach h. L., vgl. dazu BGE 105 IV 328 f.; 118 Ia 141; 124 IV 144;<br />

SCHWARZENEGGER, Geltungsbereich, 119 ff., m. w. H.<br />

26 Vgl. dazu NIGGLI, Rassendiskriminierung, N 66.<br />

27 Dies gestützt auf die Definition des Erfolgsbegriffs nach der h. L., vgl. dazu SCHWARZENEGGER,<br />

Geltungsbereich, 119 ff., m. w. H.; NIGGLI, Rassendiskriminierung, N 236 f.; ROM, 108.<br />

28 Vgl. REHBERG, StGB, 40.<br />

7


Die Frage nach dem Deliktstypus der im ZP umschriebenen Straftaten hängt davon ab,<br />

welches Rechtsgut die Bestimmungen schützen. Wenn das geschützte Rechtsgut in<br />

einem Individualrechtsgut erblickt wird, stellen die Delikte Verletzungsdelikte dar.<br />

Diese Frage dürfte bei Art. 4 und 5 ZP zweifelsohne bejaht werden. 29 Bei Art. 3 und 6<br />

ZP dürften ähnliche Überlegungen gelten, die für die Rassendiskriminierungsstrafnorm<br />

massgebend sind. Betreffend die Frage nach dem Deliktstypus von Art. 261 bis StGB<br />

herrscht in der Schweiz in der Lehre, Rechtsprechung und den Materialien Uneinigkeit.<br />

Die Botschaft und ein Teil der Lehre sehen den öffentlichen Frieden als Rechtsgut an<br />

und zählen daher den Rassendiskriminierungstatbestand zu den abstrakten<br />

Gefährdungsdelikten. 30 Damit kann keine schweizerische Strafhoheit hergeleitet<br />

werden, wenn die strafbare Handlung im Ausland ausgeführt wird. 31 Daher ist es<br />

möglich, dass der Täter bei einer Tatbegehung mittels Computersystemen eine<br />

Bestrafung umgeht, indem er z. B. in die USA reist, um rassistische Inhalte auf das Netz<br />

zu setzen, die dann auch in der Schweiz abrufbar sind. 32 In diesem Fall führt auch Art. 7<br />

StGB zu keinem anderen Resultat, wenn die Tat im betreffenden Auslandsland keiner<br />

Strafe untersteht (vgl. Art. 7 Abs. 1 lit.a StGB), oder es sich bei der Auslandstat um ein<br />

Delikt handelt, für welches das schweizerische Recht die Auslieferung nicht zulässt<br />

(Art. 7 Abs. 1 lit. c StGB),. Letzteres trifft bei der Rassendiskriminierungsstrafnorm zu,<br />

da die Auslieferungsdelikte gemäss Art. 35 Abs. 1 lit. a IRSG mit einer<br />

freiheitsbeschränkenden Sanktion von mindestens einem Jahr bedroht sein müssen.<br />

Hingegen ist die Strafdrohung bei Art. 261 bis StGB bei allen Tatbestandsvarianten auf<br />

Gefängnis oder Busse beschränkt.<br />

Die Regelung in Art. 3-8 StGB kann somit bei abstrakten Gefährdungsdelikten zu<br />

unbefriedigenden Ergebnissen führen. Ferner lässt Art. 8 StGB die Frage offen, wie die<br />

Anknüpfung bei Teilnahmehandlungen vorzunehmen ist.<br />

Nach der Bundesgerichtspraxis werden die im Inland ausgeführten<br />

Teilnahmehandlungen des Anstifters oder Gehilfen wegen der Akzessorietät zur<br />

Haupttat nicht als Anknüpfungspunkte im Sinne von Art. 8 StGB anerkannt. 33<br />

Daraus folgt, dass z. B. beim Einrichten eines Hyperlinks, welches in der Schweiz<br />

erfolgt, auf eine Webseite im Ausland, die rassendiskriminierende Inhalte gemäss Art.<br />

29 Vgl. NIGGLI, Rassendiskriminierung und Internet, 339.<br />

30 Botschaft, 310; TRECHSEL, Art. 261 bis N 6; KUNZ, Rechtsgut, 227 ff., m. w. H.<br />

31 Vgl. NIGGLI, Rassendiskriminierung, N 63 f.<br />

32 SCHWARZENEGGER, E-Commerce, 343; ASSEMBLEE PARLEMENTAIRE, Internet et le droit, N 33 f.<br />

33 BGE 81 IV 37; 104 IV 86; 108 Ib 303; a. M. SCHWARZENEGGER, Handlungs- und Erfolgsort, 158 f.<br />

8


261 bis StGB enthält, allein gestützt auf das Territorialitätsprinzip keine schweizerische<br />

Strafhoheit hergeleitet werden kann, wenn die Handlung als Teilnahme und nicht als<br />

Täterschaft qualifiziert wird. 34<br />

Nach einem anderen Teil der Lehre schützt Art. 261 bis StGB als Rechtsgut die<br />

Menschenwürde, die nicht gefährdet, sondern nur verletzt werden kann. Nach dieser<br />

Auffassung handelt es sich bei der Rassendiskriminierung um ein Verletzungsdelikt. 35<br />

Was die Unterscheidung zwischen Erfolgsdelikten und schlichten Tätigkeitsdelikten<br />

betrifft, handelt es sich beim Art. 261 bis StGB nach h. L. und Rechtsprechung um ein<br />

schlichtes Tätigkeitsdelikt. 36 Wenn man dieser Ansicht in Verbindung mit der zu<br />

Beginn des Paragraphs dargestellten herrschenden schweizerischen Lehre und<br />

Rechtsprechung zum Erfolgsbegriff folgt, kommt man zum Ergebnis, dass im Ausland<br />

ausgeführte rassendiskriminierende Handlungen in der Schweiz nicht verfolgbar sind. 37<br />

Diese <strong>Anna</strong>hme wird damit begründet, dass bei den rassendiskriminierenden Taten kein<br />

sog. abtrennbarer Aussenerfolg gegeben ist. Diese Auffassung verkennt jedoch, dass die<br />

Handlung und der Verletzungserfolg gleichzeitig, aber an verschiedenen Orten auftreten<br />

können. 38<br />

Es ist daher von einem Teil der Lehre und Rechtsprechung anerkannt, dass<br />

Verletzungsdelikte, die als schlichte Tätigkeitsdelikte ausgestaltet sind, einen Erfolg<br />

aufweisen können. 39 Dieser Auffassung ist zuzustimmen, da sie erkennt, dass bei<br />

zeitlichem Auseinanderfallen von Handlung und Erfolg, z. B. wenn eine Webseite auf<br />

dem Server abgespeichert wird, die erst später von Nutzern abgerufen wird, auf die<br />

Kenntnisnahme der Äusserung abgestellt werden kann, da das Erfolgsunrecht erst durch<br />

die Wirkung geschaffen wird. 40<br />

34 Näheres betreffend die Strafbarkeit für Teilnahmehandlungen unter Kapitel 4 § 4.<br />

35 NIGGLI, Rassendiskriminierung, N 211 ff.; N 237 ff.<br />

36 Vgl. statt vieler SCHWARZENEGGER, Geltungsbereich, 122; BGE 123 IV 202.<br />

37 Dazu NIGGLI, Rassendiskriminierung, N 64.<br />

38 SCHWARZENEGGER, Geltungsbereich, 124.<br />

39 Dazu SCHWARZENEGGER, Abstrakte Gefahr, 249 f., m. w. H.<br />

40 Auf die Kenntnisnahme stellt auch RIKLIN, Information Highway, 579 ff., ab. In der Praxis könnte die<br />

Durchsetzung dieser Ansicht zwar zu Kollisionen zwischen verschiedenen Strafhoheiten führen.<br />

Diesen Auswirkungen kann jedoch mit einer engen internationalen Zusammenarbeit und Rechtshilfe<br />

zwischen den Staaten begegnet werden. Vgl. zum Ganzen SCHWARZENEGGER, E-Commerce, 345;<br />

WEBER, 534.<br />

9


2. Kapitel: Rassistisches und fremdenfeindliches<br />

Material<br />

§ 1 Material<br />

I. Der Begriff „Material“ im Sinne des ZP<br />

Art. 2 Abs. 1 ZP lautet wie folgt: „Im Sinne dieses Protokolls bedeutet rassistisches und<br />

fremdenfeindliches Material jede schriftliche, bildliche oder andere Wiedergabe von<br />

Ideen oder Theorien, die Hass, Diskriminierung oder Gewalt gegen eine Person oder<br />

eine Gruppe von Personen befürworten, fördern oder dazu aufstacheln, wenn dies auf<br />

Grund von Rasse, Hautfarbe, Abstammung oder nationaler oder ethnischer Herkunft<br />

geschieht, oder auf Grund von Religionszugehörigkeit, wenn sie als Vorwand für einen<br />

der anderen Faktoren gebraucht wird.“<br />

In den Materialien zum ZP werden als „Material“ nach Art. 2 ZP geschriebene Inhalte<br />

(insbesondere Texte, Bücher, Zeitschriften, Berichte, Stellungnahmen), bildliche<br />

Wiedergaben (insbesondere Bilder, Fotos, Zeichnungen) sowie andere Darstellungen<br />

von Ideen oder Theorien, die so beschaffen sind, dass sie durch ein Computersystem<br />

gespeichert, verarbeitet und übermittelt werden können, genannt. 41<br />

II. „Material“ als Tatmittel im Sinne von Art. 261 bis StGB<br />

Für die Auslegung der Begriffe des ZP sind das Völkerrecht und die völkerrechtliche<br />

Praxis sowie das nationale Recht und die nationale Praxis massgebend. 42 Damit stellt<br />

sich die Frage, welche Anknüpfungspunkte das schweizerische Strafrecht für die<br />

Auslegung der Tatbestandsmerkmale des Art. 2 ZP liefert. Dabei muss insbesondere auf<br />

41 Explanatory Report ZP, N 12. Da der Begriff des Materials jegliche Wiedergabe erfasst, die so<br />

beschaffen ist, dass sie durch ein Computersystem gespeichert, verarbeitet und übermittelt werden<br />

kann, scheint er dem Begriff eines Inhalts im Sinne des § 5 TDG ähnlich zu sein. Letzterer erfasst<br />

nach einer weiten Auslegung „jegliche Speicherung oder Übertragung in einem Datennetz“, vgl. POPP,<br />

63 ff., m.w.H.<br />

42 Explanatory Report ZP, N 18.<br />

10


Art. 261 bis StGB Rücksicht genommen werden, da dieser Artikel die Norm ist, die im<br />

schweizerischen Strafrecht die Strafbarkeit von rassendiskriminierenden Handlungen<br />

regelt.<br />

Die im Art. 2 ZP genannten geschriebenen Inhalte, bildlichen Wiedergaben und andere<br />

Darstellungen von Ideen oder Theorien, die so beschaffen sind, dass sie durch ein<br />

Computersystem gespeichert, verarbeitet und übermittelt werden können, können als<br />

Tatmittel von Art. 261 bis StGB erfasst werden. Gemäss Wortlaut von Art. 261 bis Abs. 4<br />

StGB macht es keinen Unterschied, ob als Tatmittel Wort, Schrift, Bilder, Gebärden,<br />

oder eine andere Begehungsweise verwendet wird. Eine Herabsetzung oder<br />

Diskriminierung kann mündlich, schriftlich, mittels Bildern oder Gesten geäussert<br />

werden. 43 Obschon die Aufzählung dieser Tatmittel nur in Art. 261 bis Abs. 4 StGB<br />

erfolgt, kommt sie auch für die anderen Absätze von Art. 261 bis StGB in Frage, da die<br />

fehlende Aufzählung in diesen Absätzen jede denkbare Begehungsweise zulässt. 44<br />

Somit kann auch Material im Sinne von Art. 2 ZP als Tatmittel von Art. 261 bis StGB<br />

erfasst werden.<br />

§ 2 Rassistisch und fremdenfeindlich<br />

I. Allgemeines<br />

Aus Art. 2 ZP geht hervor, dass sich das ZP auf die Begriffe „Rassismus“ und<br />

„Fremdenfeindlichkeit“ bzw. „rassistisch“ und „fremdenfeindlich“ bezieht.<br />

Diese Begriffe kommen in Art. 261 bis StGB und in der RDK, auf Grund der Art. 261 bis<br />

StGB eingeführt wurde 45 , nicht vor. So geht auch aus dem Explanatory Report ZP<br />

hervor, dass sich die in Art. 2 ZP genannten Gründe von denjenigen unterscheiden, die<br />

die RDK nennt, da die RDK die Rassendiskriminierung, und nicht den Rassismus als<br />

solcher bekämpfen will. 46<br />

43 bis bis<br />

NIGGLI, Rassendiskriminierung, N 918; SCHLEIMINGER, Art. 261 N 34 ; TRECHSEL, Art. 261 N 31<br />

ff.; SCHLEIMINGER, Art. 261 bis N 47.<br />

44<br />

Vgl. NIGGLI, Rassendiskriminierung, N 917, 1019.<br />

45<br />

Dazu ausführlich NAGUIB/ZANNOL, 164 ff.<br />

46<br />

Explanatory Report ZP, N 18.<br />

11


In den nachfolgenden Ziffern werden daher die Begriffe „Rassismus“,<br />

„Fremdenfeindlichkeit“ und „Rassendiskriminierung“ näher erläutert und voneinander<br />

abgegrenzt. Gemäss N 18 des Explanatory Report ZP müssen die Begriffe des<br />

Rassismus, der Fremdenfeindlichkeit und der Rassendiskriminierung gemäss ihrer<br />

Bedeutung nach nationalem Recht und Völkerrecht sowie nationaler Praxis und<br />

Völkerrechtspraxis ausgelegt werden.<br />

II. Der Begriff „Rassismus“<br />

Der Begriff „Rassismus“ wird im StGB nicht definiert, und kommt darin auch nicht vor.<br />

Gemäss sozialwissenschaftlicher Definition, die auch vom Bundesamt für Polizei in den<br />

Analyseberichten verwendet wird, bezeichnet der Rassismus eine Ideologie, „die die<br />

Menschen aufgrund physiognomischer oder kultureller Eigenarten oder aufgrund ihrer<br />

ethnischen, nationalen oder religiösen Zugehörigkeit in angeblich naturgegebene<br />

Gruppen - so genannte "Rassen" - einteilt und diese hierarchisiert“. 47 Die Eigenschaften<br />

der Gruppe werden dabei als biologisch begründet und unabänderlich angesehen und<br />

die Menschen nicht als selbständige Individuen beurteilt, sondern als Mitglieder des<br />

Kollektivs, dessen Eigenart sie automatisch besitzen. 48 Auch zahlreiche Ausprägungen<br />

des Rechtsextremismus enthalten als ideologisches Element den Rassismus. 49<br />

Der Begriff der Ideologie wird in Art. Art. 261 bis Abs. 2 StGB verwendet. Gemäss Art.<br />

261 bis Abs. 2 StGB ist strafbar, wer öffentlich Ideologien verbreitet, die auf die<br />

systematische Herabsetzung oder Verleumdung der Angehörigen einer Rasse, Ethnie<br />

oder Religion gerichtet sind.<br />

Die Ideologie im Kontext von Art. 261 bis<br />

StGB wird als ein weltanschauliches System<br />

oder als ein auf bestimmte Eigenschaften und Verhaltensweisen der Angehörigen einer<br />

Gruppe beschränktes Gedankengut, welches auf deren Herabsetzung oder Verleumdung<br />

gerichtet ist, definiert. 50 Sie stellt ein Gedankengebäude oder eine Weltanschauung dar,<br />

die den Eigennutz ihrer Vertreter repräsentieren und auf Positionen gründen, die nicht<br />

konkret begründbar und einer demokratischen Überprüfung entzogen sind. Der Wahl<br />

47<br />

Bericht Rechtsextremismus, 27.<br />

48<br />

ROM, 9; HEITMEYER/MÜLLER, 136.<br />

49<br />

Bericht Skinheads, 68; ROM, 9. Für eine ausführliche Darstellung des Rassismusbegriffs vgl. STRAUSS,<br />

8 ff.<br />

50 bis<br />

SCHLEIMINGER, Art. 261 N 38; STRATENWERTH, BT/2, § 39 N 33; REHBERG, StGB, 334;<br />

12


dieser Positionen liegen soziale Interessen und Zielsetzungen zugrunde. 51<br />

Als Ideologie nach Art. 261 bis<br />

Abs. 2 StGB hat das Bundesgericht z. B. die<br />

Verschwörungstheorie qualifiziert, wonach die „Zionisten“ durch die von ihnen in die<br />

Welt gesetzte Holocaust-Lüge für Unheil in der Welt verantwortlich seien. 52<br />

Die „Ideologie“ ist somit nicht wertneutral zu verstehen, sondern enthält ein Unwert-<br />

Urteil, bezogen darauf, dass die Ideen und Werte behaupten oder vorgeben, dass sie<br />

wahr und allgemein gültig seien, obwohl sie Ausdruck eines egoistischen<br />

Gewinnstrebens, eines Vorurteils oder eines Dogmas sind. 53 Gemeint sind in Art. 261 bis<br />

StGB Ideologien, die nicht nur die Minderwertigkeit einer Gruppe geltend machen,<br />

sondern zusätzlich daraus ableiten, dass der Gruppe ein beschränkter Anspruch auf<br />

grundlegende Menschenrechte zustehe. 54<br />

Der rechtliche Begriff der Ideologie im schweizerischen Strafrecht kann jedoch keine<br />

Anhaltpunkte für die Deutung des Rassismusbegriffs liefern, da, wie ausgeführt, eine<br />

Legaldefinition des Rassismus fehlt.<br />

III. Der Begriff „Fremdenfeindlichkeit“<br />

Auch der Begriff „Fremdenfeindlichkeit“ bzw. „Xenophobie“ kommt im StGB nicht<br />

vor. Er bezeichnet gemäss sozialwissenschaftlicher Definition ein „Ressentiment, das<br />

sich unterschiedslos gegen Menschen richtet, die im Inland fremd sind oder wegen ihrer<br />

Nationalität, Herkunft Rassenzugehörigkeit, Hautfarbe oder Religionszugehörigkeit<br />

fremd wirken, wie z. B. Touristen, Ausländer mit Arbeitserlaubnis oder Asylbewerber.<br />

Den "Fremden" wird dabei unterstellt, dass sie an gesellschaftlichen Problemen wie<br />

Arbeitslosigkeit, Kriminalitätsrate oder Belastung des Sozialsystems, schuld sind. 55<br />

Die Xenophobie zeichnet sich somit mit Vorurteilen, Überheblichkeit und unüberlegten<br />

„Pauschalurteilen“ aus, die im Ergebnis zu Rassismus führen können. 56 Umgekehrt wird<br />

auch der Rassismus oft als Begründung für die Fremdenfeindlichkeit benutzt. 57<br />

51 NIGGLI, Rassendiskriminierung, N 800 f.; BGE 6S.719/1999 vom 22. März 2000, E. 3.d; ROM, 125.<br />

52 BGE 6S.719/1999 vom 22. März 2000, E. 3.d.<br />

53 NIGGLI, Rassendiskriminierung, N 804.<br />

54 SCHLEIMINGER, Art. 261 bis N 38.<br />

55 HEITMEYER/MÜLLER, 136 f.; Bericht Skinheads, 66.<br />

56 VEST, N 2, m.w.H.<br />

57 Bericht Skinheads, 68. Vgl. auch ROM, 9, und zum Rassismusbegriff STRAUSS, 8 ff.<br />

13


IV. Der Begriff „Rassendiskriminierung“<br />

Das Ziel der RDK, auf Grund welcher Art. 261 bis StGB erlassen wurde, besteht darin,<br />

dass jeder Mensch einen Anspruch auf gesetzlichen Schutz gegen Diskriminierung oder<br />

gegen ein Aufreizen zur Diskriminierung haben soll. 58<br />

Der Begriff „Rassendiskriminierung“ bedeutet gemäss Art. 1 RDK eine „auf der Rasse,<br />

der Hautfarbe, der Abstammung, dem nationalen Ursprung oder dem Volkstum<br />

beruhende Unterscheidung, Ausschliessung, Beschränkung oder Bevorzugung, die zum<br />

Ziel oder zur Folge hat, dass dadurch ein gleichberechtigtes Anerkennen, Geniessen<br />

oder Ausüben von Menschenrechten und Grundfreiheiten im politischen,<br />

wirtschaftlichen, sozialen, kulturellen oder jedem sonstigen Bereich des öffentlichen<br />

Lebens vereitelt oder beeinträchtigt wird.“<br />

Um den in der RDK enthaltenen Bestimmungen nachzugehen, wurde in der Schweiz<br />

Art. 261 bis StGB erlassen, der bestimmte Verhaltensweisen unter Strafe stellt, und<br />

gemäss Marginalie „Rassendiskriminierung“ heisst. Danach wird bestraft, wer<br />

öffentlich gegen eine Person oder eine Gruppe von Personen wegen ihrer Rasse, Ethnie<br />

oder Religion zu Hass oder Diskriminierung aufruft; wer öffentlich Ideologien<br />

verbreitet, die auf die systematische Herabsetzung oder Verleumdung der Angehörigen<br />

einer Rasse, Ethnie oder Religion gerichtet sind; wer mit dem gleichen Ziel<br />

Propagandaaktionen organisiert, fördert oder daran teilnimmt, oder wer öffentlich,<br />

durch Wort, Schrift, Bild, Gebärden, Tätlichkeiten oder in anderer Weise eine Person<br />

oder eine Gruppe von Personen wegen ihrer Rasse, Ethnie oder Religion in einer gegen<br />

die Menschenwürde verstossenden Weise herabsetzt oder diskriminiert. Schliesslich<br />

macht sich nach Art. 261 bis StGB strafbar, wer aus einem dieser Gründe Völkermord<br />

oder andere Verbrechen gegen die Menschlichkeit leugnet, gröblich verharmlost oder<br />

zu rechtfertigen sucht und/oder eine von ihm angebotene Leistung, die für die<br />

Allgemeinheit bestimmt ist, einer Person oder einer Gruppe von Personen wegen ihrer<br />

Rasse, Ethnie oder Religion verweigert.<br />

Auf Grund der Merkmale „Unterscheidung, Ausschliessung, Beschränkung oder<br />

Bevorzugung“ in der RDK, die Handlungen, und nicht eine Ideologie oder ein<br />

Ressentiment darstellen, kann somit unter „Rassendiskriminierung“ die praktische<br />

Umsetzung der Ideologie „Rassismus“, und des Ressentiments „Fremdenfeindlichkeit“<br />

14


verstanden werden, 59 ein Verhalten, das den Anspruch anderer Rassen auf Gleichheit<br />

missachtet, 60 und eine Praxis, „die die Individuen „auf Grund physiognomischer<br />

Merkmale, ethnischer Herkunft, kultureller und/oder religiöser Zugehörigkeit Rechte<br />

vorenthält, sie ungerecht oder intolerant behandelt, demütigt, beleidigt, bedroht oder an<br />

Leib und Leben gefährdet“. 61<br />

V. Folgerung<br />

Aus den in den Ziffern II-IV dargestellten Begriffserläuterungen könnte auf den ersten<br />

Blick gefolgert werden, dass eine rassistische oder eine fremdenfeindliche Handlung<br />

immer auf einer inneren fremdenfeindlichen oder rassistisch-ideologischen<br />

Überzeugung des Täters beruhen muss. Im Explanatory Report ZP wird jedoch<br />

ausgeführt, dass die in Art. 2 ZP enthaltene Definition sich eher auf ein Verhalten<br />

beziehen muss, zu dem der Inhalt des Materials führen kann, und weniger auf einen<br />

Ausdruck von Glaube, Gefühlen oder Abneigung. 62<br />

In der vorliegenden Arbeit wird daher davon ausgegangen, dass das Material 63 im Sinne<br />

des ZP immer dann als rassistisch oder fremdenfeindlich gilt, wenn das Befürworten,<br />

Fördern oder Aufstacheln gemäss Art. 2 Abs. 1 ZP, aufgrund von Rasse, Hautfarbe,<br />

Abstammung, nationaler oder ethnischer Herkunft oder der Religion des Einzelnen oder<br />

der betroffenen Gruppe geschieht - dies ohne Rücksichtnahme auf eine ideologische<br />

Motivation oder auf eine innere fremdenfeindliche Gesinnung des Täters. Ein Täter<br />

braucht somit, um sich strafbar zu machen, keine besonderen Gesinnungsmerkmale zu<br />

erfüllen, sobald er den subjektiven Tatbestand der entsprechenden Handlung erfüllt. 64<br />

Auch andere völkerrechtliche Dokumente, die als Auslegungshilfe von Art. 2 ZP<br />

herangezogen werden können, führen zu keinem anderen Ergebnis. Das Explanatory<br />

Report nennt als völkerrechtliche Dokumente, die bei der Ausarbeitung des ZP<br />

berücksichtigt wurden, die EMRK und ihr Protokoll Nr. 12 vom 4. November 2002 65 ,<br />

58<br />

Abs. 3 der Päambel der RDK, vgl. auch VEST, N 1.<br />

59<br />

ROM, 10.<br />

60<br />

STRAUSS, 233.<br />

61<br />

Erläuterungen, 27.<br />

62<br />

Explanatory Report ZP, N 13.<br />

63<br />

Zum Begriff des Materials im Sinne des ZP vgl. § 1 des vorliegenden Kapitels.<br />

64 bis<br />

Näheres zu den subjektiven Tatbestandsvoraussetzungen der Art. 3-6 ZP und von Art. 261 StGB im<br />

4. Kapitel § 1.<br />

65<br />

Abrufbar unter http://conventions.coe.int/Treaty/GER/Treaties/Html/177.htm.<br />

15


der IPbpR, der IPwsR, die Stellungnahme des Wirtschafts- und Sozialausschusses vom<br />

15. Juli 1996 zu der Mitteilung der Kommission über Rassismus, Fremdenfeindlichkeit<br />

und Antisemitismus, die vergleichende Studie der Kommission gegen Rassismus und<br />

Fremdenfeindlichkeit des Europarates vom August 2000 und die Schlussfolgerungen<br />

der Europäischen Konferenz gegen Rassismus in Strassbourg vom Oktober 2000. 66<br />

In der EMRK wird in Art. 14 EMRK bestimmt, dass der Genuss der in der Konvention<br />

anerkannten Rechte und Freiheiten ohne Diskriminierung insbesondere wegen des<br />

Geschlechts, der Rasse, der Hautfarbe, der Sprache, der Religion, der politischen oder<br />

sonstigen Anschauung, der nationalen oder sozialen Herkunft, der Zugehörigkeit zu<br />

einer nationalen Minderheit, des Vermögens, der Geburt oder eines sonstigen Status zu<br />

gewährleisten sind. In der bisherigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes<br />

für Menschenrechte liefen jedoch Beschwerden über rassistische Diskriminierung<br />

Gefahr, als nicht explizit garantierte Rechte unbegründet verworfen zu werden, so dass<br />

das Zusatzprotokoll Nr.12 zur EMRK geschaffen wurde, das im April 2005 in Kraft<br />

trat. 67<br />

Das Zusatzprotokoll Nr. 12 dehnt den Diskriminierungsschutz von Art. 14 EMRK über<br />

den Geltungsbereich der im Rahmen der Konvention definierten Rechte aus und ersetzt<br />

ihn in seinem Art. 1 durch eine allgemeine Klausel „für alle gesetzlich festgelegten<br />

Rechte”. Weder das Zusatzprotokoll Nr. 12 zur EMRK noch die EMRK selber treffen<br />

jedoch eine Unterscheidung zwischen den Begriffen Rassismus, Fremdenfeindlichkeit,<br />

und Rassendiskriminierung. Das Zusatzprotokoll Nr. 12 ist ferner von der Schweiz<br />

weder ratifiziert, noch unterzeichnet worden.<br />

Auch die Bestimmungen des IpwsR und des IPbpR treffen keine Unterscheidung<br />

zwischen den Begriffen „Rassismus“, „Fremdenfeindlichkeit“, und<br />

„Rassendiskriminierung“.<br />

Der IPwsR bestimmt zwar in Art. 2, dass sich die Vertragsstaaten verpflichten, zu<br />

gewährleisten, dass die im Pakt verkündeten Rechte ohne Diskriminierung hinsichtlich<br />

der Rasse, der Hautfarbe, des Geschlechts, der Sprache, der Religion, der politischen<br />

oder sonstigen Anschauung, der nationalen oder sozialen Herkunft, des Vermögens, der<br />

Geburt oder des sonstigen Status, ausgeübt werden.<br />

66 Explanatory Report ZP, N 10.<br />

67 ADDY, 32, m.w.H.<br />

16


Auch der IPbpR bestimmt in seinem Art. 2, dass sich jeder Vertragsstaat verpflichtet,<br />

die im Pakt anerkannten Rechte zu achten und sie allen in seinem Gebiet befindlichen<br />

und seiner Herrschaftsgewalt unterstehenden Personen ohne Unterschied wie<br />

insbesondere der Rasse, der Hautfarbe, des Geschlechts, der Sprache, der Religion, der<br />

politischen oder sonstigen Anschauung, der nationalen oder sozialen Herkunft, des<br />

Vermögens, der Geburt oder des sonstigen Status zu gewährleisten. Eine<br />

Diskriminierung auf Grund der Rasse wird ferner in den Art. 4 (im Falle eines<br />

öffentlichen Notstands), Art. 20 (Verbot des Eintretens für nationalen, rassischen oder<br />

religiösen Hass, durch das zu Diskriminierung, Feindseligkeit oder Gewalt<br />

aufgestachelt wird), Art. 24 (Recht des Kindes auf diejenigen Schutzmassnahmen durch<br />

seine Familie, die Gesellschaft und den Staat, die seine Rechtsstellung als<br />

Minderjähriger erfordert), und Art. 26 (Anspruch auf gleichen Schutz durch das Gesetz)<br />

des IPbpR verboten. Der Begriff „Diskriminierung auf Grund der Rasse“ wird jedoch in<br />

beiden Pakten nicht näher erläutert, und der Begriff „Rassismus“ wird nicht verwendet.<br />

Die in den Ziffern II-IV dargestellte Tatsache, dass sich Art. 261 bis StGB in der<br />

Marginalie und die RDK in ihrem Titel auf den Begriff „Rassendiskriminierung“<br />

beziehen, wohingegen sich das ZP auf die Begriffe „Rassismus und<br />

Fremdenfeindlichkeit“ bezieht, dürfte somit bei der Umsetzung des ZP in der Schweiz<br />

nicht von praktischer Bedeutung sein.<br />

Es kann somit festgehalten werden, dass auch das ZP die Bekämpfung der praktischen<br />

Umsetzung des Rassismus und der Fremdenfeindlichkeit anvisiert. Um darzustellen,<br />

unter welchen Voraussetzungen das Material als rassistisch oder fremdenfeindlich zu<br />

qualifizieren ist, werden in den nachfolgenden Paragraphen der Arbeit die<br />

Tatbestandsmerkmale von Art. 2 ZP „Hass“, „Diskriminierung“, „Gewalt“, „Rasse“,<br />

„Hautfarbe“, „Abstammung“, „nationale Herkunft“, ethnische Herkunft“ und<br />

„Religion“ näher erläutert, und anschliessend den Schutzobjekten von Art. 261 bis StGB<br />

gegenübergestellt.<br />

17


§ 3 Hass, Diskriminierung und Gewalt<br />

I. Hass<br />

1. Im Sinne von Art. 2 ZP<br />

Im Sinne des Art. 2 ZP bedeutet Hass („hatred“) ein Ausdruck von intensiver<br />

Abneigung oder Feindseligkeit. 68<br />

2. Im Sinne von Art. 261 bis Abs. 1 StGB<br />

Unter dem Tatbestandsmerkmal „Hass“ im Art. 261 bis Abs. 1 StGB versteht das<br />

Bundesgericht und die herrschende schweizerische Lehre „eine fundamental feindliche<br />

Grundhaltung“, die über blosse Ablehnung, Abneigung oder Antipathie hinausgeht,<br />

sowie über Zorn und Wut, die sich relativ rasch wieder abkühlen. 69<br />

Dieser Begriff scheint mit dem Hassbegriff im Art. 2 ZP zu übereinstimmen, da auch<br />

vom ZP ein Ausdruck intensiver Abneigung und Feindseligkeit verlangt werden, und<br />

nicht jeder beliebige Ausdruck von Gefühlen oder Widerwille.<br />

Die Begriffsumschreibung „fundamental feindliche Grundhaltung“ lässt zwar auf den<br />

ersten Blick darauf schliessen, dass das schweizerische Strafrecht an den Hassbegriff<br />

höhere Anforderungen als das ZP stellt, da eine fundamentale Grundhaltung meistens<br />

ideologisch begründet ist. Für die Erfüllung von Art. 261 bis StGB ist es jedoch nicht von<br />

Bedeutung, ob die in Frage stehende feindselige Haltung emotional oder intellektuell<br />

begründet ist. 70<br />

68 Explanatory Report ZP, N 15.<br />

69 BGE vom 3. März 2000 6P.132/1999 und 6S.488/1999, E. 13b; HÄNNI, 117; NIGGLI,<br />

Rassendiskriminierung, N 758; SCHLEIMINGER, Art. 261 bis N 31; RIKLIN, Rassendiskriminierung, 40;<br />

NAGUIB/ZANNOL, 170.<br />

70 ROM, 124; NIGGLI, Rassendiskriminierung, N 760.<br />

18


II. Gewalt<br />

1. Im Sinne von Art. 2 ZP<br />

Der Begriff „Gewalt“ (“violence”) im Art. 2 ZP soll sich auf die unerlaubte,<br />

unrechtmässige Anwendung von physischer Gewalt („force“) beziehen. 71<br />

2. Im Sinne von Art. 261 bis StGB<br />

Der Begriff „Gewalt“ wird im Art. 261 bis StGB nicht verwendet. Er ist im StGB nicht<br />

legal definiert, wird jedoch in Art. 135, 181, 183, 189, 190, 197, und 285 StGB<br />

verwendet. Unter "Gewalt" werden in Lehre und Rechtsprechung "Einwirkungen auf<br />

den Körper eines Menschen mit physikalisch oder chemisch fassbaren Mitteln" 72 , unter<br />

Ausschluss von Wirkungen rein psychischer Natur, 73 "ein physischer Eingriff in die<br />

Rechtssphäre eines anderen" 74 verstanden. Unumstritten ist, dass die ausgeübte Gewalt<br />

nicht unwiderstehlich zu sein braucht. Ihre Intensität muss nicht so gross sein, dass das<br />

Opfer widerstandsunfähig gemacht wird. Es genügt, wenn sie den Willen des Opfers<br />

bricht. 75<br />

Aus der Verwendung des englischen Begriff „force“ im Explanatory Report ZP 76 , als<br />

Verdeutlichung des Begriffs „violence“, kann gefolgert werden, dass sich „force“,<br />

ähnlich wie im schweizerischen Strafrecht, auf eine physische Einwirkung auf den<br />

Körper eines Menschen bezieht. Eine unrechtmässige Anwendung von Gewalt gemäss<br />

ZP kann somit gegeben sein, wenn nach schweizerischem Strafrecht z. B. ein<br />

Tatbestand der Körperverletzung oder der Tätlichkeit gegeben ist, da hier meistens eine<br />

unerlaubte Einwirkung auf den Körper eines Menschen mit physikalisch oder chemisch<br />

fassbaren Mitteln, oder ein physischer Eingriff in die Rechtssphäre eines anderen<br />

gegeben ist.<br />

71 Explanatory Report ZP, N 15.<br />

72 REHBERG/SCHMID/DONATSCH, 339 ff., m.w.H.<br />

73 REHBERG/SCHMID/DONATSCH, 340.<br />

74 TRECHSEL, Art. 181 N 2.<br />

75 BGE 101 IV 169; TRECHSEL, Art. 181 N 2.<br />

76 Explanatory Report ZP, N 15.<br />

19


III. Diskriminierung<br />

Für die Auslegung des Begriffs „Diskriminierung“ verweist das Explanatory Report ZP<br />

einerseits auf Art. 14 EMRK, das Protokoll Nr. 12 zur EMRK und der massgeblichen<br />

Rechtsprechung des EGMR. 77 Andererseits soll der in Art. 1 RDK enthaltene Begriff<br />

„Rassendiskriminierung“ bei der Auslegung berücksichtigt werden. 78<br />

Das Diskriminierungsverbot, enthalten in der EMRK, garantiert jedem, der sich unter<br />

der Hoheitsgewalt einer Vertragspartei befindet, die Inanspruchnahme der von der<br />

EMRK geschützten Rechte und Freiheiten. 79 Art. 14 EMRK sieht sodann vor, dass die<br />

EMRK-Unterzeichnerstaaten verpflichtet sind, für jede Person den Zugang zu den in<br />

der EMRK statuierten Rechten zu gewährleisten.<br />

In diesem Zusammenhang soll „Diskriminierung“ im Sinne des ZP eine<br />

ungerechtfertigte Behandlung bedeuten, eine Ungleichbehandlung einer Person oder<br />

einer Gruppe von Personen, basierend auf bestimmte Charakteristika dieser Person oder<br />

dieser Gruppe von Personen. Ob die Ungleichbehandlung diskriminierend ist oder nicht,<br />

soll auf Grund der Umstände im konkreten Einzelfall entschieden werden. 80 Dabei<br />

kann, wie bei allen Begriffen des ZP, die in der innerstaatlichen Doktrin und Praxis<br />

geltende Auslegung herangezogen werden.<br />

In der Schweiz können somit für die Deutung des Begriffs „Diskriminierung“ die<br />

Rechtsprechung und Lehre zu Art. 8 BV und zur Rassendiskriminierungsstrafnorm von<br />

Bedeutung sein. Art. 8 BV will eine Ungleichbehandlung verhindern, die an<br />

Unterscheidungsmerkmalen anknüpft, die einen Bestandteil der Identität eines<br />

Menschen ausmachen, welcher nicht oder nur schwer aufgegeben werden kann. 81<br />

Im Sinne des Art. 261 bis StGB stellt eine Diskriminierung eine ungerechtfertigt<br />

schlechtere Behandlung eines Menschen wegen seiner Zugehörigkeit zu einer Gruppe<br />

dar, indem man ihm den gleichberechtigten Zugang zu den Menschenrechten abspricht<br />

oder verwehrt. 82 Eine Diskriminierung besteht dann, wenn der Gleichheitsgrundsatz<br />

dadurch verletzt wird, dass eine Ungleichbehandlung ohne sachlichen Grund an die<br />

77<br />

Explanatory Report ZP, N 16.<br />

78<br />

Explanatory Report ZP, N 16.<br />

79<br />

Vgl. Handyside judgment vom 7. Dezember 1976, Series A, Nr. 24, Seite 23, § 49.<br />

80<br />

Explanatory Report ZP, N 16.<br />

81<br />

Vgl. BGE 126 II 393.<br />

82<br />

NIGGLI, Rassendiskriminierung, N 736 ff.; REHBERG, StGB, 335; ROM, 124.<br />

20


Kriterien der Rasse, Ethnie oder Religion anknüpft, und der Täter bestreitet, verneint<br />

oder behindert dabei den gleichmässigen Zugang aller zu den Menschenrechten. 83<br />

Beim Kriterium der Ungerechtigkeit sind dabei gemäss Explanatory Report ZP die<br />

Umstände des Einzelfalles zu berücksichtigen. 84<br />

Schliesslich bedeutet der Begriff „Diskriminierung“ im Sinne von Art. 1 RDK ein<br />

Vorgang, der aus verschiedenen Elementen besteht. Einerseits wird eine Handlung oder<br />

eine Unterlassung vorgenommen, die als Unterscheidung, Ausschliessung,<br />

Beeinträchtigung oder Bevorzugung qualifiziert wird. Andererseits erfolgt die<br />

Handlung oder Unterlassung aus bestimmten Gründen (Rasse, Hautfarbe, Abstammung,<br />

nationaler Ursprung oder Volkstum), und verfolgt entweder das Ziel, dass die<br />

Anerkennung, der Genuss oder die Ausübung von Menschenrechten und<br />

Grundfreiheiten verhindert oder erschwert wird, oder enthält die Wirkung, dass die<br />

Anerkennung, der Genuss oder die Ausübung von Menschenrechten und<br />

Grundfreiheiten verhindert oder erschwert wird. 85 Um die Verhinderung oder<br />

Erschwerung zu erreichen, bestreitet, verneint oder behindert der Täter den<br />

gleichmässigen Zugang zu den Menschenrechten. 86<br />

§ 4 Befürworten, Fördern und Aufstacheln<br />

I. Allgemeines<br />

Vom ZP sollen gemäss dem Explanatory Report ZP insbesondere Inhalte erfasst<br />

werden, welche zu einem bestimmten Verhalten führen können, bzw. auf das<br />

Hervorrufen eines bestimmten Verhaltens ausgerichtet sind, und nicht jede Äusserung<br />

von Gefühlen, Glaube oder Widerwille. 87<br />

Dass das ZP insbesondere Handlungen erfassen soll, die zu einem bestimmten<br />

Verhalten führen können, 88 bedeutet, dass insbesondere Inhalte erfasst werden sollen,<br />

83<br />

STRATENWERTH, BT/2, § 39 N 31; NIGGLI, Rassendiskriminierung, N 748, m.w.H.<br />

84<br />

Explanatory Report ZP, N 16.<br />

85<br />

NIGGLI, Rassendiskriminierung, N 741 ff.<br />

86<br />

Vgl. STRATENWERTH, BT/2, § 39 N 31.<br />

87<br />

Explanatory Report ZP, N 13.<br />

88<br />

Explanatory Report ZP, N 13.<br />

21


die geeignet sind, Hass, Diskriminierung oder Gewalt hervorzurufen. Genauso wenig<br />

wie für Art. 261 bis StGB 89 ist es für das ZP somit von Bedeutung, dass die<br />

Feindseligkeit in die Tat umgesetzt wird. Die Inhalte sollen jedoch den Nährboden für<br />

die verbotenen Hass, Diskriminierung oder Gewalt bieten.<br />

II. Befürworten und Fördern<br />

1. Im Sinne von Art. 2 ZP<br />

Das Verb „Befürworten“ in Art. 2 ZP soll sich auf Einreden, Vorwände oder Einwände<br />

zugunsten von Hass, Diskriminierung oder Gewalt beziehen. Das „Fördern“ soll eine<br />

Förderung, Ermutigung oder Begünstigung von Hass, Diskriminierung oder Gewalt<br />

bedeuten. 90<br />

2. Im Sinne von Art. 261 bis StGB<br />

Der Begriff „Befürworten“ kommt im Wortlaut von Art. 261 bis StGB nicht vor.<br />

Er wird in der Lehre jedoch verwendet, um das Verb „Fördern“ im Art. 261 bis Abs. 3<br />

StGB zu verdeutlichen. 91 Der Begriff „Fördern“ im Art. 261 bis Abs. 3 StGB soll,<br />

genauso wie der Begriff „Teilnehmen“, alle Formen der Teilnahme bzw. jede aktive<br />

Unterstützung erfassen, sofern sie die Durchführung der Propagandaaktion erleichtern. 92<br />

Beispiele sind die Tätigkeiten von Verlegern, Händlern, Verkäufern, das Verteilen von<br />

Flugblättern, Spenden von Geld, Bereitstellung von Örtlichkeiten. 93<br />

89<br />

NIGGLI, Rassendiskriminierung, N 761.<br />

90<br />

Explanatory Report ZP, N 14.<br />

91 bis<br />

Vgl. NIGGLI, Rassendiskriminierung, N 906 ff. Näheres zu Art. 261 Abs. 3 StGB im 4. Kapitel § 5<br />

III.<br />

92 bis<br />

Vgl. DONATSCH/WOHLERS, 216; VEST, N 64 f.; TRECHSEL Art. 261 StGB N 28.<br />

93<br />

NIGGLI, Rassendiskriminierung, N 906 ff.; weitere Beispiele in NIGGLI, Gerichtspraxis, 67 ff., 293 ff.<br />

22


III. Aufstacheln<br />

1. Im Sinne von Art. 2 ZP<br />

Der Begriff „Aufstacheln“, (amtliche Übersetzung des englischen Begriffs „incite“)<br />

bezieht sich auf ein Antreiben oder Drängen („urging“) von anderen Personen zu Hass,<br />

