17.12.2012 Aufrufe

Der Pädosexuelle und die Strafverfolgung - SCIP - Universität Bern

Der Pädosexuelle und die Strafverfolgung - SCIP - Universität Bern

Der Pädosexuelle und die Strafverfolgung - SCIP - Universität Bern

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

42<br />

Nein, das Gesetz wäre schon gut, aber es wird nicht ausgeschöpft. Die härtere Bestrafung<br />

wäre auch eine Art Prävention. Nicht nur bei der Kinderpornografie, sondern auch bei den<br />

anderen Delikten gegen Kinder. (….) Höher ist sicher besser, aber <strong>die</strong> sollen doch einfach<br />

mal den Rahmen nutzen, den sie zur Verfügung haben. (… ) Wenn nun einer über einen<br />

Chat einen 13-Jährigen abschleppt <strong>und</strong> wenn er dann dafür drei Jahre Kiste riskiert, dann<br />

wirkt das schon anders <strong>und</strong> er überlegt sich das schon noch mal. Das würde Wirkung in<br />

der Gesellschaft signalisieren. Und einige davon würden sicher den Schritt nicht wagen.<br />

Wir denken auch, dass <strong>die</strong> Bevölkerung das gar nicht weiss, wie billig <strong>die</strong> davon kommen<br />

Wir werden im Kapitel zur Rechtssprechung (vgl. Kapitel 6.4.) noch sehen, wie <strong>die</strong> Polizei <strong>die</strong><br />

richterlichen Auslegungen kommentiert. Hier ist wichtig, dass offenbar von Polizeiseite nicht<br />

eine strengere Gesetzeslage gefordert wird. Ein weiteres Thema, das <strong>die</strong> verschiedenen<br />

Stellen beschäftigt, ist <strong>die</strong> gesetzlich festgelegte Schutzaltersgrenze. Die Kantonspolizei<br />

<strong>Bern</strong> dazu:<br />

Zur Schutzaltergrenze meinen wir, dass man <strong>die</strong> runter auf 14 oder 15 nehmen müsste.<br />

Das ist einfach nicht mehr zeitgemäss. Das geht an der Realität vorbei. Wir sehen mehrere<br />

Fälle mit 14 oder 15-Jährigen, <strong>die</strong> um einiges ältere Partner hatten <strong>und</strong> das fanden wir völlig<br />

daneben, wenn sich das Gesetz da reinmischte. Oder besser, man müsste den gesetzlich<br />

definierten Altersunterschied heraufsetzen. Das würde eine unnötige Kriminalisierung<br />

von ungleich alten, aber einvernehmlichen Paaren vermeiden.<br />

Diese Form der Kriminalisierung wurde von den Stadtzürchern nicht erwähnt. Es ist möglich,<br />

dass Anzeigen in <strong>die</strong>sem Bereich eher in der ländlichen Bevölkerung auftreten.<br />

Die Aussagen der Ermittlungsbehörden zur Gesetzeslage betreffen weniger <strong>die</strong> Mängel bezüglich<br />

der Straftatbestände, denn Lücken in den strafprozessualen Gesetzesgr<strong>und</strong>lagen.<br />

Auf <strong>die</strong>se Lücken kommen wir im Kapitel 6.3. zur Ermittlungstätigkeit zu sprechen. Das Fehlen<br />

der Stimme aus dem Richterstand kommt an <strong>die</strong>ser Stelle schmerzlich zum Ausdruck, da<br />

einen Gegenüberstellung zur polizeilichen Sicht der Dinge an <strong>die</strong>ser Stelle sehr interessant<br />

wäre.<br />

<strong>Der</strong> Gesprächspartner aus der forensischen Begutachtung hat zur Gesetzesgr<strong>und</strong>lage bezüglich<br />

der Straftatbestände keine Aussagen gemacht. Hingegen ist bei der forensischen<br />

Begutachtung wichtig, welche Formen von sexuellen Orientierungen überhaupt vom Gesetz<br />

erfasst werden <strong>und</strong> welche nicht. Zudem geht es um <strong>die</strong> Frage, ob eine pädosexuelle Orientierung<br />

Krankheitswert hat oder ob es sich, wie oben ausgeführt, um eine einstellungsgetragene<br />

Angelegenheit handelt:<br />

In der Forensik hat man es ja ständig mit Schuld zu tun. Es stellt sich ja immer <strong>die</strong> Fähigkeitsfrage.<br />

Und in dem Moment, wo sie es mit einer Diagnose zu tun haben, kommt ja sofort<br />

der Krankheitsstatus ins Spiel <strong>und</strong> das heisst natürlich auch, dass man sich da alles<br />

erlauben kann. Das ist das Problem. Nach den gesellschaftlichen Normen sind sie dann<br />

exkulpiert. Das hindert auch das Problembewusstsein. Wenn sie den Gewohnheitspädophilen<br />

zum Kranken erklären, dann können sie ihn auch nicht verurteilen. (…)<br />

Diagnosen gibt es ja jede Menge, wir müssen da unterscheiden zwischen den forensisch<br />

relevanten Diagnosen. Pädophilie kann ich ja unter dem ICD-10 finden mit den ganzen Untergruppen.<br />

Den Status, den man mit einer Diagnose bekommt, ist von der Schuldfrage<br />

noch weit entfernt.<br />

In der Praxis wird das sehr doppelbödig diskutiert. Auf der einen Seite heisst es, <strong>die</strong> sind<br />

krank, <strong>die</strong> müssen in den Knast <strong>und</strong> zwar für immer <strong>und</strong> Schlüssel wegschmeissen <strong>und</strong> so<br />

<strong>und</strong> auf der anderen Seite ist das eben ein Widerspruch. Denn wenn einer krank ist, gehört<br />

er nicht in den Knast. (…)<br />

Ich meine auch, dass <strong>die</strong> Jurisprudenz das auch so sieht (dass zum Beispiel Homosexualität<br />

eine Einstellungsfrage ist). Und folgerichtig wurde das aus dem Strafgesetzbuch<br />

rausgenommen, solange es eben nicht auf Kosten anderer geht. Bei der Pädophilie ist das<br />

eben ausserordentlich problematisch <strong>und</strong> deshalb ist es auch verboten. Richtig ist, dass

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!