Der Pädosexuelle und die Strafverfolgung - SCIP - Universität Bern
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standen, werden eventuell forensische begutachtet <strong>und</strong> <strong>die</strong>jenigen, welche in Begutachtung<br />
waren, kommen teilweise in therapeutische Behandlung;<br />
• Welche Kriterien <strong>und</strong> Mechanismen im Einzelfall oder sogar als generelleres Muster<br />
für <strong>die</strong> Selektionsprozesse verantwortlich gemacht werden können, sind nur annähernd<br />
bestimmbar;<br />
• In der Bevölkerung her spielt <strong>die</strong> Selektion bezüglich familiärer resp. ausserfamiliärer<br />
Kontexte. Sozial ausgegrenzte, weniger intelligente <strong>und</strong> sozial weniger kompetente<br />
<strong>Pädosexuelle</strong>, <strong>die</strong> sich fremden Kindern nähern, werden eher auffällig <strong>und</strong> angezeigt.<br />
Zudem kommt man ihnen mit den bestehenden polizeilichen Mitteln auch eher auf <strong>die</strong><br />
Spur;<br />
• Von der richterlichen Warte aus werden eher solche <strong>Pädosexuelle</strong> zur Begutachtung<br />
geschickt, <strong>die</strong> entweder mit ihrem Verhalten aus „der Rolle fallen“, wie Alterspädophile<br />
oder solche, denen man aus verschiedenen Gründen eine höhere Gefährlichkeit<br />
attestiert;<br />
• Von der Bevölkerung, von der Polizei her <strong>und</strong> auch von der richterlichen Optik aus<br />
werden eher Personen aus unterprivilegierten Schichten wahrgenommen, <strong>die</strong>s zumindest<br />
was Personen betrifft, <strong>die</strong> sich konkret Kindern nähern, eventuell weniger im<br />
Bereich der Kinderpornografie;<br />
• Die Begutachtung wird von der richterlichen Selektion bestimmt. In <strong>die</strong>sem Fall ist <strong>die</strong><br />
Alterspädophilie im Vordergr<strong>und</strong>, was aber kaum einer realen Verteilung in der Bevölkerung<br />
entspricht;<br />
• Die therapeutische Arbeit erlaubt von ihrer Funktion her – auch wenn sich <strong>die</strong> Therapie<br />
auf <strong>die</strong> forensische Therapie beschränkt – den breitesten <strong>und</strong> tiefsten Blick auf<br />
<strong>die</strong> verschiedenen Formen der Pädosexualität <strong>und</strong> deren Geschichte. In Bezug auf<br />
<strong>die</strong> Schichtzugehörigkeiten, <strong>die</strong> soziale Einbettung <strong>und</strong> <strong>die</strong> Intelligenzausprägungen<br />
ist das Klientel wahrscheinlich weniger eingegrenzt;<br />
• Die einzelnen Aufgaben bestimmen <strong>die</strong> Wahrnehmung des Gegenübers zusätzlich.<br />
Die Polizei hat bei pädosexuellen Delinquenten vorwiegend das Interesse, den Straftatbestand<br />
zu klären. Innere Bedingungen spielen eine untergeordnete Rolle. Begleitumstände,<br />
wie bestimmte F<strong>und</strong>e bei Hausdurchsuchungen hingegen sind für <strong>die</strong><br />
Ermittlungsarbeit wichtig <strong>und</strong> erlauben auch einen Einblick in <strong>die</strong> Persönlichkeit der<br />
Delinquenten;<br />
• Die RichterIn muss einerseits <strong>die</strong> Beweislage beurteilen, das Strafmass in Abhängigkeit<br />
zur Straftat <strong>und</strong> der Schuld festlegen <strong>und</strong> abschätzen, ob Gutachten<br />
<strong>und</strong>/oder Gefährlichkeitseinschätzungen in Auftrag gegeben werden müssen. Biografien<br />
<strong>und</strong> Motive spielen durchaus eine Rolle, wenn auch nicht in dem Ausmass, wie<br />
bei der therapeutischen Arbeit;<br />
• Die Begutachtung muss (gemäss reiner Lehre) ausschliesslich <strong>die</strong> Zurechnungsfähigkeit<br />
beurteilen <strong>und</strong> greift dazu auf verschiedene Informationsquellen zurück, geht<br />
aber in der Regel auch nicht sehr tief auf <strong>die</strong> Persönlichkeitsstrukturen des Delinquenten<br />
<strong>und</strong> <strong>die</strong> ursächlichen Bedingungen der Tat ein, zumindest nicht in Bezug auf<br />
Merkmale oder Prozesse, <strong>die</strong> <strong>die</strong> Zurechnungsfähigkeit nicht direkt betreffen. Bei der<br />
Prognosearbeit kann <strong>die</strong> Sachlage anders aussehen, <strong>die</strong> wurde aber in <strong>die</strong>sem Rahmen<br />
nicht speziell thematisiert;<br />
• In der Therapiearbeit hat man nicht nur bezüglich Breite, sondern auch bezüglich der<br />
Tiefe <strong>die</strong> grösste Chance, verschiedenste Motive, Rahmen- <strong>und</strong> Entstehungsbedingungen<br />
zu erfassen.<br />
Im Weiteren werden <strong>die</strong> Aufgaben selbst im Zentrum stehen. Die Sicht der Person, welche<br />
<strong>die</strong> Funktion selbst innehat, wird zuerst zu Wort kommen, kommentiert aus Sicht der Anderen.