Diskriminierung oder Gewalt. 94<br />

2. Im Sinne von Art. 261 bis StGB<br />

„Aufrufen“ im Sinne von Art. 261 bis Abs. 1 StGB soll gemäss der Botschaft,<br />

bundesrichterlicher Rechtsprechung, und verschiedenen Lehrmeinungen als „Aufreizen“<br />

verstanden werden. 95 Diese Ansicht wird u.a. dadurch begründet, dass die romanischen<br />

Texte der Bestimmung von „Aufreizen“ („inciter“ und „incitare“) sprechen, und nicht<br />

von einem Aufrufen sprechen. 96<br />

Der Begriff „Aufreizen“ stellt eine nachhaltige, eindringliche Einflussnahme auf<br />

Menschen dar, mit dem Ziel oder dem Ergebnis, eine feindselige Haltung gegenüber<br />

einer Person oder einer Personengruppe auf Grund ihrer rassischen, ethnischen oder<br />

religiösen Zugehörigkeit zu vermitteln, ein feindseliges Klima gegen sie zu schaffen<br />

oder zu verstärken. 97 Durch das Aufreizen soll der Eindruck vermittelt werden, oder der<br />

Eindruck entstehen, dass den betroffenen Personen oder Gruppen nicht die gleichen<br />

Grundrechte wie anderen Personen oder Gruppen zukommen dürfen. 98<br />

Das Aufreizen muss geeignet sein, die Adressaten zu beeinflussen, und muss eine<br />

gewisse Eindringlichkeit und Ernsthaftigkeit aufweisen. 99 Es muss sich jedoch nicht um<br />

eine explizite Aufforderung betreffend spezifische Handlungen handeln. 100<br />

94 Explanatory Report ZP, N 14.<br />

95 BGE 123 IV 202; Botschaft, 312; REHBERG, StGB, 334; und KUNZ, Bemerkungen Botschaft, 161,<br />

wonach zu dem Gefühl von Hass nicht aufgerufen werden kann.<br />

96 NIGGLI, Rassendiskriminierung, N 769.<br />

97 NIGGLI, Rassendiskriminierung, N 764, 769; HÄNNI, 117; STRATENWERTH, BT/2, § 39 N 32;<br />

TRECHSEL, Art. 261 bis N 19; BGE 123 IV 202.<br />

98 BGE 124 IV 124.<br />

99 SCHLEIMINGER, Art. 261 bis N 32; ROM, 131; STRAUSS, 233.<br />

100 BGE 123 IV 202, 207; STRATENWERTH, BT/2, § 38 N 32; SCHLEIMINGER, Art. 261 bis N 31; Urteil des<br />

Bundesgerichts, Kassationshof, 18. März 2002, 6S.614/2001, E. 4.<br />

23


Auch eine Hetze oder ein Schüren von Emotionen, die ohne expliziten<br />

Aufforderungscharakter Hass hervorrufen können, sollen erfasst werden. 101<br />

Im Hinblick auf Hass kann „Aufrufen“ als „Schüren“ von negativen Einstellungen<br />

gegen eine Gruppe von Personen wegen ihrer Rasse, Ethnie oder Religion verstanden<br />

werden. 102 Die Gleichsetzung von Zionisten mit Verbrechern hat z. B. eine<br />

eindringliche und emotionale Wirkung, die das Schüren einer feindseligen Haltung<br />

bezweckt. 103<br />

Demgegenüber liegt ein Aufruf zu Diskriminierung dann vor, wenn eine<br />

Ungleichbehandlung ohne sachlichen Grund an den Kriterien der Rasse, Ethnie oder<br />

Religion anknüpft. 104 Die inkriminierten Äusserungen dürfen dabei nicht als<br />

voneinander unabhängig betrachtet, sondern in ihrem Gesamtkontext beurteilt<br />

werden. 105 Ein Beispiel für das Aufrufen zu Diskriminierung ist ein Aufruf, gewisse<br />

Waren, Dienstleistungen oder Geschäfte zu boykottieren, oder der Aufruf, die<br />

Angehörigen einer bestimmten Gruppe auszuweisen, sie nicht zu bedienen, ihnen keine<br />

Arbeit zu geben oder keine Wohnungen zu vermieten. 106<br />

Aus diesen Ausführungen wird ersichtlich, dass die Begriffe „Aufstacheln“ im Sinne<br />

des ZP und „Aufreizen“ im Sinne der schweizerischen<br />

Rassendiskriminierungsstrafnorm, als identisch zu bezeichnen sind. Dafür spricht<br />

einerseits, dass als Umschreibung des Begriffes „incite“ ein Drängen, ein Antreiben<br />

(„urging“) zu Hass, Diskriminierung oder Gewalt vorausgesetzt ist, 107 was einer<br />

nachhaltigen, dringlichen Einflussnahme gleichzustellen ist. Andererseits ist die<br />

grammatikalisch identische Bedeutung des englischen Begriffs „incite“ mit den<br />

französischen und italienischen Begriffen „inciter“ und „incitare“ hervorzuheben.<br />

101<br />

NIGGLI, Rassendiskriminierung, N 766.<br />

102<br />

STRATENWERTH, BT/2, § 39 N 32; RIKLIN, Rassendiskriminierung, 40; NIGGLI,<br />

Rassendiskriminierung, N 764.<br />

103<br />

SCHÖNKE/SCHRÖDER, § 130 N 5 a.<br />

104 bis<br />

NIGGLI, Rassendiskriminierung, N 731 ff.; SCHLEIMINGER, Art. 261 N 34.<br />

105<br />

Urteil des Bundesgerichts, Kassationshof, 18. März 2002, 6S.614/2001, E. 3.<br />

106<br />

NIGGLI, Rassendiskriminierung, N 777 ff.; STRAUSS, 26 ff.; Botschaft, 279.<br />

107<br />

Explanatory Report ZP, N 14.<br />

24


§ 5 Person oder Gruppe von Personen<br />

I. Im Sinne von Art. 2 ZP<br />

Der Hass, die Diskriminierung und die Gewalt nach ZP müssen sich gegen eine Gruppe<br />

von Personen oder gegen Personen richten, auf Grund ihrer Zugehörigkeit zu einer<br />

Gruppe, die sich wegen ihrer Rasse, Hautfarbe, Abstammung oder nationaler oder<br />

ethnischer Herkunft unterscheidet, oder wegen ihrer Religionszugehörigkeit, wenn sie<br />

als Vorwand für einen der anderen Faktoren gebraucht wird. 108<br />

Die vom ZP geschützten Objekte sind somit eine Person oder eine Gruppe von<br />

Personen, die sich auf Grund von bestimmten Merkmalen von anderen Personen oder<br />

Gruppen von Personen unterscheiden. Der Begriff der Gruppe wird dabei weder im ZP<br />

noch im Explanatory Report ZP definiert oder erläutert.<br />

II. Im Sinne von Art. 261 bis StGB<br />

Die schweizerische Rassendiskriminierungsstrafnorm schützt einzelne Personen, die zu<br />

einer Gruppe gehören, sowie die Gruppe selbst, vor Angriffen auf Grund der<br />

Gruppenzugehörigkeit. 109<br />

Art. 261 bis StGB nennt als Schutzobjekte rassische, ethnische und religiöse Gruppen.<br />

Diese Aufzählung ist abschliessend. 110 Die Rasse, die Ethnie und die Religion sind<br />

somit die „Anknüpfungspunkte der intendierte Diskriminierung“. 111<br />

Eine Gruppe bilden Einzelpersonen, die sich einerseits als eine Gemeinschaft<br />

empfinden, indem sie ein Zusammengehörigkeitsgefühl, ein Bewusstsein der<br />

Zusammengehörigkeit aufweisen. 112 Andererseits weisen sie eine bestimmte<br />

gemeinsame Eigenschaft auf (z. B. Physiognomie, Tradition, Wertvorstellungen,<br />

108 Explanatory Report ZP, N 17.<br />

109 SCHLEIMINGER, Art. 261 bis N 12.<br />

110 SCHLEIMINGER, Art. 261 bis N 20; VEST, N 40; DONATSCH/WOHLERS, 212.<br />

111 STRATENWERTH/WOHLERS, Art. 261 bis StGB N 3.<br />

112 NIGGLI, Rassendiskriminierung, N 343.<br />

25


Glauben), und werden von jenen, die die Eigenschaft nicht aufweisen, als Gruppe<br />

empfunden und behandelt. 113<br />

Gemäss bundesrichterlicher Auffassung ist es unwichtig, ob die Gruppe die<br />

spezifizierenden Merkmale tatsächlich aufweist oder ob sie fälschlicherweise<br />

zugeschrieben werden. 114 Nicht massgebend ist ferner, ob die angegriffenen<br />

Einzelpersonen tatsächlich der Gruppe angehören. 115 Erfasst werden ferner<br />

Zuschreibungen, die unterstellen, dass sich die Gruppenangehörigen als Gruppe<br />

wahrnehmen.<br />

§ 6 Rasse, Hautfarbe, Abstammung, nationale Herkunft,<br />

ethnische Herkunft, Religion<br />

I. Rasse und Hautfarbe<br />

1. Im Sinne von Art. 2 ZP<br />

Die Begriffe der Rasse und der Hautfarbe werden weder im ZP noch im Explanatory<br />

Report ZP definiert oder näher erläutert. Interessant ist, dass das ZP die Rasse und die<br />

Hautfarbe als eigenständige Schutzobjekte erwähnt, womit die Hautfarbe nicht<br />

notwendigerweise nur als ein Merkmal des Rassenbegriffes aufzufassen ist.<br />

113<br />

Sog. „Innensicht der Gruppe“ und „Aussensicht der Gruppe“, vgl. NIGGLI, Rassendiskriminierung, N<br />

355 f.; SCHLEIMINGER, Art. 261 bis N 12.<br />

114<br />

BGE 123 IV 206 f. Es kommt auch nicht darauf an, ob die Gruppe als Gruppe verunglimpft wird, oder<br />

Verhaltensweisen angegriffen werden, die nicht ausschliesslich der betreffenden Gruppe<br />

zugeschrieben werden, vgl. Urteil des Bundesgerichts, Kassationshof, 26. September 2000,<br />

6S.367/1998, E. 5 a: Auch gegen die Menschenwürde verstossende Herabsetzungen des Schächtens,<br />

welches nicht nur von Juden, sondern auch von Muslimen praktiziert wird, verstossen gegen Art.<br />

261 bis Abs. 4 erste Satzhälfte StGB; SCHLEIMINGER, Art. 261 bis N 19.<br />

115 bis<br />

BGE 124 IV 124; 123 IV 206 f.; SCHLEIMINGER, Art. 261 N 12; STRATENWERTH, BT/2, § 39 N 28;<br />

STRATENWERTH/WOHLERS, Art. 261 bis N 4.<br />

26


2. Im Sinne von Art. 261 bis<br />

StGB<br />

Rassische Gruppen sind Menschengruppen, welche einerseits ein<br />

Zusammengehörigkeitsgefühl aufweisen. Andererseits kennzeichnen sie sich durch<br />

angeborene anatomische und erbliche Merkmale. 116<br />

Da diese „Rassenmerkmale“ nicht deutlich genug voneinander abgegrenzt werden<br />

können, besteht keine allgemein anerkannte naturwissenschaftliche Definition, sondern<br />

nur verschiedene anthropologische Klassifikationen, die auseinander gehen. 117<br />

Unbestritten ist gemäss schweizerischer Rechtsprechung und Lehre, dass rassische<br />

Gruppen im Sinne des Art 261 bis StGB z. B. Asiaten, Dunkelhäutige oder Weisse sind,<br />

bzw. gemäss anthropologischer Definition Mongolide, Negride, und Europide. 118<br />

Die Hautfarbe stellt dabei eines der erblichen, anatomischen Merkmale dar, die eine<br />

Rasse kennzeichnen. 119 So führte das Bundesgericht im BGE 124 IV 124 aus, dass das<br />

Schutzobjekt „Rasse“ insbesondere durch das Merkmal der Hautfarbe zu<br />

charakterisieren ist.<br />

Die Hautfarbe ist kein eigenständiges Schutzobjekt von Art 261 bis StGB. Da jedoch<br />

Rassendiskriminierung gestützt auf das Unterscheidungsmerkmal der Hautfarbe (als<br />

Bestandteil des Rassenbegriffs) unter Strafe gestellt ist, ist die Diskriminierung auf<br />

Grund der Hautfarbe im Ergebnis auch von Art 261 bis StGB erfasst. 120<br />

Neben der Hautfarbe werden auch die Kopfform, die Physiognomie oder der Körperbau<br />

als erbliche, anatomische Merkmale genannt, welche eine Menschengruppe<br />

unterscheiden. 121 Keine rassischen Gruppen sind jedoch Männer, Behinderte, Blonde,<br />

Südländer. 122<br />

116 bis<br />

NIGGLI, Rassendiskriminierung, N 388 ff., 395 ff., 400, 407; TRECHSEL, Art. 261 N 11;<br />

SCHLEIMINGER, Art. 261 bis N 13; STRATENWERTH, BT/2, § 39 N 25; STRATENWERTH/WOHLERS, Art.<br />

261 bis StGB N 3.<br />

117<br />

Dazu ausführlich ROM, 5 ff., m.w.H.<br />

118<br />

BGE 124 IV 124; NIGGLI, Rassendiskriminierung, N 388; ROM, 6; STRAUSS, 6.<br />

119<br />

NIGGLI, Rassendiskriminierung, N 388.<br />

120<br />

NIGGLI, Rassendiskriminierung und Internet, 336.<br />

121<br />

ROM, 112.<br />

122<br />

NIGGLI, Rassendiskriminierung, N 419.<br />

27


II. Abstammung<br />

1. Im Sinne von Art. 2 ZP<br />

Der Begriff „Abstammung“ in Art. 2 ZP bezieht sich auf bestimmte Charakteristika der<br />

Ahnen bzw. Vorfahren der betroffenen Person oder betroffenen Personengruppe<br />

(z. B. Rasse, Hautfarbe, nicht aber soziale Schicht bzw. soziale Herkunft). Aufgrund der<br />

Charakteristika können die Ahnen der betroffenen Person einer bestimmten Gruppe<br />

zugeordnet werden. 123<br />

Diese Charakteristika müssen bei der betroffenen Person oder Personengruppe nicht<br />

notwendigerweise noch immer vorhanden sein. Die Personen oder Gruppen von<br />

Personen müssen jedoch aufgrund ihrer Abstammung von den Ahnen, die die<br />

Charakteristika erfüllen, zu Objekten von Hass, Diskriminierung oder Gewalt geworden<br />

sein. 124<br />

2. Im Sinne von Art. 261 bis<br />

StGB<br />

Art. 261 bis StGB nennt, im Gegensatz zum ZP und zu Art. 1 RDK, die Diskriminierung<br />

auf Grund der Abstammung nicht als Anknüpfungspunkt für Rassendiskriminierung.<br />

Die Abstammung kann jedoch auf Grund der Rassendiskriminierungsstrafnorm relevant<br />

werden, wenn die Diskriminierung gleichzeitig auf Grund der Zugehörigkeit zu einer<br />

ethnischen Gruppe geschieht. 125<br />

Nach geltendem Recht könnte ferner eine Diskriminierung auf Grund der Abstammung<br />

erfasst werden, wenn für den Begriff der Rasse nicht die naturwissenschaftliche<br />

Definition, die auf äusserlichen Merkmalen beruht, sondern sozialwissenschaftliche<br />

Definitionen berücksichtigt werden. Letztere stützen sich bei der Begriffsumschreibung<br />

der Rasse nicht auf biologische Merkmale, sondern auf das subjektive, innere<br />

Verständnis des Diskriminierenden. So kann als Rasse eine Gruppe bezeichnet werden,<br />

„die im täglichen Leben als Rasse angesehen und behandelt wird“, eine Gruppe, „die<br />

123 Explanatory Report ZP, N 19.<br />

124 Explanatory Report ZP, N 18.<br />

125 DONATSCH/WOHLERS, 210; SCHLEIMINGER, Art. 261 bis<br />

N 16; TRECHSEL, Art. 261 bis<br />

N 11.<br />

28


aufgrund von physischen und/oder kulturellen Charakteristiken (...) als verschieden<br />

erkannt wird. 126<br />

Bei einer Ratifikation des ZP wird sich somit die Schweiz verpflichten, dafür zu sorgen,<br />

dass auch Personen oder Gruppen von Personen geschützt werden, die auf Grund z. B.<br />

der Rassenzugehörigkeit, der Hautfarbe, der nationalen oder ethnischen Herkunft<br />

(eines) ihrer Vorfahren diskriminiert werden, ohne dass sie selber dieser Rasse<br />

angehören oder diese Hautfarbe haben müssen. 127<br />

III. Nationale Herkunft<br />

1. Im Sinne von Art. 2 ZP<br />

Gemäss Explanatory Report ZP ist der Begriff „nationale Herkunft“ in einem weiten<br />

Sinn zu verstehen. Er kann sich auf die Geschichte der betreffenden Person beziehen,<br />

auf die Nationalität oder die Herkunft ihrer Vorfahren, aber auch auf ihr eigenes<br />

Nationszugehörigkeitsgefühl, und zwar unabhängig davon, ob sie die betreffende<br />

Staatsbürgerschaft im rechtlichen Sinne besitzt oder nicht. Wenn bestimmte Personen<br />

mehr als eine Staatsbürgerschaft besitzen, oder staatenlos sind, und aus diesen Gründen<br />

diskriminiert werden, erlaubt die weite Auslegung des Begriffes der nationalen<br />

Herkunft den Schutz auch dieser Personen. 128<br />

Überdies bezieht sich der Begriff der nationalen Herkunft nicht nur auf<br />

Staatsbürgerschaft von völkerrechtlich anerkannten Staaten, sondern auch auf die<br />

Zugehörigkeit zu Minderheiten oder anderen Gruppen von Personen mit ähnlichen<br />

Charakteristika. 129<br />

2. Im Sinne von Art. 261 bis<br />

StGB<br />

Die rechtlichen Kategorien „Nation“, „Nationalität“, und „nationaler Ursprung“, stellen<br />

keine von Art. 261 bis StGB geschützte Gruppen bzw. keine Schutzobjekte dar.<br />

Sie werden nur dann als Schutzobjekt anerkannt, wenn gleichzeitig eine Ethnie oder<br />

126 STRAUSS, 25 f.; ROM, 7 f.<br />

127 Vgl. NIGGLI, Rassendiskriminierung und Internet, 336.<br />

128 Vgl. NIGGLI, Rassendiskriminierung und Internet, 324.<br />

129 Explanatory Report ZP, N 20.<br />

29


eine Rasse angesprochen wird. 130 Einige Lehrmeinungen gehen davon aus, dass mit<br />

einer nationalen Diskriminierung sehr häufig eine Ethnie gemeint ist - so bedeutet ein<br />

Lokalverbot für Türken ein Lokalverbot für die türkische und kurdische Ethnie, und<br />

richtet sich eigentlich gegen die geschützte Gruppe der Ethnie. 131<br />

Ähnliches gilt für die rechtlichen Kategorien der Fremden, der Ausländer und der<br />

Asylsuchenden. Beim Begriff „Ausländer“, der alle Personen mit einer anderen<br />

Staatsbürgerschaft als der inländischen meint, handelt es sich um eine Kategorie, die<br />

dem Schutz von Art. 261 bis<br />

StGB nicht untersteht. Auch der Begriff „Asylsuchender“<br />

bezeichnet eine rechtliche Kategorie, die durch Art. 261 bis<br />

StGB nicht erfasst wird. 132<br />

Wenn jedoch die Bezeichnung „Asylsuchende/Asylanten” als Synonym für eine oder<br />

mehrere geschützte Gruppen verwendet wird, ohne die einzelnen Gruppen gesondert<br />

aufzuzählen, soll Art. 261 bis<br />

StGB anwendbar sein. 133 Eine Herabsetzung aller<br />

Andersrassigen, z. B. aller Nichteuropäer, oder aller Ausländer oder Asylanten<br />

schlechthin, dürfte gemäss einem Teil der Lehre auch grundsätzlich für die Erfüllung<br />

des Tatbestands von Art. 261 bis<br />

StGB genügen. 134<br />

Daraus wird ersichtlich, dass das Schutzspektrum von Art. 261 bis StGB in Bezug auf die<br />

Schutzgruppe der nationalen Herkunft enger ist als dasjenige des ZP. Um die<br />

Anknüpfungspunkte Nation, Nationalität, nationaler Ursprung, Ausländer, und Asylant,<br />

durch Art. 261 bis StGB zu erfassen, müssen sie als Synonym für eine der geschützten<br />

Gruppen verwendet worden sein, was von Fall zu Fall zusätzlich nachgewiesen werden<br />

muss. 135 Diese Rechtslage wird sich nach dem Inkrafttreten des ZP für die Schweiz<br />

ändern. Entsprechend der weiten Begriffsumschreibung des nationalen Ursprungs im<br />

Explanatory Report ZP, 136 sollen sowohl die Staatsbürgerschaft im rechtlichen Sinne,<br />

130 bis bis<br />

SCHLEIMINGER, Art. 261 N 15; VEST, N 33; STRATENWERTH/WOHLERS, Art. 261 N 5;<br />

DONATSCH/WOHLERS, 212; REHBERG, StGB, 334, m. w. H.<br />

131<br />

VEST, N 33; NIGGLI, Rassendiskriminierung, N 492. Vgl. auch NIGGLI, Aufruf, N 9, wo er zum<br />

Schluss kommt, dass sich ein Aufruf zu einem „Kebap-Boykott“ grundsätzlich gegen die in der Türkei<br />

lebenden Ethnien richtet, und somit gegen die ethnische Herkunft als von Art. 261 bis StGB geschütztes<br />

Angriffsobjekt.<br />

132 bis<br />

NIGGLI, Rassendiskriminierung, N 495, 498; SCHLEIMINGER, Art. 261 N 15 f.;<br />

STRATENWERTH/WOHLERS, Art. 261 bis N 3.<br />

133<br />

NIGGLI, Rassendiskriminierung, N 497; RIKLIN, Rassendiskriminierung, 39; SCHLEIMINGER, Art.<br />

261 bis N 16; VEST, N 34; TRECHSEL, Art. 261 bis N 11.<br />

134 bis bis<br />

TRECHSEL, Art. 261 N 11; SCHLEIMINGER, Art. 261 N 16.<br />

135<br />

NIGGLI, Rassendiskriminierung, N 503.<br />

136<br />

Explanatory Report ZP, N 20.<br />

30


als auch der nationale Ursprung und die Geschichte der betreffenden Person geschützt<br />

werden, einschliesslich die Nationalität und die Herkunft ihrer Vorfahren. 137<br />

Geschützt werden soll auch das eigene Nationszugehörigkeitsgefühl, und zwar<br />

unabhängig davon, ob man die betreffende Nationalität rechtlich besitzt oder nicht.<br />

Wenn bestimmte Personen mehr als eine Staatsbürgerschaft besitzen, oder staatenlos<br />

sind, und aus diesen Gründen diskriminiert werden, erlaubt ferner die weite Auslegung<br />

des Begriffes der nationalen Herkunft den Schutz auch dieser Personen. 138<br />

IV. Ethnische Herkunft<br />

1. Im Sinne von Art. 2 ZP<br />

Der ZP und das Explanatory Report ZP enthalten keine Vorgaben für die Definition des<br />

Begriffes der ethnischen Herkunft.<br />

2. Im Sinne von Art. 261 bis<br />

StGB<br />

Ethnische Gruppen unterscheiden sich durch Gemeinsamkeiten, wie gemeinsame<br />

Geschichte und gemeinsame Verhaltensnormen, worunter kulturelle, sprachliche,<br />

historische oder traditionelle Eigenschaften fallen. 139 Von Bedeutung sind auch ein<br />

gemeinsames geschichtliches Schicksal, und gemeinsame Wertvorstellungen. 140<br />

Ethnien sind z. B. Appenzeller, Norddeutsche, Tamilen, Sizilianer. 141 Keine Ethnien<br />

sind Europäer, Nord- oder Südamerikaner. 142<br />

Die Merkmale der Ethnie führen dann zur Begründung einer Ethnie, wenn sie sowohl<br />

von der ethnischen Gruppe selbst als auch von Aussenstehenden zur Abgrenzung der<br />

Gruppe verwendet werden. 143<br />

137<br />

Vgl. NIGGLI, Rassendiskriminierung und Internet, 336 f.<br />

138<br />

Vgl. NIGGLI, Rassendiskriminierung und Internet, 324.<br />

139 bis<br />

ROM, 119; TRECHSEL, Art. 261 N 12; NIGGLI, Rassendiskriminierung, N 420.<br />

140<br />

DONATSCH/WOHLERS, 210; STRATENWERTH, BT/2, § 39 N 26.<br />

141<br />

NIGGLI, Rassendiskriminierung, N 446; ähnlich RIKLIN, Rassendiskriminierung, 38; TRECHSEL, Art.<br />

261 bis N 12; skeptisch betreffend die kantonalen Ethnie STRATENWERTH, BT/2, § 39 N 26 und KUNZ,<br />

Rechtsgut, 260.<br />

142<br />

NIGGLI, Rassendiskriminierung, N 446.<br />

143 bis<br />

NIGGLI, Rassendiskriminierung, N 434 ff.; SCHLEIMINGER, Art. 261 N 14; CHAIX/BERTOSSA, 182;<br />

STRATENWERTH, BT/2, § 39 N 26.<br />

31


V. Religion<br />

1. Im Sinne von Art. 2 ZP<br />

Der Begriff “Religion“ bedeutet gemäss den Materialien zum ZP Überzeugung und<br />

Glaube, und soll eng interpretiert werden, da der Schutz dieser Merkmale den Rahmen<br />

des ZP sprenge. 144 Die Religion ist nur dann als Diskriminierungsfaktor im Sinne des<br />

ZP zu zählen, wenn sie ein Vorwand oder ein Ersatz für eine Handlung ist, die sich auf<br />

einen der anderen im Art. 2 ZP genannten Faktoren bezieht (Art. 2 Abs. 1 ZP).<br />

2. Im Sinne von Art. 261 bis<br />

StGB<br />

Religion im Sinne vom Art. 261 bis<br />

StGB bedeutet eine „Überzeugung, die sich auf das<br />

Verhältnis des Menschen zum Göttlichen bezieht und weltanschauliche Dimensionen<br />

hat“. 145 Als solche Überzeugungen sind die Weltreligionen, wie der christliche, der<br />

jüdische, der islamische und der hinduistische Glaube zu nennen 146 , sowie die darin<br />

vertretenen verschiedenen Konfessionen, Zweige und Untergruppen. 147 Geschützt ist<br />

auch der Atheismus. 148<br />

Von 261 bis<br />

StGB wird ferner nicht nur die religiöse Weltanschauung eines Einzelnen<br />

geschützt, sondern auch diejenige einer ganzen Gruppe, wobei die Anzahl ihrer<br />

Mitglieder nicht ausschlaggebend ist. Geschützt sind ferner auch religiöse Gruppen, die<br />

nur eine Minderheit ausmachen. 149<br />

Der Zionismus stellt eine politische Bewegung dar, die grundsätzlich nicht als<br />

Schutzobjekt von Art. 261 bis StGB anerkannt ist. 150 Nach den Umständen des<br />

Einzelfalles ist jedoch zu entscheiden, ob der Begriff „Zionismus“ als Synonym für<br />

„Juden“ oder „Judentum“ verwendet und vom durchschnittlichen Zuhörer oder Leser<br />

auch so verstanden wird. Bei bedeutungsgleicher Verwendung unterliegt die<br />

diskriminierende Äusserung dem Schutzbereich von Art. 261 bis StGB, weil die „Juden“<br />

144 Explanatory Report ZP, N 21.<br />

145 DONATSCH/WOHLERS, 211; BGE 119 Ia 183.<br />

146 TRECHSEL, Art. 261 bis N 12; BGE 123 IV 209; 124 IV 124.<br />

147 STRATENWERTH/WOHLERS, Art. 261 bis StGB N 6; VEST, N 35.<br />

148 NIGGLI, Rassendiskriminierung, N 467; DONATSCH/WOHLERS, 211.<br />

149 SCHLEIMINGER StGB, Art. 261 bis N 17; CHAIX/BERTOSSA, 182 f.<br />

150 NIGGLI, Rassendiskriminierung, N 517 ff.<br />

32


einerseits in der Fremdwahrnehmung als Rasse, und andererseits als religiöse Gruppe<br />

angesehen werden. 151 Es soll darauf ankommen, ob die diskriminierten Personen in der<br />

Fremd- oder Selbstwahrnehmung als Rasse, Ethnie oder Religion definiert werden.<br />

Ob eine Rasse, Ethnie oder Religion in diesem Sinne tatsächlich besteht, ist<br />

irrelevant. 152<br />

Religionen sind nicht primär ökonomisch orientiert und kennzeichnen sich nicht durch<br />

eine psychologische, sondern durch eine ideelle Weltsicht. 153 Die Gruppe „Scientology“<br />

z. B. wurde nicht als Religion im Sinne von Art. 261 bis<br />

StGB qualifiziert. 154<br />

Aus diesen Ausführungen wird ersichtlich, dass die schweizerische Lehre und<br />

Rechtsprechung eine weite Auslegung des Religionsbegriffs in Art. 261 bis<br />

StGB<br />

befürwortet. Die Tatsache, dass das Explanatory Report ZP eine enge Auslegung des<br />

Begriffs der Religion vorsieht, bedeutet nicht, dass der Begriff nach Inkrafttreten des ZP<br />

enger gefasst werden muss. Es bedeutet schlichtweg, dass die Lehre und<br />

Rechtsprechung in der Schweiz bei Handlungen im Sinne des ZP von ihrer bisherigen<br />

weiten Auslegung abweichen können.<br />

§ 7 Folgerung<br />

Aus den Ausführungen im vorliegenden Kapitel wird ersichtlich, dass Art. 261 bis StGB<br />

nicht alle gemass ZP zu kriminalisierenden rassistischen und fremdenfeindlichen<br />

Handlungen, begangen mittels Computersystemen, erfasst. Art. 2 ZP geht somit weiter<br />

als Art. 261 bis StGB.<br />

Wie dargestellt wurde, erfüllt das im Art. 2 ZP umschriebene Material grundsätzlich die<br />

Voraussetzungen eines Tatmittels von Art. 261 bis StGB. Damit das Material als<br />

rassistisch oder fremdenfeindlich im Sinne des ZP qualifiziert werden kann, müssen<br />

jedoch die geschriebenen Inhalte, bildlichen Wiedergaben und anderen Darstellungen<br />

von Ideen oder Theorien im Sinne von Art. 2 ZP, Hass, Diskriminierung oder Gewalt<br />

gegen einen Einzelnen oder eine Gruppe befürworten, fördern oder dazu aufstacheln<br />

151 bis<br />

Bejahend BGE 123 IV 209; NIGGLI, Rassendiskriminierung, N 508 f.; SCHLEIMINGER, Art. 261 N<br />

19.<br />

152<br />

STRATENWERTH, BT/2, § 39 N 27 f.<br />

153 bis<br />

NIGGLI, Rassendiskriminierung, N 477; SCHLEIMINGER StGB, Art. 261 N 17; REHBERG, StGB, 334.<br />

33


(Art. 2 Abs. 1 ZP). Dies muss aufgrund der Rasse, der Hautfarbe, der Abstammung, der<br />

nationalen oder ethnischen Herkunft oder der Religion geschehen.<br />

Dabei schützt das ZP explizit auch Gruppen von Personen oder einzelne Personen<br />

aufgrund ihrer nationalen oder geographischen Herkunft. Somit dürfte nach<br />

Inkrafttreten des ZP bezüglich die Schutzgruppe „Nationale Herkunft“ in der Schweiz<br />

Klarheit herrschen. Geschützt wird auch die schweizerische Nationalität sein.<br />

Bei einer Ratifikation des ZP wird sich die Schweiz auch verpflichten, dafür zu sorgen,<br />

dass auch Personen oder Gruppen von Personen geschützt werden, die auf Grund der<br />

Rassenzugehörigkeit, der Hautfarbe, der nationalen oder ethnischen Herkunft (eines)<br />

ihrer Vorfahren diskriminiert werden, ohne dass sie selber dieser Rasse angehören oder<br />

diese Hautfarbe haben müssen.<br />

Hingegen bedeutet die fehlende Erwähnung der Hautfarbe im Art 261 bis StGB nicht,<br />

dass das Schutzspektrum von Art 261 bis StGB nach der ZP-Ratifikation mit einem<br />

neuen eigenständigen Schutzobjekt erweitert werden soll. Die Rassendiskriminierung<br />

auf Grund der Hautfarbe ist in der Schweiz nämlich bereits heute erfasst, da die<br />

Hautfarbe ein Bestandteil des Rassenbegriffs bildet.<br />

154 Entscheid der Anklagekammer des Kantonsgericht St. Gallen vom 12. 02. 1997.<br />

34


3. Kapitel: Tatbegehung mittels Computersystemen<br />

§ 1 Begriff des Computersystems<br />

I. Im Sinne der CCC und des ZP<br />

Wesentlich bei der Begehung einer Straftat mittels Computersystemen ist, dass<br />

Computerdaten über das Netzwerk ausgetauscht werden. 155<br />

Unter „Netzwerk“ ist dabei eine Verbindung zwischen zwei oder mehreren<br />

Computersystemen zu verstehen. Die Verbindung kann erdgebunden sein (z. B. Draht<br />

oder Kabel), drahtlos (z. B. Radio, Infrarot oder Satellit), oder beides. Ein Netzwerk<br />

kann geographisch auf ein kleines Gebiet begrenzt sein (Local Area Networks), oder ein<br />

grosses Gebiet umfassen (Wide Area Networks), und solche Netzwerke können<br />

miteinander verbunden sein. 156<br />

Was den Begriff des Computersystems betrifft, sieht Art. 8 Abs. 1 ZP vor, dass Art. 1<br />

(Begriffsbestimmungen), 12 (Verantwortlichkeit juristischer Personen), 13 (Sanktionen<br />

und Massnahmen), 22 (Gerichtsbarkeit), 41 (Bundesstaatsklausel), 44 (Änderungen des<br />

Übereinkommens), 45 (Beilegung von Streitigkeiten) und 46 (Konsultationen der<br />

Vertragsparteien) CCC mutatis mutandis auf das ZP anzuwenden sind. 157<br />

Damit eine einheitliche Auslegung des ZP und der CCC sichergestellt wird, müssen<br />

ferner die Begriffe und Ausdrücke, die sowohl im ZP als auch in der CCC vorkommen,<br />

in gleicher Weise ausgelegt werden (gemäss Art. 2 Abs. 2 ZP). Ferner müssen die<br />

Begriffe und Ausdrücke, die sowohl im Explanatory Report ZP als auch im Explanatory<br />

Report CCC vorkommen, in gleicher Weise ausgelegt werden. 158<br />

155 Vgl. Explanatory Report CCC, N 24.<br />

156 Vgl. Explanatory Report CCC, N 24.<br />

157 Diese Bestimmung schliesst gleichzeitig aus, dass andere Bestimmungen der CCC mutatis mutandis<br />

auf das ZP anzuwenden sind, vgl. Explanatory Report ZP, N 47, 26.<br />

158 Explanatory Report ZP, N 22.<br />

35


Die Begriffsdefinition "Computersystem" ist Art. 1 lit. a CCC zu entnehmen, wo eine<br />

Definition enthalten ist. 159 Danach stellt ein Computersystem „eine Vorrichtung oder<br />

eine Gruppe verbundener oder zusammenhängender Vorrichtungen dar, die einzeln oder<br />

zu mehreren auf der Grundlage eines Programms die automatische Datenverarbeitung<br />

durchführen“ bzw. eine aus Hardware und Software bestehende Vorrichtung, die für<br />

automatische Verarbeitung von digitalen Daten entwickelt wurde. 160<br />

Ein Computersystem kann Eingabe-, Ausgabe- und Speichereinrichtungen<br />

einschliessen. Es kann sowohl allein stehen als auch in einem Netzwerk mit ähnlichen<br />

Vorrichtungen verbunden sein. Oft besteht es aus verschiedenen Vorrichtungen,<br />

unterschieden durch Prozessor oder zentrale Prozessoreinheiten und Peripherie.<br />

Die Peripherie ist dabei die Vorrichtung, die gewisse spezifische Funktionen in<br />

Interaktion mit der Prozessoreinheit ausführt, wie z. B. Drucker, Bildschirm, CD-<br />

Reader/Writer oder Speichereinheit. 161<br />

II. Im Sinne des StGB<br />

Statt des Begriffs „Computersystem“ wird im StGB der Begriff<br />

„Datenverarbeitungssystem“ verwendet, der analog dem Begriff der<br />

Datenverarbeitungsanlage und der Computer- und der Recherchenanlage zu verstehen<br />

ist. 162<br />

Ein Datenverarbeitungssystem im Sinne von Art. 143 bis StGB ist eine „technische<br />

Einrichtung, über die Informationen in nicht direkt lesbarer Weise entgegengenommen,<br />

automatisiert bearbeitet und wieder gegeben werden“. 163 Der Passus „in nicht direkt<br />

lesbarer Weise“ bezieht sich auf die Eigenschaft als Tatobjekt von Art. 143 bis StGB.<br />

Von Art. 143 bis StGB erfasst werden auch die mit dem Internet verbundenen Rechner,<br />

die ISP, nicht aber die Netzwerke. 164<br />

Die Begriffe der CCC und des StGB unterscheiden sich somit insofern voneinander, als<br />

die CCC auch eine Mehrzahl von Vorrichtungen und die Computerprogramme explizite<br />

159<br />

Explanatory Report ZP, N 26, mit Hinweis auf Explanatory Report CCC, N 23 und 24.<br />

160<br />

Explanatory Report CCC, N 23.<br />

161<br />

Explanatory Report CCC, N 23.<br />

162 bis<br />

WEISSENBERGER, Art. 143 N 5; SCHMID, § 5 N 16 f.<br />

163<br />

SCHMID, § 2 N 9 ff.<br />

164 bis bis<br />

WEISSENBERGER, Art. 143 N 5; SCHMID, § 5 N 16; TRECHSEL, Art. 143 N 3.<br />

36


erwähnt. Beide Begriffe enthalten jedoch als zentrales Merkmal die automatisierte<br />

Datenverarbeitung, auf die im nächsten Paragraph der Arbeit eingegangen wird.<br />

§ 2 Begriff der Computerdaten<br />

I. Im Sinne der CCC und des ZP<br />

Als „Computerdaten“ gemäss Art. 1 lit. b CCC gelten Darstellungen von Fakten,<br />

Informationen oder Konzepten in einer für die Verarbeitung in einem Computersystem<br />

geeigneten Form, einschliesslich eines Programms, welches geeignet ist, ein<br />

Computersystem zur Durchführung einer Funktion zu veranlassen.<br />

Der Begriff „Computerdaten“ wird in Anlehnung an die ISO-Daten-Definition<br />

verwendet, die den Begriff „verarbeitungsfähig“ ("suitable for processing") verwendet.<br />

Daten im Sinne der CCC und des ZP sind somit Daten, die in einer elektronisch<br />

verarbeitbaren oder in einer anderswie direkt verarbeitbaren Form bestehen. 165<br />

Die Verarbeitung der Daten bedeutet, dass die Daten im Computersystem durch die<br />

Ausführung eines Computerprogramms bearbeitet werden, wobei dies automatisch bzw.<br />

ohne unmittelbare menschliche Intervention geschieht. 166 Unter „Computerprogramm"<br />

ist in diesem Zusammenhang ein Instruktionsset zu verstehen, das vom Computer<br />

ausgeführt wird, um das bezweckte Resultat zu erreichen. 167<br />

II. Im Sinne des StGB<br />

Das StGB verwendet im Gegensatz zum ZP nicht den Begriff „Computerdaten“,<br />

sondern den Begriff „Daten, die elektronisch oder in vergleichbarer Weise gespeichert<br />

oder übermittelt werden“.<br />

Der Begriff der Daten ist im Art. 143 StGB enthalten, wird aber nicht legal definiert.<br />

Art. 143 StGB regelt die unbefugte Beschaffung von Daten, die elektronisch oder in<br />

vergleichbarer Weise gespeichert sind. Unter „Daten“ werden in der Botschaft alle<br />

165<br />

“Electronic or other directly processable form”, vgl. Explanatory Report CCC, N 25.<br />

166<br />

Explanatory Report CCC, N 23.<br />

167<br />

Explanatory Report CCC, N 23.<br />

37


Informationen über einen Sachverhalt verstanden, beispielsweise in Form von<br />

Buchstaben, Zahlen, Zeichen, Zeichnungen, die zur weiteren Verarbeitung in eine<br />

Datenverarbeitungsanlage eingegeben, darin gespeichert oder dorthin übermittelt<br />

werden, solange sie nicht in einer direkt wahrnehmbaren Form vorliegen. 168<br />

Erforderlich ist, dass sie visuell erkennbar oder lesbar sind, bzw. visuell erkennbar oder<br />

lesbar gemacht werden können. 169<br />

In der Lehre wird der Datenbegriff weiter gefasst und erfasst alle Informationen, die<br />

„Gegenstand menschlicher Kommunikation“ sein können, 170 Text-, Bild-, Musik-, Ton-<br />

und Multimediadaten, ebenso wie Programme. 171 Auch Daten in wahrnehmbarer Form<br />

sollen erfasst werden, sowie Daten, die nicht mit einem Datenverarbeitungssystem<br />

zusammenhängen, sondern z. B. über ein Mobiltelefon oder ein Personal Digital<br />

Assistant übertragen und speichert werden. 172 Die Daten sind nach Art. 143 bis StGB<br />

elektronisch oder in vergleichbarer Weise gespeichert oder übermittelt, wenn sie sich in<br />

einem Prozess der automatisierten Datenverarbeitung befinden. 173<br />

Dieser weite Datenbegriff entspricht somit dem Begriff der Computerdaten gemäss Art.<br />

1 lit. b CCC, der lediglich fordert, dass eine für die Verarbeitung in einem<br />

Computersystem geeignete Form gegeben ist. 174<br />

§ 3 Öffentliche Tatbegehung mittels Computersystemen<br />

I. Die Tatbestandsvoraussetzung der Öffentlichkeit in Art. 3,<br />

5 und 6 ZP<br />

Gemäss Explanatory Report ZP soll der Begriff “öffentlich” klarstellen, dass private<br />

Kommunikation durch ein Computersystem nicht vom ZP erfasst ist. 175<br />

Es ist gemäss den Umständen des konkreten Einzelfalls zu entscheiden, ob die<br />

168 Botschaft 1991; 986.<br />

169 Botschaft 1991, 988.<br />

170 STRATENWERTH/JENNY, § 14 N 24; STRATENWERTH/WOHLERS, Art. 143 StGB, N 2.<br />

171 WEISSENBERGER, StGB, Art. 143 N 5 f.; TRECHSEL, Art. 143 StGB N 3; SCHMID, § 2 N 21 ff.<br />

172 SCHWARZENEGGER, Harmonisierung, 314.<br />

173 Botschaft 1991, 987; STRATENWERTH/JENNY, § 14 N 25.<br />

174 Dazu SCHWARZENEGGER, Harmonisierung, 315.<br />

38


Voraussetzung der Öffentlichkeit erfüllt ist, oder die Verbreitung und das<br />

Verfügbarmachen des Materials als private Kommunikation gilt, und somit, wie andere<br />

traditionelle Formen der Korrespondenz, von Art. 8 EMRK geschützt wird. 176<br />

Dabei ist zu prüfen, ob sich der Vorsatz des Täters darauf richtet, dass das Material oder<br />

z. B. die elektronische Nachricht, mit welcher es übermittelt wird, nur von einem<br />

bestimmten Adressaten erhalten wird. Das Vorhandensein dieses subjektiven Merkmals<br />

muss anhand der objektiven Umstände des Falles ermittelt werden, wie z. B. Inhalt der<br />

Sendung, in Anspruch genommene Technologie, verwendete Sicherheitsvorkehrungen,<br />

und Kontext, in welchem die Sendung oder die elektronische Nachricht steht. 177<br />

Ferner kann bei der Entscheidung, ob es sich um eine private oder um eine öffentliche<br />

