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Der Pädosexuelle und die Strafverfolgung - SCIP - Universität Bern

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46<br />

So genau nicht, nein. Wenn wir einen PC haben, dann wird <strong>die</strong> Festplatte gespiegelt <strong>und</strong><br />

dann gehen wir mit dem Encase 58 rein. Und wenn wir sehen, dass er Tausende von Bildern<br />

hat, dann gehen wir vertieft rein. Wir schauen dann schon, ob er Adressen gespeichert<br />

hat. Da haben wir aber wieder das Problem, dass wir für eine Abklärung der Email-<br />

Adressen wieder eine Verfügung des Untersuchungsrichters brauchen <strong>und</strong> eine Email-<br />

Abklärung beim UVEK kostet 250.- Franken. Da brauchen wir dann schon eine starke Verdachtslage,<br />

da muss dann schon mehr dran sein, dass uns der UR eine Verfügung gibt.<br />

Wir hatten nun eine zeitlang <strong>die</strong> Situation, dass wir Abklärungen wollten <strong>und</strong> es hiess, dass<br />

das nicht mehr geht <strong>und</strong> dass wir wegen dem Finanziellen besser hätten belegen müssen.<br />

Da muss der UR abwägen. Sonst wird er einfach auf den Art. 197(hier: Besitz von illegaler<br />

Pornografie) gehen. Auch für Email-Kontrollen, das wird vom UR nicht bewilligt, da muss<br />

der Verdacht extrem sein, meist reicht das nicht. Ist ja noch nicht wirklich etwas passiert.<br />

Was aus einer Laienperspektive befremdlich anmutet, nämlich dass aus Kostengründen auf<br />

Folgeermittlungen verzichtet werden muss, ist im Polizeialltag gang <strong>und</strong> gäbe. Wenn sich<br />

auch in der Schweiz <strong>die</strong> Erkenntnis durchsetzt, dass Missbraucher unter Kinderpornografie-<br />

Konsumenten keine Seltenheit sind, werden sich <strong>die</strong> Prioritäten eventuell verschieben. Aktuell<br />

kann man jedoch davon ausgehen, dass <strong>die</strong>se Haltung auch für andere Kantone mehr<br />

oder weniger repräsentativ ist.<br />

Die andere ungünstige Rahmenbedingung ist <strong>die</strong> Gesetzesgr<strong>und</strong>lage im Bereich der verdeckten<br />

Ermittlungen. Auf <strong>die</strong> Frage (siehe auch Kapitel 6.1.) nach Ermittlungen im Bereich<br />

von pädosexuellen Ringen oder der Oberschichtspädophilie:<br />

Wir denken, dass da einiges abläuft, das an der Polizei vorbei geht, da haben wir keine<br />

Ahnung davon. Da müssten wir an <strong>und</strong> für sich Leute speziell dafür abbestellen <strong>und</strong> wir<br />

müssten ein aktives Monitoring betreiben. Das müsste aber auch gesetzlich getragen sein.<br />

Die verdeckte Ermittlung ist schon in Ordnung, aber wir können nichts anbieten. Und auch<br />

bei den Chats, wenn wir uns als Minderjährige ausgeben, dann muss der UR beim Präsidenten<br />

der Anklagekammer einen Antrag stellen <strong>und</strong> der wird dann meist personell für einen<br />

Monat oder höchstens zwei bewilligt <strong>und</strong> alle Erkenntnisse müssen sofort dem UR<br />

gemeldet werden. Das ist sehr restriktiv das alles. Aber bei den Gruppen geht das nicht,<br />

weil da muss man was anbieten. Da muss man 50 Bilder anbieten, dass man 5 bekommt<br />

<strong>und</strong> dann heisst es, das sei alte Ware.<br />

Auch <strong>die</strong> Kantonspolizei <strong>Bern</strong> hat ihre Probleme mit der verdeckten Ermittlung:<br />

Wir haben vor ein paar Jahren auch ermittlungstechnisch <strong>die</strong> Idee gehabt, eine Legende<br />

zu erfinden, <strong>die</strong> dann auf dem Netz Kinderpornografie kauft mit einer Kreditkarte. Aber das<br />

geht halt nicht mit der aktuellen Gesetzeslage.<br />

Wenn <strong>die</strong> Polizeikorps in Chats oder in Newsgroups ermitteln wollen, dürfen sie auf keinen<br />

Fall strafbare Handlungen begehen, wie das in gewissen anderen Ländern (beispielsweise in<br />

den USA) möglich ist. Um in geschlossene Gruppierungen hinein zu kommen, muss man,<br />

wie schon ausgeführt, in aller Regel selbst illegales Material anbieten 59 . Das ist in der<br />

Schweiz auch in Zukunft, ausgeschlossen. Von anderen Kantonspolizeien ist bekannt (z.B.<br />

Kanton Waadt), dass sie in geschlossene Gruppierungen hinein kamen, indem sie bei Vernehmungen<br />

von <strong>Pädosexuelle</strong>n deren Passwörter bekommen haben <strong>und</strong> so unter deren<br />

Identität auf dem Internet aktiv werden konnten, ohne sich strafbar zu machen. Das setzt<br />

aber (erfolgreiche) Verhörtechniken oder auch einfach kooperative Verdächtigte voraus, denen<br />

zum Beispiel <strong>die</strong> Stadtzürcher noch nicht begegnet sind:<br />

Wir müssten mehr machen, aber da müssten wir aktiv ein Monitoring betreiben <strong>und</strong> dafür<br />

fehlen uns Zeit <strong>und</strong> Leute. Wenn wir natürlich einen hätten, der uns über sein Passwort<br />

Zugang verschafft, dann wären wir sofort dabei.<br />

Die <strong>Bern</strong>er Polizistinnen betonen <strong>die</strong> mangelnden Ressourcen auch, wobei sie intern für Ermittlungen<br />

von Sittlichkeitsverbrechen aus ihrer Sicht nicht ideal organisiert sind:<br />

58<br />

Spezielle Software, <strong>die</strong> illegale Pornografie erkennt.<br />

59<br />

Aus gr<strong>und</strong>sätzlichen Überlegungen zur Rechtsstaatlichkeit ist das auch begrüssenswert, auch wenn es im konkreten<br />

Bereich helfen würde, Kinder zu schützen.

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