Anna Skvarc - SCIP - Universität Bern
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261 bis StGB enthält, allein gestützt auf das Territorialitätsprinzip keine schweizerische<br />
Strafhoheit hergeleitet werden kann, wenn die Handlung als Teilnahme und nicht als<br />
Täterschaft qualifiziert wird. 34<br />
Nach einem anderen Teil der Lehre schützt Art. 261 bis StGB als Rechtsgut die<br />
Menschenwürde, die nicht gefährdet, sondern nur verletzt werden kann. Nach dieser<br />
Auffassung handelt es sich bei der Rassendiskriminierung um ein Verletzungsdelikt. 35<br />
Was die Unterscheidung zwischen Erfolgsdelikten und schlichten Tätigkeitsdelikten<br />
betrifft, handelt es sich beim Art. 261 bis StGB nach h. L. und Rechtsprechung um ein<br />
schlichtes Tätigkeitsdelikt. 36 Wenn man dieser Ansicht in Verbindung mit der zu<br />
Beginn des Paragraphs dargestellten herrschenden schweizerischen Lehre und<br />
Rechtsprechung zum Erfolgsbegriff folgt, kommt man zum Ergebnis, dass im Ausland<br />
ausgeführte rassendiskriminierende Handlungen in der Schweiz nicht verfolgbar sind. 37<br />
Diese <strong>Anna</strong>hme wird damit begründet, dass bei den rassendiskriminierenden Taten kein<br />
sog. abtrennbarer Aussenerfolg gegeben ist. Diese Auffassung verkennt jedoch, dass die<br />
Handlung und der Verletzungserfolg gleichzeitig, aber an verschiedenen Orten auftreten<br />
können. 38<br />
Es ist daher von einem Teil der Lehre und Rechtsprechung anerkannt, dass<br />
Verletzungsdelikte, die als schlichte Tätigkeitsdelikte ausgestaltet sind, einen Erfolg<br />
aufweisen können. 39 Dieser Auffassung ist zuzustimmen, da sie erkennt, dass bei<br />
zeitlichem Auseinanderfallen von Handlung und Erfolg, z. B. wenn eine Webseite auf<br />
dem Server abgespeichert wird, die erst später von Nutzern abgerufen wird, auf die<br />
Kenntnisnahme der Äusserung abgestellt werden kann, da das Erfolgsunrecht erst durch<br />
die Wirkung geschaffen wird. 40<br />
34 Näheres betreffend die Strafbarkeit für Teilnahmehandlungen unter Kapitel 4 § 4.<br />
35 NIGGLI, Rassendiskriminierung, N 211 ff.; N 237 ff.<br />
36 Vgl. statt vieler SCHWARZENEGGER, Geltungsbereich, 122; BGE 123 IV 202.<br />
37 Dazu NIGGLI, Rassendiskriminierung, N 64.<br />
38 SCHWARZENEGGER, Geltungsbereich, 124.<br />
39 Dazu SCHWARZENEGGER, Abstrakte Gefahr, 249 f., m. w. H.<br />
40 Auf die Kenntnisnahme stellt auch RIKLIN, Information Highway, 579 ff., ab. In der Praxis könnte die<br />
Durchsetzung dieser Ansicht zwar zu Kollisionen zwischen verschiedenen Strafhoheiten führen.<br />
Diesen Auswirkungen kann jedoch mit einer engen internationalen Zusammenarbeit und Rechtshilfe<br />
zwischen den Staaten begegnet werden. Vgl. zum Ganzen SCHWARZENEGGER, E-Commerce, 345;<br />
WEBER, 534.<br />
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