Handlung handelt, berücksichtigt werden, ob die Sendung gleichzeitig an mehrere<br />

Empfänger erfolgt, wie gross die Anzahl der Empfänger ist, und welche Art von<br />

Beziehung zwischen Sender und Empfänger besteht. 178<br />

II. Die Tatbestandsvoraussetzung der Öffentlichkeit in Art.<br />

261 bis StGB<br />

Die Tatbestände von Art. 261 bis StGB setzen, mit Ausnahme von Art. 261 bis Abs. 5<br />

StGB, einen direkten Bezug zur Öffentlichkeit voraus. 179 Zudem richten sich die in<br />

Abs.1-3 aufgezählten Handlungen grundsätzlich an die Öffentlichkeit als Adressat. 180<br />

Die schweizerische Strafrechtslehre geht überwiegend davon aus, dass der Begriff der<br />

Öffentlichkeit im StGB ein einheitlicher Begriff ist und bei allen Straftatbeständen<br />

identisch auszulegen ist. 181 Der Begriff der Öffentlichkeit in Art. 261 bis StGB hat somit<br />

dieselbe Tragweite wie der Öffentlichkeitsbegriff in anderen StGB-Normen, in denen er<br />

vorkommt (bei der unwahren Angabe über ein kaufmännisches Gewerbe, der<br />

175<br />

Explanatory Report ZP, N 29.<br />

176<br />

Explanatory Report ZP, N 30.<br />

177<br />

Explanatory Report ZP, N 30.<br />

178<br />

Explanatory Report ZP, N 30.<br />

179 bis bis<br />

SCHLEIMINGER, Art. 261 N 21; TRECHSEL, Art. 261 N 15; BGE 126 IV 177 E. 2b. Nach ROM, 119,<br />

wird Öffentlichkeit auch im Abs. 3 nicht vorausgesetzt. Diese Ansicht wird treffend dahingehend<br />

präzisiert, dass die Teilnahme selber nicht öffentlich erfolgen muss, jedoch die Aktionen, die<br />

organisiert oder gefördert werden, vgl. NIGGLI, Rassendiskriminierung, N 911.<br />

180 bis<br />

SCHLEIMINGER, Art. 261 N 6, mit Hinweis auf BGE 123 IV 207 E.3b und 126 IV 25 f. E. 1c.<br />

181<br />

Vgl. statt vieler NIGGLI, Rassendiskriminierung, N 694, N 704, m.w.H.; VEST, N 41, mit Hinweis auf<br />

Vor Art. 258 N 10 ff.<br />

39


öffentlichen Aufforderung zu Verbrechen oder zur Gewalttätigkeit, der Störung der<br />

Glaubens- und Kultusfreiheit, der Störung der militärischen Sicherheit, der Beleidigung<br />

eines fremden Staates oder einer zwischenstaatlichen Organisation, und beim<br />

Ausstellen, Zeigen oder unaufgeforderten Anbieten pornographischer Gegenstände oder<br />

Vorführungen).<br />

Für diese Auffassung gibt es nach bundesrichterlicher Rechtsprechung keine<br />

zwingenden Gründe. Ob Öffentlichkeit im Sinne eines bestimmten Straftatbestands<br />

gegeben sei, hängt gemäss dem Bundesgericht wesentlich von dem geschützten<br />

Rechtsgut, sowie davon ab, weshalb im betreffenden Tatbestand die Öffentlichkeit als<br />

strafbegründendes Merkmal vorgesehen ist. 182<br />

Die Rassendiskriminierungsstrafnorm schützt gemäss einem überwiegenden Teil der<br />

Lehre als Rechtsgut richtigerweise die Menschenwürde einer Person. 183 Diese Ansicht<br />

steht zwar entgegen den Ausführungen in der Botschaft, wonach die<br />

Rassendiskriminierung eine Gefährdung des öffentlichen Friedens darstellt. 184<br />

Nach bundesgerichtlicher Rechtsprechung schützen Art. 261 bis Abs. 1 und Abs. 4 StGB<br />

„in erster Linie, unmittelbar oder zumindest mittelbar die Würde des einzelnen<br />

Menschen in seiner Eigenschaft als Angehöriger einer Rasse, Ethnie oder Religion“,<br />

wobei dieser Schutz zugleich der Wahrung des öffentlichen Friedens diene. 185<br />

Demgegenüber schützt gemäss Rechtsprechung Art. 261 bis Abs. 4 2. Satzteil StGB nur<br />

den öffentlichen Frieden. Individuelle Rechtsgüter werden nur mittelbar geschützt. 186<br />

In Anbetracht von Sinn und Zweck des Tatbestandsmerkmals der Öffentlichkeit in Art.<br />

261 bis StGB und mit Rücksicht auf das geschützte Rechtsgut betrachtet das<br />

Bundesgericht in seiner neusten Rechtsprechung alle Äusserungen und<br />

Verhaltensweisen als öffentlich, die nicht einem engen privaten Umfeld zugerechnet<br />

werden können. Um öffentliches Handeln anzunehmen, genügt es, dass es nicht auf das<br />

engere private Umfeld beschränkt bleibt, das der Gesetzgeber von der Strafbarkeit<br />

ausnehmen wollte. 187<br />

182<br />

BGE 130 IV 117 ff.; nicht veröffentlichter BGE 6S.635/2001 vom 30. Mai 2002, E. 3; BGE 126 IV<br />

178 ff.<br />

183 bis<br />

Vgl. NIGGLI, Rassendiskriminierung, N 112 ff.; SCHLEIMINGER, Art. 261 N 7;<br />

DONATSCH/WOHLERS, 209; STRATENWERTH, BT/2, § 39 N 22.<br />

184<br />

Botschaft, 309 f.; dazu FIOLKA/NIGGLI, 539 f.; KUNZ, Rechtsgut, 230.<br />

185 bis<br />

BGE 130 IV 117 ff.; BGE 129 IV 95 E. 3 zu Art. 261 Abs. 4 zweite Hälfte StGB.<br />

186<br />

BGE 123 IV 202 E. 2 und E. 3a; 128 I 218 E. 1.4; 129 IV 95 E. 3.2; 130 IV 111 E. 5.1; nicht<br />

publiziertes Urteil des Bundesgerichts, Kassationshof, 6S.297/2005 vom 31. 10. 2005, je m. w. H.<br />

187<br />

BGE 130 IV 119 f.; siehe auch FIOLKA/NIGGLI, 539 f.<br />

40


Mit dem BGE 130 IV 111 wurde die ältere Rechtsprechung des Bundesgerichts, die<br />

einen grösseren Personenkreis und die Zahl der Adressaten als ausschlaggebend<br />

betrachtete, und somit eine quantitative Betrachtung vorzog, 188 grundlegend geändert.<br />

Danach können auch unter wenigen Personen ausgetauschte rassistische Äusserungen<br />

den privaten Rahmen überschreiten, den der Gesetzgeber von der Strafbarkeit<br />

ausnehmen wollte. Ungeachtet der Zahl der Adressaten gelten alle Äusserungen und<br />

Verhaltensweisen als öffentlich, die nicht im privaten Rahmen erfolgen. Als privat sind<br />

Äusserungen anzusehen, die im Familienkreis, im Freundeskreis oder in einem durch<br />

persönliche Beziehungen oder besonderes Vertrauen geprägten Umfeld erfolgen. 189<br />

So wurde in einem neueren Entscheid die Öffentlichkeit bei mündlichen Äusserungen,<br />

die im Garten des Beschwerdegegners erfolgten, und die zwar vom Beschwerdeführer,<br />

nicht aber von beliebigen Drittpersonen mitverfolgt werden konnten, verneint. 190<br />

Der Entscheid, ob die Handlung noch im privaten Kreis erfolgt, ist gemäss dem<br />

Bundesgericht auf Grund der konkreten Umstände zu treffen.<br />

Eine gemeinsame Gesinnung der Teilnehmer schliesse den öffentlichen Charakter einer<br />

Veranstaltung nach Art. 261 bis StGB nicht aus, wenn die Gesinnungsgenossen nicht<br />

persönlich miteinander verbunden sind. Ebenso wenig dürfen Versammlungen nur<br />

deshalb als privat gelten, da eine Einlasskontrolle (mit schriftlicher Einladung)<br />

durchgeführt, der Zugang nur einem besonderen Publikum gestattet wird, und die<br />

Veranstaltung an einem abgelegenen Ort stattfindet. Auch der Umstand, dass alle<br />

Teilnehmer der Skinhead-Gruppierung angehörten und eine ähnliche rechtsextreme<br />

Gesinnung hatten, machte die Veranstaltung nicht zu einer privaten Veranstaltung. 191<br />

Nach älterer Rechtsprechung des Bundesgerichts und nach einem Teil der Lehre erfolgt<br />

eine Handlung nach Art. 261 bis StGB öffentlich, wenn sie von unbestimmt vielen<br />

Personen oder direkt von jedermann wahrgenommen werden kann, wenn sie an einen<br />

grösseren, nicht durch persönliche Beziehungen zusammenhängenden Kreis von<br />

188<br />

BGE 126 IV 176 E. 2d; ähnlich BGE 126 IV 230.<br />

189<br />

BGE 130 IV 111 ff.<br />

190<br />

Urteil 6P 79/2006, vom 6. 10. 2006, E. 6.<br />

191<br />

BGE 130 IV 119 f.<br />

41


Personen gerichtet ist, 192 oder von einem grösseren, nicht durch persönliche<br />

Beziehungen zusammenhängenden Personenkreis wahrgenommen werden kann. 193<br />

Gemäss Praxis des Bundesgerichts sind öffentlich z. B. antisemitische Äusserungen in<br />

einem Brief, der an 432 Personen und somit an einen grösseren Personenkreis versandt<br />

wurde. 194 Öffentlichkeit gemäss Art. 261 bis StGB wurde angenommen, obschon der<br />

Beschuldigte, der in einer von ihm herausgegebenen Zeitschrift Exemplare eines den<br />

Holocaust leugnenden Buches eines Dritten unter Hinweis auf dessen Inhalt zum<br />

Verkauf angeboten hatte, kein einziges Exemplar des Buches verkaufen konnte.<br />

Im nicht publizierten BGE 6S.635/2001 vom 30. Mai 2002 195 wurde Öffentlichkeit bei<br />

Art. 261 bis Abs. 4 erste Hälfte StGB bejaht für eine Äusserung auf der Strasse eines<br />

Wohnquartiers in Anwesenheit von 6 Personen. Das Bundesgericht hielt fest, die<br />

unmittelbar anwesenden 6 Personen seien nicht als Öffentlichkeit zu qualifizieren.<br />

Öffentlichkeit sei jedoch im konkreten Fall gegeben, da sich der Vorfall an einem<br />

Sommerabend zwischen 18.00 und 20.00 Uhr auf der Strasse eines<br />

Einfamilienhausquartiers ereignet habe. Daher könnte eine Vielzahl von unbestimmten<br />

und mit dem Täter in keiner persönlichen Beziehung stehenden Dritten Zeugen der<br />

lautstarken Äusserungen werden.<br />

Das Bundesgericht hat Öffentlichkeit sodann bejaht bei Äusserungen eines<br />

Beschuldigten in einer öffentlichen Gerichtsverhandlung wegen Ehrverletzung, an<br />

welcher Medienschaffende anwesend waren, die über die Gerichtsverhandlung und<br />

somit auch über die betreffenden Äusserungen zusammenfassend in Presseerzeugnissen<br />

berichten sollten. 196<br />

Subjektiv muss der Täter die Weiterverbreitung seiner Aussage mindestens in Kauf<br />

nehmen, ohne dass er Einfluss darauf nehmen kann. 197 Dabei ist das Risiko einer<br />

Weiterverbreitung höher, wenn die Äusserung gegenüber flüchtig Bekannten oder gar<br />

Fremden gemacht wird. In einem solchen Fall kann Eventualvorsatz angenommen<br />

192 BGE 111 IV 154 E. 3; BGE 123 IV 208, E. 3d; 126 IV 25 f.; 126 IV 176; NIGGLI,<br />

Rassendiskriminierung, N 703 f.; SCHLEIMINGER, Art. 261 bis N 21; STRATENWERTH, BT/2, § 38 N 15;<br />

REHBERG, StGB, 333; ROM, 119; STRAUSS, 232; s. auch FIOLKA/NIGGLI, 536 f.<br />

193 BGE 111 IV 151; 123 IV 202 E. 3d; 126 IV 176 E. 2; TRECHSEL, Art. 259 N 3a; Art. 261 N 3; Art.<br />

261 bis N 15; STRATENWERTH, BT/2, § 38 N 15; NIGGLI, Rassendiskriminierung, N 696, 704;<br />

SCHLEIMINGER, Art. 261 bis N 21; ähnlich die Rechtsprechung und herrschende Lehre in Deutschland,<br />

vgl. SCHÖNKE/SCHRÖDER, § 186 StGB N. 19.<br />

194 BGE 123 IV 202 E. 3d und E. 4c.<br />

195 Auszugsweise wiedergegeben in medialex 2002, 158 f.<br />

196 Nicht publizierter BGE 6S.698/2001 vom 22. Januar 2003, E. 3.3.<br />

42


werden. 198 Diese Begriffsumschreibung gilt gemäss Bundesgericht auch für den<br />

Tatbestand der Rassendiskriminierung, einschliesslich der Tatbestandsvariante der<br />

Leugnung von Völkermord (Art. 261 bis Abs. 4 zweite Hälfte StGB). 199<br />

Demgegenüber hat das Bundesgericht Öffentlichkeit verneint im Fall eines<br />

Beschuldigten, der ein rassendiskriminierende Ideologien enthaltendes Buch eines<br />

Dritten per Post an sieben ihm bekannte Personen verschickt hatte, mit der Begründung,<br />

dass sieben Adressaten nicht als Öffentlichkeit zu qualifizieren sind. 200<br />

Die Frage, ob das Risiko der Weiterverbreitung Öffentlichkeit begründet, da der<br />

Absender keine Kontrolle über die Weiterverbreitung des Buches durch die Adressaten<br />

hatte, verneinte das Bundesgericht. Öffentlichkeit sei nicht schon gegeben, wenn ein<br />

erhebliches Risiko der Weiterverbreitung an einen grösseren Personenkreis bestanden,<br />

sondern erst, wenn sich dieses Risiko verwirklicht habe. Das Ausmass des Risikos der<br />

Weiterverbreitung sei dabei nur in Bezug auf den subjektiven Tatbestand bedeutend. 201<br />

Das Bundesgericht hat Öffentlichkeit im Sinne von Art. 261 bis Abs. 4 StGB auch<br />

verneint, als ein Buchhändler etwa zehn Exemplare eines den Holocaust leugnenden<br />

Buchs eines Dritten an einem für Kunden nicht einsehbaren Ort aufbewahrte, keine<br />

Werbung dafür machte und das Buch nur auf Verlangen verkauft hatte. 202 Gemäss E.<br />

2c/aa des Entscheides fehlt bei Äusserungen in einem geschlossenen oder vertrauten<br />

Kreis Öffentlichkeit, auch wenn der Kreis 20 Personen umfasse, wobei diese Zahl im<br />

kritischen Bereich liege. Bei 40-50 Personen sei Öffentlichkeit zu bejahen, auch wenn<br />

zwischen den Adressaten eine persönliche Verbundenheit gegeben sei. 203<br />

Das Bundesgericht hat somit in mehreren älteren Urteilen auf die Zahl der Adressaten<br />

einer schriftlichen Äusserungen abgestellt und Öffentlichkeit unter Hinweis auf eine<br />

offensichtlich grosse Zahl ohne weiteres bejaht 204 bzw. in Anbetracht der kleinen Zahl<br />

verneint. 205 Es lehnte es jedoch ab, in Anlehnung an die Rechtsprechung zu Art. 19 Ziff.<br />

197 bis<br />

NIGGLI, Rassendiskriminierung, N 708; TRECHSEL, Art. 261 N 15.<br />

198<br />

BGE 126 IV 181 E. 2e.<br />

199<br />

Vgl. BGE 111 IV 151; 123 IV 202 E. 3d; 126 IV 176 E. 2.<br />

200<br />

BGE 126 IV 176.<br />

201<br />

BGE 126 IV 230; ablehnend FIOLKA/NIGGLI, 533 ff.<br />

202<br />

BGE 126 IV 176.<br />

203<br />

Vgl. BGE 126 IV 20 E. 1d betreffend 50 Adressaten.<br />

204 BGE 123 IV 202.<br />

205 Vgl. BGE 126 IV 230.<br />

43


2 lit. a BetmG, 206 einen Grenzwert zu bestimmen und diesen z. B. auf die Zahl 20<br />

festzulegen.<br />

Bei der Konkretisierung der ZP-Vorgaben betreffend die Öffentlichkeit der Handlung<br />

wird in der Schweiz somit BGE 130 IV 111 massgebend sein. Den Ausführungen im<br />

Explanatory Report ZP, wonach berücksichtigt werden kann, ob die Sendung<br />

gleichzeitig an mehrere Empfänger erfolgte und wie gross die Anzahl der Empfänger<br />

war, 207 muss auf Grund der Änderung der schweizerischen Rechsprechung keine<br />

Bedeutung zugemessen werden.<br />

III. Arten von Internet-Diensten<br />

1. Zum Begriff „Internet“<br />

Das Internet ist ein globales Telekommunikationsnetzwerk, ein weltweites<br />

Zusammenschluss von Computernetzen. 208 Es besteht aus vielen miteinander<br />

verbundenen Netzen und Netzwerken, welche die TCP/IP-Protokollfamilie benützen,<br />

um nationalen und internationalen Datenaustausch durchzuführen. 209 Mit dem Internet<br />

können Computersysteme verbunden sein, sei es als Endknoten oder als Mittel für die<br />

Unterstützung der Kommunikation im Netzwerk. 210<br />

2. WWW<br />

Das WWW, welches im Internet seit Anfang der neunziger Jahre angeboten wird,<br />

beruht auf dem HTTP und koordiniert unzählige einzelne Dokumente, die als<br />

Webseiten bezeichnet werden und auf Servern abgelegt sind. Inhalt einer WWW-<br />

Webseite kann jede Art von Information sein, Texte, Ton- oder Bildinhalte. 211<br />

206<br />

BGE 108 IV 63 E. 2; 109 IV 143 E. 3a.<br />

207<br />

Explanatory Report ZP, N 30.<br />

208<br />

SIEBER, Verantwortlichkeit, N 1; Bericht Expertenkommission Netzwerkkriminalität, 97. Der Begriff<br />

„Telekommunikationsnetzwerk“ findet sich im schweizerischen Recht nicht. Dazu ausführlich Bericht<br />

Expertenkommission Netzwerkkriminalität, 96 ff. Bezweckt wird von der Expertenkommission, durch<br />

diesen Begriff folgende Phänomene zu erfassen: das Bereitstellen und Bereithalten von Informationen<br />

(und nicht nur deren Übertragung); das Erfassen von Programmen i. S. v. Art. 215 RTVG und das<br />

Erfassen von Informations- und Mediendiensten (und nicht nur von Kommunikationsdiensten).<br />

209<br />

MARBERTH, 3, N 3 f.; JAEGER, 128; Bericht Expertenkommission Netzwerkkriminalität, 36;<br />

Explanatory Report CCC, N 24.<br />

210<br />

Vgl. Explanatory Report CCC, N 24.<br />

211 JAEGER, 139.<br />

44


Eine Webseite ist an einen grösseren, durch persönliche Beziehungen nicht<br />

zusammenhängenden Kreis von Personen gerichtet, auch wenn sie nicht direkt<br />

wahrgenommen werden kann, sondern zunächst einmal abgerufen werden muss. 212<br />

Das WWW enthält eine grafische Benutzeroberfläche, welche die Nutzung der Dienste<br />

im Internet vereinfacht, so dass es möglich ist, sich innerhalb des Internets den Zugriff<br />

auf Millionen von Dokumenten zu verschaffen, die sich jeweils über eine eindeutige<br />

Adresse abrufen lassen oder die miteinander verlinkt sind. 213<br />

Auf Grund der Abruf- und der Recherchemöglichkeit des Nutzers in allen weltweit<br />

gespeicherten Webseiten und in Internet-Diensten stellt das WWW eine riesige,<br />

weltumfassende Datenbank dar. 214<br />

3. Newsgroups<br />

Die Newsgroups stellen einen Gliedteil des weltweiten Diskussionsmediums<br />

Newsdienst dar, welches auf dem NNTP beruht und in Tausende von Themenbereichen<br />

gegliedert ist. Als solche ist die Newsgroup eine Ansammlung von Nachrichten zu<br />

einem bestimmten Thema, die es den Nutzern ermöglicht, Nachrichten und Meinungen<br />

auszutauschen, bzw. zu erhalten oder selber zu versenden, und somit an einer im<br />

Internet stattfindenden Diskussion teilzunehmen. 215<br />

In eine Newsgroup kann sich jeder einwählen. Dabei wird im Gegensatz zu einer<br />

Mailingliste auf eine Anmeldung verzichtet. Newsgroups werden mit „schwarzen<br />

Brettern, an denen die jeweiligen Teilnehmer ihre persönliche Meinung kundtun und<br />

Meinungen anderer Benutzer in Erfahrung bringen können“, verglichen.<br />

Die hinterlegten Kommentare bleiben dabei während einigen Tagen gespeichert. 216<br />

Als Inhalt können die Mitteilungen Texte oder Computerdaten jeder anderen Form<br />

haben. 217<br />

In einer Newsgroup kann somit auch rassistisches und fremdenfeindliches Material<br />

bereitgestellt bzw. verfügbar gemacht und verbreitet werden. Dabei ist bei der<br />

Verantwortlichkeit für den Inhalt zwischen moderierten und nicht moderierten<br />

212 HÄNNI, 116.<br />

213 JAEGER, 129; MARBERTH, 8, N 14.<br />

214 SIEBER, Verantwortlichkeit, N 62 f.<br />

215 SIEBER, Verantwortlichkeit, N 54 f.; MARBERTH, 9, N 16.<br />

216 RIKLIN, Information Highway, 562.<br />

45


Newsgroups zu unterscheiden. Die moderierten Newsgroups werden von einem sog.<br />

Moderator geführt, an den die Newsbeiträge zunächst als E-Mail zugesandt werden,<br />

damit er über die Aufnahme oder die Nichtaufnahme des Beitrags in die Newsgroup<br />

entscheiden kann, und auf diese Weise eine Art Inhaltskontrolle ausübt. Bei den nicht<br />

moderierten Newsgroups, die die Mehrheit darstellen, ist es hingegen dem Autor des<br />

Materials freigestellt, Dateien unmittelbar auf das Netz zu setzen und auszutauschen. 218<br />

Bei den moderierten Newsgroups kommt der Moderator somit auch als Täter oder<br />

Teilnehmer der rassistischen oder fremdenfeindlichen Handlung in Frage. Bei den nicht<br />

moderierten Newsgroups hingegen kommt der Autor des Inhalts, und gegebenenfalls<br />

ein ISP in Frage.<br />

4. IRC<br />

Der IRC ist ein Internetdienst, bei dem im Gegenteil zum WWW die Inhalte nicht auf<br />

einem Datenträger zum Abruf gespeichert werden. Beim IRC handelt es sich um einen<br />

„Echtzeitdienst“, bei welchem Daten zwischen zwei oder mehreren Personen<br />

unmittelbar und ohne Zwischenspeicherung ausgetauscht werden. 219<br />

Wie in einer Newsgroup, können beim IRC Texte und Bilder zu einem bestimmten<br />

Thema ausgetauscht werden, jedoch kommunizieren die IRC-Teilnehmer interaktiv in<br />

einem getippten Dialog miteinander. Das Diskussionsthema kann auf einem Kanal bzw.<br />

einer Diskussionsliste ausgewählt werden, die allgemein zugänglich oder<br />

einlassbeschränkt sein kann. 220 Der öffentliche Dialog kann dabei von einem sog.<br />

Moderator überwacht werden. Deshalb wird von verschiedenen Teilnehmern die<br />

Möglichkeit genutzt, zu einem anderen Teilnehmer einen nichtöffentlichen Kanal<br />

aufzubauen und sozusagen „unter vier Augen“ mit diesem zu sprechen. 221<br />

5. FTP-Dienst<br />

Der FTP-Dienst ermöglicht die Übertragung und den Austausch von Computerdateien<br />

zwischen zwei Computern über das Internet, indem sie auf einem FTP-Server entweder<br />

217 JAEGER, 129.<br />

218 Dazu SIEBER, Verantwortlichkeit, N 57 f.<br />

219 SIEBER, Verantwortlichkeit, N 74 f.<br />

220 MARBERTH, 9, N 18.<br />

221 JAEGER, 130.<br />

46


hochgeladen oder von ihm heruntergeladen werden können. 222 Um diesen Dienst in<br />

Anspruch zu nehmen, muss sich der Nutzer bei einem FTP-Server anmelden.<br />

Die Zugriffsmöglichkeiten zum FTP-Server werden dabei durch den Serverbetreiber<br />

festgelegt. Im Normalfall wird ein freier Datenabruf gewährleistet, bzw. die Daten<br />

werden in einem sog. Verzeichnis jedermann zur Verfügung gestellt. 223 Es ist jedoch<br />

auch möglich, ein Anmeldeformular mit Passwort vorzusehen.<br />

Daraus wird ersichtlich, dass beim FTP rassistisches und fremdenfeindliches Material<br />

verfügbar gemacht und verbreitet werden kann. Wenn das Material für jedermann<br />

verfügbar ist, liegt eine öffentliche Handlung vor. Wenn das Material nur für eine<br />

geschlossene Gruppe von Personen hochgeladen wird, ist zu prüfen, ob zwischen ihnen<br />

eine persönliche Beziehung besteht, und ob die Handlung als im privaten Umfeld<br />

begangen zu qualifizieren ist.<br />

6. E-Mail<br />

Der am meisten genutzte Dienst im Internet ist die E-Mail, die einen der traditionellen<br />

Briefkommunikation ähnlichen Informationsaustausch ermöglicht. 224<br />

Indem auf einem Server elektronische Postfächer eingerichtet werden, kann ein<br />

Internetnutzer mit einer individuellen E-Mail-Adresse, die ihn weltweit identifiziert,<br />

eingegangene Post abholen und selber an beliebige Teilnehmer im Internet in<br />

Sekundenschnelle Nachrichten verschicken, und auf diese Weise Texte oder andere<br />

Inhalte, sei es visuelle oder akustische, austauschen. 225<br />

Die E-Mail entspricht einem elektronischen Brief und muss deshalb grundsätzlich dem<br />

Schutz der Privatsphäre unterliegen. Sie ist nicht öffentlich. Wenn die Adressaten<br />

jedoch nicht Vertraute sind und die Mitteilung an eine unüberblickbar grosse Anzahl<br />

von Personen geschickt wird, kann man davon ausgehen, dass der Täter seine<br />

Einflussmöglichkeit ausdrücklich oder stillschweigend aufgibt, und mit einer<br />

Verbreitung rechnet, was die Mitteilung öffentlich machen könnte. 226<br />

Einen Spezialfall der elektronischen Post stellen die sog. Mailinglisten dar. Sie<br />

ermöglichen es, dass eine eingehende E-Mail an vordefinierte Adressaten weiter<br />

222 BOESE, 29; SIEBER, Verantwortlichkeit, N 70.<br />

223 SIEBER, Verantwortlichkeit, N 71.<br />

224 SIEBER, Verantwortlichkeit, N 72.<br />

225 JAEGER, 129; MARBERTH, 8, N 16.<br />

47


verschickt wird. So kann ein Beitrag, welcher sich bei den Mailinglisten meist einem<br />

bestimmten Diskussionsthema widmet, an eine zentrale Adresse geschickt werden, von<br />

der aus sie automatisch an alle Beteiligten weiterversandt wird. Umgekehrt kann man<br />

auch als Teilnehmer sämtliche Beiträge per E-Mail erhalten. Für eine Beteiligung an der<br />

Mailingliste ist eine Anmeldung beim verwaltenden Rechner erforderlich. 227<br />

§ 4 Folgerung<br />

Wesentlich bei der Begehung einer Straftat mittels Computersystemen ist, dass<br />

Computerdaten über das Netzwerk ausgetauscht werden. 228 Unter „Netzwerk“ ist dabei<br />

eine Verbindung zwischen zwei oder mehreren Computersystemen zu verstehen. 229<br />

Aus den Ausführungen in §§ 1 und 2 wird ersichtlich, dass sich die Begriffe<br />

„Computersystem“ im Sinne der CCC und des ZP 230 und „Datenverarbeitungsanlage“<br />

im Sinne des StGB, 231 voneinander insofern unterscheiden, als die CCC auch eine<br />

Mehrzahl von Vorrichtungen und die Computerprogramme explizite erwähnt.<br />

Beide Begriffe enthalten als Hauptmerkmal die Datenverarbeitung. Wie dargestellt,<br />

wird die Datenverarbeitung in den Materialien zum ZP und zur CCC definiert, indem<br />

erwähnt wird, dass sie automatisch, d.h. ohne direkte menschliche Zuhilfenahme<br />

erfolgen soll. Der in der CCC verwendete Begriff geht weiter als derjenige des StGB,<br />

und bietet den Vorteil, dass auch Daten, die nicht visuell wahrnehmbar sind, erfasst<br />

sind. Gemäss der schweizerischen Lehre ist jedoch der Begriff der Daten des<br />

schweizerischen Computerstrafrechts weit auszulegen. Damit erhält der Datenbegriff<br />

die gleiche Reichweite wie derjenige der CCC. 232<br />

Betreffend die Öffentlichkeit der Tatbegehung betrachtet das ZP das Verfügbarmachen<br />

und das Verbreiten von rassistischem und fremdenfeindlichem Material grundsätzlich<br />

als privat, und somit als nicht vom ZP erfasst, wenn das Material mit einer E-Mail an<br />

226<br />

NIGGLI, Rassendiskriminierung, N 710.<br />

227<br />

BOESE, 28 f.<br />

228<br />

Vgl. Explanatory Report CCC, N 24.<br />

229<br />

Explanatory Report CCC, N 24.<br />

230<br />

Vgl. Art. 1 lit. a CCC.<br />

231 bis<br />

WEISSENBERGER, Art. 143 N 5; SCHMID, § 2 N 9 ff.<br />

232 bis<br />

Ausführlich dazu WEISSENBERGER, Art. 143 N 5 f. und Art. 144 N 4, m. w. H.; SCHWARZENEGGER,<br />

Harmonisierung, 315.<br />

48


einen bestimmten Empfänger gesandt wird. Austauschen von rassistischem oder<br />

fremdenfeindlichem Material im IRC, in Newsgroups oder in Internet-Diskussionsforen<br />

nennt das Explanatory Report zum ZP hingegen als Beispiele von Verfügbarmachen des<br />

Materials an die Öffentlichkeit, da in diesen Fällen das Material für jedermann<br />

verfügbar ist. Auch dann, wenn der Zugang zum rassistischen und fremdenfeindlichen<br />

Material eine Zugangsermächtigung voraussetzt, wie z. B. durch ein Passwort, soll das<br />

Material als öffentlich verfügbar gelten, wenn der Zugang jedermann ermöglicht<br />

werden darf, der bestimmte Voraussetzungen erfüllt. 233<br />

Auch nach geltendem schweizerischen Recht ist der erforderliche Öffentlichkeitsbezug<br />

bei einer Publikation in einem Massenmedium wie das WWW, immer gegeben. 234 Auch<br />

bei einer Newsgroup, in der sich jeder einwählen kann, ist das Erfordernis der<br />

Öffentlichkeit des Art. 261 bis StGB als gegeben zu betrachten.<br />

Beim IRC ist die Öffentlichkeit grundsätzlich zu bejahen, da die rassistischen und<br />

fremdenfeindlichen Äusserungen von einem zufällig hinzutretenden Dritten<br />

wahrgenommen werden könnten. Nimmt man jedoch die Möglichkeit in Anspruch, sich<br />

mit einem anderen Teilnehmer zu einer privaten Session zurückzuziehen, befindet man<br />

sich im privaten Umfeld, welches die Öffentlichkeit ausschliesst. 235<br />

Im Bezug auf Mailinglisten und auf FTP-Dienste kann davon ausgegangen werden, dass<br />

BGE 130 IV 111 entscheidend ist, wonach als öffentlich nach Art. 261 bis StGB alles<br />

gelten kann, was nicht privat ist. 236 Der Entscheid, ob eine Handlung mittels<br />

Mailinglisten oder FTP-Diensten im privaten Kreis erfolgt, ist zwar nach wie vor auf<br />

Grund der konkreten Umstände zu treffen. Dabei ist jedoch die Zahl der<br />

angesprochenen Personen nicht mehr massgebend. Das Bundesgericht hat zwar gemäss<br />

früherer Rechtsprechung in mehreren Urteilen auf die Zahl der Adressaten von<br />

schriftlichen Äusserungen abgestellt und Öffentlichkeit unter Hinweis auf eine<br />

offensichtlich grosse Zahl ohne weiteres bejaht, 237 oder in Anbetracht einer kleinen Zahl<br />

verneint. 238 Gemäss dem neuen BGE ist die Adressatenzahl nicht mehr massgebend.<br />

Deswegen dürfte bei den Mailingslisten und bei den FTP-Diensten, (bei denen der Täter<br />

233 Explanatory Report ZP, N 30.<br />

234 Dazu HÄNNI, 116.<br />

235 Vgl. dazu § 3 II.<br />

236 Vgl. auch FIOLKA/NIGGLI, 539 f.<br />

237 BGE 123 IV 202 E. 3d und E. 4c.<br />

238 BGE 126 IV 176, 230.<br />

49


nur in seltensten Fällen den Adressaten persönlich nahe steht), regelmässig<br />

Öffentlichkeit angenommen werden.<br />

Auch E-Mails sind geeignet, um verbotenes Material zu verbreiten, wenn die<br />

Adressaten nicht Vertraute sind, und der Täter mit einer Weiterverbreitung rechnet.<br />

50


4. Kapitel: Gemäss ZP als Straftaten zu<br />

umschreibende Handlungen<br />

Im vorliegenden Kapitel werden Art. 3-6 des ZP erörtert, welche Tathandlungen<br />

umschreiben, die von den Vertragsstaaten in ihrem nationalen Recht als Straftaten zu<br />

vorzusehen sind. Um eine bessere Übersicht zu verschaffen, werden in den § 1-3<br />

zunächst die Merkmale und Voraussetzungen dargestellt, die den Art. 3-6 ZP<br />

gemeinsam sind. In den darauffolgenden Paragraphen wird sodann zu den weiteren<br />

Merkmalen der Tathandlungen der Art. 3-6 ZP Stellung genommen.<br />

§ 1 Subjektive Tatbestandsmerkmale<br />

I. Von Art. 3-6 ZP<br />

Alle Handlungen des ZP müssen vorsätzlich begangen werden, damit eine<br />

strafrechtliche Verantwortlichkeit begründet wird. 239<br />

Das ZP will sicherstellen, dass Personen nicht strafrechtlich verantwortlich gemacht<br />

werden, wenn die Vorsatzvoraussetzungen nicht erfüllt sind. So soll z. B. ein ISP nicht<br />

strafrechtlich verantwortlich gemacht werden, wenn er nur als Durchgangsstation dient<br />

oder zwar eine Webseite hostet, die rassistisches oder fremdenfeindliches Material<br />

enthält, jedoch der gemäss nationalem Strafrecht erforderliche Vorsatz fehlt. 240<br />

II. Zum Vorsatz nach schweizerischem Strafrecht<br />

Die Materialien zum ZP und zur CCC sehen vor, dass die Umschreibung des Begriffs<br />

des Vorsatzes der innerstaatlichen Auslegung überlassen werden soll. 241<br />

Im Sinne des schweizerischen Strafrechts bedeutet dies, dass ein Vorsatz nach Art. 12<br />

StGB gegeben sein muss. Strafbar macht sich danach, wer die Tat mit Wissen und<br />

239 Vgl. Explanatory Report ZP, N 25.<br />

240 Explanatory Report ZP, N 25.<br />

241 Vgl. Explanatory Report ZP, N 25.<br />

51


Willen ausführt oder wer die Verwirklichung der Tat für möglich hält und in Kauf<br />

nimmt (vgl. Art. 12 Abs. 2 StGB). 242<br />

Auch die Tatbestandsvarianten von Art. 261 bis StGB müssen vorsätzlich im Sinne von<br />

Art. 12 StGB erfüllt werden. 243 Die vom Bundesgericht verlangte Voraussetzung, dass<br />

der Täter aus rassendiskriminierenden Gründen gehandelt haben muss, ist in der Lehre<br />

zu Recht umstritten.<br />

Bei Art. 261 bis Abs. 4 zweite Satzhälfte StGB verlangt der Gesetzeswortlaut, dass das<br />

Leugnen, Verharmlosen oder Rechtfertigen des Völkermords oder der Verbrechen<br />

gegen die Menschlichkeit “aus einem dieser Gründe“ erfolgen soll. Der Passus bezieht<br />

sich auf die in Art. 261 bis Abs. 4 erste Satzhälfte StGB aufgezählten Gründe, bzw. auf<br />

den Beweggrund des Täters, wegen der Rasse, Ethnie oder Religion herabzusetzen oder<br />

zu diskriminieren. 244<br />

Gegen diese zusätzliche Voraussetzung im Art. 261 bis Abs. 4 zweite Satzhälfte StGB<br />

spricht einerseits die Tatsache, dass ein Leugnen von Völkermord ohne<br />

rassendiskriminierende Motive praktisch nicht denkbar ist. 245 Andererseits wird z. B.<br />

ein Handeln des Täters aus Gewinnsucht nicht erfasst. 246<br />

Aus diesen Gründen schliesst sich die vorliegende Arbeit der Lehrmeinung an, wonach<br />

der Passus “aus einem dieser Gründe“ in Art. 261 bis Abs. 4 2. Satzhälfte StGB im<br />

Gesamtkontext des Art. 261 bis StGB als überflüssig erscheint, und ein gesetzgeberisches<br />

Missgeschicks beim Erlass der Norm darstellt. 247<br />

III. Folgerung<br />

Die im ZP vorgesehenen Handlungen müssen die Voraussetzungen von Art. 12 StGB<br />

erfüllen. Insbesondere sollen sich aus dem Wortlaut von Art. 261 bis Abs. 4 2. Satzhälfte<br />

242<br />

Dazu STRATENWERTH/WOHLERS, Art. 12 N 2 ff.<br />

243 bis<br />

STRATENWERTH/WOHLERS, Art. 261 N 8, 10, 14, 16, 18; STRATENWERTH, BT/2, § 39 N 37 m. w.<br />

H.; NIGGLI, Rassendiskriminierung, N 1206; SCHLEIMINGER, Art. 261 bis N 35, 40, 43, 57, 64 ff., 76;<br />

ROM, 144 ff.<br />

244 bis<br />

STRATENWERTH, BT/2, § 39 N 37; STRATENWERTH/WOHLERS, Art. 261 N 16; NIGGLI,<br />

Rassendiskrimiierung, N 1218 ff.; SCHLEIMINGER, Art. 261 bis N 64 ff. Die Frage wurde offen gelassen im<br />

BGE 126 IV 26. Im BGE 123 IV 210 entschied das Bundesgericht, dass der Täter aus<br />

rassendiskriminierenden Beweggründen handeln müsse.<br />

245 bis<br />

NIGGLI, Rassendiskriminierung, N 1228; SCHLEIMINGER, Art. 261 N 65.<br />

246 bis<br />

STRATENWERTH/WOHLERS, Art. 261 N 16.<br />

52


StGB keine erschwerten Voraussetzungen für die Umsetzung von Art. 6 ZP ergeben,<br />

der sich mit der Leugnung, der groben Verharmlosung, der Billigung und der<br />

Rechtfertigung von Völkermord oder anderen Verbrechen gegen die Menschlichkeit<br />

befasst.<br />

Gemäss Art. 6 Abs. 2 lit. a ZP darf sich zwar ein Unterzeichnerstaat das Recht<br />

vorbehalten, dass die in Art. 6 Abs. 1 ZP beschriebenen Vorgehensweisen von der<br />

Absicht geprägt sein müssen, zu Hass, Diskriminierung oder Gewalt gegenüber<br />

Personen oder Personengruppen aufzurufen, um sie für strafbar zu erklären. Es ist zu<br />

hoffen, dass die Schweiz auf diesen überflüssigen Vorbehalt verzichten wird.<br />

§ 2 Rechtfertigungs- und Schuldausschlussgründe<br />

Eine gemeinsame Voraussetzung aller ZP-Handlungen ist, dass sie nur dann strafbar<br />

sind, wenn sie unbefugt („without right“) begangen werden (vgl. Art. 3, 4, 5, und 6 ZP).<br />

Diese Voraussetzung will der Tatsache Rechnung tragen, dass Handlungen durch<br />

„klassische“ Rechtfertigungsgründe wie Notwehr, Notstand oder Einwilligung<br />

gerechtfertigt sein können, oder wegen anderen Gründen, Prinzipien und Interessen, wie<br />

z. B. wissenschaftliche Zwecke, von einer strafrechtlichen Verantwortlichkeit<br />

ausgeschlossen werden. 248<br />

So kann sich der Ausdruck “without right” auf Verhaltensweisen ohne Ermächtigung<br />

(gesetzliche, richterliche, administrative, vertragliche oder auf Grund einer<br />

Einwilligung) beziehen, und auf Verhaltensweisen, welche von keinen gesetzlich<br />

verankerten Rechtfertigungs- oder Schuldausschlussgründen gedeckt sind. Ferner sollen<br />

rechtmässige und alltägliche Tätigkeiten der Netzwerkbeteiligten und rechtmässige und<br />

alltägliche Tätigkeiten im kaufmännischen Verkehr nicht erfasst werden. 249<br />

247 SCHLEIMINGER, Art. 261 bis N 65; NIGGLI, Rassendiskriminierung, N 1226 mit Hinweis auf die nicht<br />

konsequent beachteten Vorschläge von KUNZ, dazu auch KUNZ, Bemerkungen Botschaft, 167.<br />

248 Siehe Explanatory Report ZP, N 24, wo als Beispiele solcher Gründe Einwilligung, Notstand,<br />

Notwehr, aber auch wissenschaftliche- und Forschungszwecke explizit genannt sind.<br />

249 Explanatory Report ZP, N 24.<br />

53


Den Vertragsstaaten soll es frei stehen, zu bestimmen, ob solche Rechtfertigungs- und<br />

Schuldausschlussgründe in ihrem Rechtssystem bereits vorhanden sind, sei es in ihrem<br />

Strafrecht oder sonst wo, oder ob neue Gründe einzuführen sind. 250<br />

Im schweizerischen Strafrecht sind Rechtswidrigkeit und Schuld in den Art. 14-21<br />

StGB umschrieben. Als rechtmässig gelten danach per se strafbare Handlungen, die<br />

durch Gesetz geboten oder erlaubt sind (Art. 14 StGB), die auf Grund von Notwehr<br />

(Art. 15 StGB) oder Notstand (Art. 17 StGB) geschehen. Darüber hinaus sind<br />

Schuldausschluss oder Milderung der Strafe durch den Richter vorgesehen, wenn<br />

entschuldbare Notwehr (Art. 16 StGB), entschuldbarer Notstand (Art. 18 StGB),<br />

Schuldunfähigkeit oder verminderte Schuldfähigkeit (Art. 19 StGB) oder Irrtum (Art.<br />

21 StGB) vorliegen. Hinzu kommen weitere, ungeschriebene Rechtsfertigungsgründe,<br />

wie die Einwilligung oder die mutmassliche Einwilligung des Betroffenen, die<br />

Wahrnehmung berechtigter Interessen, die Pflichtenkollision oder die behördliche<br />

Einwilligung. 251<br />

Weitere, staatliches Handeln in Ausnahmesituationen rechtfertigende Gründe, sind in<br />

der BV vorgesehen, und betreffen Fälle von öffentlichem Notstand, Gefährdung der<br />

nationalen Sicherheit, Kriegszuständen und Verstössen gegen das ordre public.<br />

Es besteht kein Anlass, im schweizerischen Recht weitere Gründe einzuführen, die eine<br />

Rechtfertigung oder einen Schuldausschluss speziell für Handlungen des ZP vorsehen.<br />

