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Nr. 22 (III-2018) - Osnabrücker Wissen

Nr. 22 (III-2018) - Osnabrücker Wissen Wir beantworten Fragen rund um die Osnabrücker Region. Alle drei Monate als Printausgabe. Kostenlos! Und online unter www.osnabruecker-wissen.de

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KUNST & KULTUR<br />

Hermann Sudermann<br />

Vergessene Bücher (10):<br />

Hermann Sudermanns Schauspiel „Heimat“<br />

Was ist Heimat?<br />

Die Hauptrolle in seinem bekanntesten, 1893 uraufgeführten Theaterstück spielten<br />

einst Weltstars wie Sarah Bernhardt, Adele Sandrock oder Eleonora Duse. „Heimat“<br />

wurde 1938 verfilmt, den Text gab es als handliches Reclam-Heft. Doch all<br />

das ist lange her …<br />

12 Jahre sind vergangen, seit Magda<br />

Schwartze ihr Elternhaus im Streit<br />

verlassen hat. Nun kehrt sie als gefeierte<br />

Opernsängerin zurück und<br />

versöhnt sich mit dem sittenstrengen<br />

Vater. Doch der Familienfrieden<br />

ist nur von kurzer Dauer. Als<br />

der pensionierte Oberstleutnant erfährt,<br />

dass Magda ein uneheliches<br />

Kind von dem zwielichtigen Regierungsrat<br />

Dr. Keller hat, brechen die<br />

alten Konflikte mit unverminderter<br />

Heftigkeit wieder auf.<br />

Was ist Magdas Heimat? Das moralische<br />

und gesellschaftliche Erbe<br />

ihrer Familie, die selbstbestimmte<br />

Persönlichkeit und der berufliche<br />

Erfolg- oder das Leben mit dem<br />

eigenen Kind? Die Frage bleibt<br />

offen, denn ihr Vater überlebt<br />

das finale Wortgefecht nicht.<br />

Lob der Nazi-Familie?<br />

Zehn Jahre nach Sudermanns<br />

Tod wurde sein Theaterstück<br />

verfilmt. Regisseur Carl Froelich<br />

besetzte die Hauptrollen<br />

mit den Leinwand-Stars<br />

Zarah Leander und Heinrich<br />

George, ließ am Ende aber<br />

nicht den starrsinnigen Soldaten<br />

sterben, sondern den zum<br />

Bankdirektor mutierten Regierungsrat<br />

(Franz Schafheitlin),<br />

der schon optisch an die<br />

Rassendoktrin der Nationalsozialisten<br />

erinnern sollte.<br />

Adolf Heinzlmeier und<br />

Berndt Schulz interpretierten den<br />

Streifen in ihrem Buch „Lexikon<br />

´Filme im Fernsehen´“ also nicht<br />

ganz zu Unrecht „als Verächtlichmachung<br />

der Bourgeoisie der Weimarer<br />

Zeit und Lob der neuen Nazi-Familie“.<br />

Kann Erfolg<br />

zum Verhängnis werden?<br />

Hermann Sudermann, der am 30.<br />

September 1857 im Memelland<br />

als Sohn des Bierbrauers Johann<br />

Sudermann und seiner Frau Dorothea<br />

geboren wurde, war einer<br />

der populärsten Schriftsteller der<br />

vorletzten Jahrhundertwende. Seine<br />

Theaterstücke, die mit geschliffenen<br />

Dialogen und raffinierten<br />

Plots aufwarteten, erreichten im<br />

In- und Ausland astronomische<br />

Aufführungsserien, seine Romane<br />

und Erzählungen fanden ein Millionenpublikum.<br />

Auch in Osnabrück<br />

wurde Sudermann fast regelmäßig<br />

Bild Sudermann rechts © commons.wikimedia.org/wiki/File:Nicola_Perscheid_-_Hermann_Sudermann_nach_1925.jpg / Bild Sudermann links © commons.wikimedia.org/wiki/File:Picture_of_Hermann_Sudermann.jpg?uselang=de<br />

/ Theaterzettel © Theatermuseum Lobkowitzplatz 2, 1010 Wien<br />

Hermann Sudermann um 1925<br />

gespielt. Neben „Die Ehre“, „Das Glück<br />

im Winkel“ oder „Johannisfeuer“ stand<br />

„Heimat“ immer wieder auf dem Spielplan<br />

des hiesigen Theaters, so etwa in den<br />

1910er Jahren, in der Saison 1936/37 oder<br />

1949/50. Der Erfolg, den Sudermann auch<br />

der griffigen Diskussion zentraler gesellschaftlicher<br />

Themen – wie der Sozialen<br />

Frage, der Stellung der Frau oder der Bedeutung<br />

der Kunst – zu verdanken hatte,<br />

rief allerdings zahlreiche Kritiker auf den<br />

Plan. Allen voran Alfred Kerr, der jede Gelegenheit<br />

nutzte, seine künstlerische Qualitäten<br />

zu diffamieren, ihm Berechnung,<br />

Sensationsmache und Geschäftemacherei<br />

vorzuwerfen.<br />

Als Sudermann 1928 starb, geriet er vergleichsweise<br />

rasch in Vergessenheit. Auch<br />

seine besten Texte - Dramen wie „Die<br />

Ehre“ und „Sodoms Ende“, die Romane<br />

„Frau Sorge“, „Katzensteg“ und „Der tolle<br />

Professor“ oder die herausragende Novellensammlung<br />

„Litauische Geschichten“<br />

- sind nur noch Randnotizen der Literaturgeschichte.<br />

Umso erfreulicher, dass die 1929 gegründete<br />

Hermann Sudermann Stiftung<br />

das Andenken an ihren Namensgeber<br />

lebendig zu halten versucht und Schriftsteller<br />

bis heute durch die Vergabe des<br />

Hermann-Sudermann-Preises fördert. In<br />

Schloss Blankensee, dem Sommerwohnsitz<br />

des Dichters im Süden von Berlin,<br />

gibt es ein Gedenkzimmer, das im Rahmen<br />

privater Führungen besichtigt werden<br />

kann: www.sudermannstiftung.de<br />

| Thorsten Stegemann<br />

WISSEN KOMPAKT<br />

SUDERMANN LESEN<br />

Einige Sudermann-Werke – wie<br />

etwa „Heimat“ oder die „Litauischen<br />

Geschichten“ – sind noch<br />

im Buchhandel erhältlich. „Heimat“<br />

gibt es in einer kostenlosen<br />

eBook-Edition, aber auch in Uni-<br />

und Stadtbibliothek.<br />

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