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Dokumentation Wilhelmshöhe Open 2018

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Tim Pütz & Jan-Lennard Struff 45<br />

Z<br />

verev, Kohlschreiber,<br />

selbst Struff,<br />

sie sind alle bekannte<br />

Namen im<br />

Tourgeschäft der<br />

ATP. Pütz aber tritt eigentlich<br />

nur bei den Davis Cup-Partien<br />

in Erscheinung, sonst spielt<br />

sich sein Tennisleben eher<br />

auf den kleineren Bühnen der<br />

Challenger-Wettbewerbe ab.<br />

Der 30-jährige, aktuell die<br />

Nummer 303* in der Einzelund<br />

die Nummer 88* in der<br />

Doppel-Weltrangliste, steht<br />

so auch für das harte Leben<br />

im Nomadenbetrieb, für den<br />

Kampf ums tägliche Auskommen<br />

als Berufsspieler, für das<br />

Irgendwie-Durchschlagen, Tag<br />

für Tag, Jahr für Jahr.<br />

Der Erfolg im Davis Cup, auch<br />

das Vertrauen, das er als Doppelspieler<br />

dort bei Kapitän<br />

Michael Kohlmann und Abteilungsleiter<br />

Boris Becker genießt<br />

– das ist auch eine versöhnliche<br />

Entwicklung nach dem Verletzungspech,<br />

das Pütz immer mal<br />

wieder frustrierend begleitet<br />

hatte. Oft war er an die Seitenlinie<br />

gezwungen, musste sich<br />

dann bei Comebacks energisch<br />

um den Anschluss ans Feld bemühen.<br />

Er schaffte es aber mit<br />

einer Unverdrossenheit und Flexibilität,<br />

die er nicht zum ersten<br />

Mal in seiner Karriere bewies.<br />

Einer wie Teamchef Kohlmann<br />

denkt da auch an den Sommer<br />

2014, in dem Pütz zum ersten<br />

Mal bei den Gerry Weber <strong>Open</strong><br />

auf einem Rasenplatz gestanden<br />

hatte und schon bald darauf<br />

sensationell in Wimbledon drei<br />

Qualifikationsrunden und ein<br />

hartes Erstrundenmatch überstand.<br />

„Tim ist schon ein starker<br />

Typ“, sagt Kohlmann.<br />

Viel hätte allerdings nicht gefehlt,<br />

dann hätte Pütz schon<br />

2012 seine Karriere beendet.<br />

Denn als er in jenem Jahr von<br />

„Ich war der Beste,<br />

der gerade<br />

nix zu tun hatte.“<br />

seinem Volkswirtschaftsstudium<br />

im texanischen Auburn<br />

zurückkehrte, wollte Pütz in<br />

Frankfurt seinen Masters-Abschluss<br />

machen und mit dem<br />

fruchtlosen Herumgondeln in<br />

den Tennis-Niederungen aufhören.<br />

Doch weil die Universität<br />

ihn nicht annahm, machte<br />

Pütz einfach weiter, zunächst<br />

ohne große Ziele, ohne große<br />

Perspektive, ohne allzuviel Lohn<br />

für seinen Einsatz: Ab Platz 200<br />

in der Weltrangliste ist und war<br />

das Tennisleben nicht sehr glamourös.<br />

Über Wasser halten<br />

konnte sich der aus der Not geborene<br />

Profispieler Pütz da nur<br />

mit Geld, das ihm die Eltern<br />

zusteckten.<br />

Als er seinerzeit in Halle, bei<br />

den Gerry Weber <strong>Open</strong> 2014,<br />

seine ersten Rasenstunden abspulte,<br />

kam es auch zu einer<br />

bemerkenswerten Begegnung<br />

mit einem gewissen Roger Federer.<br />

Dessen Trainer Severin<br />

Lüthi suchte einen Sparringspartner<br />

für den siebenmaligen<br />

Wimbledonsieger, und warum<br />

er an Pütz geriet, beschreibt der<br />

heute im Rückblick selbst mit<br />

trockenem Humor so: „Ich war<br />

der Beste, der gerade nix zu tun<br />

hatte.“ Zwei Stunden trainierten<br />

sie zusammen, der Superstar<br />

und der verhinderte Aussteiger,<br />

sprachen auch über Gott und<br />

die Welt, über Pütz´ Studium<br />

in den USA und seine merkwürdige<br />

Laufbahn. Irgendwie<br />

großartig und inspirierend sei<br />

es gewesen, so Pütz, und natürlich<br />

komplett irreal.<br />

Ähnlich emotionale, denkwürdige,<br />

erinnerungsträchtige Momente<br />

wünscht sich Pütz auch<br />

jetzt wieder, mit inzwischen 30<br />

Jahren. Und mit seiner ungebrochenen<br />

Liebe zum Tennis.<br />

Der Frankfurter glaubt, dass das<br />

Ende seiner Geschichte noch<br />

längst nicht erzählt ist.<br />

Welche Kapitel gerade im Davis<br />

Cup da noch folgen werden?<br />

Das bleibt die spannende Frage.<br />

(*Stand: 15.5.<strong>2018</strong>)<br />

Text: Jörg Allmeroth<br />

Fotos: Jürgen Hasenkopf<br />

Tim & Struffiar<br />

Die Fans bei den <strong>Wilhelmshöhe</strong><br />

<strong>Open</strong> kennen Tim Pütz<br />

übrigens gut von seinen Auftritten<br />

in Kassel, unter anderem<br />

im Viertelfinale 2010,<br />

das er nach harten Kampf<br />

gegen den späteren Turniersieger<br />

Farrukh Dustov verlor.<br />

Auch Jan-Lennard Struff (27)<br />

hat mehrmals bei den <strong>Wilhelmshöhe</strong><br />

<strong>Open</strong> gespielt.<br />

Seit 2017 spielen „Tim &<br />

Struffi" als Doppel im Davis<br />

Cup für Deutschland. Zuletzt<br />

gewannen sie das dramatische<br />

Fünf-Satz-Spiel gegen<br />

Spanien.dWettbewerbsübergreifend<br />

(Davis Cup, Bundesliga,<br />

französische Liga,<br />

Challenger) sind sie seit 21<br />

Partien ungeschlagen.<br />

(Stand: 15.5.<strong>2018</strong>)

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