Dies ist auch nicht bei der Umsetzung der Verpflichtungen aus der RDK passiert. 252<br />

Es ist auch nicht geboten, Medienschaffende oder Wissenschaftler mit einem generellen<br />

Rechtfertigungsgrund von der strafrechtlichen Verantwortlichkeit für rassistische und<br />

fremdenfeindliche Inhalte auszuschliessen. 253 In der Lehre wird zu Recht die Meinung<br />

vertreten, dass die Wissenschaftlichkeit oder eine Wahrnehmung berechtigter Interessen<br />

immer unter dem Gesichtspunkt der Motivation des Täters geprüft werden sollen, ohne<br />

dass ein genereller Rechtfertigungsgrund für Journalisten und Wissenschaftler<br />

geschaffen werden soll. Dabei ist unter „Motivation“ des Täters der Vorsatz gemäss<br />

seiner Beschaffenheit als subjektives Tatbestandsmerkmal zu verstehen. 254 Ausgehend<br />

davon, dass die Menschenwürde das von Art. 261 bis StGB geschützte Rechtsgut ist, sind<br />

250<br />

Explanatory Report ZP, N 24.<br />

251<br />

Näheres zu den Rechtfertigungs- und Schuldausschlussgründen in STRATENWERTH/WOHLERS, Vor<br />

Art. 14 ff. StGB, N 1 ff.<br />

252<br />

Dazu ROM, 146 ff.<br />

253<br />

bis<br />

TRECHSEL, Art. 261 N 44; DONATSCH/WOHLERS, 220.<br />

254 bis<br />

ROM, 140; SCHLEIMINGER StGB, Art. 261 N 27 ff.; NIGGLI, Rassendiskriminierung, N 648, 1007 ff.<br />

54


kaum Gegeninteressen denkbar, die den Täter zu einer rassendiskriminierenden<br />

Handlung berechtigen können. 255<br />

Die im StGB enthaltenen Rechtfertigungs- und Schuldausschlussgründe sind somit auf<br />

die Handlungen des ZP anzuwenden, ohne dass neue gesetzgeberische Massnahmen<br />

notwendig sind.<br />

§ 3 Versuch<br />

Das ZP erklärt den Versuch, eine der im ZP umschriebenen Handlungen zu begehen,<br />

nicht als strafbar. Das Explanatory Report ZP erklärt dies damit, dass viele der<br />

umschriebenen Verhaltensweisen Vorbereitungshandlungen darstellten. 256<br />

Die Anwendung der in der Schweiz geltenden Regeln für die Strafbarkeit des Versuchs<br />

(Allgemeiner Teil des StGB, Art. 22 f. StGB) kann jedoch trotz dieser Ansicht<br />

unberührt bleiben.<br />

Dabei ist jedoch zu beachten, dass Tathandlungen der Rassendiskriminierungsstrafnorm<br />

nur in seltenen Fällen versuchte Handlungen darstellen können. 257 Wenn eine Handlung<br />

als schlichtes Tätigkeits- und Gefährdungsdelikt qualifiziert wird, kann es keinen örtlich<br />

und zeitlich unterscheidbaren Erfolg geben. 258<br />

255 ROM, 146 f., m.w.H.; SCHLEIMINGER StGB, Art. 261 bis N 27.<br />

256 Explanatory Report ZP, N 44.<br />

257 Vgl. DONATSCH/WOHLERS, 220.<br />

258 Vgl. NIGGLI, Rassendiskriminierung, N 234 ff.; TRECHSEL, Art. 261 bis N 6; SCHLEIMINGER, Art. 261 bis<br />

N 8.<br />

55


§ 4 Täterschaft und Teilnahme<br />

I. Allgemeines zur Regelung in Art. 7 ZP<br />

Durch Art. 7 ZP werden die Beihilfe und die Anstiftung zu den in Art. 3-6 ZP<br />

statuierten Handlungen geregelt. Der Zweck des Artikels besteht darin,<br />

Teilnahmehandlungen als strafbar zu erklären. Jedes Helfen oder Begünstigen soll<br />

bestraft werden, wenn es unbefugt erfolgt und vom Vorsatz geprägt wird, dass eine<br />

Handlung der Art. 3-6 ZP begangen wird. 259 Haftbarkeit für Teilnahmehandlungen<br />

entsteht, wenn die betreffende Person will und beabsichtigt, dass der Haupttäter die im<br />

Sinne des ZP strafbare Handlung tatsächlich begeht. 260<br />

Art. 7 ZP bezieht sich auch auf die Strafbarkeit der ISP (“service provider“,<br />

„Dienstanbieter“). 261 So darf ein ISP nicht verantwortlich sein, wenn er als reine<br />

Durchgangsstation dient oder eine Website oder eine Newsgroup bereit hält, ohne den<br />

erforderlichen Vorsatz gemäss nationalem Recht zu haben. Der Begriff der Absicht<br />

bzw. des Vorsatzes wird nicht näher definiert. Daher bleibt gemäss ZP offen, ob die<br />

Anbieter<br />

z. B. nach einer Aufforderung zum Blockieren von Webseiten durch Behörden<br />

absichtlich rassistisches und fremdenfeindliches Material verbreiten würden oder nicht.<br />

Klarstellen will das ZP hingegen, dass ein ISP nicht verpflichtet ist, Leitungen zu<br />

überwachen. 262<br />

Um herauszuschälen, welche Unterschiede zwischen den Täterschafts- und<br />

Teilnahmevorgaben des ZP und der schweizerischen Regelung der Täterschaft und der<br />

Teilnahme bei einer Tatbegehung mittels Computersystemen bestehen, wird im<br />

Folgenden die Frage erörtert, welche Formen der Täterschaft und der Teilnahme bei<br />

einer Tatbegehung mittels Computersystemen nach schweizerischem Strafrecht denkbar<br />

sind.<br />

259 Explanatory Report ZP, N 46.<br />

260 Explanatory Report ZP, N 45.<br />

261 Explanatory Report ZP, N 45.<br />

262 Vgl. Explanatory Report ZP, N 44 f.<br />

56


II. Täterschaft nach schweizerischem Strafrecht im Hinblick<br />

auf eine Tatbegehung mittels Computersystemen<br />

1. Allgemeines<br />

Nach schweizerischem Strafrecht ist Täter derjenige, der die objektiven und die<br />

subjektiven Tatbestandsmerkmale einer strafbaren Tat verwirklicht. Täter ist dabei<br />

sowohl ein Alleintäter als auch ein Mittäter, und ferner sowohl ein unmittelbarer als<br />

auch ein mittelbarer Täter. 263<br />

2. Autor rassistischen oder fremdenfeindlichen Materials<br />

2.1. Begriff des Autors<br />

Das Bereitstellen, Bereithalten und Übermitteln von strafbaren Inhalten im<br />

Kommunikationsnetz bzw. mittels Computersystemen, verläuft über mehrere Stationen,<br />

weswegen als Täter oder Teilnehmer mehrere Personen in Frage kommen. Als erste<br />

Person, sozusagen als „Haupttäter“ kommt derjenige in Frage, der die betreffenden<br />

Inhalte geschaffen bzw. verfasst, gemalen oder zusammengestellt hat, und sie auf das<br />

Netz gesetzt hat, sodass er als Autor der Inhalte bezeichnet werden kann. 264 Ferner wird<br />

als Autor derjenige bezeichnet, der die Verantwortung für den Inhalt übernimmt. 265<br />

Der Autor einer rassendiskriminierenden Äusserung ist derjenige, der sie tatsächlich<br />

ausgedacht und in Worten ausgedrückt hat. 266 Als Autor einer bildlichen Darstellung ist<br />

z. B. derjenige zu betrachten, der die Bilder arrangiert und aufgenommen hat. Autor ist<br />

auch derjenige, der in irgendeiner Form als Verfasser auftritt, sei es zu Recht oder zu<br />

Unrecht. 267 Hingegen genügt es für die Eigenschaft als Autor nicht, wenn der Täter<br />

bereits verbreitete Meldungen unter Quellenangabe weitergibt. 268<br />

263<br />

STRATENWERTH/WOHLERS, Vor Art. 24 ff. N 3. Zu den verschiedenen Täterschaftskonstellationen<br />

vgl. Vor Art. 24 ff. N 4 ff.<br />

264<br />

Gutachten BJ, 14.<br />

265<br />

DONATSCH/TAG, 201.<br />

266<br />

Gutachten BJ, 14; SIEBER, Criminal Liability, 25.<br />

267<br />

STRATENWERTH/WOHLERS, Art. 28, N 4.<br />

268<br />

Vgl. BGE 73 IV 220; 82 IV 74 ff.<br />

57


2.2. Art. 261 bis<br />

StGB als Mediendelikt?<br />

Wird eine strafbare Handlung durch Veröffentlichung in einem Medium begangen und<br />

erschöpft sie sich in dieser Veröffentlichung, ist gemäss Art. 28 Abs. 1 StGB allein der<br />

Autor strafbar. Wenn der Autor nicht ermittelt oder in der Schweiz nicht vor Gericht<br />

gestellt werden kann, muss der verantwortliche Redaktor, oder, wenn es an einem<br />

solchen fehlt, der für die Veröffentlichung Verantwortliche gemäss Art. 28 Abs. 2 StGB<br />

i. V. m. Art. 322 bis StGB zur Rechenschaft gezogen werden (sog. Kaskadenordnung 269 ),<br />

und zwar auch dann, wenn er fahrlässig handelt (vgl. Art. 322 bis StGB Satz 2). .270<br />

Dabei ist der für die Veröffentlichung Verantwortliche meistens der Redaktor, da er in<br />

den meisten Fällen die medienspezifische Inhaltsüberwachung ausführt, und gegen die<br />

Veröffentlichung einschreiten kann. 271<br />

Die elektronischen Netzwerke, insbesondere das Internet, werden von Lehre und<br />

Rechtsprechung als Medium im Sinne des StGB bezeichnet. 272 Die Kaskadenhaftung<br />

von Art. 28 StGB kommt also bei Handlungen über Internetdienste, die der<br />

Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt werden bzw. durch die ein gedanklicher, visueller<br />

oder akustischer Inhalt einem grösseren Kreis von Personen zugänglich gemacht wird,<br />

grundsätzlich zur Anwendung. 273<br />

Was jedoch die Anwendbarkeit des Art. 28 StGB auf den Tatbestand der<br />

Rassendiskriminierung betrifft, herrsch Uneinigkeit. In der Lehre wird Art. 261 bis StGB<br />

überwiegend als ein Mediendelikt bewertet und Art. 28 StGB unterstellt. 274 ROM bejaht<br />

die Anwendbarkeit der Kaskadenhaftung bei Art. 261 bis Abs. 1 und Abs. 4 StGB und<br />

verneint sie bei Art. 261 bis Abs. 2 StGB. 275<br />

269 Dazu RIKLIN, Information Highway, 574; RIKLIN, Medienstrafrecht, 79;<br />

NIGGLI/RIKLIN/STRATENWERTH, 18 ff.; SCHWARZENEGGER, E-Commerce, 349.<br />

270 Es besteht somit eine Erweiterung der Haftung in Bezug auf die fahrlässige Nichtverhinderung der<br />

Publikation, vgl. SCHLEIMINGER/METTLER, 1040 f.<br />

271 STRATENWERTH/WOHLERS, Art. 322 bis StGB, N1.<br />

272 Vgl. STRATENWERTH/WOHLERS, Art. 28 StGB N 1, m.w.H. DONATSCH und TAG vertreten die<br />

Ansicht, dass das Internet selbst kein Medium im Sinne des Medienstrafrechtes ist, sondern eine<br />

Infrastruktur, über welche die Internetdienste (die ihrerseits Medien darstellen) genutzt werden können,<br />

vgl. DONATSCH/TAG, 197. Die einzelnen Internet-Dienste, wie die E-Mail, die Internet-Mailboxen, das<br />

WWW, Das IRC, und die Newsgroups, die bei öffentlichen Handlungen über Computersysteme benutzt<br />

werden, werden jedoch zu den Medien im Sinne von Art. 28 StGB gezählt, vgl. DONATSCH/TAG, a.a.O.<br />

273 Vgl. DONATSCH/TAG, 197 f.; RIKLIN, Medienstrafrecht, 82; NIGGLI/RIKLIN/STRATENWERTH, 18;<br />

Gutachten BJ, 6 f. Als Medium wird ein Mittel bezeichnet, durch das ein gedanklicher oder bildlicher<br />

Inhalt einem grösseren Kreis von Personen zugänglich gemacht werden kann, ohne dass der<br />

Personenkreis durch persönliche Beziehungen verbunden sein muss, vgl. BGE 74 IV 131; 78 IV 128;<br />

82 IV 80.<br />

274 NIGGLI/RIKLIN/STRATENWERTH, 11 f.; RIKLIN, Information Highway, 568; RIKLIN, Medienstrafrecht,<br />

80; STRATENWERTH/WOHLERS, Art. 28 N 3; SCHLEIMINGER, Art. 261 bis N 81.<br />

275 ROM, 155.<br />

58


GUYAZ hält eine Kaskadenhaftung bei Art. 261 bis Abs. 2 für möglich, verneint diese<br />

jedoch bei Art. 261 bis Abs. 3 StGB. 276<br />

Das Bundesgericht hingegen geht im BGE 125 IV 211 f. davon aus, dass Art. 28 auf<br />

Art. 261 bis Abs. 4 StGB keine Anwendung findet, mit dem Hinweis auf die ratio legis<br />

der Bestimmung. Diese Ansicht ist in der Lehre auf Kritik gestossen. 277<br />

Am überzeugendsten scheint die Lehrmeinung zu sein, wonach Abs. 1-3 von Art. 261 bis<br />

StGB nicht als Mediendelikte zu qualifizieren sind, da Art. 261 bis Abs. 3 StGB<br />

Vorbereitungs- und Teilnahmehandlungen zu selbständigen Delikten erhebt, 278 und als<br />

lex specialis den Teilnahmeregeln des Allgemeinen Teils des StGB vorgeht. Damit wird<br />

Teilnahme bei Handlungen nach Abs. 1 und 2 zu selbständigem Delikt. 279 Liegt ferner<br />

nach der entsprechenden Tatbestandsfassung von Art. 261 bis StGB eine Haupttäterschaft<br />

vor, spielt es für die Entscheidung der Täterschaftsfrage keine Rolle, ob der Tatbestand<br />

von Art. 261 bis StGB zu den Mediendelikten gezählt wird oder nicht. 280<br />

Die Anwendbarkeit von Art. 28 StGB bei Handlungen nach Art. 261 bis Abs. 4 und 5<br />

StGB sollte hingegen bejaht werden, da hierzu keine besonderen Teilnahmeregelungen<br />

gelten. 281<br />

3. Nutzer eines Computernetzes<br />

Als Nutzer bzw. User des Computernetzes ist eine Person zu bezeichnen, die nach den<br />

angebotenen Informationen, Diensten oder Leistungen im Kommunikationsnetz<br />

nachfragt, im Gegensatz zu einer Person, die sie anbietet. 282<br />

Jeder Nutzer darf Angebote, die er von dritter Seite zur Verfügung gestellt bekommt,<br />

abrufen bzw. zur Kenntnis nehmen. Er macht sich nicht bereits damit strafbar, dass er<br />

276<br />

NIGGLI/RIKLIN/STRATENWERTH, 15.<br />

277<br />

NIGGLI, Rassendiskriminierung, N 1275; DONATSCH/TAG, 200; RIKLIN, Medienstrafrecht, 81;<br />

SCHWARZENEGGER, E-Commerce, 350; WEBER, 546 f.; NIGGLI/RIKLIN/STRATENWERTH, 14;<br />

SCHLEIMINGER/METTLER, 1040; SCHLEIMINGER, Art. 261 bis N 81. Zustimmend jedoch<br />

DONATSCH/WOHLERS, 220.<br />

278<br />

Näheres dazu im 4. Kapitel § 5 III.2.<br />

279 bis<br />

SCHLEIMINGER, Art. 261 N 81; NIGGLI, Rassendiskriminierung, N 1274; vgl. auch<br />

CHAIX/BERTOSSA, 193 ff., die auch Abs. 1 nicht Art. 27 StGB unterstellen möchten.<br />

280<br />

SCHWARZENEGGER, E-Commerce, 350 f.; NIGGLI/RIKLIN/STRATENWERTH, 8 ff.; verneinend BGE 125<br />

IV 211 f.; Gutachten BJ, 12 ff.<br />

281 bis<br />

NIGGLI, Rassendiskriminierung, N 1275; SCHLEIMINGER, Art. 261 N 81.<br />

282<br />

Wobei die Rollen der Nutzer und der Anbieter regelmässig vermischt sind, vgl. BOESE, 33; SIEBER,<br />

Verantwortlichkeit, N 14.<br />

59


die angebotenen und nach Art. 261 bis StGB strafbaren Inhalte liest oder anschaut. 283<br />

Ein solches passives Verhalten erfüllt die Tatbestandsvoraussetzungen von Art. 261 bis<br />

StGB nicht. Auch dann, wenn der Nutzer ein Bild oder einen Text herunterlädt, indem<br />

er sie auf einem Datenträger oder auf seiner Festplatte speichert, und sich damit Besitz<br />

verschafft, ist er nicht nach Art. 261 bis StGB strafbar, da blosser Besitz von<br />

rassendiskriminierendem Material nicht unter Strafe gestellt ist.<br />

4. ISP<br />

4.1. Vorgaben in Art. 7 ZP<br />

An der Übermittlung von rassendiskriminierenden Inhalten sind auch die ISP beteiligt,<br />

d.h. die „Dienstanbieter“, wie Content-, Host- oder Access-Provider. ISP ermöglichen<br />

nämlich den Nutzern den Zugang zum Internet (wie z. B. die Access-Provider), oder<br />

stellen selber Dienste über eigene Web-, Mail- oder News-Server zur Verfügung.<br />

Die Dienstanbieter gliedern sich in vier verschiedene Gruppen: Zugangs-, Netz-,<br />

Hosting- und Inhaltsdienstleister. Es gibt Dienstleister, die alle vier Dienstleistungen<br />

anbieten und solche, die nur einige dieser Dienstleistungen anbieten. 284<br />

Der Begriff der ISP wird im Art. 1 lit. c. CCC definiert. Er umfasst eine breite<br />

Kategorie von Personen bzw. Organisationen, die eine bestimmte Rolle in Bezug auf<br />

Kommunikation und Datenverarbeitung auf Computersystemen spielen. 285<br />

Aus Art. 1 lit c. (i) CCC wird ersichtlich, dass jede öffentliche und jede private<br />

Organisation, die Nutzern ihres Dienstes ermöglicht, mit Hilfe eines Computersystems<br />

zu kommunizieren, als Dienstanbieter gilt. Darunter fallen sowohl öffentliche als auch<br />

private Gebilde, die die Nutzer mit der Fähigkeit ausstatten, miteinander zu<br />

kommunizieren. 286 Für den Begriff des ISP ist es irrelevant, ob die Nutzer eine<br />

283<br />

RIKLIN, Information Highway, 591; Bericht Expertenkommission Netzwerkkriminalität, 27 ff.;<br />

betreffend das deutsche Recht vgl. JAEGER, 167 f.<br />

284<br />

Vgl. SIEBER, Kontrollmöglichkeiten, 597; ASSEMBLÉE PARLEMENTAIRE, Internet et le droit, N 30 ff.;<br />

Bericht Expertenkommission Netzwerkkriminalität, 28 f.<br />

285<br />

Explanatory Report CCC, N 26.<br />

286<br />

Explanatory Report CCC, N 26 (“entity”).<br />

60


geschlossene Gruppe bilden, 287 oder ob die Dienste an die Öffentlichkeit angeboten<br />

werden, sei es kostenlos oder gegen eine Gebühr. 288<br />

Im Art. 1 lit c. (ii) CCC wird festgehalten, dass sich der Begriff „Dienstanbieter“ auch<br />

auf Gebilde bzw. Organisationen bezieht, welche Computerdaten speichern oder<br />

andersweitig für Nutzer, die unter Art. 1 lit. c. (i) CCC erwähnt werden, verarbeiten. 289<br />

Es wird nicht beabsichtigt, dass ein reiner Anbieter von Inhalten 290 (z. B. eine Person,<br />

die einen Vertrag mit einer Hosting-Unternehmung abschliesst, um ihre Webseite zu<br />

hosten), durch diese Definition abgedeckt wird, falls er nicht auch<br />

Kommunikationsdienste oder damit verbundene Datenverarbeitungsdienste anbietet. 291<br />

4.2. Rechtliche Lage in der Schweiz<br />

4.2.1. Allgemeines<br />

In der Schweiz existiert noch keine gesetzliche Regelung betreffend der Täterschaft<br />

oder der Teilnahme der ISP an Delikten, die mittels Computersystemen begangen<br />

werden. Im Jahr 1998 wandte sich die Bundespolizei in einem Rundschreiben an die<br />

ISP in der Schweiz und bat sie, die Sperrung von inkriminierten Seiten zu prüfen, die<br />

während einem Pilotversuch mit Internet-Monitoring gefunden wurden, und<br />

möglicherweise gegen Art. 261 bis StGB verstiessen. Die Bundespolizei wies die ISP<br />

darauf hin, dass die Vermittlung des Zugangs auf solche Seiten als Gehilfenschaft zur<br />

Haupttat qualifiziert werden könnte.<br />

Diese Position löste bei den ISP starke Reaktionen aus, auch betreffend die technische<br />

Machbarkeit von Internet-Sperren. Das Bundesamt für Justiz wurde in der Folge um<br />

eine gutachterliche Prüfung der Frage der strafrechtlichen Verantwortlichkeit der ISP<br />

für illegale Inhalte ersucht. Das Gutachten BJ bestätigte die subsidiäre<br />

Verantwortlichkeit auch eines reinen Zugangsvermittlers im Sinne des<br />

Medienstrafrechts, vorausgesetzt, dieser sei von einer Strafverfolgungsbehörde klar auf<br />

287<br />

Vgl. Explanatory Report CCC, N 26: Eine geschlossene Gruppe („closed group“) bilden z. B. die<br />

Angestellten einer Privatunternehmung, welchen der Dienst über ein Unternehmensnetzwerk<br />

(„corporate network“) angeboten wird.<br />

288<br />

Explanatory Report CCC, N 26.<br />

289<br />

Z. B. bietet gemäss dieser Definition ein Dienstleister sowohl Dienste an, welche Hosting und Caching<br />

liefern, als auch Dienste, welche eine Verbindung zu einem Netzwerk liefern, vgl. Explanatory Report<br />

CCC, N 27.<br />

290<br />

Explanatory Report CCC, N 27: “content provider”.<br />

291<br />

Explanatory Report CCC, N 27.<br />

61


den illegalen Inhalt aufmerksam gemacht worden. Wenn das Medienstrafrecht keine<br />

Anwendung finde, könnten die ISP ferner als Gehilfen zur Haupttat bestraft werden. 292<br />

Auf der Grundlage dieser Ausführungen präzisierte die Bundespolizei ihre Haltung in<br />

einem Positionspapier. Daraufhin erschien ein Gutachten der Professoren M. A. NIGGLI,<br />

F. RIKLIN und G. STRATENWERTH, welche zu gegenteiligen Schlussfolgerungen als das<br />

Gutachten BJ kamen. 293<br />

Am 14. Dezember 2000 wurde eine parlamentarische Motion für eine rechtssichere,<br />

international möglichst harmonisierte und praktikable Regelung betreffend die<br />

strafrechtliche Verantwortlichkeit der an der Internetkommunikation Beteiligten<br />

eingereicht. 294 Die Motion verlangt in erster Linie den Erlass von neuen<br />

Strafrechtsnormen im StGB, indem das Medienstrafrecht durch neue Artikel über<br />

strafbare Handlungen in Telekommunikationsnetzen ergänzt wird. Grundsätzlich soll<br />

dadurch die strafrechtliche Verantwortlichkeit der Telekommunikationsdienstanbieter<br />

bekräftigt werden. Telekommunikationsdienstanbieter, die fremde Informationen zur<br />

Nutzung bereit halten, sollen bei Kenntnis und Nichtverhinderung strafbar werden,<br />

nicht aber jene Telekommunikationsdienstanbieter, die den Nutzern nur einen<br />

technischen Zugang zum Netz offerieren. Die Motion wurde am 28. Februar 2001 vom<br />

Bundesrat, am 6. März 2001 vom Ständerat und am 20. September 2001 vom<br />

Nationalrat angenommen. 295<br />

Daraufhin setzte das EJPD die Expertenkommission Netzwerkkriminalität ein, um<br />

rechtliche, organisatorische und technische Massnahmen vorzuschlagen.<br />

Die Expertenkommission Netzwerkkriminalität reichte im Jahr 2003 ihren Bericht ein.<br />

Darin wird vorgeschlagen, das StGB mit einer neuen Regelung zu ergänzen. Die<br />

Expertenkommission Netzwerkkriminalität spricht sich für eine<br />

rechtsbereichsspezifische 296 Regelung in den jeweiligen Rechtsgebieten ein, wobei sie<br />

der Anpassung des StGB erste Priorität einräumt. 297 Es wird eine Ergänzung der Art. 28<br />

StGB und Art. 322 bis StGB vorgeschlagen, indem an deren Anfang jeweils eine<br />

spezifische Regelung für strafbare Handlungen in elektronischen<br />

Kommunikationsnetzen voranzustellen ist. Erfasst wird damit jede Straftat, bei deren<br />

292<br />

Gutachten BJ, 26 f.<br />

293<br />

Siehe NIGGLI/RIKLIN/STRATENWERTH.<br />

294<br />

Motion Pfisterer, abrufbar unter www.parlament.ch/afs/data/d/gesch/2000/d_gesch_20003714.htm.<br />

295<br />

Vgl. Amtliches Bulletin 2001, 27 f.; Amtliches Bulletin 2001 N 1087 ff.<br />

296<br />

Dies im Gegensatz zu einer sog. „Horizontalregelung“, vgl. Bericht Expertenkommission<br />

Netzwerkkriminalität, 93 f.<br />

62


Begehung das Mittel elektronischer Kommunikationsnetze benutzt wird. Demnach<br />

werden auch Äusserungsdelikte, die nicht als Mediendelikte qualifiziert werden, von<br />

der Norm erfasst. Gleichzeitig soll eine fahrlässige Tatbegehung ausgeschlossen<br />

werden. 298<br />

4.2.2. Network-Provider<br />

Network-Provider („Netzdienstleister“) sind Personen oder Organisationen, die die<br />

Basisübertragungsinfrastruktur (Leitungsverbindungen) betreiben, welche anderen<br />

Personen und den ISP zur Verfügung gestellt werden. 299 Sie verbinden sich über ihr<br />

Kommunikationsnetz mit verschiedenen Access-Providern, anderen Network-Providern<br />

und möglichen Grosskunden. Aus diesen Gründen bietet die Unterscheidung zwischen<br />

den Network-Providern und den Access-Providern (die den Zugang zu Computernetzen<br />

ermöglichen) technische Schwierigkeiten. 300 Network-Provider verfügen nicht über die<br />

Möglichkeit, die über Computernetze übertragenen Inhalte zu kontrollieren und darauf<br />

Einfluss zu nehmen, da die Daten in der Verbindungsschicht kaum auswertbar sind. 301<br />

4.2.3. Content-Provider<br />

Content-Provider (Inhaltsanbieter) sind Personen, die auf Servern von Host-Providern,<br />

von Online-Diensten oder auf eigenen Rechnern eigene oder von Dritten übernommene<br />

Inhalte zur Verfügung stellen, wie z. B. Autoren eines Newsgroup-Beitrages,<br />

Unternehmen, die im WWW auftreten, oder Private, die eigene Webseiten betreiben. 302<br />

Durch die vermehrte Verbreitung sogenannter Peer-to-Peer-Protokolle können auch<br />

Endbenutzer, die sonst nur als Konsumenten bzw. Nutzer von Inhalten auftreten, eigene<br />

Inhalte anbieten. In diesen Fällen besorgt der Content-Provider selber das „Hosting“<br />

seiner Daten. 303<br />

Für die Beantwortung der Frage nach der Täterschaft und der Teilnahme eines Content-<br />

Prodivers ist es wichtig, ob er eigene oder fremde Inhalte zur Verfügung stellt. Für den<br />

297<br />

Vgl. Bericht Expertenkommission Netzwerkkriminalität, 90 ff.<br />

298<br />

Bericht Expertenkommission Netzwerkkriminalität, 110.<br />

299<br />

Vgl. BOESE, 34; SIEBER, Kontrollmöglichkeiten, 597; HEINZMANN/OCHSENBEIN, 516 f.<br />

300<br />

SIEBER, Verantwortlichkeit, N 14.<br />

301<br />

SIEBER, Verantwortlichkeit, N 94, 50 ff.<br />

302<br />

Bundespolizei, Positionspapier, 3; SIEBER, Kontrollmöglichkeiten, 597.<br />

63


Begriff von eigen und fremd kann dabei auf die von der deutschen Lehre zu § 5 TDG<br />

entwickelte Doktrin hingewiesen werden: Eigene Inhalte werden, im Gegensatz zu<br />

fremden Inhalten, entweder vom Dienstanbieter selbst hergerstellt, oder sie werden von<br />

Dritten hergestellt, und der Dienstanbieter macht sie sich zu Eigen. 304 Wenn es sich um<br />

eigene Inhalte handelt, die einen Straftatbestand verwirklichen, kann der Content-<br />

Provider als Täter zur Rechenschaft gezogen werden. 305<br />

4.2.4. Host-Provider<br />

Host-Provider ermöglichen ihren Kunden den Zugriff auf fremde Inhalte, indem sie<br />

einen Webserver zur Verfügung stellen, auf welchem die Kunden eigene Inhalte<br />

anbieten. 306 Je nach Angebot kann der Kunde mit dem Zugriff auf eine Webseite auch<br />

eigene Programme, die er abgelegt hat, zur Ausführung bringen lassen. 307<br />

Ist dem Kunden das Zugriffsrecht auf den entsprechenden Speicherplatz einmal<br />

eingeräumt, kann er diesen Speicherplatz nutzen, ohne dass der Host-Provider weitere<br />

Schritte unternehmen müsste. 308<br />

Gemäss Ansicht der Bundespolizei und des Bundesamtes für Justiz sind die Host- und<br />

die Access-Provider als subsidiär Verantwortliche gemäss Art. 28 Abs. 2 StGB bzw.<br />

Art. 322 bis StGB zur Verantwortung zu ziehen, wenn kein Content-Provider als primär<br />

Verantwortlicher ermittelt werden kann. 309 Die Host-Provider sollen dabei die für die<br />

Veröffentlichung subsidiär Verantwortlichen „ersten Grades“ sein, da sie in der Kette<br />

zwischen dem Autor eines Inhaltes und dem Nutzer dem Autor funktional an nahesten<br />

stehen. 310 Fehlt ein Host-Provider, so soll der Access-Provider als nachgeordneter<br />

Verantwortungsträger zur Verantwortung gezogen werden, da er dem Autor den Zugang<br />

zum Netz vermittelt. 311<br />

303<br />

Vgl. Bericht Expertenkommission Netzwerkkriminalität, 28.<br />

304<br />

Ausführlich dazu SIEBER, Verantwortlichkeit, N 290 ff., mit Hinweisen auf Gesetzesmaterialien zum<br />

TDG.<br />

305<br />

Gutachten BJ, 14. Vgl. auch NIGGLI/RIKLIN/STRATENWERTH, 42, die auf die Regelung im Art. 5 TDG<br />

hinweisen. Dazu SIEBER, Criminal Liability, 24 f.; HOEREN, N 622.<br />

306<br />

SIEBER, Verantwortlichkeit, N 14;<br />

307<br />

ASSEMBLEE PARLEMENTAIRE, Internet et le droit, N 31; NIGGLI/SCHWARZENEGGER, 61.<br />

308<br />

Bericht Expertenkommission Netzwerkkriminalität, 102.<br />

309<br />

Bundespolizei, Positionspapier, 7; Gutachten BJ, 16. Kritisch zur Unterscheidung zwischen subsidiär<br />

Verantwortlichen verschiedener Ordnung NIGGLI/RIKLIN/STRATENWERTH, 20.<br />

310<br />

Gutachten BJ, 15, mit Hinweis auf HEINZMANN/OCHSENBEIN, 604.<br />

311<br />

Gutachten BJ, 19 ff.<br />

64


Diese Lösung kann auf den ersten Blick überzeugen, jedoch ist der Host-Provider<br />

meistens weder aktiv am Veröffentlichungsprozess beteiligt, noch kann er eine<br />

Überwachungsfunktion in Bezug auf die Informationsübertragung wahrnehmen.<br />

Da der Inhalt des Web-Servers eines Hosting-Providers in der Regel ohne dessen Zutun<br />

durch den Content-Provider bestimmt und geändert wird, kann er sich das Wissen um<br />

den eingespeisten Inhalt nur durch regelmässig wiederholte Kontrollen verschaffen.<br />

Angesichts der grossen Datenmengen auf einem Web-Server können jedoch solche<br />

Kontrollen nicht zugemutet werden. 312 Deshalb sollte der Host-Provider nicht als<br />

Medienverantwortlicher in frage kommen. 313<br />

Host-Provider stellen ferner Platz für andere Dienste zur Verfügung, z. B. E-Mails.<br />

Charakteristisch für diese Dienstleistung ist, dass der Host-Provider nicht am<br />

Abspeichern der Informationen auf seinem Webserver beteiligt ist. Es handelt sich um<br />

automatisierte Programmabläufe, die allein der Content-Provider veranlasst und<br />

kontrolliert. 314<br />

Aus diesen Gründen sollten Host-Provider grundsätzlich nicht als Täter in Frage<br />

kommen. Anders verhält es sich, wenn der Host-Provider von Dritten auf strafbare<br />

Inhalte aufmerksam gemacht wurde, die auf seinem Speicherplatz zur Verfügung<br />

stehen. Dabei stellt sich die Frage nach einer Teilnahme an einer fremden Tat. 315<br />

4.2.5. Access-Provider<br />

Die Access-Provider („Zugangsdienstleister“) bieten verschiedene<br />

Telekommunikationsdienstleistungen an, um einen Zugang zu Computernetzen zu<br />

ermöglichen. 316 Diese Prozesse laufen automatisch ab, d. h. ohne manuelle Intervention<br />

des Access-Providers. 317 So kann er auch nicht über den Inhalt und die<br />

Veröffentlichung mitentscheiden. Zudem fehlt regelmässig der Vorsatz, durch die<br />

Zugangsvermittlung Handlungen eines Kunden zu unterstützen. 318<br />

312 SIEBER, Verantwortlichkeit, N 211.<br />

313 SCHWARZENEGGER, E-Commerce, 351.<br />

314 Vgl. Bericht Expertenkommission Netzwerkkriminalität, 28.<br />

315 Dazu Ziffer III.3. des vorliegenden Paragraphs.<br />

316 SIEBER, Verantwortlichkeit, N 14; BOESE, 35.<br />

317 Bericht Expertenkommission Netzwerkkriminalität, 29.<br />

318 DONATSCH/TAG, 205.<br />

65


Auch dem Access-Provider fehlen daher entgegen der Ansicht im Gutachten BJ die<br />

Voraussetzungen für die Bezeichnung als Medienverantwortlicher. 319<br />

Eine strafrechtliche Verpflichtung des Access-Providers, Zugangskontrollen<br />

durchzuführen, ist auch abzulehnen. Seine Eingriffsmöglichkeiten sind wenig selektiv,<br />

d.h. in der Regel können nur ganze Internet-Seiten gesperrt werden, auch wenn sich<br />

darunter auch legale Inhalte befinden. Dies würde einerseits einen schweren Eingriff in<br />

die Informationsfreiheit darstellen, andererseits zu einem enormen Aufwand für die<br />

Access-Provider führen. 320 Auch die Möglichkeiten der Access-Provider, über<br />

Computernetze übertragene Inhalte zu kontrollieren, sind angesichts der Flut von<br />

Inhalten sehr beschränkt. 321 Eine Täterschaft des Access-Provider durch das<br />

Verschaffen eines Zugangs zu Computernetzen ist somit zu verneinen.<br />

5. Täterschaft durch Setzen von Links<br />

5.1. Funktionsweise und Arten der Links<br />

Bei einem Link handelt es sich um eine technisch realisierte Verknüpfung, eine<br />

technische Referenz zwischen Inhalten im Kommunikationsnetz, die für sich allein<br />

genommen keinen eigenen Inhalt hat. 322 Ein Link besteht aus zwei Teilen: aus einem<br />

auf dem Bildschirm sichtbaren Element (z. B. Zeichen, Symbol, Text) und aus einer im<br />

Hintergrund mit dem Element verbundenen Internetadresse des Dokuments, auf<br />

welches die Nutzer geführt werden sollen. 323<br />

Der Zweck des Links besteht darin, dass der Nutzer nicht die ganze Internetadresse<br />

eingeben muss, sondern nur das auf dem Bildschirm sichtbare Element anzuklicken<br />

braucht. 324 Fast jede Webseite verfügt über mehrere Verknüpfungen auf die Web-Seiten<br />

Dritter oder auf einzelne dort befindliche HTML-Dateien.<br />

Dank der multimedialen Fähigkeit von HTML können die verwiesenen Dateien Texte,<br />

Bilder, Musik, gesprochene Worte und Videosequenzen enthalten. Ein Dienstanbieter<br />

im WWW kann daher ohne grossen technischen Aufwand sowohl auf einzelne<br />

319<br />

Vgl. SCHWARZENEGGER, E-Commerce, 352; NIGGLI/RIKLIN/STRATENWERTH, 21; DONATSCH/TAG,<br />

205.<br />

320<br />

SIEBER, Verantwortlichkeit, N 212; HEINZMANN/OCHSENBEIN, 602 f.<br />

321<br />

Gutachten BJ, 17; SIEBER, Criminal Liability, 25.<br />

322<br />

HOEREN, N 639.<br />

323<br />

HILTY, 125.<br />

324<br />

HILTY, 125.<br />

66


Webseiten seines eigenen Angebots als auch auf das Angebot von Dritten im Netz<br />

verweisen. 325<br />

Es gibt verschiedene Arten von Links. Der Begriff „Hyperlink“ wird als Sammelbegriff<br />

für alle Arten von Links verwendet. 326<br />

Links, die aus einer Webseite zu einer Eingangsseite (Homepage) verweisen, werden<br />

als Outlinks bezeichnet. 327 Dabei führen direkte Links unmittelbar auf eine Webseite,<br />

während indirekte Links auf eine Linkliste führen, von welcher aus die in der Liste<br />

aufgeführten Webseiten erreicht werden. 328<br />

Unter einem Deeplink versteht man ein Link, der aus einer Webseite heraus nicht auf<br />

die Eingangsseite eines anderen Anbieters, sondern direkt auf eine Webseite verweist,<br />

die auf einer tieferen Ebene als die Eingangsseite liegt. 329<br />

Ein Inpagelink verweist hingegen auf eine Stelle auf der aktuellen Webseite. Verweist<br />

ein Link auf eine neue Seite des bestehenden Angebots, wird von einem Insitelink<br />

gesprochen. 330<br />

Mittels einem IMG-Link (Inlinelink, Image-Link, Bildlink) werden Dateien, die auf<br />

einem Webserver gespeichert sind, in die eigene Seite integriert, ohne dass es auf der<br />

grafischen Oberfläche erkennbar ist, dass sie einen fremden Ursprung haben, und ohne<br />

dass der Nutzer einen Mausklick betätigen muss, um die Informationen abzurufen. 331<br />

Mit dem Framing wird ein Browser-Fenster in verschiedene Bereiche gegliedert, wobei<br />

jeder Teilbereich einen anderen Inhalt anzeigt. Es ist möglich, dass alle Inhalte von<br />

derselben Webseite stammen. Durch Links, die in einem Frame-Bereich angebracht<br />

sind, können aber auch Inhalte anderer Webseiten in den eigenen Rahmen eingebettet<br />

werden. 332 Der Nutzer besucht damit unterschiedliche Webseiten, ohne die<br />

ursprüngliche Website zu verlassen. 333<br />

325<br />

BOESE, 37.<br />

326<br />

VÖGELI, 59 f. Bisweilen wird der Hyperlink auch zur Bezeichnung der Link-Arten verwendet, die eine<br />

Verbindung zu einer anderen Webseite, oder zu einer Stelle oder neuen Seite der gerade besuchten<br />

Webseite führen, vgl. SIEBER, Verantwortlichkeit, N 64 ff.<br />

327<br />

VÖGELI, 59.<br />

328<br />

VÖGELI, 60.<br />

329<br />

BOESE, 41.<br />

330<br />

VÖGELI, 59.<br />

331<br />

BOESE, 42; VÖGELI, 60.<br />

332<br />

SIEBER, Verantwortlichkeit, N 66.<br />

333<br />

HILTY, 127; BOESE 42 f.<br />

67


Bei den Metatags handelt es sich schliesslich um für die Nutzer nicht sichtbare<br />

Stichwortangaben im Text der Webseite, die von den Suchmaschinenrobotern gefunden<br />

werden, da sie mit verschiedenen Inhalten durch einen Link verknüpft sind. Dadurch<br />

kann ein Anbieter durch Angabe von Stichwörtern auf seine Inhalte aufmerksam<br />

machen, auch wenn sie mit den Stichwörtern in keinem Zusammenhang stehen. 334<br />

5.2. „Sich-zu-Eigen-Machen“ eines Links<br />

Wie im zweiten Kapitel der Arbeit erörtert, sind im Art. 28 StGB Sonderregelungen für<br />

Mediendelikte enthalten, welche der Tatsache Rechnung tragen, dass an einer<br />

Veröffentlichung von Inhalten durch die Medien oft eine Vielzahl von Personen<br />

beteiligt ist, die eine strafrechtliche Verantwortlichkeit unter den Bedingungen von Art.<br />

28 Abs. 2 StGB treffen soll. Wichtig ist, dass diese Personen an der Veröffentlichung<br />

der Publikation bzw. (bezogen auf die im ZP umschriebenen Handlungen) des<br />

rassistischen und fremdenfeindlichen Materials beteiligt sind. Ist es bereits<br />

veröffentlicht, kann es nur noch verbreitet werden. Wer somit mit einem Link auf<br />

Inhalte verweist, die ein Dritter auf einen Web-Server gesetzt hat, ist nicht am<br />

Veröffentlichungsprozess beteiligt. Für Link-Setzer müssen somit die allgemeinen<br />

Bestimmungen der Täterschaft und Teilnahme gelten. 335 Der Weiterverbreiter oder z. B.<br />

ein Zugangsvermittler kann daher nicht von Art. 28 StGB erfasst werden. 336<br />

Bei der Frage, ob sich der Anbieter eines Links als Täter strafrechtlich zu verantworten<br />

hat, wenn sich auf der verwiesenen Stelle strafbare Inhalte befinden, ist auf der<br />

objektiven Seite entscheidend, ob es sich beim Link um eine blosse Zugangsvermittlung<br />

zu einer anderen Webseite handelt, oder ob sich der Linksetzer den Inhalt sozusagen zu<br />

Eigen macht. 337<br />

334<br />

WEBER, 254 f.; BOESE, 44; HILTY, 132 f.<br />

335<br />

Insbesondere die Gehilfenschaftsbestimmungen, vgl. SCHWARZENEGGER, E-Commerce, 359 f. Dabei<br />

ist zu berücksichtigen, dass nach Art. 261 bis Abs. 3 StGB Vorbereitungs- und Beihilfehandlungen zu<br />

den Deliktsformen der Abs. 1 und 2 von Art. 261 bis StGB in den Rang eigenständiger Haupttaten<br />

erhoben werden, wodurch Gehilfen strafrechtlich zu selbständigen Tätern werden, vgl. NIGGLI,<br />

Rassendiskriminierung, N 901, 1246; STRATENWERTH, BT/2, § 39 N 34. Daher dürfte in einer solchen<br />

Fallkonstellation das Einrichten des Hyperlinks als eigenständige Straftat i. S. v. Art. 261 bis Abs. 3<br />

StGB untersucht werden. Der Täter muss eine Haupttat i. S. v. Art. 261 bis Abs. 1 und Abs. 2 StGB<br />

objektiv fördern und mit (Eventual-) Vorsatz in Bezug auf die Tat und seine Unterstützung handeln.<br />

