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Berliner Kurier

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18 JOURNAL<br />

BERLINER KURIER, Sonntag, 23. September 2018<br />

Die AfD<br />

Menschen<br />

macht<br />

Angst vor<br />

Dingen, vordenen man<br />

keine haben muss<br />

Angst<br />

Ein Interview mit<br />

Hartmut Engler (56),<br />

Sänger der Band Pur<br />

Da sitzt er, in einem<br />

Nobelhotel am Potsdamer<br />

Platz in Berlin,<br />

und wirkt trotz seiner<br />

hochgewachsenen Gestalt zart:<br />

Hartmut Engler. Vor dem 56-<br />

Jährigen steht ein Glas Mineralwasser,<br />

die Kekse hat der<br />

überzeugte Heilfaster und Buddhist<br />

noch nicht angerührt. Er,<br />

der mit Pur in ausverkauften<br />

Fußballstadien spielt, scheint<br />

in sich selbst zu ruhen. In „Zwischen<br />

den Welten“, dem inzwischen<br />

16. Pur-Album, fordert er<br />

mit markanter Stimme mehr<br />

Toleranz und setzt ein Zeichen<br />

gegen Fremdenhass.<br />

KURIER: Herr<br />

Engler, Sie vermieten<br />

Ihr Elternhaus<br />

an syrische<br />

Flüchtlinge.<br />

Wollen<br />

Sie damit ein<br />

Zeichen setzen?<br />

Hartmut Engler:<br />

Ich fand das<br />

richtig, weil meine Eltern auch<br />

Heimatvertriebene waren. Der<br />

Gedanke, ein Haus, das Flüchtlinge<br />

gebaut haben, an andere<br />

Flüchtlinge zu vermieten, ist<br />

sehr tröstlich. Zuhause gab es<br />

ein altes Bild, das ich meiner<br />

Mutter mitgebracht hatte. Darauf<br />

stand: „Erst wenn du in der<br />

Fremde bist, weißt du, wie<br />

schön die Heimat ist.“ Irgendwann<br />

fragten die Syrer meine<br />

Schwester, die sich um unser<br />

Elternhaus kümmert, per<br />

Whatsapp, ob die Miete bei ihr<br />

eingegangen sei. Und als Profil<br />

hatten sie das Bild mit dem<br />

Spruch genommen. Da kamen<br />

meiner Schwester und mir die<br />

Tränen.<br />

Welche Leidensgeschichte<br />

haben diese Syrer?<br />

Sie kommen aus einem kleinen<br />

Dorf, das komplett zerbombt<br />

wurde. Da steht kein<br />

Haus mehr. Ein Bruder ist Arzt,<br />

einer Apotheker und einer Student.<br />

Das sind ganz feine Leute.<br />

Zuerst dachte ich: In solch einem<br />

konservativen Dorf gibt es<br />

vielleicht Anfeindungen. Aber<br />

die Nachbarschaft hilft ihnen<br />

sogar. So kann es auch gehen.<br />

Kippt die positive Stimmung<br />

der Bevölkerung gegenüber<br />

Flüchtlingen gerade?<br />

Das Perverse ist, da, wo kaum<br />

Flüchtlinge<br />

sind, wo der<br />

Alles, was<br />

ich singe,<br />

ist mehrfach<br />

durchdacht.<br />

Ausländeranteil<br />

am geringsten<br />

ist, da<br />

wächst die<br />

Fremdenfeindlichkeit.<br />

In anderen<br />

Teilen des<br />

Landes, wo<br />

Toleranz und Offenheit herrschen,<br />

werden sie eigentlich<br />

gut integriert. In meinem Heimatort<br />

Bietigheim-Bissingen<br />

gibt es natürlich auch Flüchtlinge,<br />

sie sind in für sie gebauten<br />

Unterkünften untergebracht.<br />

Ich habe noch nicht gehört,<br />

dass das Leben in Bietigheim<br />

unsicherer geworden<br />

wäre.<br />

Muss man als Künstler Stellung<br />

beziehen in einer Zeit<br />

voller unerfreulicher Ereignisse?<br />

Ich beziehe als Mensch Stellung.<br />

Weil mir viele zuhören,<br />

überlege ich mir genau, wie ich<br />

mich äußere. Und ich muss es<br />

Hartmut Engler bezieht gerne<br />

Stellung, nicht nur auf der Bühne.<br />

Der Sohn eines Ungarndeutschen<br />

und einer Sudetendeutschen gehört<br />

zu den kommerziell erfolgreichsten<br />

deutschsprachigen Popmusikern.

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