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akzent – DAS GRÖSSTE LIFESTYLE- & VERANSTALTUNGSMAGAZIN VOM BODENSEE BIS OBERSCHWABEN
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KREATIVE | MODENSEE<br />
industriellen Fertigung, noch mehr Fachwissen. „Das<br />
Kleidungsstück muss sitzen. Und zwar an der Kundin.<br />
Gut aussehen, ohne zu zwicken“, so der Fachmann, der<br />
an der Hochschule Albstadt-Sigmaringen Bekleidungstechnik<br />
mit Schwerpunkt Schnitt studiert hat. Jedoch:<br />
„Jeder Mensch ist anders, auch wenn er dieselbe Konfektionsgröße<br />
hat.“ Das hört sich schon nicht mehr so<br />
einfach an … Dazu kommen dann noch die Zielgruppe<br />
sowie der gewünschte Look. Soll es also beispielsweise<br />
eher eine schmale Businesshose oder eine locker sitzende<br />
Freizeithose sein.<br />
DIE SACHE MIT DER KLEIDERGRÖSSE<br />
Als Basis dienen den Modellmachern Maßtabellen, die<br />
meist markenabhängig sind. In diesen ist festgelegt, wie<br />
breit etwa bei einer bestimmten Größe der Taillenumfang<br />
ist und wie lang das Hosenbein. Grundlage sind in<br />
Deutschland die Ergebnisse aus Reihenmessungen durch<br />
Forscher der Hohenstein-Institute im württembergischen<br />
Bönnigheim, die alle 10 bis 20 Jahre durchgeführt werden.<br />
Sie stellten dabei auch fest, dass sich die Figuren<br />
im Laufe der Jahre verändert haben. So ist Otto Normalverbraucher<br />
heute deutlich größer und breiter als noch<br />
ein bis zwei Generationen vor ihm, was nicht zuletzt am<br />
Wohlstand und der medizinischen Versorgung liegt. Und<br />
auch die Proportionen sind anders: Hat beispielsweise<br />
der durchschnittliche Brustumfang der Damen von 1972<br />
bis 2009 lediglich um 0,8 cm zugenommen, so sind es<br />
in der Taille satte 6 cm. So haben sich auch Größen und<br />
Passformen im Laufe der Jahre verändert. Und nicht jede<br />
Marke folgt eben 1:1 diesen Änderungen, sodass nachvollziehbar<br />
ist, warum die Hose der Firma X passt, die der<br />
Firma Y aber möglicherweise zwickt. Die Herausforderung<br />
für Modellmacher ist, dass die Passform möglichst<br />
über mehrere Saisons gleichbleibt oder nur unwesentlich<br />
modernisiert wird, sodass eine Art Nachkaufgarantie für<br />
die Kunden entsteht, wenn diese sich einmal für eine<br />
Größe einer Marke entschieden haben.<br />
MASSGEBLICH AM PRODUKT BETEILIGT<br />
Doch was sich so theoretisch und trocken anhört, ist in<br />
der Praxis doch sehr abwechslungsreich. „Als Modellmacher<br />
bin ich maßgeblich am Produkt beteiligt. Ich bin die<br />
Person, die die Kleidungsstücke entwickelt“, so Tobias<br />
Hegen. „Das ist unheimlich reizvoll.“ Vor seinem Wechsel<br />
in die Modellabteilung war er als Production Planner im<br />
heutigen Bereich PDP (Product Divisions & Production)<br />
der HFG tätig. Da war das Jonglieren mit Zahlen, Zeitund<br />
Lieferplänen angesagt. Heute jedoch „hab ich ein<br />
direktes Ergebnis vor mir“.<br />
dem Studium bereits eine Schneiderlehre absolviert. „Ich<br />
habe zudem in meinem Praktikum bei Wunderkind noch<br />
mitbekommen, wie Modellmacher auf Papier zeichnen,<br />
nicht am PC“, erinnert sich Tobias Hegen an seine Zeit in<br />
Berlin zurück. Um immer auf dem Laufenden zu bleiben,<br />
betreiben Hegen und seine Kollegen auch Trendresearch.<br />
Sprich, immer auch ein Auge auf die Mitbewerber haben,<br />
schauen, was die Menschen auf der Straße tragen.<br />
Derzeit sind 14 Modellmacher für die Marken der HFG<br />
(windsor., Strellson und Joop!) im Einsatz.<br />
Hat der Modellmacher, oft auch Technical Designer<br />
genannt, den Entwurf am Computer umgesetzt, wird<br />
schließlich in einem vergleichbaren Stoff ein Prototyp angefertigt.<br />
Hier kommen dann echte Menschen ins Spiel,<br />
die sogenannten Passformmodells, die meist über viele<br />
Jahre einer Marke für Anproben zur Verfügung stehen.<br />
An ihnen werden die Protos anprobiert, Designer und<br />
Modellmacher nehmen letzte Anpassungen vor, bevor<br />
dann auf dieser Basis Musterteile angefertigt werden, die<br />
dann sämtlichen Produktionsstätten als Vorlage dienen.<br />
DIE ZEIT, DIE ZEIT<br />
Zur Passform ist die große Herausforderung die Zeit.<br />
Denn der Modezirkus dreht sich schnell. Was heute<br />
„in“ ist, kann morgen schon out sein. Doch in der Bekleidungsindustrie<br />
mahlen die Mühlen vergleichsweise<br />
langsam. Zu viele Firmen sind beteiligt, zu viele Auflagen<br />
zu erfüllen (z.B. Tests, um Schadstoffvorschriften einzuhalten).<br />
Und so kümmert sich Tobias Hegen mit seinen<br />
Kollegen bereits seit Juli dieses Jahres um die Herbst-/<br />
Winterkollektion für 2019/20. Voll der Zeit voraus. Auf<br />
was dürfen wir uns dann freuen? Er schmunzelt wissend:<br />
„Das wird noch nicht verraten.“<br />
Holy Fashion Group<br />
Sonnenwiesenstraße 22, CH-8280 Kreuzlingen<br />
www.holyfashiongroup.com<br />
Hochschule Albstadt-Sigmaringen | www.hs-albsig.de<br />
Modeschule Radolfzell | www.bsz-radolfzell.de<br />
STF Schweizerische Textilfachschule | www.stf.ch<br />
TEXT & FOTO: TANJA HORLACHER<br />
Er steht im engen Kontakt zu den Designern und fertigt<br />
nach von deren Handskizzen computergestützt Modellschablonen<br />
an. „Unser Job verändert sich allerdings immer<br />
mehr, auch in Richtung 3D-Technik“, so Tobias Hegen.<br />
Dennoch bringen Modellmacher nach wie vor ihre<br />
Vorschläge ein: an welcher Stelle beispielsweise eine Naht<br />
gesetzt werden sollte, damit der Stoff so fällt, wie es sich<br />
der Designer vorstellt. So sind eine gute Materialkenntnis<br />
sowie ein gutes Gespür für Proportionen bei Modellmachern<br />
unerlässlich. In der Regel haben sie daher vor<br />
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