336<br />

SCHWARZENEGGER, E-Commerce, 362; Gefangen, 71; SCHLEIMINGER/METTLER, 1041;<br />

DONATSCH/TAG, 197 f., 205.<br />

337<br />

SCHWARZENEGGER, Hyperlinks, 420 f., m. w. H.<br />

68


Wenn es sich beim Zielangebot um das Angebot eines Dritten handelt, wird<br />

grundsätzlich von einer blossen Zugangsvermittlung zu einem fremden Inhalt<br />

ausgegangen. Für diese Qualifizierung des Linksetzens als eine reine<br />

Zugangsvermittlung spricht der fehlende Einfluss des Linksetzers auf die Webseite (des<br />

Dritten), welche er mit dem Einrichten eines Link zur Verfügung stellt. Ferner entsteht<br />

durch die Einrichtung eines Links regelmässig keine engere Beziehung des Anbieters<br />

zum Inhalt. 338<br />

Um die Frage zu beantworten, wann ein „Zu-Eigen-Machen“ eines Links gegeben ist,<br />

ist daher einerseits zu prüfen, in welchem Kontext der Link steht, bzw. ob z. B. der Link<br />

eine Werbung für die verlinkte Seite macht, oder die Funktion eines abschreckenden<br />

Beispiels hat. 339 Da nämlich ein Link nur eine technische Referenz darstellt, soll die<br />

Aussage entscheidend sein, die mit dem Link unter besonderer Berücksichtigung seines<br />

inhaltlichen Kontextes verbunden ist. 340<br />

Andererseits ist zu prüfen, in welchem thematischen Zusammenhang die verwiesenen<br />

Inhalte zum Angebot des Verweisenden stehen, d.h. ob z. B. in seinem Angebot eine<br />

rassistische oder fremdenfeindliche Gesinnung zu Tage tritt. Falls jemand z. B. aus<br />

wissenschaftlichem Interesse einen Link auf fremde Inhalte ohne einen<br />

Solidarisierungseffekt setzt, kann er wie ein reiner Zugangsvermittler beurteilt<br />

werden. 341<br />

Gemäss der sog. Linkmethode ergeben sich schliesslich bereits bei der Wahl einer<br />

Linkart Hinweise auf das „Sich-Zu-Eigen-Machen“ des verlinkten Inhalts. 342 Bei einem<br />

Inpagelink oder einem Insitelink muss diese Frage nicht geprüft werden, da als<br />

verwiesene Inhalte des Linksetzers in Frage stehen. IMG-Links sprechen für ein Sich-<br />

Zu-Eigen-Machen eines fremden Inhalts auf der verlinkten Seite, da fremde Inhalte<br />

dermassen in die eigenen einbezogen werden, dass sie für den Betrachter als Bestandteil<br />

desselben Inhalts erscheinen. 343<br />

338<br />

Vgl. BOESE, 68; VÖGELI, 61 f.<br />

339<br />

VÖGELI, 63.<br />

340<br />

HOEREN, N 639. So betonte in Deutschland das Amtsgericht Berlin-Tiergarten in einem Entscheid,<br />

dass sich die Verantwortlichkeit des Link-Setzers nach seiner mit dem Link getroffenen<br />

Gesamtaussage richte. Solidarisiert sich jemand mit dem rechtswidrigen Inhalt eines anderen durch das<br />

Setzen eines Links, ist er so zu behandeln, als sei er ein Content-Provider, Urteil des OLG München<br />

vom 6. Juli 2001, ZUM 2001, 809.<br />

341<br />

VÖGELI, 64.<br />

342<br />

Dazu ausführlich VÖGELI, 61 ff.<br />

343<br />

SCHWARZENEGGER, E-Commerce, 362; VÖGELI, 63.<br />

69


Auch die Linkmethode des Framing spricht am ehesten für ein Sich-Zu-Eigen-Machen<br />

des fremden Inhalts auf der verlinkten Seite, da das Angebot des Dritten in die Website<br />

des Anbieters integriert wird, ohne dass dies aus der Adresszeile des Browsers<br />

ersichtlich wird. 344<br />

Bei einem indirekten Link auf eine Seite, die eine Linkliste enthält, die auf<br />

rassendiskriminierende Inhalte verweist, ist die Strafbarkeit des Linksetzers hingegen in<br />

der Regel nicht gegeben, 345 es sei denn, dass die Linkliste zur Umgehung eines direkten<br />

Links eingerichtet oder so in das eigene Dokument integriert ist, dass sie als eigener<br />

Bestandteil erscheint. Diese Fälle sollen so behandelt werden, wie wenn ein einfacher<br />

Link direkt auf eine strafbare Seite gesetzt wird. 346 Eine Ausnahme wäre auch denkbar,<br />

wenn der Link direkt auf eine untere Ebene der verwiesenen Webseite verweist. 347<br />

III. Teilnahme nach schweizerischem Strafrecht in Hinblick<br />

auf eine Tatbegehung mittels Computersystemen<br />

1. Allgemeines<br />

Im schweizerischen Strafrecht bestehen zwei gesetzliche Formen der Mitwirkung an<br />

einer strafbaren Tat: die Anstiftung (Art. 24 StGB) und die Gehilfenschaft (Art. 25<br />

StGB). Nach Art. 24 StGB macht sich als Anstifter derjenige strafbar, der den Täter<br />

vorsätzlich bestimmt, ein Verbrechen oder ein Vergehen zu begehen. Gemäss Art. 25<br />

StGB macht sich als Gehilfe strafbar, wer zu einem Verbrechen oder einem Vergehen<br />

vorsätzlich Hilfe leistet. Hinsichtlich der Gehilfenschaft an Widerhandlung gegen Art.<br />

261 bis Abs. 1 und 2 StGB hat der Gesetzgeber ferner Art. 261 bis Abs. 3 aufgestellt. 348<br />

344<br />

SCHWARZENEGGER, Beurteilung, 734 ff; VÖGELI, 63.<br />

345<br />

Vgl. BOESE 150; SCHWARZENEGGER, Beurteilung, 734 ff.; Hyperlinks, 395 ff.<br />

346<br />

SCHWARZENEGGER, Gefangen, 71. So wurde ein Angeklagter wegen Setzen eines Deeplinks auf eine<br />

Webseite mit rassendiskriminierendem Material von der Anschuldigung, sich gemäss Art. 261 bis Abs.<br />

3 StGB strafbar gemacht zu haben, vom Bezirksgericht Zürich mit Urteil vom 10.09.2000<br />

freigesprochen, u. A. mit der Begründung, dass weder der konkrete Kontext, noch der thematische<br />

Bezug oder die Link-Methode für ein Zu-Eigen-Machen des fremden, rassendiskriminierenden<br />

Inhaltes sprechen (Vgl. sic-2003-23_27). Das Urteil wurde am 30.09.2003 vom Zürcher Obergericht<br />

in allen Punkten bestätigt.<br />

347<br />

VÖGELI, 73.<br />

348<br />

Näheres dazu im § 5 Ziffer III.2.<br />

70


Formen der Gehilfenschaft zu Art. 261 bis Abs. 4 und Abs. 5 StGB werden hingegen<br />

nach Art. 25 StGB geprüft. 349<br />

Dabei dürfte bei der Frage nach der Anwendbarkeit des schweizerischen Strafrechts auf<br />

einen Teilnehmer nicht massgebend sein, ob er wegen der Akzessorietät zur Haupttat in<br />

der Schweiz zur Verantwortung gezogen werden kann, sondern ob ein<br />

Tatausführungsort in der Schweiz als objektives Faktum bei der Tatortbestimmung nach<br />

Art. 8 StGB gegeben ist. 350<br />

Dabei stellen sich bei einer Anstiftung und bei einer psychischen Gehilfenschaft 351<br />

keine besonderen rechtlichen Fragen, wenn die Tat mittels Computersystemen<br />

begangen wird. In den nachfolgenden Ziffern der Arbeit wird jedoch auf bestimmte<br />

nach geltendem Recht schwierig zu beantwortende Fragen eingegangen, die sich bei<br />

physischer Gehilfenschaft stellen.<br />

Subjektiv wird immer Vorsatz oder Eventualvorsatz verlangt. Auch der<br />

Gehilfenschaftsvorsatz unterteilt sich in ein Wissenselement und ein Willenselement.<br />

Das Wissenselement sollte zweifelsohne gegeben sein, wenn jemand fremde Inhalte<br />

bearbeitet und strukturiert. Für eine Strafbarkeit bei Verweisen auf andere Webseiten<br />

muss der Gehilfe wissen, dass sich dort strafbare Inhalte befinden könnten, wobei er die<br />

Haupttat nicht im Einzelnen zu kennen braucht. 352<br />

2. Content-Provider als Gehilfe<br />

Wie unter Ziffer II. dargestellt, ist es für die Beantwortung der Frage nach der<br />

Täterschaft und der Teilnahme eines Content-Prodivers wichtig, ob er eigene oder<br />

fremde Inhalte zur Verfügung stellt. Er kann sich als Täter strafbar machen, wenn er<br />

eigene Inhalte zur Verfügung stellt. Unter bestimmten Umständen kann es auch sein,<br />

dass ein Content-Provider durch ein Zusammenwirken mit einem Dritten, z. B. mit<br />

einem Medienunternehmen, welches einen verbotenen Inhalt veröffentlicht, bei der<br />

Planung, Entschliessung und Ausführung der Tat so eng zusammenwirkt, dass beide als<br />

Mittäter zu qualifizieren sind. 353<br />

349 NIGGLI, Rassendiskriminierung, N 1275.<br />

350 SCHWARZENEGGER, E-Commerce, 346.<br />

351 Dazu BGE 70 IV 19; 72 IV 100 f.; 75 IV 112; 79 IV 147.<br />

352 Vgl. DONATSCH/TAG, 163; STRATENWERTH/WOHLERS, Art. 25 N 5; Art. 24 N 5.<br />

353 SCHWARZENEGGER, E-Commerce, 352.<br />

71


Wenn jedoch der Content-Provider fremde Inhalte zur Verfügung stellt, kann er sich als<br />

Gehilfe zu einer der unter Strafe gestellten Handlungen strafbar machen. So sieht das<br />

deutsche Recht im § 5 Abs. 1 TDG vor, dass Content-Provider den allgemeinen<br />

Gesetzten über die Teilnahme unterworfen sind. Eine ähnliche Regelung in der Schweiz<br />

wäre wünschenswert. 354 Nach der Gehilfenschaftsregelung im Art. 25 StGB wird damit<br />

jeder kausale Beitrag des Content-Providers, der die Tat fördert, so dass sie sich ohne<br />

die Mitwirkung anders abgespielt hätte, strafbar sein. 355 Nicht erforderlich ist dabei,<br />

dass es ohne die Hilfeleistung nicht zur Tat gekommen wäre. 356<br />

Ein Content-Provider weiss in der Regel um den Inhalt der in Frage stehenden Inhalte.<br />

Als Gehilfe braucht er die Haupttat nicht im Einzelnen zu kennen. 357<br />

Das Wollenselement kann als gegeben betrachtet werden, wenn der Content-Provider<br />

um möglicherweise nach Art. 261 bis StGB strafbare Inhalte Bescheid weiss oder dies in<br />

Kauf nimmt, und nichts dagegen unternimmt.<br />

3. Host-Provider als Gehilfe<br />

Auch bei Host-Providern kommt grundsätzlich eine Strafbarkeit als Gehilfe oder<br />

gemäss dem verselbständigten Beihilfetatbestand von Art. 261 bis Abs. 3 StGB in Frage,<br />

da sie durch das Zur-Verfügung-Stellen von Speicherplatz rassendiskriminierende<br />

Webseiten fördern können. 358 Host-Provider könnten z. B. als Gehilfe zu Art. 261 bis<br />

Abs. 4 StGB in Frage kommen, wenn ein Kunde den vom Host-Provider zur Verfügung<br />

gestellten Speicherplatz dazu missbraucht, um Texte zu veröffentlichen, die<br />

Völkermord leugnen. 359<br />

Gemäss der Ansicht der Bundespolizei und der Expertenkommission<br />

Netzwerkkriminalität kann bereits das Zur-Verfügung-Stellen von Speicherkapazität<br />

des Host-Providers eine strafrechtliche Verantwortlichkeit nach Art. 25 oder 261 bis Abs.<br />

3 StGB rechtfertigen. 360<br />

Um sich strafbar zu machen, muss jedoch der Host-Provider einen direkten Vorsatz<br />

haben, da eine eventualvorsätzliche Erfüllung angesichts der grossen Datenmengen auf<br />

354 NIGGLI/RIKLIN/STRATENWERTH, 42.<br />

355 BGE 118 IV 312; 119 IV 292; 120 IV 272; 121 IV 119; 128 IV 68; 129 IV 126.<br />

356 DONATSCH/TAG, 133, m. w. H.; STRATENWERTH/WOHLERS, Art. 25 N 3.<br />

357 Vgl. DONATSCH/TAG, 163; STRATENWERTH/WOHLERS, Art. 25 N 5; Art. 24 N 5.<br />

358 Vgl. Gutachten BJ, 16 f.; Bundespolizei, Positionspapier, 6 f.<br />

359 NIGGLI/SCHWARZENEGGER, 61 f.; SCHWARZENEGGER, E-Commerce, 329 ff., m. w. H.<br />

72


einem Web-Server nicht möglich ist. 361 Die Expertenkommission Netzwerkkriminalität<br />

kommt daher zu Recht zum Schluss, dass der Host-Provider nur strafrechtlich<br />

verantwortlich sein soll, wenn er erhaltene Hinweise auf strafbare Inhalte missachtet,<br />

und wenn ihm die Verhinderung der Nutzung der verbotenen Inhalte zumutbar ist. 362<br />

Als Hinweise sollten neben Hinweisen von Strafverfolgungsbehörden auch Hinweise<br />

aus anderen Quellen ausreichen. In diesem Sinne muss keine sichere Kenntnis um die<br />

Rechtswidrigkeit der Inhalte bestehen. 363<br />

4. Access-Provider als Gehilfe<br />

Für den Fall, dass es sich nicht um ein Mediendelikt handelt, und der Access-Povider<br />

um deliktische Inhalte Bescheid weiss, führt das Bundesamt für Justiz aus:<br />

„Ein Accessprovider kann sich als Gehilfe strafbar machen, wenn er trotz Kenntnis des<br />

deliktischen Internet-Inhaltes nicht die erforderlichen Massnahmen trifft, um die<br />

Weiterverbreitung dieses Inhalts zu unterbinden (im konkreten Fall die Sperrung des<br />

Zugangs zu diesen Seiten).“ 364<br />

Um vorsätzlich zu handeln, muss gemäss dem Bundesamt für Justiz der Access-<br />

Provider wissen, dass eine bestimmte Webseite einen deliktischen Inhalt aufweist, und<br />

dass er verpflichtet ist, diese Veröffentlichung zu verhindern. Ein rechtlich relevantes<br />

Wissen des Access-Providers bezüglich eines deliktischen Inhalts wird angenommen,<br />

wenn die betreffende Information von einer Strafverfolgungsbehörde ausgegangen ist.<br />

Wenn die Strafverfolgungsbehörde ein Verfahren gegen die Urheberschaft des<br />

fraglichen Inhalts eröffnet hat, muss der Provider davon ausgehen, dass ein<br />

hinreichender Verdacht auf einen deliktischen Charakter besteht. 365<br />

Diese Ansicht ist in der Lehre auf Kritik gestossen. Es wird zu Recht geltend gemacht,<br />

dass bei einer reinen Zugangsvermittlung, genauso wie beim Caching, der Provider von<br />

der strafrechtlichen Verantwortung befreit werden muss. 366<br />

Da die Eingriffsmöglichkeiten der Access-Provider beschränkt sind, und mit einem sehr<br />

grossen technischen Aufwand verbunden, sollte die Frage, ob es dem Acess-Provider<br />

360<br />

Bundespolizei, Positionspapier, 6 f..<br />

361<br />

Vgl. SIEBER, Verantwortlichkeit, N 211 sowie N 336 zu der Regelung in § 5 TDG.<br />

362<br />

Bericht Expertenkommission Netzwerkkriminalität, 145.<br />

363<br />

Bundespolizei, Positionspapier, 6 f.; SIEBER, Verantwortlichkeit, N 341 ff.<br />

364<br />

Gutachten BJ, 27.<br />

365<br />

Gutachten BJ, 20.<br />

366<br />

NIGGLI/RIKLIN/STRATENWERTH, 43 ff.; Bericht Expertenkommission Netzwerkkriminalität, 145.<br />

73


zumutbar und möglich ist, eine Seite mit einem rechtwidrigen Inhalt zu sperren, erst in<br />

einem Gerichtsverfahren entschieden werden, das z. B. im Zusammenhang mit einer<br />

Zivilklage erfolgt. 367 Eine strafbare Gehilfenschaft des Access-Provider durch das<br />

Verschaffen eines Zugangs zu Computernetzen ist somit zu verneinen.<br />

5. Setzen von Links als Gehilfenschaft<br />

Wie im § 4 II. dargestellt, macht sich der vorsätzlich handelnde Linksetzer durch das<br />

Verweisen auf eine Webseite, die rassendiskriminierende Inhalte enthält, als Täter<br />

schuldig, wenn von einem Sich-Zu-Eigen-Machen eines Links ausgegangen werden<br />

kann. Gemäss Art. 261 bis Abs. 3 StGB macht er sich bereits dann als Täter strafbar,<br />

wenn er die Tat fördert, organisiert oder daran teilnimmt.<br />

Demgegenüber kann sich derjenige, der sich den Link nicht zu Eigen macht, jedoch<br />

z. B. auf eine Webseite verweist, die Völkermord gemäss Art. 261 bis Abs. 4 StGB<br />

leugnet, der Gehilfenschaft zu Art. 261 bis Abs. 4 StGB i. V. m. Art. 25 StGB strafbar<br />

machen.<br />

Wenn eine strafbare Tat vorliegt, muss in objektiver Hinsicht ein die Tat kausal<br />

fördernder Beitrag des Gehilfen nachgewiesen werden, wobei die Gehilfenhandlungen<br />

nach Art. 25 StGB spätestens bis zur Vollendung der Haupttat getätigt werden müssen.<br />

Nur bei Dauerdelikten (z. B. Freiheitsberaubung) und Delikten mit überschiessender<br />

Innentendenz (z. B. Diebstahl) ist die Gehilfenschaft bis zur Beendigung der Tat<br />

möglich. 368<br />

Wird eine rassendiskriminierende Tat, ähnlich wie z. B. eine üble Nachrede, zu den<br />

Zustandsdelikten gezählt, 369 kann eine nach Vollendung der Tat geleistete Tatförderung,<br />

(z. B. in der Form eines eingerichteten Hyperlinks, der auf eine bereits publizierte<br />

Webseite verweist), keine Gehilfenschaft mehr darstellen. Dies gilt auch für Art. 261 bis<br />

Abs. 3 StGB im Verhältnis zu den Tathandlungen der Art. 261 bis Abs. 1 und 2 StGB.<br />

Beim Setzen eines Hyperlinks werden jedoch die Abrufwahrscheinlichkeit und die<br />

Wirkung der Informationen, auf welche der Link hinweist zweifelsohne gefördert.<br />

Vorliegend wird daher der Auffassung gefolgt, wonach die Aufrechterhaltung einer<br />

367 Vgl. zu der ähnlichen Regelung im § 5 TDG SIEBER, Verantwortlichkeit, N 212; 286 f.<br />

368 Vgl. DONATSCH/TAG, 161 f., m. w. H.<br />

369 TRECHSEL, Art. 173 N 8.<br />

74


Rechtsgutsbeeinträchtigung (Unterlassung der Beseitigung bei ständiger<br />

Dispositionsfähigkeit über die bereitgestellten Informationen) den Tatbestand der<br />

Rassendiskriminierung erfüllt. Bis zu deren Beseitigung ist somit eine Gehilfenschaft<br />

möglich. 370<br />

IV. Gesetzgeberische Arbeit in der Schweiz auf Grund von<br />

Art. 7 ZP?<br />

Von Art. 7 ZP wird , um dem Problem von Alltagshandlungen aus dem Weg zu gehen,<br />

einzig gefordert, dass nur derjenige Teilnehmer bestraft wird, der die Verwirklichung<br />

eines in Art. 3-6 ZP aufgelisteten Straftatbestandes auch anstrebt. Ein ISP darf demnach<br />

nicht dazu angehalten werden, jeden Inhalt auf seine Rechtswidrigkeit hin zu<br />

kontrollieren, da er technisch betrachtet nicht in der Lage ist, eine effektive Kontrolle<br />

auszuüben. 371<br />

Art. 7 ZP wird bei einer ZP-Umsetzung für Gesetzesänderungen in der Schweiz von<br />

zentraler Bedeutung sein. Obschon Art. 7 ZP die Voraussetzungen für die Strafbarkeit<br />

grösstenteils den Vertragsstaaten überlässt, würde eine Ratifikation des ZP die Schweiz<br />

verpflichten, entsprechende Bestimmungen zu erlassen.<br />

Das Gutachten BJ und das Positionspapier des Bundesamtes für Polizei können mit<br />

ihren Lösungsvorschlägen die mit den Kommunikationsnetzdelikten verbundenen<br />

Probleme nicht lösen, da sie einen Entscheidungsspielraum offen lassen, der die<br />

Rechtssicherheit gefährdet. 372 So möchte das Bundesamt für Justiz die Access-Provider<br />

unter gewissen Bedingungen mit Strafe bedrohen, und sie auch zwingen, Webseiten zu<br />

sperren, obschon die Sperrungen für die Nutzer umgehbar, und für die Access-Provider<br />

mit grossem administrativen Aufwand verbunden sind. 373 Andererseits wären durch<br />

Sperrungen von grossen schweizerischen Network-Provider auch die Mehrheit der<br />

kleineren ISP automatisch an den Sperrungen mitbeteiligt.<br />

Die Gesetzgebungsvorschläge der Expertenkommission Netzwerkkriminalität sind<br />

hingegen zu begrüssen, da sie eine praktikable Lösung betreffend die Strafbarkeit der an<br />

370 Ausführlich dazu SCHWARZENEGGER, E-Commerce, 363 ff.<br />

371 Explanatory Report ZP, N 45; SIEBER, Criminal Liability, 25.<br />

372 NIGGLI/RIKLIN/STRATENWERTH, 44.<br />

75


der Datennetzkommunikation Beteiligten bieten und auch die Rechtslage in der EU<br />

berücksichtigen. 374 Die Expertenkommission schlägt ferner eine Bundeskompetenz bei<br />

kantonsübergreifenden und internationalen Fällen vor, die die Strafverfolgung im<br />

Bereich der Datennetzwerkkriminalität erheblich erleichtern kann. 375<br />

Der Autor eines rassendiskriminierenden Inhaltes und der Content-Provider sollen<br />

gemäss der Expertenkommission für die von ihnen ausgehenden illegalen Internet-<br />

Inhalte strafrechtlich verantwortlich sein. Die Strafbarkeit der Content-Provider soll<br />

sich aus (neu) Art. 28 Ziff. 2 StGB ergeben, falls sie selbst Autoren der Äusserungen<br />

sind, und aus (neu) Art. 28 Ziff. 1 StGB, falls die Texte oder Bilder von Dritten<br />

übernommen wurden. 376 Die bisherige Kaskadenordnung soll im Bereich der<br />

elektronischen Kommunikationsnetze nicht mehr gelten. 377<br />

In Bezug auf Access-Provider spricht sich die Expertenkommission<br />

Netzwerkkriminalität für die Straflosigkeit reiner Zugangsvermittlung aus. 378<br />

Den Access-Providern fehlen entgegen der Ansicht des Gutachtens BJ 379 die<br />

Voraussetzungen für die Bezeichnung als Medienverantwortliche. Wenn sich ihre<br />

Beteiligung auf die reine Zugangsvermittlung, das Zur-Verfügung-Stellen eines<br />

Internetzugangs, beschränkt, müssen sie straflos bleiben, da diese Dienstleistungen<br />

automatisch und unüberwacht ablaufen. 380<br />

Bei den Host-Providern differenziert die Expertenkommission Netzwerkkriminalität<br />

zwischen dem automatisiert ablaufenden Datentransfer, von dem sie nichts wissen,<br />

zwischen Fällen, in denen Host-Provider (evtl. nachträglich) die Strafbarkeit bestimmter<br />

Handlungen erkennen, und Fällen, in denen sie sicheres Wissen um die Strafbarkeit<br />

eines Inhalts Datei haben. Die Strafbarkeit wird auf die Fälle beschränkt, in denen die<br />

Host-Provider sicheres Wissen um die Strafbarkeit der beanstandeten Datei haben.<br />

373 Der illegale Inhalt ist nur Teil des Angebots einer Seite. Sperren kann man aber nur die ganze Seite.<br />

Vgl. auch Bundespolizei, Positionspapier, 10.<br />

374 Vgl. betreffend die Regelung der Europäischen Union NIGGLI/RIKLIN/STRATENWERTH, 36 ff.; SIEBER,<br />

Criminal Liability, 22 f.<br />

375 Vgl. Bericht Expertenkommission Netzwerkkriminalität, 134 f. Nicht zu verwechseln sind<br />

kantonsübergreifende und internationale Fälle im allgemeinen mit den Fällen, die die KOBIK als erste<br />

Ansprechstelle bearbeitet. Die letzteren weisen einen Schweizbezug auf und betreffen meistens einen<br />

Kanton. Erst die kantonalen Folgeermittlungen liefern gegebenenfalls Ansätze für<br />

kantonsübergreifende Sachverhalte.<br />

376 Bericht Expertenkommission Netzwerkkriminalität, 111.<br />

377 Bericht Expertenkommission Netzwerkkriminalität, 110.<br />

378 Bericht Expertenkommission Netzwerkkriminalität, 95, 104.<br />

379 Gutachten BJ, 22, 25 f.<br />

380 SCHWARZENEGGER, E-Commerce, 352; NIGGLI/RIKLIN/STRATENWERTH, 21; DONATSCH/TAG, 205 ff.<br />

76


Eventualvorsatz genügt nicht. Es wird jedoch nicht vorausgesetzt, dass der Hinweis aus<br />

einer zuverlässigen Quelle (z. B. von einer Strafverfolgungsbehörde) stammt. Hinweise<br />

beliebiger Personen genügen. 381 Dieser Vorschlag weicht von der Ansicht im Gutachten<br />

BJ ab, wonach der Host-Provider als subsidiär Verantwortlicher „ersten Grades“ (im<br />

Sinne der Kaskadenordnung des Medienstrafrechts) angeführt wird, da er dem Autor die<br />

Möglichkeit gibt, Inhalte auf dem Internet zu präsentieren. 382 Meistens ist der Host-<br />

Provider jedoch weder aktiv am Veröffentlichungsprozess beteiligt, noch nimmt er eine<br />

Überwachungsfunktion bei der Informationsübertragung wahr. 383<br />

Es kann somit festgehalten werden, dass die Vorschläge der Expertenkommission<br />

Netzwerkkriminalität eine gute Grundlage für die notwendige rechtliche Regelung<br />

gemäss ZP schaffen.<br />

§ 5 Öffentliches Verbreiten und Verfügbarmachen von<br />

rassistischem und fremdenfeindlichem Material<br />

I. Allgemeines<br />

Art. 3 Abs. 1 ZP verlangt, dass die Vertragsstaaten die erforderlichen gesetzgeberischen<br />

oder andere Massnahmen treffen, um das öffentliche Verbreiten oder Verfügbarmachen<br />

von rassistischem und fremdenfeindlichem Material durch Computersysteme für<br />

strafbar zu erklären.<br />

Wie im zweiten Kapitel der Arbeit dargestellt wurde, soll das rassistische und<br />

fremdenfeindliche Material gemäss Art. 2 ZP Hass, Diskriminierung oder Gewalt<br />

gegenüber Personen oder Gruppen von Personen wegen ihrer Rasse, Farbe,<br />

Abstammung, Nationalität, Ethnie oder Religion befürworten, fördern oder dazu<br />

aufstacheln.<br />

Das Verb „Befürworten“ bezieht sich dabei auf Einreden, Vorwände oder Einwände<br />

zugunsten von Hass, Diskriminierung oder Gewalt, das „Fördern“ auf eine Förderung,<br />

381<br />

Bericht Expertenkommission Netzwerkkriminalität, 117.<br />

382<br />

Gutachten BJ, 14 f.<br />

383<br />

Vgl. dazu SCHWARZENEGGER, E-Commerce, 351.<br />

77


Ermutigung oder Begünstigung von Hass, Diskriminierung oder Gewalt, und das<br />

„Aufstacheln“ auf ein Antreiben, Aufreizen oder Drängen („urging“) von anderen<br />

Personen zu Hass, Diskriminierung oder Gewalt. 384<br />

II. Verbreiten<br />

1. Als objektives Tatbestandsmerkmal von Art. 3 ZP<br />

Unter “Verbreiten” von rassistischem und fremdenfeindlichem Material ist gemäss<br />

Explanatory Report ZP ein „aktives Verbreiten“ zu verstehen, ein Aktivwerden<br />

bezüglich des Ansprechens von anderen Personen. 385<br />

Bezüglich des Vorsatzes verlangt das Explanatory Report ZP, dass die Verbreitung oder<br />

das Verfügbarmachen nur strafbar sind, wenn der Vorsatz auch auf den rassistischen<br />

und fremdenfeindlichen Charakter des Materials gerichtet ist. 386<br />

2. Als objektives Tatbestandsmerkmal von Art. 261 bis Abs. 2 StGB<br />

Die schweizerische Rassendiskriminierungsstrafnorm kennt den Begriff „Verbreiten“<br />

als Tathandlung im Zusammenhang mit dem Tatbestand der Verbreitung von<br />

Ideologien nach Art. 261 bis Abs. 2 StGB. Es kann daher davon ausgegangen werden,<br />

dass dieser Begriff bei der Einführung der ZP-Bestimmungen in der Schweiz als<br />

Auslegungshilfe für den Begriff des Verbreitens herangezogen wird.<br />

Als „Verbreiten“ wird in der Lehre eine Handlung oder Äusserung verstanden, die sich<br />

an ein möglichst grosses, zahlenmässig unbestimmtes Publikum richtet, mit dem Ziel,<br />

den Empfängern einen bestimmten Inhalt oder eine Wertung zur Kenntnis zu bringen. 387<br />

Dieses Werbeziel unterscheidet die Verbreitung im Sinne von Art. 261 bis StGB von<br />

einem blossen Bekenntnis. 388 Ohne Bedeutung sind die Art und Weise der<br />

384 Explanatory Report ZP, N 14.<br />

385 „Active dissemination“, vgl. Explanatory Report ZP, N 28.<br />

386 Explanatory Report ZP, N 27.<br />

387 NIGGLI, Rassendiskriminierung, N 795 f.; SCHLEIMINGER, Art. 261 bis N 36.<br />

388 NIGGLI, Rassendiskriminierung, N 788.<br />

78


Überbringung und die Grösse des Adressatenkreises. 389<br />

Folglich sind auch die<br />

Computersysteme als Mittel zur Verbreitung von Ideologien geeignet. 390<br />

Es kommt ferner nicht darauf an, ob das Publikum die Handlungen oder Äusserungen<br />

wirklich wahrgenommen hat. 391<br />

III. Verfügbarmachen<br />

1. Als objektives Tatbestandsmerkmal von Art. 3 ZP<br />

Der Begriff des Verfügbarmachens nach Art. 3 ZP, der im StGB nicht vorkommt, soll<br />

das Setzen von rassistischem und fremdenfeindlichem Material auf das Netz zwecks<br />

Gebrauch des Materials durch Dritte umfassen. Vom „Verfügbarmachen“ sind ferner<br />

auch die Setzung oder die Zusammenstellung von Hyperlinks zu erfassen, die zwecks<br />

Zugangserleichterung zum Material erfolgen. 392<br />

Hinsichtlich der Tatbestandsmerkmale des Verbreitens und des Verfügbarmachens<br />

scheinen zwei Überlegungen wichtig zu sein.<br />

Einerseits kennzeichnet sich gemäss Explanatory Report ZP das Verbreiten durch ein<br />

aktives Tun aus, während das Anderswie-Verfügbarmachen mit einem „Setzen aufs<br />

Netz“ definiert wird, welches ausdrücklich auch das Setzen von Links erfassen soll:<br />

“Distribution” refers to the active dissemination of racist and xenophobic material, as<br />

defined in Article 2 of the Protocol, to others, while “making available” refers to the<br />

placing on line of racist and xenophobic material for the use of others. This term also<br />

intends to cover the creation or compilation of hyperlinks in order to facilitate access to<br />

389 Vgl. SCHLEIMINGER, Art. 261 bis N 36. In der deutschen Lehre wird hingegen unter dem<br />

Tatbestandsmerkmal der Verbreitung in §§ 86, 130, 130a, 131, und 184 D-StGB eine körperliche<br />

Übergabe verstanden, die mit einer Gewahrsamsübertragung einhergeht. Eine Verbreitung durch<br />

Computersysteme wird in der Lehre daher überwiegend abgelehnt, vgl. BOESE, 113 f., m.w.H.;<br />

RUDOLPHI, § 130 N 15. Nach neuerer Rechtsprechung genügt es jedoch für eine Verbreitung über das<br />

Internet, wenn der Nutzer von der Möglichkeit des Lesezugriffs Gebrauch gemacht hat, vgl. BGHSt<br />

47, 59 f.<br />

390 Vgl. dazu BGE vom 22.3.2000, Nr. 6S.719/1999/odi: G wurde u.a. zur Verantwortung gezogen, weil<br />

er im Internet Texte veröffentlicht hatte, in denen er behauptete, der Holocaust sei ein unbewiesener<br />

Mythos, der von den Juden benützt wurde, um in Europa politisch und finanziell Druck auszuüben.<br />

391 NIGGLI, Rassendiskriminierung, N 798.<br />

392 Explanatory Report ZP, N 28.<br />

79


such material. 393 Daraus wird ersichtlich, dass das Nennen der Hyperlinks nicht<br />

bedeutet, dass sie als abschliessende Beispiele gemeint sind.<br />

Andererseits kann aus der Definition gefolgert werden, dass unter dem<br />

Verfügbarmachen auch „passive Handlungen“ bzw. Unterlassungen fallen können.<br />

Dabei scheinen die Begriffe des Verbreitens und des Verfügbarmachens im Explanatory<br />

Report ZP missglückt umschrieben zu sein, da das Aktivwerden, welches als<br />

Unterscheidungsmerkmal angegeben wird, auch bei einem Verfügbarmachen gegeben<br />

sein kann. Andererseits stellen die Beispiele für das Verfügbarmachen Handlungen und<br />

nicht Unterlassungen dar. Die Definition kann jedoch so verstanden werden, dass unter<br />

dem Verbreiten ein direktes Ansprechen von Dritten gemeint ist, während es sich beim<br />

Verfügbarmachen um ein Zur-Schau-Stellen von tatbestandsmässigem Material handelt.<br />

Dabei dürfte es nicht massgebend sein, ob Dritte vom Material tatsächlich Kenntnis<br />

nehmen, es genügt, dass sie die Möglichkeit erhalten, dies zu tun.<br />

Der Begriff des Verfügbarmachens scheint somit ähnlich mit dem deutschen Begriff des<br />

Zugänglichmachens zu sein, der in §§ 130, 130a, 131, und 184 D-StGB verwendet wird.<br />

Darunter verstehen die deutsche Lehre und Rechtsprechung alle Tätigkeiten, durch<br />

welche ein Inhalt für eine andere Person verfügbar gemacht wird, indem diese Person<br />

die Möglichkeit erhält, durch sinnliche Wahrnehmung Kenntnis zu nehmen, 394 wobei<br />

auch eine Darstellung auf einem Monitor davon erfasst ist. 395<br />

Unter dem Verfügbarmachen nach Art. 3 ZP kann somit jede vorsätzliche Handlung<br />

oder Unterlassung verstanden werden, die in einer Zugangserleichterung zu<br />

rassistischem oder fremdenfeindlichem Material besteht, und die bewirkt, dass Dritte<br />

die Möglichkeit erhalten, vom Material durch sinnliche Wahrnehmung Kenntnis zu<br />

nehmen, oder in anderer Weise davon Gebrauch zu machen.<br />

Diese Begriffsumschreibung zeigt, dass der ZP-Begriff dem „Verbreiten“ nach<br />

schweizerischem Strafrecht ähnlich ist: auch vom StGB werden Handlungen erfasst,<br />

die das Ziel verfolgen, den Empfängern einen bestimmten Inhalt zur Kenntnis zu<br />

bringen, 396 wobei es nicht darauf ankommt, ob das Publikum die Handlungen oder<br />

Äusserungen wirklich wahrgenommen hat. 397<br />

393 Explanatory Report ZP, N 28.<br />

394 BOESE, 115; TRÖNDLE/FISCHER, § 184 N 13.<br />

395 BOESE, 115, mit Hinweis auf einen Entscheid des OLG Stuttgart, NStZ 1992, 38.<br />

396 NIGGLI, Rassendiskriminierung, N 795 f.; SCHLEIMINGER, Art. 261 bis N 36.<br />

397 NIGGLI, Rassendiskriminierung, N 798.<br />

80


Die zusätzliche schweizerische Voraussetzung, dass sich die Handlung an ein möglichst<br />

grosses, zahlenmässig unbestimmtes Publikum richten muss, ist jedoch im ZP zu Recht<br />

nicht erwähnt, da diese Frage unter dem Gesichtspunkt der öffentlichen Tatbegehung zu<br />

beantworten ist. Ferner setzt das ZP nicht das Vorliegen eines besonderen Werbezwecks<br />

voraus.<br />

2. Tathandlungen von Art. 261 bis Abs. 2-5 StGB<br />

2.1. Allgemeines<br />

Da alle Tathandlungen der Rassendiskriminierungsstrafnorm Hass, Diskriminierung<br />

oder Gewalt entweder befürworten oder fördern oder dazu aufstacheln, können sie als<br />

Ideen oder Theorien den Inhalt eines rassistischen oder fremdenfeindlichen Materials<br />

darstellen.<br />

Ferner macht es nach Art. 261 bis StGB keinen Unterschied, ob als Tatmittel Wort,<br />

Schrift, Bilder, Gebärden oder eine andere Begehungsweise verwendet wird. 398 Es stellt<br />

sich jedoch die Frage, ob alle denkbaren Formen des Verfügbarmachens und des<br />

Verbreitens durch die Regelung im Art. 261 bis StGB erfasst werden. In den<br />

nachfolgenden Ziffern der Arbeit werden die gemäss Art. 261 bis Abs. 2, 3 und Abs. 4 1.<br />

Satzhälfte StGB 399 strafbaren Tathandlungen kurz erläutert.<br />

Ihre Tragweite kann bei einer Umsetzung des ZP in der Schweiz von Bedeutung sein,<br />

da bei der Auslegung der Begriffe „Verbreiten“ und „Verfügbarmachen“ klar gestellt<br />

wird, welche Tathandlungen bereits nach geltendem schweizerischen Strafrecht explizit<br />

erfasst werden.<br />

398 bis bis<br />

NIGGLI, Rassendiskriminierung, N 918; SCHLEIMINGER, Art. 261 N 34; TRECHSEL, Art. 261<br />

N 31 ff.; SCHLEIMINGER, Art. 261 bis N 47. Obschon die Aufzählung dieser Tatmittel nur in Art. 261 bis<br />

Abs. 4 StGB erfolgt, kommt sie auch für die anderen Absätze von Art. 261 bis StGB in Frage, da die<br />

fehlende Aufzählung in diesen Absätzen jede denkbare Begehungsweise zulässt, vgl. NIGGLI,<br />

Rassendiskriminierung, N 917, 1019.<br />

399 bis<br />

Die Tathandlungen von Art. 261 Abs. 1 StGB wurden im 2. Kapitel der Arbeit erläutert, und die<br />

Tathandlungen von Art. 261 bis Abs. 4 2. Satzhälfte StGB werden im Zusammenhang mit Art. 6 ZP<br />

erläutert, vgl. dazu § 8.<br />

81


2.2. Verbreiten von Ideologien<br />

Nach Art. 261 bis Abs. 2 StGB wird das Verbreiten von Ideologien verboten, die auf eine<br />

systematische Herabsetzung oder Verleumdung von Angehörigen einer Rasse, Ethnie<br />

oder Religion gerichtet sind.<br />

Die Tragweite des Begriffs „Verbreiten“ wurde im Zusammenhang mit den<br />

Ausführungen in der Ziffer II des vorliegenden Paragraphs erläutert.<br />

„Herabsetzend“ nach Art. 261 bis StGB ist als eine abschätzige Bewertung zu verstehen.<br />

Es steht dem Wort „Diskriminieren“ in seiner Bedeutung nah. 400 Auf Herabsetzung<br />

gerichtet ist eine Ideologie dann, wenn sie Aussagen enthält, dass eine Person oder eine<br />

Gruppe von Personen gegenüber anderen Gruppen minderwertig sei. 401 Durch diese<br />

Behauptung wird der Kern der Persönlichkeit der Betroffenen verletzt, weil man ihre<br />

Qualität als Mensch verneint oder zumindest in Abrede stellt, und ihnen – ausdrücklich<br />

oder stillschweigend - die Position als gleichwertige, zu respektierende und zu achtende<br />

Subjekte und Mitglieder der menschlichen Gesellschaft abgesprochen wird. 402<br />

Auf Verleumdung gerichtet sind die Ideologien dann, wenn die Vertreter der Ideologien<br />

wissen, dass die herabsetzende Ideologie nicht den Tatsachen entspricht. 403<br />

Das Merkmal der Verleumdung muss im Gegensatz zu Art. 174 Ziff. 1 StGB nicht an<br />

die Voraussetzung „wider besseren Wissens“ anknüpfen. 404 Ein Handeln wider besseres<br />

Wissen ist somit nicht erforderlich. Es genügt, dass den betreffenden Personen oder<br />

Gruppen generell ein unehrenhaftes Verhalten vorgeworfen wird. 405<br />

Auf systematische Herabsetzung und Verleumdung sind nur Ideologien gerichtet, die<br />

ein ganzes Gedankengebäude darstellen, d. h. durch einen strukturierten<br />

Zusammenhang definiert sind. 406 Davon zu unterscheiden sind einzelne,<br />

zusammenhanglose oder spontan ausgedrückte Gedanken. 407<br />

400 STRATENWERTH/WOHLERS, Art. 261 bis StGB N 9; REHBERG, StGB, 334.<br />

401 STRAUSS, 231; SCHLEIMINGER, Art. 261 bis N 39, mit Hinweis auf NIGGLI, Rassendiskriminierung, N<br />

810 ff. Nach Niggli sind z. B. nationalsozialistische und faschistische Ideologien immer herabsetzend,<br />

NIGGLI, Rassendiskriminierung, N 815.<br />

402 NIGGLI, Rassendiskriminierung, N 820 ff.<br />

403 NIGGLI, Rassendiskriminierung, N 838; SCHLEIMINGER, Art. 261 bis N 39; ROM, 126.<br />

404 Kassationshof, 22.3.2000, Nr. 6S.719/1999/odi, S. 9, E.2.e.aa.; STRATENWERTH, BT/2 § 39 N 33;<br />

TRECHSEL, Art. 261 bis StGB N 23; a. M. NIGGLI, Rassendiskriminierung, N 838.<br />

405 STRATENWERTH/WOHLERS, Art. 216 bis StGB, N 9; mit Hinweis auf DONATSCH/WOHLERS, 215.<br />

406 NIGGLI, Rassendiskriminierung, N 853, 847; ROM, 126; TRECHSEL, Art. 261 bis N 20, 24;<br />

SCHLEIMINGER, Art. 261 bis N 38; anderer Meinung STRAUSS, 230 f.<br />

407 Vgl. ROM, 125 f., m. w. H.<br />

82


2.3. Propagandaaktionen<br />

Art. 261 bis Abs. 3 StGB erfasst Täter, die „mit dem gleichen Ziel “ Propagandaaktionen<br />

organisieren, fördern oder daran teilnehmen. Art. 261 bis Abs. 3 StGB erklärt somit<br />

Vorbereitungs- und Beihilfehandlungen (ohne die Anstiftung) 408 zu Handlungen gemäss<br />

Art. 261 bis Abs. 1 und 2 StGB für strafbar, und verselbständigt die Teilnahme zu<br />

