Nr. 22 (III-2018) - Osnabrücker Wissen
Nr. 22 (III-2018) - Osnabrücker Wissen Wir beantworten Fragen rund um die Osnabrücker Region. Alle drei Monate als Printausgabe. Kostenlos! Und online unter www.osnabruecker-wissen.de
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Wie kommt die<br />
AUFGEWECKT DURCH STADT UND LANDKREIS<br />
AUF ENTDECKUNGSTOUR BEI<br />
HINTER DEN KULISSEN<br />
Wurst in die Pelle?<br />
Jede Erfolgsgeschichte hat ein Ende – diese hier hat sogar zwei. Und das seit 1972, in dem Jahr<br />
also, als alle Vorzeichen eigentlich auf „Anfang“ standen. Seinerzeit begann der<br />
rührige Fleischermeister Heinz Kinnius in einem Hinterhof in der Osningstraße,<br />
Bratwürste in Eigenregie zu produzieren und in der Region zu vertreiben. Da<br />
der Gründer den Geschmack seiner Kunden traf und „Kinnius-Würstchen“ –<br />
beinahe über Nacht – buchstäblich in aller Munde waren, blieb dem umtriebigen<br />
Jungunternehmer keine andere Wahl, als zu expandieren.<br />
Auf der Suche nach<br />
einem geeigneten<br />
Standort wurde er rasch<br />
fündig: im Eversburger Industriegebiet,<br />
auf dem Gelände eines<br />
ehemaligen Pferdegestüts.<br />
Gelockt vom günstigen Bodenpreis<br />
erkannte Kinnius mit<br />
Sherlock Holmeschen Scharfsinn<br />
außerdem, wie schnell<br />
und unkompliziert man von<br />
dort aus Supermärkte und<br />
andere Großabnehmer in Stadt und Land<br />
beliefern konnte.<br />
Und so läuft die firmeneigene Flotte, aus<br />
drei Auslieferungsfahrzeugen bestehend,<br />
heute genau wie damals schon, mehrere<br />
Male pro Tag aus, um die angesagten<br />
„Dauerbrenner“ unters Volk zu bringen.<br />
Derzeit spielt den fleißigen Eversburgern<br />
das „Grillwetter“ in die Hände, sodass<br />
in ihrem Betrieb an der Klöcknerstraße<br />
händeringend jede Hand gebraucht<br />
wird – und die Fahrer Gas geben müssen.<br />
„Bei uns geht die Arbeit Hand in Hand“,<br />
sagt Kinnius-Betriebsleiter Michael Linnemann<br />
beim Schnack in seinem Büro.<br />
Baumlang und breitschultrig steht er an<br />
seinem höhenverstellbaren Schreibtisch;<br />
er referiert mit sonorer Stimme – gelegentlich<br />
nippt er gedankenversunken an<br />
seiner Tasse Kaffee. Und beantwortet geduldig<br />
sämtliche Anrufe. Denn die wandelnde<br />
Telefonzentrale der Fleischerei ist<br />
der Mann mit Headset außerdem noch.<br />
Bilder © Kinnius / Hintergrund © nadianb; fotolia.de<br />
Wohl dem, der Linnemann, seit 26 Jahren<br />
im Betrieb, in seinen Reihen hat und sich<br />
von ihm führen lassen darf. Nach kurzem<br />
taktischem Vorgeplänkel mutieren Besucher<br />
schließlich selbst zur „Wurst“ – allerdings<br />
nur vorübergehend. Ziehen Hauben<br />
über den Kopf, schlüpfen in weiße Anzüge;<br />
Schuhe verschwinden in Schutzhüllen.<br />
Linnemann öffnet die Tür zur Produktionshalle,<br />
indem er seinen rechten Daumen<br />
auf die elektronische Zugangskontrolle<br />
drückt. Er lässt anderen den Vortritt. Nach<br />
gründlicher Handwäsche schreitet man<br />
über die „Fußwaschanlage“ – eine kitzlige<br />
Angelegenheit. Danach zum Becken für<br />
die Desinfektion der Hände. Hygiene wird<br />
hier groß geschrieben!<br />