Täterschaft. 409 Dies hat zur Konsequenz, dass auch eine versuchte Gehilfenschaft<br />

strafbar ist. 410 Die Tathandlungen von Art. 261 bis<br />

Abs. 3 StGB erheben zudem dank den<br />

Verhaltensweisen „Organisieren“ und „Fördern“ die Vorbereitungshandlungen zu<br />

eigenständigen Delikten. 411 Das Organisieren erfasst dabei die Vorbereitung und die<br />

Planung der Propagandaaktion, 412 während das Fördern und das Teilnehmen jede aktive<br />

Unterstützung erfassen, die die Durchführung der Propagandaaktion erleichtert<br />

(Tätigkeiten von Verlegern, Händlern, Verkäufern, Verteilen von Flugblättern, Spenden<br />

von Geld, Bereitstellung von Örtlichkeiten). 413<br />

Der Ausdruck „mit dem gleichen Ziel“ bezieht sich auf Propagandaaktionen, die zum<br />

Ziel haben, zu Hass oder Diskriminierung aufzustacheln, aufzurufen oder Ideologien zu<br />

verbreiten, die auf die systematische Herabsetzung oder Verleumdung gerichtet sind. 414<br />

Der Begriff der Propaganda selber wird in 275 bis StGB (staatsgefährliche Propaganda)<br />

verwendet, wobei ihm bei Art. 261 bis StGB die gleiche Bedeutung zukommen soll. 415<br />

Darunter wird eine Werbung, ein Kommunikationsverhalten verstanden, welches in<br />

beliebigen, von anderen wahrnehmbaren Handlungen liegen kann, wie z. B.<br />

Veröffentlichungen, Plakate, Vorträge. 416 Die Art und Weise oder der Weg der<br />

Kommunikation sind dabei unbedeutend. Adressat muss die Öffentlichkeit sein. 417<br />

408 Vgl. NIGGLI, Rassendiskriminierung, N 902.<br />

409 NIGGLI, Rassendiskriminierung, N 892, 895, 901; SCHLEIMINGER, Art. 261 bis N 41; TRECHSEL, Art.<br />

261 bis N 27; GUYAZ, 279; ROM, 132; STRATENWERTH, BT/2, § 39 N 34; CHAIX/BERTOSSA, 189 f.;<br />

REHBERG, StGB, 334.<br />

410 SCHLEIMINGER, Art. 261 bis N 41; CHAIX/BERTOSSA, 189 f.; GUYAZ, 279.<br />

411 STRATENWERTH/WOHLERS, Art. 261 bis StGB N 11; DONATSCH/WOHLERS, 261, m.w.H.;<br />

CHAIX/BERTOSSA, 187 f.<br />

412 ROM , 131.<br />

413 DONATSCH/WOHLERS, 216; NIGGLI, Rassendiskriminierung, N 906 ff.; weitere Beispiele in NIGGLI,<br />

Gerichtspraxis, 67 ff., 293 ff.<br />

414 SCHLEIMINGER, Art. 261 bis N 42; ROM, 131; a. M. GUYAZ, 275 ff.<br />

415 STRATENWERTH, BT/2, § 39 N 34; NIGGLI, Rassendiskriminierung, N 887.<br />

416 BGE 68 IV 147; TRECHSEL, Art. 275 bis N 2; DONATSCH/WOHLERS, 282; STRATENWERTH, BT/2, § 46<br />

N 12; NIGGLI, Rassendiskriminierung, N 872.<br />

417 Botschaft, 313.<br />

83


Dieser Begriff ist zu unterscheiden von der „Propaganda“ im Sinne der Erläuterungen<br />

zum Bundesgesetz über Massnahmen gegen Rassismus, Hooliganismus und<br />

Gewaltpropaganda, wonach zwischen Propaganda im weiteren Sinne („Einwirkung auf<br />

ein unbestimmt zahlreiches Publikum mit dem Ziel, dieses gegen bestimmte Personen<br />

oder Gruppen von Personen einzunehmen“) und Propaganda im engeren Sinne (gemäss<br />

schweizerischer Lehre und Rechtsprechung zu Art. 275 bis StGB) 418 unterschieden wird.<br />

Mit der weiten Formulierung des Propagandabegriffes will die Gesetzesvorlage<br />

erreichen, dass von Art. 13 BWIS auch Propaganda erfasst wird, die nicht unter Art.<br />

261 bis Abs. 3 StGB subsumierbar ist, sowie „alle Formen von zur Gewalt aufrufenden<br />

Propaganda“ 419 .<br />

Gemäss BGE 68 IV 147 f. kann der Begriff „Propaganda“ objektiv „in beliebigen,<br />

wahrnehmbaren Handlungen liegen, z. B. im Halten von Vorträgen, Ausleihen oder<br />

Verteilen von Schriften, Ausstellen von Bildern, Tragen von Abzeichen“, auch in<br />

blossen Gebärden. Subjektiv muss über das Bewusstsein hinaus, dass die Handlung von<br />

anderen wahrgenommen wird, auch die Absicht bestehen, dass auf das Publikum im<br />

Sinne des Werbens eingewirkt wird, so dass es für die propagierten Gedanken und<br />

Werte gewonnen oder in seinen Überzeugungen bestärkt wird. 420<br />

Auf der subjektiven Seite wird Vorsatz vorausgesetzt, wobei eine Inkaufnahme, dass<br />

durch die Handlung eine Propagandaaktion vorbereitet oder unterstützt wird, genügt. 421<br />

Ein Verfügbarmachen oder Verbreiten von Material, welches eine Propagandaaktion -<br />

die zweifelsohne immer Hass, Diskriminierung, oder Gewalt im Sinne von Art. 2 ZP<br />

fördert oder befürwortet - organisiert oder fördert sowie die Teilnahme an einer<br />

Propagandaaktion mittels Computersystemen, ist somit vom geltenden Strafrecht immer<br />

erfasst.<br />

418 Als Propagandamaterial im Sinne von Art. 13 BWIS sollen dabei Schriften, Ton- oder<br />

Bildaufnahmen, Abbildungen, andere Gegenstände oder Darstellungen solcher Art gelten, Erläuterungen,<br />

26.<br />

419 Erläuterungen, 27. Eine Umschreibung des in der Gesetzesvorlage oft verwendeten (so in den<br />

Erläuterungen, 3, 4, 6, 9, 10, 11, 16, 18, 20, 26) und für die Vorlage zentralen Begriffs „Gewalt“ fehlt<br />

dabei in den Erläuterungen. Zum Begriff „Gewalt“ im Sinne des StGB vgl.<br />

REHBERG/SCHMID/DONATSCH, 363 f.; STRATENWERTH/JENNY, § 5 N 6; TRECHSEL, Art. 181 N 2.<br />

420 NIGGLI, Rassendiskriminierung, N 888.<br />

421 Vgl. STRATENWERTH/WOHLERS, Art. 261 bis N 12; SCHLEIMINGER, Art. 261 bis N 43; BGE 68 IV 147 ff.<br />

Als Beispiel kann an dieser Stelle der Fall des ETH-Professors angeführt werden, dem vorgeworfen<br />

wurde, sich i. S. v. Art. 261 bis Abs. 3 StGB strafbar gemacht zu haben, indem er auf seiner Homepage<br />

84


2.4. Herabsetzen und Diskriminieren<br />

Unter die erste Satzhälfte von Art. 261 bis<br />

Abs. 4 StGB fällt, wer öffentlich durch Wort,<br />

Schrift, Bild, Gebärden, Tätlichkeiten oder in anderer Weise eine Person oder eine<br />

Gruppe von Personen wegen ihrer Rasse, Ethnie oder Religion in einer gegen die<br />

Menschenwürde verstossenden Weise herabsetzt oder diskriminiert.<br />

Auffallend bei Art. 261 bis<br />

Abs. 4 1. Satzhälfte StGB ist, dass eine umfassende<br />

Aufzählung der Tathandlungsmodalitäten vorliegt. Diese Tatsache deutet darauf hin,<br />

dass die genauen Ausführungsmodalitäten und die Kommunikationsmittel unbedeutend<br />

sind. 422 Somit ist eine Tatbegehung mittels Computersystemen zweifelsohne<br />

eingeschlossen. Es spielt ferner keine Rolle, ob die Herabsetzung oder Diskriminierung<br />

mündlich, schriftlich, mittels Bildern, Gesten, Gebärden oder Tätlichkeiten geäussert<br />

wird. 423<br />

Der Ausdruck „oder in anderer Weise“ soll die Aufzählung möglicher<br />

Begehungsweisen ergänzen. 424<br />

Ein Herabsetzen kann angenommen werden, wenn einer Person oder einer Gruppe von<br />

Personen aufgrund gewisser unbeeinflussbarer Eigenschaften die Existenzberechtigung<br />

als Mensch bzw. das Lebensrecht überhaupt abgesprochen wird. 425 Die Qualität als<br />

Mensch wird auch dann abgesprochen, wenn sich die Behauptung der Minderwertigkeit<br />

oder das Absprechen gleicher Rechte nur auf einen bestimmten Bereich bezieht. 426<br />

Regelmässig unter Art. 261 bis<br />

Abs. 4 StGB fallen auch Aussagen, in welchen die<br />

Minderwertigkeit der Angehörigen einer bestimmten Gruppe behauptet wird und somit<br />

die Gleichtstellung der Gruppe mit anderen Gruppen verneint wird. 427 Dabei muss die<br />

Äusserung eine qualifizierte Bekundung der Minderwertigkeit enthalten. Dies ist z. B.<br />

gegeben, wenn eine Gruppe uneingeschränkt abgelehnt wird. 428 Ein weiterer<br />

Anwendungsfall von Art. 261 bis<br />

Abs. 4 StGB ist die öffentliche Ankündigung,<br />

diskriminierend zu handeln. Das Bundesgericht hat eine Aussage, wonach die Juden,<br />

Links zu rassistischen Webseiten angeboten hat. Die Anklage scheiterte auf der subjektiven Seite, da<br />

ihm eine rassistische Motivation nicht nachgewiesen werden konnte.<br />

422<br />

Vgl. NIGGLI, Rassendiskriminierung, N 917.<br />

423 bis bis<br />

SCHLEIMINGER, Art. 261 N 47; STRATENWERTH/WOHLERS, Art. 261 N 13.<br />

424<br />

NIGGLI, Rassendiskriminierung, N 927.<br />

425 bis<br />

TRECHSEL, Art. 261 N 34; vgl. auch STRATENWERTH, BT/2, § 39 N 36.<br />

426<br />

NIGGLI, Rassendiskriminierung, N 186 ff.<br />

427 bis<br />

Vgl. SCHLEIMINGER, Art. 261 N 50 ff.<br />

428<br />

Siehe NIGGLI, Gerichtspraxis, 195.<br />

85


welche Tiere schächten, nicht besser seien, als ihre früheren Nazi-Henker, als gegen die<br />

Menschenwürde verstossende Herabsetzung bewertet. 429<br />

Dass die Menschenwürde, die das geschützte Rechtsgut der Bestimmung darstellt, in<br />

Art. 261 bis<br />

Abs. 4 StGB gesondert erwähnt wird, wird in der Lehre zum Teil so<br />

verstanden, dass von Abs. 4 1. Satzteil nur besonders schwerwiegende Fälle erfasst sein<br />

sollen. 430 Da jedoch Art. 261 bis<br />

StGB insgesamt die Menschenwürde schützt, sollte dem<br />

Passus keine strafbegrenzende Funktion zugeschrieben werden. 431<br />

Der Begriff des Diskriminierens in Art. 261 bis<br />

Abs. 4 entspricht demjenigen des Abs. 1.<br />

Dazu wird deswegen auf die Ausführungen im 2. Kapitel § 3 verwiesen.<br />

2.5. Leistungsverweigerung<br />

Nach Art. 261 bis Abs. 5 StGB macht sich strafbar, wer eine von ihm angebotene<br />

Leistung, die für die Allgemeinheit bestimmt ist, einer Person oder einer Gruppe von<br />

Personen wegen ihrer Rasse, Ethnie oder Religion verweigert.<br />

Das Verb „Verweigern“ wird definiert als die Verweigerung einer Leistung zu den<br />

gleichen Bedingungen, wie sie allen anderen gewährt werden. 432<br />

Als Verweigerung kommt auch das Vorenthalten von Informationen oder die bewusste<br />

Fehlinformation in Betracht. 433<br />

Der Begriff der Leistung im Art. 261 bis<br />

Abs. 5 StGB erfasst Waren-, Sach- und<br />

Dienstleistungsangebote sowie die Vermittlung solcher Leistungen 434 , ohne dass ein<br />

öffentliches Handeln erforderlich ist. 435 Wesentlich ist, dass die Täterschaft die im<br />

konkreten Fall verweigerte Leistung grundsätzlich jedermann anbietet. 436<br />

Als eine solche Leistung ist jede Leistung zu verstehen, die nicht ausschliesslich und<br />

erkennbar für eine spezifische Person oder Gruppe von Personen bestimmt ist. 437<br />

429<br />

Urteil des Bundesgerichts, Kassationshof, 26. September 2000, 6S.367/1998, E. 4 a.<br />

430<br />

KUNZ, Rechtgut, 263; RIKLIN, Rassendiskriminierung, 41.<br />

431 bis<br />

SCHLEIMINGER, Art. 261 N 48; NIGGLI, Rassendiskriminierung, N 928 ff.<br />

432<br />

NIGGLI, Rassendiskriminierung, N 1195.<br />

433 bis<br />

SCHLEIMINGER, Art. 261 N 73.<br />

434 bis<br />

Botschaft, 314; ROM, 142 f.; NIGGLI, Rassendiskriminierung, N 1041 ff.; SCHLEIMINGER, Art. 261 N<br />

68; DONATSCH/WOHLERS, 218; STRATENWERTH/WOHLERS, Art. 261 bis N 17.<br />

435 bis<br />

SCHLEIMINGER, Art. 261 N 74; NIGGLI, Rassendiskriminierung, N 1202.<br />

436 bis<br />

SCHLEIMINGER, Art. 261 N 69.<br />

437<br />

NIGGLI, Rassendiskriminierung, N 1127.<br />

86


In der Lehre wurden verschiedene Kriterien für die Umschreibung einer für die<br />

Allgemeinheit bestimmten Leistung entwickelt. Einerseits ist eine Leistung dann für die<br />

Allgemeinheit bestimmt, wenn sie auf ein kurzlebiges Vertragsverhältnis gegründet ist,<br />

da es bei einer langen Vertragsdauer auf die Persönlichkeit des Vertragspartners<br />

ankomme. 438 GUYAZ schlägt das Kriterium des Leistungsangebots an eine<br />

Personenmehrzahl bzw. das Angebot einer Vielzahl von Leistungen vor. 439<br />

Ein weiteres Kriterium wird in der Anonymität der Kundschaft und der<br />

Standardisierung der Leistung gesehen, die z. B. bei Kinos, Theatern, Hotels und<br />

Restaurants gegeben sind. 440<br />

Diese auf einzelne Kriterien gründende Definitionen erweisen sich jedoch als<br />

unvertretbar, da ein grundsätzlicher Ausschluss von bestimmten Vertragsarten mit der<br />

RDK nicht zu vereinbaren ist. 441 Zwar will die RDK die Vertragsfreiheit nicht<br />

tangieren. So muss eine Vertragspartei die Freiheit haben, ein Vertragsangebot an eine<br />

bestimmte Person oder Gruppe von Personen zu richten oder z. B. Arbeits- oder<br />

Mietverträge mit einer frei gewählten Person abzuschliessen. Art. 261 bis<br />

Abs. 5 StGB<br />

soll jedoch immer zur Anwendung kommen, wenn die Leistungsverweigerung in einer<br />

Art und Weise erfolgt, die „mit dem im gesellschaftlichen Grundkonsens enthaltenen<br />

Verbot öffentlicher Segregation und Apartheid nicht zu vereinbaren ist“. 442<br />

Leistungsangebote sind dabei Stellen-, Wohnungs- und Heiratsinserate genauso wie<br />

Dauervertragsverhältnisse. 443<br />

In der Lehre wird zwischen positiven und negativen Diskriminierungen unterschieden.<br />

Negative Diskriminierungen bestehen, wenn ein Angebot an jedermann gerichtet ist,<br />

bestimmte Personen oder Gruppen jedoch aus rassendiskriminierenden Gründen<br />

(Zugehörigkeit zu einer Rasse, Ethnie, Religion) davon ausgenommen werden (Bsp.:<br />

Lokalverbot für Muslime). Negative Diskriminierungen fallen unter Art. 261 bis<br />

Abs. 4<br />

StGB, da sie die entsprechenden Personen als der angebotenen Leistung unwürdig<br />

erklären. 444 Positive Diskriminierungen, d.h. Fälle, in denen die Leistung von<br />

vornherein nur einer bestimmten ethnischen, rassischen oder religiösen Gruppe<br />

438 bis<br />

TRECHSEL, Art. 261 N 41; ROM, 142 f.<br />

439<br />

GUYAZ, 291 f.<br />

440 bis<br />

TRECHSEL, Art. 261 N 41; ROM, 142 f.; GUYAZ, 290 f., 666.<br />

441 bis<br />

NIGGLI, Rassendiskriminierung, N 1123; SCHLEIMINGER, Art. 261 N 71 f.<br />

442<br />

bis<br />

DONATSCH/WOHLERS, 219; gl. M. STRATENWERTH/WOHLERS, Art. 261 N 17.<br />

443<br />

STRATENWERTH, BT/2, § 39 N 39.<br />

444<br />

Vgl. NIGGLI, Rassendiskriminierung, N 1155 f., 1195 ff.<br />

87


angeboten werden, sind grundsätzlich zulässig, es sei denn, sie sind sachlich<br />

ungerechtfertigt und bezwecken eine negative Diskriminierung (z. B. ein<br />

Arbeitsangebot nur für „Weisse“). 445<br />

Da es für die Leistungen nach Art. 261 bis<br />

Abs. 5 StGB unbedeutend ist, worin ihr Inhalt<br />

besteht, sind auch die Internetdienste als Leistungen zu verstehen, wenn sie nicht<br />

ausschliesslich und erkennbar für eine spezifische Person oder Gruppe von Personen<br />

bestimmt sind. 446 Somit kann z. B. die Verweigerung der Errichtung einer E-Mail-<br />

Adresse, oder der Benutzung eines Informationsangebots tatbestandsmässig sein.<br />

Vom ZP ist die Tathandlung der Leistungsverweigerung im Sinne von Art. 261 bis StGB<br />

jedoch nicht erfasst.<br />

IV. Vorbehalte zu Art. 3 ZP<br />

1. Allgemeines zu den ZP-Vorbehalten<br />

Art. 12 Abs. 2 ZP hält fest, dass die Vertragsstaaten von den in Art. 3, Art. 5 und Art. 6<br />

ZP vorgesehenen Vorbehalten Gebrauch machen dürfen. Weitere Vorbehalte zum ZP<br />

sind nicht zulässig. 447<br />

Die Vorbehalte und Erklärungen müssen gemäss Art. 12 Abs. 2 ZP durch eine an den<br />

Generalsekretär des Europarats gerichtete schriftliche Notifikation bei der<br />

Unterzeichnung oder bei der Hinterlegung der Ratifikations-, <strong>Anna</strong>hme-,<br />

Genehmigungs- oder Beitrittsurkunde erfolgen.<br />

Jeder Unterzeichnerstaat darf ferner durch eine an den Generalsekretär des Europarates<br />

gerichtete Notifikation bei der Unterzeichnung oder der Hinterlegung seiner<br />

Ratifikations-, <strong>Anna</strong>hme-, Genehmigungs- oder Beitrittsurkunde erklären, dass er von<br />

der Möglichkeit Gebrauch macht, gemäss Artikel 5 Absatz 2 lit. a und Artikel 6 Absatz<br />

2 lit. a des ZP zusätzliche Merkmale als Voraussetzungen vorzusehen (Art. 12 Abs. 3<br />

ZP). Ferner darf er von den in Art. 22 Abs. 2 CCC 448 und Art. 41 Abs. 1 CCC<br />

vorgesehenen Vorbehalten Gebrauch machen.<br />

445 SCHLEIMINGER, Art. 261 bis N 72; NIGGLI, Rassendiskriminierung, N 1158 ff.<br />

446 Vgl. zu dieser Voraussetzung NIGGLI, Rassendiskriminierung, N 1127.<br />

447 Vgl. Explanatory Report ZP, N 49.<br />

448 Begründen von Gerichtsbarkeit für Computerstraftaten.<br />

88


Gemäss Art. 12 Abs. 1 ZP sind schliesslich die Vorbehalte und Erklärungen zu der<br />

CCC, von denen eine Vertragspartei in der Vergangenheit Gebrauch gemacht hat, auch<br />

auf das ZP übertragbar, es sei denn, die Vertragspartei bestimmt bei der Unterzeichnung<br />

des ZP oder bei der Hinterlegung ihrer Ratifikations-, <strong>Anna</strong>hme-, Genehmigungs- oder<br />

Beitrittsurkunde, 449 dass Vorbehalte, die zu Bestimmungen der CCC angebracht<br />

wurden, auf das ZP nicht zu übertragen sind. 450<br />

2. Zulässige Vorbehalte zu Art. 3 ZP<br />

Art. 3 Abs. 2 und 3 ZP sehen die Möglichkeit für die Vertragsstaaten vor, Vorbehalte in<br />

eng umschriebenen Fällen vorzusehen. Abs. 2 und Abs. 3 ZP müssen dabei im<br />

Zusammenhang zueinander ausgelegt werden. 451<br />

2.1. Fehlender Zusammenhang mit Hass oder Gewalt<br />

Gemäss Art. 3 ZP Abs. 2 darf sich ein Vertragsstaat das Recht vorbehalten, für die<br />

Handlungen gemäss Art. 3 Abs. 1 ZP keine Strafbarkeit vorzusehen, wenn das Material<br />

zwar Diskriminierung befürwortet, fördert oder dazu aufruft, jedoch nicht in<br />

Zusammenhang mit Hass oder Gewalt steht. Dabei soll jedoch der betreffende<br />

Vertragsstaat für die Bekämpfung dieses Verhaltens andere innerstaatliche Massnahmen<br />

zur Verfügung stellen, wie z. B. zivilrechtliche oder verwaltungsrechtliche<br />

Massnahmen. 452<br />

Für die Schweiz dürfte diese Vorbehaltsmöglichkeit ohne Bedeutung bleiben, da<br />

gemäss der schweizerischen Rassendiskriminierungsstrafnorm der Aufruf zu<br />

Diskriminierung, die Förderung oder Befürwortung von Diskriminierung auch dann<br />

unter Strafe gestellt sind, wenn kein Zusammenhang mit Hass oder Gewalt besteht.<br />

Auch für die Tathandlungen des ZP dürfte daher das Gleiche gelten.<br />

449 Explanatory Report ZP, N 52.<br />

450 Dies im Gegensatz zu dem in Art. 8 ZP statuierten Grundsatz, vgl. Explanatory Report ZP, N 51.<br />

451 Explanatory Report ZP, N 32.<br />

452 Explanatory Report ZP, N 32.<br />

89


2.2. Meinungsäusserungsfreiheit<br />

2.2.1. Zum Verhältnis zwischen den Bestimmungen des ZP und dem Recht auf<br />

Meinungsäusserung nach Art. 10 EMRK<br />

Gemäss Art. 3 Abs. 3 ZP darf sich ein Vertragsstaat das Recht vorbehalten, Art. 3 Abs.<br />

1 ZP in bestimmten Fällen von Diskriminierung nicht anzuwenden, wenn sie auf Grund<br />

von Prinzipien betreffend die Meinungsäusserungsfreiheit, die in ihrer nationalen<br />

Rechtsordnung verankert sind, nicht für Massnahmen gemäss Art. 3 Abs. 2 ZP sorgen<br />

kann.<br />

Bezüglich des Spannungsverhältnisses zwischen der Meinungsäusserungsfreiheit und<br />

dem Verbot rassistischer und fremdenfeindlicher Handlungen im Sinne des ZP, verweist<br />

jedoch der Explanatory Report ZP auf Art. 10 Abs. 2 EMRK, der die<br />

Meinungsäusserungsfreiheit einschränkt, wenn gewisse Meinungen und Ideen die<br />

Rechte anderer verletzen. 453 Auf Europaratsebene ist nämlich das Recht auf freie<br />

Meinungsäusserung in Art. 10 Abs. 1 EMRK enthalten, welcher die Meinungsfreiheit<br />

und die Freiheit anerkennt, Informationen und Ideen ohne behördliche Eingriffe und<br />

ohne Rücksicht auf Staatsgrenzen zu empfangen und weiterzugeben (Art. 10 Abs. 1<br />

EMRK). Gemäss Art. 10 Abs. 2 EMRK kann jedoch die Ausübung des Rechts auf freie<br />

Meinungsäusserung Formvorschriften, Bedingungen, Einschränkungen oder<br />

Strafdrohungen unterworfen werden, und gestützt auf Art. 17 EMRK dürfen<br />

Missbräuche der Meinungsäusserungsfreiheit mit dem Art. 10 Abs. 2 EMRK<br />

gerechtfertigt werden.<br />

In den Materialien zum ZP wird auch die Ansicht vertreten, dass Art. 10 EMRK<br />

rassistische Äusserungen und Ideen nicht schützen darf. 454 Das ZP soll vielmehr helfen,<br />

ein Gleichgewicht zwischen der Meinungsäusserungsfreiheit nach Art. 10 EMRK und<br />

dem Kampf gegen Rassismus und Fremdenfeindlichkeit herzustellen. 455 Dieser Ansicht<br />

ist zuzustimmen. Zwar wird durch das ZP in bestimmten Situationen das Recht auf<br />

Ausübung der Meinungsäusserung eingeschränkt. Das ZP legt jedoch gleichzeitig auch<br />

den Ausmass fest, in welchem die Meinungsäusserungsfreiheit eingeschränkt werden<br />

darf. Andererseits darf die Meinungsäusserungsfreiheit nicht dazu benutzt werden, um<br />

453 Explanatory Report ZP, N 11.<br />

454 ASSEMBLEE PARLEMENTAIRE, Internet et le droit, N 26 ff.; Explanatory Report ZP, N 11.<br />

455 PARLIAMENTARY ASSEMBLY, Doc. 9607, N 5. Vgl. auch PARLIAMENTARY ASSEMBLY,<br />

Recommendation 1543, N 1, wonach Rassismus ein Verbrechen und nicht eine Meinung darstelle.<br />

90


anderen die Menschenwürde abzusprechen und gegen das in der EMRK verankerte<br />

Diskriminierungsverbot zu verstossen. 456<br />

Diese Ausführungen gelten auch für die Regelung in Art. 261 bis StGB. Art. 261 bis StGB<br />

wurde erlassen, um der für die Schweiz aus der RDK-Unterzeichnung entstandene<br />

Verpflichtung nachzugehen. Aus Art. 4 RDK kann zwar abgeleitet werden, dass<br />

zwischen dem Diskriminierungsverbot und der Meinungsäusserungsfreiheit ein<br />

Grundrechtskonflikt besteht. 457 So geniessen in der Schweiz auch rassistische<br />

Äusserungen grundsätzlich den Schutz von Art. 16 BV.<br />

Jedoch kann ein Grundrecht Einschränkungen erfahren, die den Anforderungen von Art.<br />

36 BV entsprechen, und somit auf einer gesetzlichen Grundlage beruhen, im<br />

öffentlichen Interesse liegen und verhältnismässig sind. 458 Da die<br />

Rassendiskriminierungsstrafnorm eine gesetzliche Grundlage darstellt (formelles<br />

Gesetz, dem das Volk zustimmte), die hinreichend bestimmt ist, 459 keine präventive<br />

Zensur im Sinne von Art. 17 BV darstellt, 460 im polizeilichen Interesse liegt, und einen<br />

verhältnismässigen Eingriff in das Recht der freien Meinungsäusserung darstellt, 461<br />

erfüllt sie diese Voraussetzungen.<br />

Die Meinungsäusserungsfreiheit von Art. 16 BV soll auch gemäss Art. 35 BV nicht<br />

schrankenlos gelten. Danach können überwiegende öffentliche Interessen eine<br />

Beschränkung dieses Grundrechts rechtfertigen. Rassistische Äusserungen bergen ein<br />

Gefährdungspotential in sich, indem sie den öffentlichen Frieden und die soziale<br />

Gerechtigkeit beeinträchtigen, und somit gegen Art. 8 Abs. 2 BV verstossen. 462<br />

Betreffend die Vereinbarkeit des Art. 261 bis<br />

StGB mit Art. 16 BV äusserte sich das<br />

Bundesgericht dahingehend, dass Art. 261 bis<br />

StGB verfassungskonform ausgelegt<br />

werden kann. 463 Im BGE 131 IV 23 ff. entschied es, dass bei der Frage nach der<br />

Zulässigkeit rassendiskriminierender Äusserungen die gleichen Voraussetzungen zu<br />

berücksichtigen seien, wie die Voraussetzungen für ehrverletzende Äusserungen. In<br />

456 bis<br />

Vgl. NIGGLI, Rassendiskriminierung, N 565; ROM, 101; TRECHSEL, Art. 261 N 8.<br />

457<br />

Botschaft, 304; HÄNNI, 26, 122.<br />

458<br />

Vgl. dazu PEDUZZI, 11 ff.<br />

459<br />

Vgl. nicht veröffentlichter BGE 6P 132/1999 vom 3. März 2000, E. 14.<br />

460<br />

Dazu PEDUZZI, 15.<br />

461<br />

PEDUZZI, 15 f.<br />

462<br />

Dazu ausführlich STRAUSS, 223 ff. Vgl. auch ROM, 100; sowie die RDK im Ingress.<br />

463<br />

BGE 131 IV 27 f.; Urteil des Bundesgerichts, Kassationshof, 18. März 2002, 6S.614/2001, E. 2 c/bb.<br />

Diese Ansicht wird auch in der Lehre vertreten, dazu HÄNNI, 121 ff.; RIKLIN, Rassendiskriminierung,<br />

43. Abweichend PEDUZZI, 16.<br />

91


einer politischen Diskussion verbiete es die Freiheit der Meinungsäusserung, eine<br />

Herabsetzung oder Diskriminierung im Sinne von Art. 261 bis Abs. 4 StGB leichthin zu<br />

bejahen. Den Tatbestand erfülle nicht bereits, wer über eine geschützte<br />

Bevölkerungsgruppe etwas Unvorteilhaftes äussert, solange die Kritik sachlich bleibt<br />

und sich auf objektive Umstände stützt. 464 Es sei zu berücksichtigen, dass Äusserungen<br />

zu politischen Fragen und Problemen des öffentlichen Lebens ein besonderer<br />

Stellenwert zukommt 465<br />

Die Äusserungen sind dabei nach einem älteren BGE-Entscheid nach dem Sinn zu<br />

beurteilen, den ihnen ein unbefangener Durchschnittsadressat unter den jeweiligen<br />

konkreten Umständen gibt. Handle es sich um einen Text, sei dieser nicht anhand der<br />

verwendeten Ausdrücke - je für sich allein genommen - zu würdigen, sondern nach dem<br />

Sinn, der sich als Ganzes ergibt. 466 Äusserungen, die im Rahmen politischer Debatten<br />

getätigt werden, seien nicht strikte an ihrem Wortlaut zu messen, da bei politischen<br />

Auseinandersetzungen Vereinfachungen und Übertreibungen üblich seien, 467 und es in<br />

einer Demokratie von zentraler Bedeutung sei, dass Standpunkte vertreten werden<br />

können, die für viele schockierend wirken. 468<br />

Im BGE 118 IV 153 E. 4a. wurde die Verbreitung fremder rufschädigender<br />

Äusserungen oder Handlungen, die nicht im Rahmen einer Medienarbeit erfolgen, 469 für<br />

tatbestandsmässig erklärt, auch wenn nur zitiert wird. Allenfalls könne der<br />

Rechtfertigungsgrund der Wahrung berechtigter Interessen in Frage kommen. Wenn die<br />

Verbreitung der Äusserungen oder Handlungen im Rahmen einer Medienarbeit<br />

geschehe, ist derjenige, der zitiert, vom Strafbarkeitsvorwurf zu befreien. 470<br />

464 Vgl. E. 3 des Entscheids. Im betreffenden Fall waren die folgenden Äusserungen eines Politikers zu<br />

beurteilen: „Die Freiheits-Partei weist darauf hin, dass u. a. die Einwanderer (sog. Flüchtlinge) aus<br />

dem Kosovo einen unverhältnismässig hohen Anteil an der zunehmenden Gewaltbereitschaft und<br />

Kriminalität in der Schweiz haben. Darum verlangt die Feriheitspartei die Rückschaffung sämtlicher<br />

Einwanderer aus dem Kosovo innert der ursprünglich verfügten Frist. Es hat sich mittlerweile zur<br />

ständigen Praxis entwickelt, dass aufgenommene Asylanten die Schweiz nie mehr verlassen und nach<br />

einer 12-jährigen Aufenthaltsdauer in unserem Land die praktisch bedingungslose Einbürgerung<br />

verlangen können. Die FPS will keine neuen Schweizer, die eine kriminelle Vergangenheit<br />

aufweisen.“.<br />

465 BGE 131 IV 27. Vgl. auch BGE 124 IV 124 f.; Urteil des Bundesgerichts, Kassationshof, 16.<br />

September 2003, 6S.148/2003, E. 2; DONATSCH/WOHLERS, 216.<br />

466 Vgl. BGE 117 IV 29 f.<br />

467 BGE 128 IV 58 f.; 105 IV 196.<br />

468 Vgl. BGE 127 I 173; 101 Ia 258 sowie Urteil des EGMR i. S. Thorgeirson gegen Island vom 25. Juni<br />

1992, Serie A, Bd. 239, Ziff. 63.<br />

469 Medienarbeit ist als Berichterstattung im Rahmen einer regelmässigen Information der Öffentlichkeit<br />

zu verstehen, siehe NIGGLI, Rassendiskriminierung, N 635.<br />

470 Urteil des EGMR i. S. Jersdil v. Denmark, Nr. 298, siehe ÖJZ 1995, 227.<br />

92


In der Lehre wird anerkannt, dass in der Berichterstattung über den Anteil einer<br />

Bevölkerungsgruppe an der Kriminalität keine gegen die Menschenwürde verstossende<br />

Herabsetzung liege, selbst wenn dadurch ein feindseliges Klima gegen die Gruppe<br />

geschaffen werde. 471 Anders zu beurteilen seien jedoch Pauschalurteile, die sich nicht<br />

auf sachliche Gründe stützen. 472<br />

Daraus wird ersichtlich, dass es nicht wünschenswert und notwendig ist, dass die<br />

Schweiz einen Vorbehalt zugunsten der Meinungsäusserungsfreiheit anbringt.<br />

Es genügt, dass auch die Bestimmungen des ZP verfassungskonform ausgelegt werden<br />

dürfen. Zudem will das ZP auf der Grundlage internationaler und innerstaatlicher<br />

Instrumente das Ausmass festlegen, bei welchem die Verbreitung rassistischer und<br />

fremdenfeindlicher Äusserungen und Ideen die Rechte anderer verletzt. 473 Somit sind<br />

die Bestimmungen des ZP mit Art. 10 Abs. 2 und Art. 17 EMRK vereinbar.<br />

Schliesslich tragen rassistische und fremdenfeindliche Äusserungen nicht zur<br />

Wahrheitsfindung oder zur Demokratie bei und beruhen auf wissenschaftlich<br />

unbegründeten, moralisch verwerflichen und sozial ungerechten Überzeugungen.<br />

Daher darf Verhalten, welches tatbestandsmässig im Sinne des ZP ist, nicht durch das<br />

Recht auf freie Meinungsäusserung geschützt werden. Auch kann auf Grund der<br />

Menschenwürde als Rechtsgut von Art. 261 bis<br />

StGB darauf geschlossen werden, dass<br />

ein Grundrechtskonflikt nicht in Betracht kommt, wenn eine die Menschenwürde<br />

beeinträchtigende Äusserung grundrechtlichen Schutz in Anspruch nehmen will.<br />

Wer anderen ein Grundrecht abspricht, darf sich selber nicht auf den Schutz durch<br />

dieses Grundrecht berufen. 474<br />

V. Gesetzgeberische Arbeit in der Schweiz auf Grund von<br />

Art. 3 ZP?<br />

Auch wenn das ZP den Weg wählt, statt verschiedene Handlungsvarianten aufzuzählen,<br />

auf vereinfachte Weise ein „Verbreiten“ und ein „Verfügbarmachen“ von rassistischem<br />

oder fremdenfeindlichem Material vorzusehen, können die Tathandlungen von Art. 3<br />

471 DONATSCH/WOHLERS, 213; vgl. auch SCHÖNKE /SCHRÖDER, § 130 N. 5a.<br />

472 Vgl. NIGGLI, Rassendiskriminierung, N. 944.<br />

473 Explanatory Report ZP, N 11.<br />

93


ZP als von Art. 261 bis StGB erfasst angesehen werden, da keine Tathandlungsvarianten<br />

denkbar sind, die nicht schon im Art. 261 bis StGB vorkommen, insbesondere Art. 261 bis<br />

Abs. 4 1. Satzhälfte StGB.<br />

Was die Begriffsumschreibung des Verbreitens im Art. 261 bis Abs. 2 StGB betrifft,<br />

entspricht sie insofern der Umschreibung der Verbreitung im Explanatory Report ZP,<br />

als auch dort ein aktives Handeln in Bezug auf das Ansprechen von Dritten verlangt<br />

wird. 475 Im Explanatory Report ZP wird jedoch zu Recht nicht von einem möglichst<br />

grossen, zahlenmässig unbestimmten Adressatenkreis bzw. Publikum gesprochen, da<br />

die Frage nach der Grösse des Adressatenkreises unter dem Gesichtspunkt der<br />

öffentlichen Tatbegehung zu beantworten ist. 476<br />

Das in der Schweiz von der Lehre zusätzlich verlangte Vorliegen eines Werbeziels,<br />

bzw. eines Bestrebens, den Adressatenkreis werbend zu beeinflussen, 477 wird beim ZP<br />

auch nicht vorgesehen. Diese Voraussetzung dürfte auch im schweizerischen Recht<br />

fallen gelassen werden, da eine Unterscheidung zwischen dem Verbreiten eines Inhalts,<br />

welcher ein blosses Bekenntnis enthält, und dem Verbreiten eines Inhalts im Bestreben,<br />

den Adressatenkreis werbend zu beeinflussen, im Ergebnis ein kaum nachzuweisendes<br />

zusätzliches subjektives Tatbestandsmerkmal schafft, und kein notwendiges objektives<br />

Merkmal der Verbreitung zu sein scheint.<br />

Die Strafbarkeit für die Verbreitung von rassistischem und fremdenfeindlichem<br />

Material kann somit bei einer solchen Auslegung des Begriffes bereits dann gegeben<br />

sein, wenn der Täter - ohne ein Werbe- oder ein Förderungsziel verfolgen zu müssen,<br />

öffentlich direkt Dritte anspricht, indem er das Material durch aktives Handeln zur<br />

Schau stellt oder in Umlauf bringt. Dass sich dabei sein Vorsatz auf alle objektiven<br />

Tatbestandsmerkmale richten muss, darunter auch auf die Verbreitung, bedarf keiner<br />

besonderen Erläuterung.<br />

474 HÄNNI, 27; NIGGLI, Rassendiskriminierung, N 573 ff., 581; SCHLEIMINGER, Art. 261 bis N 26: der<br />

gleiche Grundgedanke findet sich auch in Art. 17 EMRK; gl. M. betreffend Art. 261 bis StGB<br />

DONATSCH/WOHLERS, 220.<br />

475 „Active dissemination“, vgl. Explanatory Report ZP, N 28.<br />

476 Zur Frage der Öffentlichkeit vgl. 3. Kapitel § 3. An dieser Stelle ist auch auf die treffende Ansicht von<br />

KUNZ in Zusammenhang mit der Einführung der Rassendiskriminierungsstrafnorm in der Schweiz<br />

hinzuweisen. KUNZ führte 1990 im Arbeitspapier zur Sitzung der Projektgruppe Rassendiskriminierung<br />

aus, dass das Verb des Verbreitens bereits in der vorausgesetzten Öffentlichkeit der Handlung enthalten<br />

ist.<br />

477 SCHLEIMINGER, Art. 261 bis N 36, m.w.H.; STRATENWERTH/WOHLERS, Art. 261 bis StGB N 9.<br />

94


Was das Verfügbarmachen nach Art. 3 ZP betrifft, kann darunter, wie unter Ziffer III.<br />

dargestellt wurde, jede vorsätzliche Handlung verstanden werden, die ein Zur-Schau-<br />

Stellen von rassistischem und fremdenfeindlichem Material bewirkt, damit Dritte die<br />

Möglichkeit erhalten, vom Material Kenntnis zu nehmen oder davon sonst wie<br />

Gebrauch zu machen. Dabei müssen die Drittpersonen, im Gegensatz zum Verbreiten,<br />

nicht direkt angesprochen werden. Daraus wird ersichtlich, dass diese Merkmale des<br />

ZP-Begriffs vom Begriff des Verbreitens im schweizerischen Strafrecht erfasst werden.<br />

Davon werden auch Handlungen erfasst, die das Ziel verfolgen, den Empfängern einen<br />

bestimmten Inhalt zur Kenntnis zu bringen, 478 wobei es nicht darauf ankommt, ob das<br />

Publikum die Handlungen oder Äusserungen wirklich wahrgenommen hat, 479 und ob es<br />

direkt angesprochen wurde.<br />

An dieser Stelle der Arbeit ist auch das Gesetzgebungspaket „Bundesgesetz über<br />

Massnahmen gegen Rassismus, Hooliganismus und Gewaltpropaganda“ zu nennen, 480<br />

das als aktuelle Revisionsvorlage in der Schweiz bei der Beantwortung der Frage nach<br />

der Strafbarkeit für Verbreitung oder Verfügbarmachen von rassistischen und<br />

fremdenfeindlichen Bekenntnissen Klarheit schaffen könnte. Die Gesetzesvorlage vom<br />

Jahr 2002 verfolgt das Ziel, neue straf- und verwaltungsrechtliche Massnahmen für eine<br />

bessere Bekämpfung von Rassismus, Hooliganismus und Gewaltpropaganda in der<br />

Schweiz einzuführen. 481 In der Vorlage wird u.a. vorgeschlagen, das StGB durch eine<br />

Bestimmung gegen Kennzeichen mit rassendiskriminierender Bedeutung (in einem<br />

neuen Art. 261 ter StGB) und durch eine Bestimmung gegen rassendiskriminierende<br />

Vereinigungen (in einem neuen Art. 261 quater StGB) zu ergänzen. Im Art. 261 ter StGB<br />

soll dabei das öffentliche Zugänglichmachen, Anpreisen, Anbieten, Ausstellen, Tragen,<br />

Zeigen und die Einfuhr, Herstellung, Lagerung und das In-Verkehr-Bringen von<br />

Kennzeichen mit rassendiskriminierender Bedeutung für strafbar erklärt werden sowie<br />

die öffentliche Verwendung von Parolen, Gesten oder Grussformeln mit<br />

rassendiskriminierender Bedeutung. Damit wird die Strafbarkeit bei rassistischen und<br />

fremdenfeindlichen Handlungen, die mittels Computersystemen begangen werden,<br />

478 NIGGLI, Rassendiskriminierung, N 795 f.; SCHLEIMINGER, Art. 261 bis N 36.<br />

479 NIGGLI, Rassendiskriminierung, N 798.<br />

480 Die parlamentarische Diskussion ist abrufbar unter<br />

http://www.parlament.ch/afs/data/d/bericht/2004/d_bericht_s_k25_0_20043224_0_20050503.htm<br />

und unter<br />

http://search.parlament.ch/cv-geschaefte?gesch_id=20043224.<br />

95


zweifelsohne auch in Fällen gegeben sein, in denen rassendiskriminierende<br />

Bekenntnisse über Computersysteme verbreitet oder verfügbar gemacht werden.<br />

Bezüglich des Vorsatzes sieht das Explanatory Report ZP vor, dass die Verbreitung<br />

oder das Verfügbarmachen nur strafbar sind, wenn der Vorsatz auch auf den<br />

rassistischen und fremdenfeindlichen Charakter des Materials gerichtet ist. 482 Im<br />

schweizerischen Strafrecht wäre diese zusätzliche Verdeutlichung überflüssig, da sich<br />

der Vorsatz immer auf alle objektiven Tatbestandsmerkmale richten muss. 483<br />

§ 6 Rassistisch und fremdenfeindlich motivierte Drohung<br />

I. Objektive Tatbestandsmerkmale von Art. 4 ZP<br />

Gemäss Art. 4 ZP muss jeder Vertragsstaat die erforderlichen gesetzgeberischen und<br />

anderen Massnahmen treffen, damit gemäss seinem nationalen Recht die Drohung mit<br />

dem Begehen eines gemäss innerstaatlicher Rechtsordnung schweren Delikts, 484<br />

begangen mittels eines Computersystems, für strafbar erklärt wird.<br />

Der Begriff „Drohung” bezieht sich dabei auf ein Androhen, das bei der Person, gegen<br />

die es sich richtet, die Angst vor dem Begehen des angedrohten schweren Delikts<br />

tatsächlich hervorruft. 485<br />

Die Drohung muss vorsätzlich und unbefugt und gegen Personen oder Gruppen von<br />

Personen gerichtet sein, auf Grund von ihrer Rasse, Hautfarbe, Abstammung oder<br />

nationaler oder ethnischer Herkunft, sowie auf Grund von ihrer Religionszugehörigkeit,<br />

wenn sie als Vorwand für einen der anderen Faktoren gebraucht wird. 486<br />

481<br />

Die Gesetzesvorlage ist abrufbar unter<br />

http://www.fedpol.admin.ch/etc/medialib/data/kriminalitaet/extremismus_rassismus.Par.0008.File.tmp/G<br />

esetzesentwurf_d.pdf<br />

482<br />

Explanatory Report ZP, N 27.<br />

483<br />

Vgl. zu den Voraussetzungen des Vorsatzes STRATENWERTH/WOHLERS, Art. 12 N 2 ff.<br />

484<br />

Welches sich z. B. gegen das Leben, die persönliche Sicherheit oder die Integrität der Person oder<br />

ihrer Angehörigen richtet, vgl. Explanatory Report ZP, N 34.<br />

485<br />

Explanatory Report ZP, N 34.<br />

486<br />

Explanatory Report ZP, N 35.<br />

96


Die Drohung im Sinne des ZP braucht nicht öffentlich zu sein 487 , weswegen z. B. auch<br />

eine über private Kommunikation, wie z. B. über E-Mail, geäusserte Drohung erfasst<br />

wird.<br />

Gegen die Bedrohung von Personen oder Gruppen mit rassistischem oder<br />

extremistischem Hintergrund müssen alle Vertragsstaaten vorgehen, da Art. 4 ZP keine<br />

Vorbehaltsmöglichkeiten vorsieht.<br />

II. Gesetzgeberische Arbeit in der Schweiz auf Grund von<br />

Art. 4 ZP?<br />

In Art. 261 bis StGB und auch sonst im StGB ist keine mit Art. 4 ZP vergleichbare<br />

Regelung enthalten. Gemäss Explanatory Report ZP ist es jedoch den Vertragsstaaten<br />

freigestellt, die Drohung als allgemeine Strafbestimmung vorzusehen, die in ihrem<br />

Wortlaut nicht speziell auf die rassistische oder fremdenfeindliche Motivation des<br />

Täters zugeschnitten ist, jedoch in ihrer Wirkung auch Drohungen von Personen oder<br />

Gruppen von Personen aufgrund ihrer Rasse, Farbe, Abstammung, Nationalität, Ethnie<br />

oder Religion erfasst. 488<br />

Diese Voraussetzung ist im schweizerischen Strafrecht erfüllt. Von Art. 180 und 258<br />

StGB, in denen eine Drohung oder eine Androhung unter Strafe gestellt werden, können<br />

einerseits auch Täter erfasst werden, die aus rassistischen und fremdenfeindlichen<br />

Beweggründen handeln. Andererseits ist es nicht massgebend, welche Mittel der Täter<br />

verwendet, weswegen auch mittels Computersystemen geäusserte Drohungen unter die<br />

Bestimmungen fallen können. 489<br />

Ferner wird den Anforderungen von Art. 4 ZP, wonach sich das Androhen bei der<br />

Person, gegen die es sich richtet, tatsächlich Angst hervorrufen soll, 490 mit Art. 180<br />

StGB entsprochen, da danach die Drohungen schwer sein müssen, und das Opfer in<br />

Angst oder Schrecken zu versetzen. Bei der Prüfung, ob eine Drohung nach Art. 180<br />

geeignet ist, in Angst oder Schrecken zu versetzen, ist nach der Praxis des<br />

Bundesgerichts auf das Empfinden eines vernünftigen Menschen mit normaler<br />

487<br />

Explanatory Report ZP, N 35.<br />

488<br />

Explanatory Report ZP, N 33.<br />

489<br />

Vgl. zum Tatbestand der Drohung nach Art. 180 StGB REHBERG/SCHMID/DONATSCH, 337; TRECHSEL,<br />

Art. 180 N 2 ff.<br />

97


psychischer Belastbarkeit abzustellen. 491 Etwas weiter geht Art. 258 StGB, welcher das<br />

Vorliegen einer Schreckung voraussetzt. 492 Da jedoch bereits der Angstbegriff in Art.<br />

180 StGB den Unrechtsgehalt von Art. 4 ZP erfasst, kann festgehalten werden, dass in<br />

der Schweiz keine neuen Bestimmungen auf Grund von Art. 4 ZP erforderlich sind.<br />

Andererseits verlangt Art. 4 ZP eine Drohung mit einem nach nationalem Recht<br />

schweren Delikt. Auch diese Voraussetzung wird von Art. 180 StGB erfüllt, da die<br />

Drohung bereits dann als schwer einzustufen ist, wenn mit einem schweren Nachteil<br />

gedroht wird, 493 ohne dass der Nachteil ein schweres Delikt darstellen muss.<br />

§ 7 Rassistisch und fremdenfeindlich motivierte<br />

Beleidigung<br />

I. Objektive Tatbestandsmerkmale von Art. 5 ZP<br />

Gemäss Art. 5 Abs. 1 ZP muss jeder Vertragsstaat einerseits gesetzgeberische oder<br />

andere Massnahmen treffen, damit gemäss seinem nationalen Recht die öffentliche<br />

Beleidigung gegenüber Personen auf Grund von ihrer Rasse, Hautfarbe, Abstammung,<br />

nationaler oder ethnischer Herkunft, sowie auf Grund von ihrer Religionszugehörigkeit,<br />

wenn sie als Vorwand für einen der anderen Faktoren gebraucht wird, begangen mittels<br />

eines Computersystems, für strafbar erklärt wird, falls sie vorsätzlich und unbefugt<br />

begangen wird. Andererseits muss jeder Vertragsstaat gesetzgeberische oder andere<br />

Massnahmen treffen, damit gemäss seinem nationalen Recht die öffentliche<br />

Beleidigung gegenüber einer Gruppe von Personen auf Grund von ihrer Rasse,<br />

Hautfarbe, Abstammung, nationaler oder ethnischer Herkunft, sowie auf Grund von<br />

ihrer Religionszugehörigkeit, wenn sie als Vorwand für einen der anderen Faktoren<br />

490 Explanatory Report ZP, N 34.<br />

491 BGE 6B_146/2007 /hum vom 24. August 2007, BGE 99 IV 212 E. 1a; 106 IV 125 E. 2. Siehe dazu<br />

auch STRATENWERTH/WOHLERS, Art. 180 N 1 f.<br />

492 Der Begriff der Schreckung wird dabei in der Rechtsprechung und im BG vom 17. Juni 1994, womit<br />

Art. 258 StGB geändert wurde, nicht näher definiert, vgl. BG vom 17. Juni, in Kraft seit 1. Jan. 1995, AS<br />

1994 2290 2307; BBl 1991 II 969, 1082.<br />

493 BGE 81 IV 1906, 99 IV 215.<br />

98


gebraucht wird, für strafbar erklärt wird, falls sie vorsätzlich und unbefugt und mittels<br />

eines Computersystems begangen wird.<br />

Der Begriff „Beleidigung“ bezieht sich auf jeden offensiven, verachtenden oder<br />

beschimpfenden Ausdruck, welcher die Ehre oder die Würde beeinträchtigt.<br />

Es soll vom Ausdruck her klar sein, dass die Beleidigung direkt damit zusammenhängt,<br />

dass die beleidigte Person einem der Schutzobjekte angehört oder zu ihm zu gehören<br />

scheint.<br />

Eine Beleidigung in privaten Mitteilungen wird jedoch, anders als bei Art. 4 ZP, nicht<br />

erfasst. 494<br />

II. Zulässige Vorbehalte zu Art. 5 ZP<br />

Jeder unterzeichnende Staat darf gemäss Art. 5 Abs. 2 lit. a ZP bestimmen, dass die in<br />

Art. 5 Abs. 1 ZP erwähnten Personen oder Personengruppen durch ein solches<br />

Vorgehen auch tatsächlich, und nicht nur potentiell, Hass, Verachtung oder Verspottung<br />

ausgesetzt worden sind. Er darf sich ferner das Recht vorbehalten, auf Abs. 1 der<br />

Bestimmung ganz oder teilweise zu verzichten (Art. 5 Abs. 2 lit. b ZP).<br />

III. Gesetzgeberische Arbeit in der Schweiz auf Grund von<br />

Art. 5 ZP?<br />

Da unter „Beleidigung“ im Sinne von Art. 5 ZP jeder beleidigende oder verächtliche<br />

Ausdruck verstanden werden kann, der die Ehre und die Würde eines Menschen<br />

beeinträchtigt, 495 können die Handlungen nach Art. 5 ZP (je nach Sachverhalt) von Art.<br />

261 bis Abs. 4 1. Satzhälfte, Art. 173, 174 oder 177 StGB erfasst werden.<br />

Art. 261 bis Abs. 4 1. Satzhälfte StGB stellt eine gegen die Menschenwürde verstossende<br />

Herabsetzung und Diskriminierung unter Strafe. Die Menschenwürde ist immer dann<br />

verletzt, wenn durch eine Herabsetzung die essentiell gleichwertige und<br />

gleichberechtigte Position als Mensch abgesprochen wird. 496 Von Art. 261 bis Abs. 4 1.<br />

494 Explanatory Report ZP, N 36.<br />

495 Explanatory Report ZP, N 36.<br />

496 NIGGLI, Rassendiskriminierung, N 937.<br />

99


Satzhälfte StGB könnten somit Beleidigungen erfasst werden, in denen einer Person<br />

oder einer Gruppe von Personen aufgrund gewisser unbeeinflussbarer Eigenschaften die<br />

Existenzberechtigung als Mensch abgesprochen wird. 497 Unter Art. 261 bis<br />

Abs. 4 StGB<br />

können auch Aussagen fallen, in welchen die Minderwertigkeit der Angehörigen einer<br />

bestimmten Gruppe behauptet wird, und somit die Gleichstellung der Gruppe mit<br />

anderen Gruppen verneint wird, da die betreffende Gruppe uneingeschränkt abgelehnt<br />

wird. 498 Ein weiterer Anwendungsfall wäre z. B. die öffentliche Äusserung,<br />

diskriminierend zu handeln. 499<br />

Eine an objektive Tatsachen anknüpfende Kritik gegen eine Person oder eine Gruppe<br />

von Personen wird von Art. 261 bis<br />

Abs. 4 nicht erfasst, selbst dann, wenn sie mit einem<br />

negativen Werturteil verbunden ist. 500 Die Zuschreibung einzelner Verhaltensweisen<br />

und Eigenschaften oder die Kritik einzelner Bräuche, Einstellungen, und<br />

Verhaltensnormen verletzt in der Regel die Menschenwürde nicht, es sei denn, sie<br />

impliziere eine Minderberechtigung bzw. die umfassende Minderwertigkeit einer<br />

Gruppe. 501 Rassistische Beschimpfungen werden in der Praxis als Verletzungen der<br />

Menschenwürde angesehen. 502 Uneinheitlich beurteilt wird in der Praxis die<br />

Behauptung, dass die Angehörigen einer bestimmten Gruppe besonders kriminell seien.<br />

Soweit einer solchen Aussage zu entnehmen ist, dass diese Personen nicht das gleiche<br />

Anrecht auf persönliche Freiheit hätten wie andere Menschen, wird die Menschenwürde<br />

angegriffen, und das Verhalten ist als strafbar zu beurteilen. 503<br />

Beleidigungen, die nicht unter Art. 261 bis<br />

Abs. 4 1. Satzhälfte StGB fallen, können die<br />

Voraussetzungen von Art. 173 oder 174 StGB (wenn es sich bei den Behauptungen um<br />

Tatsachenbehauptungen handelt 504 ) oder von Art. 177 StGB (wenn es sich bei den<br />

497 bis<br />

TRECHSEL, Art. 261 N 34; vgl. auch STRATENWERTH, BT/2, § 39 N 36.<br />

498 bis<br />

Vgl. SCHLEIMINGER, Art. 261 N 50 ff.; NIGGLI, Gerichtspraxis, 195.<br />

499<br />

So hat das Bundesgericht die Aussage, wonach die Juden, welche Tiere schächten, nicht besser seien,<br />

als ihre früheren Nazi-Henker, als gegen die Menschenwürde verstossende Herabsetzung bewertet,<br />

vgl. Urteil des Bundesgerichts, Kassationshof, 26. September 2000, 6S.367/1998, E. 4 a.<br />

500 bis<br />

BGE 131 IV 28; STRATENWERTH/WOHLERS, Art. 261 N 13; DONATSCH/WOHLERS, 213. Vgl. auch<br />

REHBERG, StGB, 335, der als Beispiel die herabsetzende Äusserung „ gehören an die Wand gestellt“<br />

nennt, im Gegensatz zu einer Kritik, wie z. B. „faul“, die unter Umständen nur als Beschimpfung<br />

qualifiziert werden könnte.<br />

501 bis<br />

SCHLEIMINGER, Art. 261 N 52; DONATSCH/WOHLERS, 261; RIKLIN, Rassendiskriminierung, 41.<br />

502 bis<br />

SCHLEIMINGER, Art. 261 N 54 f.<br />

503<br />

NIGGLI, Rassendiskriminierung, N 944.<br />

504<br />

Unter Tatsachenbehauptungen sind Äusserungen über Ereignisse oder Zustände der Gegenwart oder<br />

der Vergangenheit zu verstehen, die äusserlich in Erscheinung treten und dadurch wahrnehmbar und<br />

beweisbar sind, vgl. BGE 118 IV 44; 121 IV 81 ff.<br />

100


Behauptungen um Werturteile handelt 505 ), erfüllen. Bei rassistischen oder<br />

fremdenfeindlichen Beleidigungen, die einen offensiven, verachtenden oder<br />

beschimpfenden Ausdruck darstellen, welcher die Ehre oder Würde einer Person<br />

beeinträchtigt, dürfte es sich nämlich regelmässig um nach schweizerischem Recht<br />

ehrenrührige Aussagen handeln. Als ehrenrührige Tatsachen gelten nach der<br />

Rechtsprechung Äusserungen, bei denen ein Mangel an Pflichtgefühl,<br />

Verantwortungsbewusstsein und Zuverlässigkeit vorgeworfen wird, oder bei denen eine<br />

Person einer Eigenschaft bezichtigt wird, die geeignet wäre, sie als Mensch verächtlich<br />

zu machen oder ihren Charakter in ein ungünstiges Licht zu rücken. 506<br />

Es kann somit festgehalten werden, dass jeder nach Art. 5 ZP beleidigende oder<br />

verächtliche Ausdruck, der die Ehre und die Würde eines Menschen beeinträchtigt,<br />

nach Art. 261 bis<br />

Abs. 4 1. Satzhälfte, Art. 173, Art. 174 oder Art. 177 StGB geahndet<br />

werden kann.<br />

§ 8 Leugnen, grobes Verharmlosen, Billigen,<br />

Rechtfertigung von Völkermord oder Verbrechen gegen<br />

die Menschlichkeit<br />

I. Objektive Tatbestandsmerkmale von Art. 6 ZP<br />

Artikel 6 ZP befasst sich mit der Leugnung, der groben Verharmlosung, der Billigung<br />

und der Rechtfertigung von Völkermord oder anderen Verbrechen gegen die<br />

Menschlichkeit. Die Unterzeichnerstaaten übernehmen die Verpflichtung, Äusserungen,<br />

welche Völkermord oder Verbrechen gegen die Menschlichkeit in Abrede stellen,<br />

gröblich verharmlosen, billigen oder rechtfertigen, unter Strafe zu stellen. 507<br />

505<br />

Ein Werturteil ist eine Kundgabe von Geringschätzung oder Missachtung, die sich nicht erkennbar<br />

auf Fakten bezieht, vgl. BGE 121 IV 82 ff.; 116 IV 154 f.; 93 IV 23.<br />

506<br />

BGE 105 IV 113; 93 IV 21.<br />

507<br />

Explanatory Report ZP, N 40.<br />

101


Art. 6 ZP soll klarstellen, dass historisch klare Tatsachen nicht geleugnet, verharmlost<br />

oder gerechtfertigt werden dürfen, um rassistisches und fremdenfeindliches<br />

Gedankengut oder Theorien zu unterstützen. 508 Gemäss Explanatory Report ZP<br />

beleidigt der Ausdruck solcher Ideen die Personen, welche Opfer von solchen Taten<br />

waren und deren Angehörige. Erfasst sollen auch Handlungen sein, die unter dem<br />

Vorwand wissenschaftlicher Forschung erfolgen. 509<br />

Der Begriff „Völkermord“ und „Verbrechen gegen die Menschlichkeit“ soll sich nicht<br />

nur auf den Holocaust beziehen, sondern auch auf andere Verbrechen, die<br />

völkerrechtlich umschrieben und auch von anderen internationalen Gerichtshöfen als<br />

das Nürnberger Tribunal anerkannt wurden. Als Beispiele werden der Internationale<br />

Strafgerichtshof und das Internationale Straftribunal für Ex-Jugoslawien genannt. 510<br />

Erfasst werden sollen auch zukünftige Tribunale, sobald die betreffenden ZP-<br />

Vertragsstaaten ihre Gerichtsbarkeit anerkannt haben. 511<br />

II. Leugnen von Völkermord gemäss Art. 261 bis Abs. 4 2.<br />

Satzhälfte StGB<br />

In seinem zweiten Satzteil hält Art. 261 bis Abs. 4 StGB fest, dass derjenige bestraft<br />

werden soll, der aus einem der in der ersten Satzhälfte genannten Gründe Völkermord<br />

oder andere Verbrechen gegen die Menschlichkeit leugnet, gröblich verharmlost oder<br />

zu rechtfertigen sucht. Erfasst werden Täter, die die Folgen von früher begangenen,<br />

historisch belegten schlimmsten Rassendiskriminierungsformen öffentlich leugnen,<br />

gröblich verharmlosen oder zu rechtfertigen versuchen. 512<br />

Der Unrechtgehalt der Tathandlungen des Leugnens, des Verharmlosens und des<br />

Rechtfertigens, wird als gleich angesehen. 513 Bei der Interpretation einer Äusserung<br />

wird auf das Verständnis eines Durchschnittslesers abgestellt. 514 Es kommt nicht darauf<br />

an, ob die Äusserung direkt gegenüber Angehörigen der betroffenen Gruppe erfolgt. 515<br />

508<br />

Explanatory Report ZP, N 41.<br />

509<br />

Explanatory Report ZP, N 39.<br />

510<br />

Explanatory Report ZP, N 40.<br />

511<br />

Explanatory Report ZP, N 40.<br />

512<br />

STRATENWERTH, BT/2, § 39 N 37; BGE 126 IV 26.<br />

513<br />

VEST, N 96.<br />

514<br />

VEST, N 97; BGE 6S.614/2001 vom 18. März 2002, E. 3 b/cc.<br />

515 BGE 126 IV 25.<br />

102


Als Völkermord gelten die in Art. II der Internationalen Konvention über die Verhütung<br />

und Bestrafung des Verbrechens des Völkermordes aufgezählten Handlungen,<br />

namentlich das Töten, das Zufügen von schweren körperlichen und geistigen<br />

Schädigungen, das vorsätzliche Unterwerfen von Gruppen unter Lebensbedingungen,<br />

die auf deren gänzliche oder teilweise Vernichtung ausgerichtet sind, die unfreiwillige<br />

Geburtenkontrolle und das Verschleppen von Kindern einer Gruppe in eine andere. 516<br />

Gemäss der Legaldefinition im Art. 6 des Römer Statuts des Internationalen<br />

Strafgerichtshofs stellen Völkermord ferner alle Handlungen dar, die geeignet sind, und<br />

in der Absicht begangen werden, ein Volk physisch auszurotten, wie z. B.<br />

Massenmorde, Geburtenverhinderungen und Vertreibungen in Gebiete, wo sich die<br />

Betroffenen nicht mehr genügend ernähren können.<br />

Verbrechen gegen die Menschlichkeit sind laut Art. 5 des Statutes des Nürnberger<br />

Militärgerichts vom 10. Dezember 1945 die Verbrechen Mord, Ausrottung,<br />

Versklavung, Deportation, Gefangenhaltung, Folter, Vergewaltigung, Verfolgung,<br />

sowie andere unmenschliche Handlungen, sofern sie im Rahmen eines bewaffneten<br />

Konfliktes (egal, ob international oder intern) begangen wurden. Gemäss Art. 7 des<br />

Römer Statuts gelten als Verbrechen gegen die Menschlichkeit Angriffe gegen die<br />

körperliche Integrität wie z. B. vorsätzliche Tötung, Versklavung oder Folter, die im<br />

Rahmen eines ausgedehnten oder systematischen Angriffes auf die Zivilbevölkerung<br />

begangen werden. 517<br />

Als Hauptanwendungsfall von Art. 261 bis Abs. 4 1. Satzhälfte StGB wird die<br />

„Auschwitzlüge“ hervorgehoben, da die Tatsache dieses Völkermordes durch unzählige<br />

Augenzeugen und Berichte festgestellt worden ist. 518<br />

Dieses Verbrechen gilt als eine historisch nachgewiesene Tatsache, weswegen im<br />

konkreten Strafverfahren keine Gegenbeweismittel zugelassen werden dürften. 519<br />

So vertritt das Bundesgericht in seiner Rechtsprechung die Meinung, dass eine<br />

Leugnung des Holocausts angesichts der Offenkundigkeit der historischen Tatsachen<br />

ein Handeln wider besseren Wissens darstellt. 520 So stellt das Bestreiten der Existenz<br />

der Gaskammern zur Massenvernichtung für das Bundesgericht eine gröbliche<br />

516<br />

Vgl. VEST, N 89; NIGGLI, Rassendiskriminierung, N 971; CHAIX/BERTOSSA, 183.<br />

517<br />

Vgl. VEST, N 90.<br />

518<br />

Vgl. NIGGLI, Rassendiskriminierung, N 973; STRATENWERTH, BT/2, § 39 N 37; BGE 121 IV 85, E.<br />

2b.cc; Kassationshof, 22.3.2000, Nr. 6S.719/1999/6, E. 2a, 2d, 8.<br />

519 bis<br />

NIGGLI, Rassendiskriminierung, N 1013; REHBERG, StGB, 335; SCHLEIMINGER, Art. 261 N 58, 60.<br />

520<br />

BGE 6S.719/1999/odi vom 22 März 2000; vgl. auch BGE 121 IV 85; 127 IV 205 f.<br />

103


Verharmlosung des Holocausts dar, „weil gerade auch die (historisch einmalige)<br />

systematische Vergasung von Juden in Gaskammern die nationalsozialistische von<br />

anderen Terror-Herrschaften unterscheidet und die Gaskammern nicht zuletzt aus<br />

diesem Grunde von gewissen Kreisen u.a. zum Zwecke der Beleidigung der Juden<br />

bestritten wurden“. 521 Als gröbliche Verharmlosung erachtet das Bundesgericht die<br />

Aussage, wonach jemand in einem angeblich ausschliesslich zur Vernichtung der Juden<br />

dienenden Konzentrationslager Auschwitz überlebte, bis er von den Russen befreit<br />

wurde, und seither markerschütternde Holocaust-Geschichten erzählt, 522 nicht jedoch<br />

den Ausdruck „Holocaust-Hysterie“ an sich. 523 In der Lehre wird unter „gröblich<br />

verharmlosen“ verstanden, dass die Wirklichkeit und die Wahrhaftigkeit des<br />

Völkermords oder der Verbrechen gegen die Menschlichkeit zwar nicht bestritten<br />

werden, jedoch behauptet wird, dass das Leid der Betroffenen wesentlich geringer<br />

gewesen sei, als allgemein angenommen. 524<br />

Unter „Leugnen“ wird das Bestreiten verstanden, dass das Ereignis stattgefunden habe,<br />

auch dann, wenn es in einer Frageform formuliert ist. 525 Bestritten wird die Wirklichkeit<br />

und die Wahrheit des Ereignisses. 526 Ein Leugnen kann auch gegeben sein, wenn das<br />

Ereignis als unbewiesen präsentiert wird, etwa mit der Formulierung „behauptete<br />

Massenvernichtung“. 527 Auch die Bezeichnung als „Glaube“, „Mythos“, „Sage“ oder<br />

„gesetzlich geschützte Staatsreligion“ stellt ein Leugnen dar. 528<br />

Mit dem Begriff „zu rechtfertigen suchen“ werden keine Fakten bestritten und die<br />

begangenen Verbrechen nicht in Abrede gestellt. Vielmehr wird das begangene Unrecht<br />

legitimiert. 529<br />

Der Ausdruck „aus einem dieser Gründe“ ist umstritten. Während die Botschaft damit<br />

Opfer rassistischer oder religiös motivierter Tat erfassen wollte 530 , wird in der Lehre auf<br />

die Tatmotive von Art. 261 bis<br />

Abs. 4 1. Satzhälfte StGB („wegen ihrer Rasse, Ethnie<br />

521<br />

BGE 6P.132/1999 und 6S.488/1999 E. II/9d vom 3. März 2000; BGE 6S.719/1999/odi vom 22. März<br />

2000, E. 2e/cc; BGE 6S.614/2001/pai vom 18. März 2002, E. 3b/cc.<br />

522<br />

BGE 6P.132/1999 vom 3. März 2000, E. 10 f.<br />

523<br />

BGE 6P.132/1999 vom 3. März 2000, E. 11 c. Weitere Beispiele im BGE 6S.719/1999/odi vom 22.<br />

März 2000.<br />

524 bis<br />

NIGGLI, Rassendiskriminierung, N 996 ff.; SCHLEIMINGER, Art. 261 N 62.<br />

525<br />

VEST, N 98, m.w.H.<br />

526<br />

Sog. „tatsächlicher Aspekt“, vgl. NIGGLI, Rassendiskriminierung, N 988.<br />

527<br />

BGE 6P.132/1999 vom 3. März 2000, E. 9 d; vgl. auch BGE 126 IV 27.<br />

528<br />

BGE 6S.614/2001 vom 18. März 2002, E. 3b/cc.<br />

529<br />

„Moralisch-ethischer Aspekt“, NIGGLI, Rassendiskriminierung, N 1003 ff.<br />

530<br />

Botschaft, 313 f.<br />

104


oder Religion“) abgestellt. 531 Die Erwähnung dieser Tatmotive lässt sich sachlich kaum<br />

rechtfertigen, da es besonders in den Fällen, in denen der Täter aus Gewinnstreben<br />

handelt, zu stossenden Resultaten führt. 532 Gegen diese zusätzliche Voraussetzung im<br />

Art. 261 bis Abs. 4 2. Satzhälfte StGB spricht auch die Tatsache, dass ein Leugnen von<br />

Völkermord ohne rassendiskriminierende Motive nicht denkbar ist. 533<br />

Wie im 3. Kapitel § 1 dargestellt wurde, schliesst sich daher die vorliegende Arbeit der<br />

Lehrmeinung an, wonach der Passus “aus einem dieser Gründe“ in Art. 261 bis Abs. 4 2.<br />

Satzhälfte StGB im Gesamtkontext des Art. 261 bis StGB als überflüssig erscheint, und<br />

ein gesetzgeberisches Missgeschick beim Erlass der Norm darstellt. 534<br />

III. Zulässige Vorbehalte zu Art. 6 ZP<br />

Gemäss Art. 6 Abs. 2 lit. a ZP darf sich ein Unterzeichnerstaat das Recht vorbehalten,<br />

dass die in Art. 6 Abs. 1 ZP beschriebenen Vorgehensweisen von der Absicht geprägt<br />

sein müssen, zu Hass, Diskriminierung oder Gewalt gegenüber Personen oder<br />

Personengruppen aufzurufen.<br />

Gemäss Art. 6 Abs. 2 lit. b ZP darf ein Vertragsstaat ferner ganz oder teilweise auf den<br />

Erlass einer entsprechenden Bestimmung verzichten.<br />

IV. Gesetzgeberische Arbeit in der Schweiz auf Grund von<br />

Art. 6 ZP?<br />

Die Schweiz erfüllt grundsätzlich die Anforderungen von Art. 6 ZP, da seine<br />

Tatbestandsmerkmale mit Art. 261 bis Abs. 4 2. Satzhälfte StGB weitgehend<br />

übereinstimmen. Deswegen erübrigt es sich auch, dass die Schweiz einen Vorbehalt<br />

nach Art. 6 Abs. 2 lit. b ZP anbringt.<br />

Ein Vorbehalt gemäss Art. 6 Abs. 2 lit. a ZP ist auch nicht notwendig, da Art. 261 bis<br />

Abs. 4 2. Satzhälfte StGB keine besondere Absicht voraussetzt. Nach einem Teil der<br />

531 bis<br />

NIGGLI, Rassendiskriminierung, N 1223 ff.; SCHLEIMINGER, Art. 261 N 65; STRATENWERTH, BT/2,<br />

§ 39 N 37.<br />

532<br />

Vgl. DONATSCH/WOHLERS, 217.<br />

533 bis<br />

NIGGLI, Rassendiskriminierung, N 1228; SCHLEIMINGER, Art. 261 N 65.<br />

105


Lehre soll ferner der Täter öffentlich „aus rassistischen oder religiösen Gründen“ 535<br />

Völkermord oder andere Verbrechen gegen die Menschlichkeit leugnen, gröblich<br />

verharmlosen oder zu rechtfertigen suchen. Somit kann ein Vorhandensein eines<br />

rassistischen Beweggrundes auch nach geltendem Recht verlangt werden.<br />

Im Zusammenhang mit der ZP-Einführung in der Schweiz wäre es jedoch<br />

wünschenswert, dass in der Schweiz als Völkermord oder als Verbrechen gegen die<br />

Menschlichkeit ausdrücklich alle Verbrechen, die von einem Internationalen<br />

Gerichtshof anerkannt wurden, auch anerkannt werden. Dies sollte auch für in Zukunft<br />

geschaffene Tribunale gelten. 536 Diese Verdeutlichung würde im schweizerischen<br />

Strafrecht für mehr Klarheit bei der Definition der Begriffe „Völkermord und<br />

Verbrechen gegen die Menschlichkeit“ sorgen.<br />

Im Zusammenhang mit der Einführung von Art. 6 ZP in der Schweiz werden ferner auf<br />

Grund von Art. 2 ZP die Abstammung und die nationale Herkunft als neue<br />

Schutzobjekte von Bedeutung sein. 537<br />

534 bis<br />

SCHLEIMINGER, Art. 261 N 65; NIGGLI, Rassendiskriminierung, N 1226 mit Hinweis auf die nicht<br />

konsequent beachteten Vorschläge von KUNZ, dazu auch KUNZ, Bemerkungen Botschaft, 167.<br />

535<br />

Vgl. NIGGLI, Rassendiskriminierung, N 1124 ff.; STRATENWERTH, BT/2, § 39 N 37; TRECHSEL, Art.<br />

261 bis N 38.<br />

536<br />

Dies würde den Ausführungen im Explanatory Report ZP, N 40, entsprechen.<br />

537<br />

Näheres dazu im 2. Kapitel § 6.<br />

106


5. Kapitel Schlussbetrachtung und Ausblick<br />

Das ZP stellt eine Lösung dar, um den Umgang mit den Strafbestimmungen gegen<br />

Rassismus und Fremdenfeindlichkeit in den Vertragsstaaten des ZP zu vereinheitlichen,<br />

und zu mehr Rechtssicherheit bezüglich der Ahndung rassistischer und<br />

fremdenfeindlicher Handlungen, begangen mittels Computersystemen, beizutragen.<br />

Die Unterzeichnung und die Umsetzung des ZP in die innerstaatlichen<br />

Rechtsordnungen können jedoch Jahrzehnte dauern.<br />

Das ZP kann ferner seinen Zweck nur dann wirksam erfüllen, wenn möglichst viele<br />

Staaten beitreten, und sich auch Staaten wie die USA bereit erklären, die rechtlich<br />

garantierte Meinungsäusserungsfreiheit in bestimmten Fällen einzuschränken. Auf diese<br />

Weise könnten die Täter nicht auf Computersysteme in Staaten ausweichen, in denen<br />

ihre Handlungen nicht strafbar sind. 538<br />

Private Organisationen versuchen daher auch, zur Bekämpfung von Rassismus und<br />

Fremdenfeindlichkeit im Internet beizutragen, indem sie Webseiten mit verbotenen<br />

Inhalten aufspüren und Kontakt mit ihren Betreibern aufnehmen. In solchen Fällen<br />

können sich gemäss der Ansicht der schweizerischen Bundespolizei 539 die Host-<br />

Provider strafbar machen, wenn sie einer Sperrungsaufforderung durch Private nicht<br />

nachgehen. 540 Auch die Expertenkommission Netzwerkkriminalität kommt zum<br />

Schluss, dass ein Host-Provider strafrechtlich verantwortlich gemacht werden kann,<br />

wenn er Hinweise auf strafbare Inhalte missachtet, obschon ihm die Verhinderung der<br />

Nutzung der Inhalte zumutbar wäre. 541<br />

Eine Möglichkeit, um der Verbreitung von Rassismus und Fremdenfeindlichkeit über<br />

Computersysteme entgegenzuwirken, stellt ferner eine internationale Zusammenarbeit<br />

von ISP, indem sie Druck auf andere ISP ausüben, bestimmte Inhalte nicht auf ihren<br />

Servern zu dulden. 542 Es ergeben sich technische Möglichkeiten, durch welche z. B. ISP<br />

in den USA verschiedene Inhalte für Nutzer in Europa nicht sichtbar machen können. 543<br />

538<br />

Vgl. PARLIAMENTARY ASSEMBLY, Racism and xenophobia, N 4; PARLIAMENTARY ASSEMBLY,<br />

Recommendation 1543, N 4; TIMOFEEVA, 267; JONES, 11 f.<br />

539<br />

Heute „Bundesamt für Polizei“.<br />

540<br />

Vgl. Bundespolizei, Positionspapier, 12.<br />

541<br />

Bericht Expertenkommission Netzwerkkriminalität, 145.<br />

542<br />

Vgl. PARLIAMENTARY ASSEMBLY, Doc. 9607, N 6; Bundespolizei, Positionspapier, 10, 16.<br />

543 Bundespolizei, Positionspapier, 10, 6.<br />

107


Eine sog. Selbstregulierung der ISP ist jedoch rechtsstaatlich bedenklich, da auf diese<br />

Weise private Unternehmen und Organisationen eine zu umfassende<br />

Entscheidungsbefugnis erhalten. 544<br />

Dem Problem einer straflosen Verbreitung von rassistischen und fremdenfeindlichen<br />

Inhalten kann auch damit begegnet werden, dass in Anlehnung an das Urteil des BGH<br />

vom 12. Dezember 2000 545 die abstrakte Gefahr bei Rassendiskriminierungsdelikten im<br />

Sinne des StGB unter bestimmten Voraussetzungen als Erfolg im strafrechtlichen Sinne<br />

anerkannt wird. 546 Auf diese Weise dürfte eine im Ausland mittels Computersystemen<br />

begangene rassistische oder fremdenfeindliche Handlung in der Schweiz strafrechtlich<br />

verfolgt werden, da ein schweizerischer Erfolgsort trotz dem abstrakten<br />

Gefährdungsdelikt vorliegen würde.<br />

Auf die Strafbarkeit von rassistischen und fremdenfeindlichen Handlungen, die über<br />

Computersysteme begangen werden, werden sich auch verschiedene gegenwärtige<br />

Gesetzgebungsprojekte in der Schweiz auswirken. In erster Linie ist die<br />

parlamentarische Motion für eine rechtssichere, international möglichst harmonisierte<br />

und praktikable Regelung betreffend die strafrechtliche Verantwortlichkeit der an der<br />

Internetkommunikation Beteiligten zu nennen, 547 und der im Zusammenhang damit<br />

ausgearbeitete Bericht der Expertenkommission Netzwerkkriminalität, der die Fragen<br />

der Täterschaft und der Teilnahme ausführlich behandelt. 548<br />

An dieser Stelle muss jedoch auch auf die Initiativen und die Motionen betreffend die<br />

Abschaffung von Art. 261 bis StGB und Art. 171c MStG hingewiesen werden. 549<br />

Sollte Art. 261 bis StGB abgeschafft werden, würde einerseits das Verständnis der<br />

abstrakten Gefahr als Erfolg bei den rassendiskriminierenden Handlungen keine<br />

praktikable Lösung mehr bieten. Andererseits ist es fraglich, ob die Schweiz nach einer<br />

Abschaffung von Art. 261 bis StGB das ZP überhaupt ratifizieren, und die<br />

völkerrechtliche Verpflichtung eingehen wird, andere Normen für eine<br />

544<br />

Vgl. PARLIAMENTARY ASSEMBLY, Doc. 9607, N 7 f.;<br />

www.nzz.ch/netzstoff/2000/nzz000303rosenthal.html;<br />

www.heise.de/tp/deutsch/inhalt/te/4953.html.<br />

545<br />

BGH-Urteil vom 12. Dezember 2000 1 StR 184/00.<br />

546<br />

Dazu ausführlich SCHWARZENEGGER, Abstrakte Gefahr.<br />

ferner als konkretes Beispiel<br />

547<br />

Motion Pfisterer, abrufbar unter www.parlament.ch/afs/data/d/gesch/2000/d_gesch_20003714.htm.<br />

548<br />

Vgl. dazu 4. Kapitel § 4 Ziffer II. und III.<br />

549<br />

Gemäss parlamentarischer Initiative eines Schweizer Demokraten vom 6. Oktober 2007,<br />

Geschäftsnummer 06.472 (abrufbar unter http://search.parlament.ch/cv-geschaefte?gesch_id=20060472).<br />

Vgl. ferner die Motion der Schweizer Demokraten vom 4. Oktober 2004, Geschäftsnummer 04.3607<br />

(abrufbar unter http://search.parlament.ch/cv-geschaefte?gesch_id=20043607).<br />

108


Kriminalisierung von Rassismus und Fremdenfeindlichkeit zu erlassen. Eine<br />

Abschaffung des Art. 261 bis StGB würde auch die schweizerische Kündigung der RDK<br />

bedeuten.<br />

Am 23. Mai 2007 fand ein Hearing zur Abschaffung, teilweiser Streichung oder<br />

Änderung von Art. 261 bis StGB, statt. Gemäss dem Arbeitspapier BJ betreffend das<br />

Hearing werden neun Varianten dargestellt, die für eine Gesetzesrevision in Frage<br />

kommen, und die von der Streichung von Art. 261 bis StGB und Art. 171c MStG<br />

(Variante 1), 550 über die Streichung von Art. 261 bis Abs. 4 2. Satzteil StGB (Variante<br />

2), 551 die Streichung von Art. 261 bis Abs. 4 2. Satzteil StGB zusammen mit Art. 261 bis<br />

Abs. 5 StGB (Variante 3) 552 und die Beschränkung auf bestimmte Völkermorde und<br />

Verbrechen gegen die Menschlichkeit (Variante 4, mit 5 Untervarianten) 553 bis zur<br />

Streichung des Passus „aus einem dieser Gründe“ im Art. 261 bis Abs. 4 2. Satzteil StGB<br />

(Variante 5) 554 reichen.<br />

Die im Arbeitspapier vorgeschlagenen Gesetzesrevisionsvarianten führen somit zu ganz<br />

unterschiedlichen Ergebnissen. Deswegen entsteht der Eindruck, dass das Arbeitspapier<br />

eine klare Zielsetzung vermisst. Während z. B. die Variante 4c, wonach Art. 261 bis Abs.<br />

4 2. Satzteil StGB nur auf Völkermorde und Verbrechen gegen die Menschlichkeit<br />

anwendbar sein sollte, die von einem internationalen Gericht anerkannt worden sind,<br />

auch den Anforderungen des ZP entspricht, und, wie die Variante 5 (wonach der Passus<br />

„aus einem dieser Gründe“ im Art. 261 bis Abs. 4 2. Satzteil StGB zu streichen ist), zu<br />

mehr Klarheit bei der Anwendung der Bestimmung führen kann, führen die Varianten<br />

1-3 und die Variante 4a zu einer eindeutigen Einschränkung der rechtlichen Grundlagen<br />

für die Bekämpfung von Rassendiskriminierung. Dabei bestehen keine rechtlich<br />

gebotenen Gründe, die für eine Abschaffung oder für eine Streichung von Teilen des<br />

Art. 261 bis StGB sprechen. So zeigen einerseits die Lehre und die Rechsprechung zu<br />

Art. 261 bis StGB, dass die Rechtsbegriffe von Art. 261 bis StGB, genauso wie andere<br />

Rechtsbegriffe des StGB, durch Auslegung konkretisiert werden können. 555<br />

Andererseits ist, wie im 4. Kapitel § 5 IV. dargestellt wurde, eine Einschränkung des<br />

Rechts auf freie Meinungsäusserung im Fall einer rassendiskriminierenden Äusserung<br />

550 Arbeitspapier BJ, 12 f.<br />

551 Arbeitspapier BJ, 13 f.<br />

552 Arbeitspapier BJ, 14 f.<br />

553 Arbeitspapier BJ, 15 ff.<br />

554 Arbeitspapier BJ, 20.<br />

555 PEDUZZI, 17, m.w.H.; gleicher Meinung auch NAGUIB/ZANNOL.<br />

109


gerechtfertigt. Es ist daher zu hoffen, dass die Abschaffung der schweizerischen<br />

Rassendiskriminierungsstrafnorm und ein Ausbleiben der Ratifikation des ZP nicht zur<br />

Realität werden.<br />

Als aktuelle Revisionsvorlage in der Schweiz, die für die Kriminalisierung von<br />

rassistischen und fremdenfeindlichen Handlungen, begangen mittels Computersystemen<br />

von Bedeutung ist, ist schliesslich das Gesetzgebungspaket „Bundesgesetz über<br />

Massnahmen gegen Rassismus, Hooliganismus und Gewaltpropaganda“ zu nennen. 556<br />

Wie im 4. Kapitel § 5 III. dargestellt, verfolgt die Gesetzesvorlage, im Gegensatz zu den<br />

Bestrebungen für eine Abschaffung von Art. 261 bis StGB, das Ziel, neue straf- und<br />

verwaltungsrechtliche Massnahmen für eine bessere Bekämpfung von Rassismus,<br />

Hooliganismus und Gewaltpropaganda in der Schweiz einzuführen. 557<br />

Angesichts der Fülle der aktuellen Gesetzgebungsprojekte, die zumindest teilweise auch<br />

die Strafbarkeit von rassistischen und fremdenfeindlichen Handlungen, begangen über<br />

Computersysteme, betreffen, ist zu hoffen, dass im Zuge der gesetzgeberischen<br />

Arbeiten und im Vorfeld der Ratifikation des ZP eine einheitliche und praktikable<br />