Wie entsteht Feinbrat?<br />
Der erste „Produktionsschritt“ am<br />
Fleischwolf ist mindestens genauso wichtig<br />
wie der Gang durch die Desinfektion.<br />
Denn das von der „<strong>Osnabrücker</strong> Erzeugergemeinschaft“<br />
kurz vor Schichtbeginn<br />
gelieferte Rohfleisch muss ein Mitarbeiter<br />
durch den Wolf drehen, um es, portioniert<br />
als „breiige Masse“, für die weitere Verarbeitung<br />
vorzubereiten.<br />
Kinnius hat sich seit seiner Gründung dem<br />
Qualitätsfleisch verschrieben. Und außerdem<br />
ein computergestütztes Warenwirtschaftssystem<br />
im Betrieb installiert, was<br />
lückenlose Protokolle eingehender Lieferungen<br />
erstellt. Es registriert auch, welche<br />
Schneide und Trenntrommel<br />
Waren wann, wohin und<br />
in welcher Stückzahl ausgeliefert<br />
werden.<br />
Linnemann bittet zur<br />
zweiten Station, dem Kutter.<br />
Dort schneiden scharfkantige Messer<br />
das zuvor gewolfte Fleisch zu Feinbrät.<br />
„Unsere Messer rotieren zwischen 2.500<br />
bis 3.000 Mal pro Minute“, erläutert Linnemann<br />
grinsend. Nach erfolgter Verkleinerung<br />
fahren es Mitarbeiter in großen<br />
Bottichen zur dritten Station.<br />
Wie viele Wurstchen werden<br />
pro Stunde gefullt?<br />
Die Füllung splittet sich in zwei Produktionsstraßen:<br />
in eine für die etwa 18 Zentimeter<br />
lange „dünne Bratwurst“ und in<br />
eine andere für die nicht minder mundende<br />
„dicke“. Von Zeit zu Zeit streifen<br />
Mitarbeiter Därme über Füllrohre, durch<br />
die Fleisch einschießt. Diese blähen diese<br />
dann bis zur maschinell-eingestellten<br />
Wunschlänge mit Feinbrät. Sobald das<br />
Maß erreicht ist, werden Wurstenden mechanisch<br />
abgebunden. Und das Spiel beginnt<br />
von vorne.<br />
Da die frisch gefüllten Würstchen wie an<br />
einem Strang aneinander gekettet sind,<br />
tragen Mitarbeiter sie auf eine Art Gerüst,<br />
wo sie „abhängen“ können. Linnemanns<br />
Mitarbeiter schätzen, dass etwa 10.000<br />
Würstchen pro Stunde gefüllt werden,<br />
wenn alles optimal<br />
läuft – und Nachschub kommt.<br />
„Unsere nächste Station heißt Brühkammer“,<br />
sagt Linnemann, während er mit einem<br />
„Wurstgerüst“ kerzengerade auf eine<br />
von fünfen zusteuert. Der Brühvorgang an<br />
sich dauert etwa 25 Minuten. Dort werden<br />
Wurststränge mit Wasserdampf erhitzt<br />
und später unter Schwallbrausen auf 20<br />
Grad gekühlt. Dann werden die Wurststränge<br />
voneinander getrennt und über ein<br />
Förderband in Auffangkisten befördert.<br />
Später füllen Mitarbeiter in der Packstation<br />
Kinnius-Würstchen in Plastikpackungen,<br />
lassen diese vakuumverschweißen und in<br />
einen Kühlraum fahren. „Uns ist das Prinzip<br />
Frische wichtig“, sagt Linnemann beim<br />
Gang durch die Kühlung. „Und zufriedene<br />
Kunden“, ergänzt er lächelnd.<br />
Sie müssen äußerst zufrieden sein – denn<br />
wie sollte man sich anders die konstant<br />
hohe Nachfrage nach den begehrten<br />
„Zweiendern“ in all ihren Variationen erklären<br />
können? | Michael Luttmer<br />
www.kinnius.de<br />
Abknoten der Bratwurst nach dem Abfüllen in den Naturdarm<br />
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