Lösung gefunden wird, die auch die Handlungsaspekte der mittels<br />

Computersystemen begangenen Taten berücksichtigt.<br />

556 Die parlamentarische Diskussion ist abrufbar unter<br />

http://www.parlament.ch/afs/data/d/bericht/2004/d_bericht_s_k25_0_20043224_0_20050503.htm und<br />

unter http://search.parlament.ch/cv-geschaefte?gesch_id=20043224.<br />

557 Die Gesetzesvorlage ist abrufbar unter<br />

http://www.fedpol.admin.ch/etc/medialib/data/kriminalitaet/extremismus_rassismus.Par.0008.File.tmp/G<br />

esetzesentwurf_d.pdf.<br />

110


Anhang I<br />

Bestimmungen des Zusatzprotokolls zum Übereinkommen über<br />

Computerkriminalität betreffend die Kriminalisierung mittels<br />

Computersystemen begangener Handlungen rassistischer und<br />

fremdenfeindlicher Art (Amtliche Übersetzung in die Deutsche<br />

Sprache)<br />

Präambel...<br />

Kapitel I – Allgemeine Bestimmungen<br />

Artikel 1 – Zweck<br />

Dieses Protokoll hat zum Zweck, das am 23. November 2001 in Budapest zur<br />

Unterzeichnung aufgelegte Übereinkommen über Computerkriminalität (im folgenden<br />

als „Übereinkommen“ bezeichnet) für die Vertragsparteien des Protokolls durch die<br />

Kriminalisierung mittels Computersystemen begangener Handlungen rassistischer und<br />

fremdenfeindlicher Art zu ergänzen.<br />

Artikel 2 – Begriffsbestimmung<br />

1. Im Sinne dieses Protokolls<br />

bedeutet „rassistisches und fremdenfeindliches Material“ jedes schriftliche Material,<br />

jedes Bild oder jede andere Darstellung von Ideen oder Theorien, das beziehungsweise<br />

die Hass, Diskriminierung oder Gewalt aufgrund der Rasse, der Hautfarbe, der<br />

Abstammung, der nationalen oder ethnischen Herkunft oder der Religion, wenn<br />

Letztere für eines dieser Merkmale vorgeschoben wird, gegen eine Person oder eine<br />

Personengruppe befürwortet oder fördert oder dazu aufstachelt.<br />

2. Die in diesem Protokoll verwendeten Wörter und Ausdrücke werden in derselben<br />

Weise wie im Übereinkommen ausgelegt.<br />

111


Kapitel II – Massnahmen auf innerstaatlicher Ebene<br />

Artikel 3 – Verbreitung rassistischen und fremdenfeindlichen Materials über<br />

Computersysteme<br />

1. Jede Vertragspartei trifft die erforderlichen gesetzgeberischen und anderen<br />

Maßnahmen, um folgende Handlungen, wenn vorsätzlich und unbefugt begangen, nach<br />

ihrem innerstaatlichen Recht als Straftaten zu umschreiben:<br />

das Verbreiten oder anderweitige Öffentlich-verfügbar-Machen rassistischen und<br />

fremdenfeindlichen Materials über ein Computersystem.<br />

2. Eine Vertragspartei kann sich das Recht vorbehalten, die in Absatz 1 genannten<br />

Handlungen nicht unter Strafe zu stellen, wenn das Material nach Artikel 2 Absatz 1<br />

eine Diskriminierung, die nicht mit Hass oder Gewalt einhergeht, befürwortet oder<br />

fördert oder dazu aufstachelt, vorausgesetzt, dass andere wirksame Mittel zur<br />

Verfügung stehen.<br />

3. Unbeschadet des Absatzes 2 kann sich eine Vertragspartei das Recht vorbehalten,<br />

Absatz 1 auf Fälle von Diskriminierung nicht anzuwenden, für die sie wegen<br />

feststehender Grundsätze ihrer innerstaatlichen Rechtsordnung in Bezug auf die<br />

Freiheit der Meinungsäußerung wirksame Mittel nach Absatz 2 nicht vorsehen kann.<br />

Artikel 4 – Rassistisch und fremdenfeindlich motivierte Drohung<br />

1. Jede Vertragspartei trifft die erforderlichen gesetzgeberischen und anderen<br />

Maßnahmen, um folgende Handlung, wenn vorsätzlich und unbefugt begangen, nach<br />

ihrem innerstaatlichen Recht als Straftat zu umschreiben:<br />

die Drohung, eine schwere Straftat im Sinne des innerstaatlichen Rechts zu begehen,<br />

gerichtet mittels eines Computersystems i) gegen eine Person wegen ihrer<br />

Zugehörigkeit zu einer Gruppe, die durch die Rasse, die Hautfarbe, die Abstammung,<br />

die nationale oder ethnische Herkunft oder die Religion, wenn Letztere für eines dieser<br />

Merkmale vorgeschoben wird, gekennzeichnet ist, oder ii) gegen eine Personengruppe,<br />

die durch eines dieser Merkmale gekennzeichnet ist.<br />

112


Artikel 5 – Rassistisch und fremdenfeindlich motivierte Beleidigung<br />

1. Jede Vertragspartei trifft die erforderlichen gesetzgeberischen und anderen<br />

Maßnahmen, um folgende Handlung, wenn vorsätzlich und unbefugt begangen, nach<br />

ihrem innerstaatlichen Recht als Straftat zu umschreiben:<br />

die öffentliche Beleidigung i) einer Person wegen ihrer Zugehörigkeit zu einer Gruppe,<br />

die durch die Rasse, die Hautfarbe, die Abstammung, die nationale oder ethnische<br />

Herkunft oder die Religion, wenn Letztere für eines dieser Merkmale vorgeschoben<br />

wird, gekennzeichnet ist, oder ii) einer Personengruppe, die durch eines dieser<br />

Merkmale gekennzeichnet ist, mittels eines Computersystems.<br />

2. Eine Vertragspartei kann<br />

a. entweder verlangen, dass die Straftat nach Absatz 1 zur Folge hat, dass die in Absatz<br />

1 genannte Person oder Personengruppe Hass oder Verachtung ausgesetzt oder der<br />

Lächerlichkeit preisgegeben wird,<br />

b. oder sich das Recht vorbehalten, Absatz 1 insgesamt oder teilweise nicht<br />

anzuwenden.<br />

Artikel 6 – Leugnung, grobe Verharmlosung, Billigung oder Rechtfertigung von<br />

Völkermord oder Verbrechen gegen die Menschlichkeit<br />

1. Jede Vertragspartei trifft die erforderlichen gesetzgeberischen Maßnahmen, um<br />

folgende Handlungen, wenn vorsätzlich und unbefugt begangen, nach ihrem<br />

innerstaatlichen Recht als Straftaten zu umschreiben:<br />

das Verbreiten oder anderweitige Öffentlich-verfügbar-Machen von Material folgender<br />

Art über ein Computersystem: Material, das Handlungen leugnet, grob verharmlost,<br />

billigt oder rechtfertigt, die den Tatbestand des Völkermords oder von Verbrechen<br />

gegen die Menschlichkeit im Sinne des Völkerrechts erfüllen und die als solche<br />

festgestellt wurden in rechtskräftigen Endentscheidungen des durch das Londoner<br />

Abkommen vom 8. April 1945 errichteten Internationalen Militärgerichtshofs oder<br />

eines anderen internationalen Gerichts, das durch einschlägige internationale<br />

Übereinkünfte errichtet wurde und dessen Zuständigkeit von der betreffenden<br />

Vertragspartei anerkannt worden ist.<br />

113


2. Eine Vertragspartei kann<br />

a. entweder verlangen, dass die Leugnung oder grobe Verharmlosung nach Absatz 1 in<br />

der Absicht begangen wird, zu Hass, Diskriminierung oder Gewalt aufgrund der Rasse,<br />

der Hautfarbe, der Abstammung, der nationalen oder ethnischen Herkunft oder der<br />

Religion, wenn Letztere für eines dieser Merkmale vorgeschoben wird, gegen eine<br />

Person oder Personengruppe aufzustacheln,<br />

b. oder sich das Recht vorbehalten, Absatz 1 insgesamt oder teilweise nicht<br />

anzuwenden.<br />

Artikel 7 – Beihilfe und Anstiftung<br />

Jede Vertragspartei trifft die erforderlichen gesetzgeberischen und anderen<br />

Maßnahmen, um die Beihilfe oder Anstiftung, wenn vorsätzlich und unbefugt<br />

begangen, zur Begehung einer nach diesem Protokoll umschriebenen Straftat mit dem<br />

Vorsatz, dass eine solche Straftat begangen werde, nach ihrem innerstaatlichen Recht<br />

als Straftat zu umschreiben.<br />

Kapitel III – Verhältnis zwischen dem Übereinkommen und diesem Protokoll<br />

Artikel 8 – Verhältnis zwischen dem Übereinkommen und diesem Protokoll<br />

1. Die Artikel 1, 12, 13, 22, 41, 44, 45 und 46 des Übereinkommens finden<br />

entsprechend auf dieses Protokoll Anwendung.<br />

2. Die Vertragsparteien erstrecken den Geltungsbereich der Maßnahmen nach den<br />

Artikeln 14 bis 21 und 23 bis 35 des Übereinkommens auf die Artikel 2 bis 7 dieses<br />

Protokolls.<br />

114


Kapitel IV – Schlussbestimmungen<br />

Artikel 9 – Zustimmung, gebunden zu sein<br />

1. Dieses Protokoll liegt für die Staaten, die das Übereinkommen unterzeichnet haben,<br />

zur Unterzeichnung auf; sie können ihre Zustimmung, gebunden zu sein, ausdrücken,<br />

a. indem sie es ohne Vorbehalt der Ratifikation, <strong>Anna</strong>hme oder Genehmigung<br />

unterzeichnen oder<br />

b. indem sie es vorbehaltlich der Ratifikation, <strong>Anna</strong>hme oder Genehmigung<br />

unterzeichnen und später ratifizieren, annehmen oder genehmigen.<br />

2. Ein Staat kann dieses Protokoll nur dann ohne Vorbehalt der Ratifikation, <strong>Anna</strong>hme<br />

oder Genehmigung unterzeichnen oder eine Ratifikations-, <strong>Anna</strong>hme- oder<br />

Genehmigungsurkunde hinterlegen, wenn er eine Ratifikations-, <strong>Anna</strong>hme- oder<br />

Genehmigungsurkunde zum Übereinkommen bereits hinterlegt hat oder gleichzeitig<br />

hinterlegt.<br />

3. Die Ratifikations-, <strong>Anna</strong>hme- oder Genehmigungsurkunden werden beim<br />

Generalsekretär des Europarats hinterlegt.<br />

Artikel 10 – Inkrafttreten<br />

1. Dieses Protokoll tritt am ersten Tag des Monats in Kraft, der auf einen Zeitabschnitt<br />

von drei Monaten nach dem Tag folgt, an dem fünf Staaten nach Artikel 9 ihre<br />

Zustimmung ausgedrückt haben, durch das Protokoll gebunden zu sein.<br />

2. Für jeden Staat, der später seine Zustimmung ausdrückt, durch dieses Protokoll<br />

gebunden zu sein, tritt es am ersten Tag des Monats in Kraft, der auf einen<br />

Zeitabschnitt von drei Monaten nach der Unterzeichnung ohne Vorbehalt der<br />

Ratifikation, <strong>Anna</strong>hme oder Genehmigung oder der Hinterlegung seiner Ratifikations-,<br />

<strong>Anna</strong>hme- oder Genehmigungsurkunde folgt.<br />

115


Artikel 11 – Beitritt<br />

1. Nach Inkrafttreten dieses Protokolls kann jeder Staat, der dem Übereinkommen<br />

beigetreten ist, auch diesem Protokoll beitreten.<br />

2. Der Beitritt erfolgt durch Hinterlegung einer Beitrittsurkunde beim Generalsekretär<br />

des Europarats; diese wird am ersten Tag des Monats wirksam, der auf einen<br />

Zeitabschnitt von drei Monaten nach der Hinterlegung folgt.<br />

Artikel 12 – Vorbehalte und Erklärungen<br />

1. Vorbehalte und Erklärungen einer Vertragspartei zu einer Bestimmung des<br />

Übereinkommens finden auch auf dieses Protokoll Anwendung, sofern die betreffende<br />

Vertragspartei bei der Unterzeichnung oder bei der Hinterlegung ihrer Ratifikations-,<br />

<strong>Anna</strong>hme-, Genehmigungs- oder Beitrittsurkunde nicht ihre gegenteilige Absicht zum<br />

Ausdruck bringt.<br />

2. Jede Vertragspartei kann durch eine an den Generalsekretär des Europarats<br />

gerichtete schriftliche Notifikation bei der Unterzeichnung oder bei der Hinterlegung<br />

ihrer Ratifikations-, <strong>Anna</strong>hme-, Genehmigungs- oder Beitrittsurkunde erklären, dass<br />

sie von einem oder mehreren der in den Artikeln 3, 5 und 6 dieses Protokolls<br />

vorgesehenen Vorbehalte Gebrauch macht. Zugleich kann eine Vertragspartei von<br />

einem oder mehreren der in Artikel 22 Absatz 2 und Artikel 41 Absatz 1 des<br />

Übereinkommens vorgesehenen Vorbehalte in Bezug auf dieses Protokoll Gebrauch<br />

machen, unabhängig davon, wie sie jene Bestimmungen in Bezug auf das<br />

Übereinkommen durchführt. Weitere Vorbehalte sind nicht zulässig.<br />

3. Jeder Staat kann durch eine an den Generalsekretär des Europarats gerichtete<br />

schriftliche Notifikation bei der Unterzeichnung oder der Hinterlegung seiner<br />

Ratifikations-, <strong>Anna</strong>hme-, Genehmigungs- oder Beitrittsurkunde erklären, dass er von<br />

der Möglichkeit nach Artikel 5 Absatz 2 Buchstabe a und Artikel 6 Absatz 2 Buchstabe<br />

a dieses Protokolls Gebrauch macht, ergänzende Merkmale zu verlangen.<br />

116


Artikel 13 – Status und Rücknahme von Vorbehalten<br />

1. Eine Vertragspartei, die einen Vorbehalt nach Artikel 12 gemacht hat, nimmt diesen<br />

Vorbehalt ganz oder teilweise zurück, sobald die Umstände es erlauben. Diese<br />

Rücknahme wird mit Eingang einer Notifikation über die Rücknahme beim<br />

Generalsekretär des Europarats wirksam. Wird in der Notifikation angegeben, dass die<br />

Rücknahme eines Vorbehalts zu einem bestimmten Zeitpunkt wirksam werden soll,<br />

und liegt dieser nach dem Eingang der Notifikation beim Generalsekretär, so wird die<br />

Rücknahme zu diesem späteren Zeitpunkt wirksam.<br />

2. Der Generalsekretär des Europarats kann sich in regelmäßigen Zeitabständen bei den<br />

Vertragsparteien, die einen oder mehrere Vorbehalte nach Artikel 12 gemacht haben,<br />

nach den Aussichten für eine etwaige Rücknahme erkundigen.<br />

Artikel 14 – Räumlicher Geltungsbereich<br />

1. Jede Vertragspartei kann bei der Unterzeichnung oder bei der Hinterlegung ihrer<br />

Ratifikations-, <strong>Anna</strong>hme-, Genehmigungs- oder Beitrittsurkunde einzelne oder mehrere<br />

Hoheitsgebiete bezeichnen, auf die dieses Protokoll Anwendung findet.<br />

2. Jede Vertragspartei kann jederzeit danach durch eine an den Generalsekretär des<br />

Europarats gerichtete Erklärung die Anwendung dieses Protokolls auf jedes weitere in<br />

der Erklärung bezeichnete Hoheitsgebiet erstrecken. Das Protokoll tritt für dieses<br />

Hoheitsgebiet am ersten Tag des Monats in Kraft, der auf einen Zeitabschnitt von drei<br />

Monaten nach Eingang der Erklärung beim Generalsekretär folgt.<br />

3. Jede nach den Absätzen 1 und 2 abgegebene Erklärung kann in Bezug auf jedes<br />

darin bezeichnete Hoheitsgebiet durch eine an den Generalsekretär des Europarats<br />

gerichtete Notifikation zurückgenommen werden. Die Rücknahme wird am ersten Tag<br />

des Monats wirksam, der auf einen Zeitabschnitt von drei Monaten nach Eingang der<br />

Notifikation beim Generalsekretär folgt.<br />

117


Artikel 15 – Kündigung<br />

1. Jede Vertragspartei kann dieses Protokoll jederzeit durch eine an den<br />

Generalsekretär des Europarats gerichtete Notifikation kündigen.<br />

2. Die Kündigung wird am ersten Tag des Monats wirksam, der auf einen Zeitabschnitt<br />

von drei Monaten nach Eingang der Notifikation beim Generalsekretär folgt.<br />

Artikel 16 – Notifikation<br />

Der Generalsekretär des Europarats notifiziert den Mitgliedstaaten des Europarats, den<br />

Nichtmitgliedstaaten, die sich an der Ausarbeitung dieses Protokolls beteiligt haben,<br />

sowie jedem Staat, der diesem Protokoll beigetreten oder zum Beitritt eingeladen<br />

worden ist,<br />

a. jede Unterzeichnung;<br />

b. jede Hinterlegung einer Ratifikations-, <strong>Anna</strong>hme-, Genehmigungs- oder<br />

Beitrittsurkunde;<br />

c. jeden Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Protokolls nach den Artikeln 9, 10 und 11;<br />

d. jede andere Handlung, Notifikation oder Mitteilung im Zusammenhang mit diesem<br />

Protokoll.<br />

Zu Urkund dessen haben die hierzu gehörig befugten Unterzeichneten dieses Protokoll<br />

unterschrieben.<br />

Geschehen zu Straßburg am 28. Januar 2003 in englischer und französischer Sprache,<br />

wobei jeder Wortlaut gleichermaßen verbindlich ist, in einer Urschrift, die im Archiv<br />

des Europarats hinterlegt wird. Der Generalsekretär des Europarats übermittelt allen<br />

Mitgliedstaaten des Europarats, den Nichtmitgliedstaaten, die sich an der Ausarbeitung<br />

des Protokolls beteiligt haben, sowie allen zum Beitritt zu diesem Protokoll<br />

eingeladenen Staaten beglaubigte Abschriften.<br />

118


Anhang II<br />

Additional Protocol to the Convention on cybercrime, concerning the<br />

criminalisation of acts of a racist and xenophobic nature committed<br />

through computer systems<br />

Explanatory Report<br />

The text of this Explanatory Report does not constitute an instrument providing an<br />

authoritative interpretation of the Protocol, although it might be of such a nature as to<br />

facilitate the application of the provisions contained therein. This Protocol will be<br />

opened for signature in Strasbourg, on 28 January 2003, on the occasion of the First<br />

Part or the 2003 Session of the Parliamentary Assembly.<br />

Introduction<br />

1. Since the adoption in 1948 of the Universal Declaration of Human Rights, the<br />

international community has made important progress in the fight against racism, racial<br />

discrimination, xenophobia and related intolerance. National and international laws<br />

have been enacted and a number of international human rights instruments have been<br />

adopted, in particular, the International Convention of New York of 1966 on the<br />

Elimination of All Forms of Racial Discrimination, concluded in the framework of the<br />

United Nations needs to be mentioned (CERD). Although progress has been made, yet,<br />

the desire for a world free of racial hatred and bias remains only partly fulfilled.<br />

2. As technological, commercial and economic developments bring the peoples of the<br />

world closer together, racial discrimination, xenophobia and other forms of intolerance<br />

continue to exist in our societies. Globalisation carries risks that can lead to exclusion<br />

and increased inequality, very often along racial and ethnic lines.<br />

3. In particular, the emergence of international communication networks like the<br />

Internet provide certain persons with modern and powerful means to support racism and<br />

xenophobia and enables them to disseminate easily and widely expressions containing<br />

such ideas. In order to investigate and prosecute such persons, international co-<br />

operation is vital. The Convention on Cybercrime (ETS 185) hereinafter referred to as<br />

“the Convention”, was drafted to enable mutual assistance concerning computer related<br />

crimes in the broadest sense in a flexible and modern way. The purpose of this Protocol<br />

is twofold: firstly, harmonising substantive criminal law in the fight against racism and<br />

119


xenophobia on the Internet and, secondly, improving international co-operation in this<br />

area. This kind of harmonisation alleviates the fight against such crimes on the national<br />

and on the international level. Corresponding offences in domestic laws may prevent<br />

misuse of computer systems for a racist purpose by Parties whose laws in this area are<br />

less well defined. As a consequence, the exchange of useful common experiences in the<br />

practical handling of cases may be enhanced too. International co-operation (especially<br />

extradition and mutual legal assistance) is facilitated, e.g. regarding requirements of<br />

double criminality.<br />

4. The committee drafting the Convention discussed the possibility of including other<br />

content-related offences, such as the distribution of racist propaganda through computer<br />

systems. However, the committee was not in a position to reach consensus on the<br />

criminalisation of such conduct. While there was significant support in favour of<br />

including this as a criminal offence, some delegations expressed strong concern about<br />

including such a provision on freedom of expression grounds. Noting the complexity of<br />

the issue, it was decided that the committee would refer to the European Committee on<br />

Crime Problems (CDPC) the issue of drawing up an additional Protocol to the<br />

Convention.<br />

5. The Parliamentary Assembly, in its Opinion 226(2001) concerning the Convention,<br />

recommended immediately drawing up a protocol to the Convention under the title<br />

“Broadening the scope of the convention to include new forms of offence”, with the<br />

purpose of defining and criminalising, inter alia, the dissemination of racist propaganda.<br />

6. The Committee of Ministers therefore entrusted the European Committee on Crime<br />

Problems (CDPC) and, in particular, its Committee of Experts on the Criminalisation of<br />

Acts of a Racist and xenophobic Nature committed through Computer Systems (PC-<br />

RX), with the task of preparing a draft additional Protocol, a binding legal instrument<br />

open to the signature and ratification of Contracting Parties to the Convention, dealing<br />

in particular with the following:<br />

i. the definition and scope of elements for the criminalisation of acts of a racist and<br />

xenophobic nature committed through computer networks, including the production,<br />

offering, dissemination or other forms of distribution of materials or messages with such<br />

content through computer networks;<br />

ii. the extent of the application of substantive, procedural and international co-operation<br />

provisions in the Convention on Cybercrime to the investigation and prosecution of the<br />

offences to be defined under the additional Protocol.<br />

120


7. This Protocol entails an extension of the Convention’s scope, including its<br />

substantive, procedural and international cooperation provisions, so as to cover also<br />

offences of racist and xenophobic propaganda. Thus, apart from harmonising the<br />

substantive law elements of such behaviour, the Protocol aims at improving the ability<br />

of the Parties to make use of the means and avenues of international cooperation set out<br />

in the Convention in this area.<br />

Commentary on the articles of the Protocol<br />

Chapter I – Common provisions<br />

Article 1 – Purpose<br />

8. The purpose of this Protocol is to supplement, as between the Parties to the Protocol,<br />

the provisions of the Convention as regards the criminalisation of acts of a racist and<br />

xenophobic nature committed through computer systems.<br />

9. The provisions of the Protocol are of a mandatory character. To satisfy these<br />

obligations, States Parties have not only to enact appropriate legislation but also to<br />

ensure that it is effectively enforced.<br />

Article 2 – Definition<br />

Paragraph 1 – "Racist and xenophobic material"<br />

10. Several legal instruments have been elaborated at an international and national level<br />

to combat racism or xenophobia. The drafters of this Protocol took account in particular<br />

of (i) the International Convention on the Elimination of All Forms of Racial<br />

Discrimination (CERD), (ii) Protocol No. 12 (ETS 177) to the Convention for the<br />

Protection of Human Rights and Fundamental Freedoms (ECHR), (iii) the Joint Action<br />

of 15 July 1996 of the European Union adopted by the Council on the basis of Article<br />

K.3 of the Treaty on the European Union, concerning action to combat racism and<br />

xenophobia, (iv) the World Conference against Racism, Racial Discrimination,<br />

Xenophobia and Related Intolerance (Durban, 31 August-8 September 2001), (v) the<br />

conclusions of the European Conference against racism (Strasbourg, 13 October 2000)<br />

(vi) the comprehensive study published by the Council of Europe Commission against<br />

Racism and Xenophobia (ECRI) published in August 2000 (CRI(2000)27) and (vii) the<br />

November 2001 Proposal by the European Commission for a Council Framework<br />

Decision on combating racism and xenophobia (in the framework of the European<br />

Union).<br />

121


11. Article 10 of the ECHR recognises the right to freedom of expression, which<br />

includes the freedom to hold opinions and to receive and impart information and ideas.<br />

Article 10 of the ECHR is applicable not only to information and ideas that are<br />

favourably received or regarded as inoffensive or as a matter of indifference, but also to<br />

those that offend, shock or disturb the State or any sector of the population. However,<br />

the European Court of Human Rights held that the State’s actions to restrict the right to<br />

freedom of expression were properly justified under the restrictions of paragraph 2 of<br />

Article 10 of the ECHR, in particular when such ideas or expressions violated the rights<br />

of others. This Protocol, on the basis of national and international instruments,<br />

establishes the extent to which the dissemination of racist and xenophobic expressions<br />

and ideas violates the rights of others.<br />

12. The definition contained in Article 2 refers to written material (e.g. texts, books,<br />

magazines, statements, messages, etc.), images (e.g. pictures, photos, drawings, etc.) or<br />

any other representation of thoughts or theories, of a racist and xenophobic nature, in<br />

such a format that it can be stored, processed and transmitted by means of a computer<br />

system.<br />

13. The definition contained in Article 2 of this Protocol refers to certain conduct to<br />

which the content of the material may lead, rather than to the expression of<br />

feelings/belief/aversion as contained in the material concerned. The definition builds<br />

upon existing national and international (UN, EU) definitions and documents as far as<br />

possible.<br />

14. The definition requires that such material advocates, promotes, incites hatred,<br />

discrimination or violence. “Advocates” refers to a plea in favour of hatred,<br />

discrimination or violence, “promotes” refers to an encouragement to or advancing<br />

hatred, discrimination or violence and “incites” refers to urging others to hatred,<br />

discrimination or violence.<br />

15. The term “violence” refers to the unlawful use of force, while the term “hatred”<br />

refers to intense dislike or enmity.<br />

16. When interpreting the term “discrimination”, account should be taken of the ECHR<br />

(Article 14 and Protocol 12), and of the relevant case-law, as well as of Article 1 of the<br />

CERD. The prohibition of discrimination contained in the ECHR guarantees to<br />

everyone within the jurisdiction of a State Party equality in the enjoyment of the rights<br />

and freedoms protected by the ECHR itself. Article 14 of the ECHR provides for a<br />

general obligation for States, accessory to the rights and freedoms provided for by the<br />

ECHR. In this context, the term “discrimination” used in the Protocol refers to a<br />

122


different unjustified treatment given to persons or to a group of persons on the basis of<br />

certain characteristics. In the several judgments (such as the Belgian Linguistic case, the<br />

Abdulaziz, Cabales and Balkandali judgment the European Court of Human Rights<br />

stated that "a difference of treatment is discriminatory if it ‘has no objective and<br />

reasonable justification’, that is, if it does not pursue a ‘legitimate aim’ or if there is not<br />

a ‘reasonable relationship of proportionality between the means employed and the aim<br />

sought to be realised’". Whether the treatment is discriminatory or not has to be<br />

considered in the light of the specific circumstances of the case. Guidance for<br />

interpreting the term “discrimination” can also be found in Article 1 of the CERD,<br />

where the term "racial discrimination" means “any distinction, exclusion, restriction or<br />

preference based on race, colour, descent, or national or ethnic origin which has the<br />

purpose or effect of nullifying or impairing the recognition, enjoyment or exercise, on<br />

an equal footing, of human rights and fundamental freedoms in the political, economic,<br />

social, cultural or any other field of public life”.<br />

17. Hatred, discrimination or violence, have to be directed against any individual or<br />

group of individuals, for the reason that they belong to a group distinguished by “race,<br />

colour, descent or national or ethnic origin, as well as religion, if used as a pretext for<br />

any of these factors”.<br />

18. It should be noted that these grounds are not exactly the same as the grounds<br />

contained, for instance, in Article 1 of Protocol No. 12 to the ECHR, as some of those<br />

contained in the latter are alien to the concept of racism or xenophobia. The grounds<br />

contained in Article 2 of this Protocol are also not identical to those contained in the<br />

CERD, as the latter deals with “racial discrimination” in general and not “racism” as<br />

such. In general, these grounds are to be interpreted within their meaning in established<br />

national and international law and practice. However, some of them require further<br />

explanation as to their specific meaning in the context of this Protocol.<br />

19. “Descent” refers mainly to persons or groups of persons who descend from persons<br />

who could be identified by certain characteristics (such as race or colour), but not<br />

necessarily all of these characteristics still exist. In spite of that, because of their<br />

descent, such persons or groups of persons may be subject to hatred, discrimination or<br />

violence. “Descent” does not refer to social origin.<br />

20. The notion of “national origin” is to be understood in a broad factual sense. It may<br />

refer to individuals’ histories, not only with regard to the nationality or origin of their<br />

ancestors but also to their own national belonging, irrespective of whether from a legal<br />

point of view they still possess it. When persons possess more than one nationality or<br />

123


are stateless, the broad interpretation of this notion intends to protect them if they are<br />

discriminated on any of these grounds. Moreover, the notion of “national origin” may<br />

not only refer to the belonging to one of the countries that is internationally recognised<br />

as such, but also to minorities or other groups of persons, with similar characteristics.<br />

21. The notion of “religion” often occurs in international instruments and national<br />

legislation. The term refers to conviction and beliefs. The inclusion of this term as such<br />

in the definition would carry the risk of going beyond the ambit of this Protocol.<br />

However, religion may be used as a pretext, an alibi or a substitute for other factors,<br />

enumerated in the definition. “Religion” should therefore be interpreted in this<br />

restricted sense.<br />

Paragraph 2<br />

22. By providing that the terms and expressions used in the Protocol shall be interpreted<br />

in the same manner as they are interpreted under the Convention, this Article ensures<br />

uniform interpretation of both. This means that the terms and expressions used in this<br />

Explanatory Report are to be interpreted in the same manner as such terms and<br />

expressions are interpreted in the Explanatory Report to the Convention.<br />

124


Chapter II – Measures to be taken at national level<br />

General considerations<br />

23. The offences, as established in this Protocol, contain a number of common elements<br />

which were taken from the Convention. For the sake of clarity, the relating paragraphs<br />

of the Explanatory Report to the Convention are included hereafter.<br />

24. A specificity of the offences included is the express requirement that the conduct<br />

involved is done “without right”. It reflects the insight that the conduct described is not<br />

always punishable per se, but may be legal or justified not only in cases where classical<br />

legal defences are applicable, like consent, self defence or necessity, but where other<br />

principles or interests lead to the exclusion of criminal liability (e.g. for law<br />

enforcement purposes, for academic or research purposes). The expression ‘without<br />

right’ derives its meaning from the context in which it is used. Thus, without restricting<br />

how Parties may implement the concept in their domestic law, it may refer to conduct<br />

undertaken without authority (whether legislative, executive, administrative, judicial,<br />

contractual or consensual) or conduct that is otherwise not covered by established legal<br />

defences, excuses, justifications or relevant principles under domestic law. The<br />

Protocol, therefore, leaves unaffected conduct undertaken pursuant to lawful<br />

government authority (for example, where the Party’s government acts to maintain<br />

public order, protect national security or investigate criminal offences). Furthermore,<br />

legitimate and common activities inherent in the design of networks, or legitimate and<br />

common operating or commercial practices should not be criminalized. It is left to the<br />

Parties to determine how such exemptions are implemented within their domestic legal<br />

systems (under criminal law or otherwise).<br />

25. All the offences contained in the Protocol must be committed “intentionally” for<br />

criminal liability to apply. In certain cases an additional specific intentional element<br />

forms part of the offence. The drafters of the Protocol, as those of the Convention,<br />

agreed that the exact meaning of ‘intentionally’ should be left to national interpretation.<br />

Persons cannot be held criminally liable for any of the offences in this Protocol, if they<br />

have not the required intent. It is not sufficient, for example, for a service provider to be<br />

held criminally liable under this provision, that such a service provider served as a<br />

conduit for, or hosted a website or newsroom containing such material, without the<br />

required intent under domestic law in the particular case. Moreover, a service provider<br />

is not required to monitor conduct to avoid criminal liability.<br />

26. As regards the notion of “computer system”, this is the same as contained in the<br />

Convention and explained in paragraphs 23 and 24 of its Explanatory Report. This<br />

125


constitutes an application of Article 2 of this Protocol (see also the explanation of<br />

Article 2 above).<br />

Article 3 – Dissemination of racist and xenophobic material in a computer system<br />

27. This article requires States Parties to criminalize distributing or otherwise making<br />

available racist and xenophobic material to the public through a computer system. The<br />

act of distributing or making available is only criminal if the intent is also directed to<br />

the racist and xenophobic character of the material.<br />

28. “Distribution” refers to the active dissemination of racist and xenophobic material,<br />

as defined in Article 2 of the Protocol, to others, while “making available” refers to the<br />

placing on line of racist and xenophobic material for the use of others. This term also<br />

intends to cover the creation or compilation of hyperlinks in order to facilitate access to<br />

such material.<br />

29. The term “to the public” used in Article 3 makes it clear that private<br />

communications or expressions communicated or transmitted through a computer<br />

system fall outside the scope of this provision. Indeed, such communications or<br />

expressions, like traditional forms of correspondence, are protected by Article 8 of the<br />

ECHR.<br />

30. Whether a communication of racist and xenophobic material is considered as a<br />

private communication or as a dissemination to the public, has to be determined on the<br />

basis of the circumstances of the case. Primarily, what counts is the intent of the sender<br />

that the message concerned will only be received by the pre-determined receiver. The<br />

presence of this subjective intent can be established on the basis of a number of<br />

objective factors, such as the content of the message, the technology used, applied<br />

security measures, and the context in which the message is sent. Where such messages<br />

are sent at the same time to more than one recipient, the number of the receivers and the<br />

nature of the relationship between the sender and the receiver/s is a factor to determine<br />

whether such a communication may be considered as private.<br />

31. Exchanging racist and xenophobic material in chat rooms, posting similar messages<br />

in newsgroups or discussion fora, are examples of making such material available to the<br />

public. In these cases the material is accessible to any person. Even when access to the<br />

material would require authorisation by means of a password, the material is accessible<br />

to the public where such authorisation would be given to anyone or to any person who<br />

meets certain criteria. In order to determine whether the making available or distributing<br />

126


was to the public or not, the nature of the relationship between the persons concerned<br />

should be taken into account.<br />

32. Paragraphs 2 and 3 are included to provide for a reservation possibility in very<br />

limited circumstances. They should be read in conjunction and in sequence. Therefore,<br />

a Party, firstly, has the possibility not to attach criminal liability to the conduct<br />

contained in this Article where the material advocates, promotes or incites<br />

discrimination that is not associated with hatred or violence, provided that other<br />

effective remedies are available. For instance, those remedies may be civil or<br />

administrative. Where a Party cannot, due to established principles of its legal system<br />

concerning freedom of expression, provide for such remedies, it may reserve the right<br />

not to implement the obligation under paragraph 1 of this Article, provided that it<br />

concerns only the advocating, promoting or inciting to discrimination, which is not<br />

associated to hatred or violence. A Party may further restrict the scope of the<br />

reservation by requiring that the discrimination is, for instance, insulting, degrading, or<br />

threatening a group of persons.<br />

Article 4 – Racist and xenophobic motivated threat<br />

33. Most legislation provide for the criminalisation of threat in general. The drafters<br />

agreed to stress in the Protocol that, beyond any doubt, threats for racist and xenophobic<br />

motives are to be criminalized.<br />

34. The notion of “threat” may refer to a menace which creates fear in the persons to<br />

whom the menace is directed, that they will suffer the commission of a serious criminal<br />

offence (e.g. affecting the life, personal security or integrity, serious damage to<br />

properties, etc., of the victim or their relatives). It is left to the States Parties to<br />

determine what is a serious criminal offence.<br />

35. According to this article, the threat has to be addressed either to (i) a person for the<br />

reason that he or she belongs to a group, distinguished by race, colour, descent or<br />

national or ethnic origin, as well as religion, if used as a pretext for any of these factors,<br />

or to (ii) a group of persons which is distinguished by any of these characteristics. There<br />

is a no restriction that the threat should be public. This article also covers threats by<br />

private communications.<br />

Article 5 – Racist and xenophobic motivated insult<br />

36. Article 5 deals with the question of insulting publicly a person or a group of persons<br />

because they belong or are thought to belong to a group distinguished by specific<br />

127


characteristics. The notion of “insult” refers to any offensive, contemptuous or invective<br />

expression which prejudices the honour or the dignity of a person. It should be clear<br />

from the expression itself that the insult is directly connected with the insulted person’s<br />

belonging to the group. Unlike in the case of threat, an insult expressed in private<br />

communications is not covered by this provision.<br />

37. Paragraph 2(i) allows Parties to require that the conduct must also have the effect<br />

that the person or group of persons, not only potentially, but are also actually exposed to<br />

hatred, contempt or ridicule.<br />

38. Paragraph 2(ii) allows Parties to enter reservations which go further, even to the<br />

effect that paragraph 1 does not apply to them.<br />

Article 6 – Denial, gross minimisation, approval or justification of genocide or<br />

crimes against humanity<br />

39. In recent years, various cases have been dealt with by national courts where persons<br />

(in public, in the media, etc.) have expressed ideas or theories which aim at denying,<br />

grossly minimising, approving or justifying the serious crimes which occurred in<br />

particular during the second World War (in particular the Holocaust).The motivation for<br />

such behaviours is often presented with the pretext of scientific research, while they<br />

really aim at supporting and promoting the political motivation which gave rise to the<br />

Holocaust. Moreover, these behaviours have also inspired or, even, stimulated and<br />

encouraged, racist and xenophobic groups in their action, including through computer<br />

systems. The expression of such ideas insults (the memory of) those persons who have<br />

been victims of such evil, as well as their relatives. Finally, it threatens the dignity of<br />

the human community.<br />

40. Article 6, which has a similar structure as Article 3, addresses this problem. The<br />

drafters agreed that it was important to criminalize expressions which deny, grossly<br />

minimise, approve or justify acts constituting genocide or crimes against humanity, as<br />

defined by international law and recognised as such by final and binding decisions of<br />

the International Military Tribunal, established by the London Agreement of 8 April<br />

1945. This owing to the fact that the most important and established conducts, which<br />

had given rise to genocide and crimes against humanity, occurred during the period<br />

1940-1945. However, the drafters recognised that, since then, other cases of genocide<br />

and crimes against humanity occurred, which were strongly motivated by theories and<br />

ideas of a racist and xenophobic nature. Therefore, the drafters considered it necessary<br />

not to limit the scope of this provision only to the crimes committed by the Nazi regime<br />

128


during the 2 nd World War and established as such by the Nuremberg Tribunal, but also<br />

to genocides and crimes against humanity established by other international courts set<br />

up since 1945 by relevant international legal instruments (such as UN Security Council<br />

Resolutions, multilateral treaties, etc.). Such courts may be, for instance, the<br />

International Criminal Tribunals for the former Yugoslavia, for Rwanda, the Permanent<br />

International Criminal Court. This Article allows to refer to final and binding decisions<br />

of future international courts, to the extent that the jurisdiction of such a court is<br />

recognised by the Party signatory to this Protocol.<br />

41. The provision is intended to make it clear that facts of which the historical<br />

correctness has been established may not be denied, grossly minimised, approved or<br />

justified in order to support these detestable theories and ideas.<br />

42. The European Court of Human Rights has made it clear that the denial or revision of<br />

“clearly established historical facts – such as the Holocaust – […] would be removed<br />

from the protection of Article 10 by Article 17” of the ECHR (see in this context the<br />

Lehideux and Isorni judgment of 23 September 1998).<br />

43. Paragraph 2 of Article 6 allows a Party either (i) to require, through a declaration,<br />

that the denial or the gross minimisation referred to in paragraph 1 of Article 6, is<br />

committed with the intent to incite hatred, discrimination or violence against any<br />

individual or group of individuals, based on race, colour, descent or national or ethnic<br />

origin, as well as religion if used as a pretext for any of these factors. or (ii) to make use<br />

of a reservation, by allowing a Party not to apply – in whole or in part – this provision.<br />

129


Article 7 – Aiding and abetting<br />

44. The purpose of this article is to establish as criminal offences aiding or abetting the<br />

commission of any of the offences under Articles 3-6. Contrary to the Convention, the<br />

Protocol does not contain the criminalisation of the attempt to commit the offences<br />

contained in it, as many of the criminalized conducts have a preparatory nature.<br />

45. Liability arises for aiding or abetting where the person who commits a crime<br />

established in the Protocol is aided by another person who also intends that the crime be<br />

committed. For example, although the transmission of racist and xenophobic material<br />

through the Internet requires the assistance of service providers as a conduit, a service<br />

provider that does not have the criminal intent cannot incur liability under this section.<br />

Thus, there is no duty on a service provider to actively monitor content to avoid<br />

criminal liability under this provision.<br />

46. As with all the offences established in accordance with the Protocol, aiding or<br />

abetting must be committed intentionally.<br />

Chapter III – Relations between the Convention and this Protocol<br />

Article 8 – Relations between the Convention and this Protocol<br />

47. Article 8 deals with the relationship between the Convention and this Protocol. This<br />

provision avoids the inclusion of a number of provisions of the Convention in this<br />

Protocol. It indicates that some of the provisions of the Convention apply, mutatis<br />

mutandis, to this Protocol (e.g. concerning ancillary liability and sanctions, jurisdictions<br />

and a part of the final provisions). Paragraph 2 reminds the Parties that the meaning as<br />

defined in the Convention should apply to the offences of the Protocol. For the sake of<br />

clarity, the relating articles are specified.<br />

Chapter IV – Final provisions<br />

48. The provisions contained in this Chapter are, for the most part, based on the ‘Model<br />

final clauses for conventions and agreements concluded within the Council of Europe’<br />

which were approved by the Committee of Ministers at the 315th meeting of the<br />

Deputies in February 1980. As most of the Articles 9 through 16 either use the standard<br />

language of the model clauses or are based on long-standing treaty-making practice at<br />

the Council of Europe, they do not call for specific comments. However, certain<br />

modifications of the standard model clauses or some new provisions require further<br />

explanation. It is noted in this context that the model clauses have been adopted as a<br />

non-binding set of provisions. As the introduction to the model clauses pointed out<br />

130


“these model final clauses are only intended to facilitate the task of committees of<br />

experts and avoid textual divergences which would not have any real justification. The<br />

model is in no way binding and different clauses may be adopted to fit particular cases”<br />

(see also in this context paragraphs 304-330 of the Explanatory Report to the<br />

Convention).<br />

49. Paragraph 2 of Article 12 specifies that the Parties may make use of the reservation<br />

as defined in Articles 3, 5 and 6 of this Protocol. No other reservation may be made.<br />

50. This Protocol is opened to signature only to the signatories to the Convention. The<br />

Protocol will enter into force three month after five Parties to the Convention have<br />

expressed their consent to be bound by it (Articles 9-10).<br />

51. The Convention allows reservations concerning certain provisions which, through<br />

the connecting clause of Article 8 of the Protocol, may have an effect on the obligations<br />

of a Party under the Protocol as well. Nevertheless, a Party may notify the Secretary<br />

General that it will not apply this reservation in respect of the content of the Protocol.<br />

This is expressed in paragraph 2 of Article 12 of the Protocol.<br />

52. However, where a Party did not make use of such reservation possibility under the<br />

Convention, it may have a need to restrict its obligations in relation with the offences of<br />

the Protocol. Paragraph 2 of Article 12 enables Parties to do so in relation to Article 22,<br />

paragraph 2, and Article 41, paragraph 1, of the Convention.<br />

131


132


Selbständigkeitserklärung<br />

Ich erkläre hiermit, dass ich diese Arbeit selbständig verfasst und keine anderen als die<br />

angegebenen Quellen benutzt habe. Alle Stellen, die wörtlich oder sinngemäss aus<br />

Quellen entnommen wurden, habe ich als solche gekennzeichnet. Mir ist bekannt, dass<br />

andernfalls der Senat gemäss Art. 36 Abs. 1, lit. c des Gesetzes über die <strong>Universität</strong><br />

vom 5. September 1996 und Artikel 20 des <strong>Universität</strong>sstatuts vom 17. Dezember 1997<br />

zum Entzug des aufgrund dieser Arbeit verliehenen Titels berechtigt ist.<br />

Muntelier, 6. November 2007<br />

133

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