RegioBusiness - November 2018
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18 Firmen & Märkte<br />
<strong>November</strong> <strong>2018</strong> I Jahrgang 17 I Nr. 197<br />
Wir angeln nicht, wir fischen aktiv<br />
Investment Banking „made in Hohenlohe“: Die Kanzlei von Dr. Patrick Stiller misst sich an Frankfurt.<br />
INTERVIEW VON KERSTIN DORN<br />
Der Umsatz in der Consultingbranche<br />
kennt seit acht<br />
Jahren nur eine Richtung:<br />
steil nach oben. Mit <strong>RegioBusiness</strong><br />
spricht Dr. Patrick Stiller<br />
über die Ursachen.<br />
REGIOBUSINESS Ihr Unternehmen<br />
Stiller Advisors hat sich auf<br />
M&A-Beratungen spezialisiert.<br />
Was genau machen Sie ?<br />
PATRICK STILLER Mergers &<br />
Acquisitions (M&A) steht für alle<br />
Transaktionen rund um Unternehmenskäufe<br />
und -verkäufe, Fusionen<br />
und Unternehmensnachfolgen.<br />
Wir unterstützen unsere Kunden<br />
dabei im gesamten Prozess<br />
von der Identifikation der besten<br />
Käufer bis zum Vertragsabschluss,<br />
falls erforderlich, auch weltweit.<br />
REGIOBUSINESS 31,5 Milliarden<br />
Euro hat die Consultingbranche<br />
im letzten Jahr umgesetzt. Woraus<br />
resultiert dieses große Interesse<br />
an Beratungsleistungen?<br />
PATRICK STILLER Dafür gibt es<br />
vielfältige Gründe. Berater können<br />
Spezialisten sein, wenn innerhalb<br />
einer Firma das Fachwissen<br />
fehlt oder sie können eine externe<br />
„Kapazitätsreserve“ bilden, wenn<br />
die eigenen Teams ausgelastet<br />
sind. Berater haben als Außenstehende<br />
einen frischen und weitgehend<br />
unvoreingenommenen Blick<br />
auf die anstehenden Probleme<br />
und das Wichtigste ist: Sie können<br />
aus ihren Erfahrungen, die sie in<br />
mehreren Firmen gesammelt haben,<br />
Vergleiche ziehen und zu Vorgehensweisen<br />
und Praktiken raten,<br />
die sich bereits bewährt haben.<br />
Darüber hinaus sorgen die<br />
Megatrends unserer Zeit für einen<br />
erhöhten Beratungsbedarf. Nehmen<br />
sie nur die Digitalisierung<br />
mit alle ihren Folgen, das Supply-<br />
Chain-Management oder Prozessoptimierungen<br />
allgemein.<br />
REGIOBUSINESS Sie haben sich<br />
auf Unternehmenskäufe und -verkäufen<br />
spezialisiert. Wer sind ihre<br />
Kunden?<br />
PATRICK STILLER Wir sind ein<br />
kleines Team mit einem großen<br />
Netzwerk von Branchen-Spezialisten.<br />
Meine vier Mitarbeiter sitzen<br />
in Hamburg, Stuttgart, München<br />
und Nürnberg. Auf der Verkaufsseite<br />
finden wir beispielsweise Lösungen<br />
für Firmeninhaber, die ihren<br />
Ausstieg planen. Dabei belassen<br />
wir es nicht dabei, spezielle<br />
Datenbanken auszuwerten. Oder<br />
um es anders auszudrücken: Wir<br />
sind nicht der Angler, der am Ufer<br />
darauf wartet, dass ein Fisch vorbeischwimmt<br />
und anbeißt. Wir<br />
fahren direkt in die Fischgründe<br />
und werfen große Netze aus. Wir<br />
suchen stets mehrere Interessenten,<br />
die das definierte Suchprofil<br />
besonders gut erfüllen. Auf der<br />
Käuferseite beraten wir mittelständische<br />
Kunden, große Konzerne<br />
und Family Offices aus dem Inund<br />
Ausland. Unsere Kunden haben<br />
meist eine strategische Lücke<br />
identifiziert, die sie mit der Akquisition<br />
eines passenden Unternehmens<br />
schnell schließen möchten.<br />
Das kann zum Beispiel der Vorstoß<br />
in ein anderes Land oder in<br />
ein neues Aufgabengebiet sein.<br />
REGIOBUSINESS Was macht<br />
die Brisanz des Themas Unternehmensnachfolge<br />
aus?<br />
PATRICK STILLER Die demografische<br />
Entwicklung bedingt, dass<br />
wir drei Mal so viele Interessenten<br />
haben, die verkaufen wollen, wie<br />
potentielle Käufer. Zum anderen<br />
warten viele Unternehmer zu<br />
lange mit dem Verkauf. Wenn das<br />
Unternehmen nicht mehr wächst,<br />
verliert es an Wettbewerbsfähigkeit.<br />
Das verringert die Attraktivität<br />
für potentielle Käufer. In solchen<br />
Fällen helfen wir, das Unternehmen<br />
für den Verkauf fit zu machen.<br />
REGIOBUSINESS Wie stehen Sie<br />
zur Internet- Konkurrenz?<br />
PATRICK STILLER „Berater on<br />
demand“ mögen in manchen Fällen<br />
ihre Berechtigung haben. Eine<br />
echte Konkurrenz sind sie nicht.<br />
Denn in der Praxis geht es bei<br />
Transaktionen um sehr viel Geld.<br />
Aber nicht nur das. Bei Verkäufen<br />
geht es gleichzeitig um das Lebenswerk<br />
des Firmengründers. Da<br />
sind Emotionen im Spiel, die ein<br />
Vertrauensverhältnis bedingen.<br />
Meist ist das letzte Geschäft eines<br />
Unternehmers sein größtes. Es<br />
lohnt sich also, auf die Erfahrung<br />
von Spezialisten zu setzen.<br />
REGIOBUSINESS Was bietet Ihr<br />
Team, was Internetportale nicht<br />
können?<br />
PATRICK STILLER Jeder meiner<br />
Mitarbeiter verfügt beispielsweise<br />
über mehr als zehn Jahre Erfahrung<br />
in der M&A-Beratung. Zusammen<br />
haben wir bei annähernd<br />
100 Transaktionen mit einem Gesamtwert<br />
von über sieben Milliarden<br />
Euro beraten.<br />
Investment Banking made in Hohenlohe<br />
heißt für uns, dass wir<br />
für unsere Kunden die Extrameile<br />
gehen und uns an den ganz Großen<br />
messen, die ihre Büros in<br />
Frankfurt haben.<br />
Netzwerker: Dr. Patrick Stiller nutzt weltweite Kontakte.<br />
Über Stiller Advisors<br />
Patrick Stiller hat Betriebswirtschaftslehre, Englisch und<br />
Chinesisch an der Universität Passau studiert und über das<br />
Thema Desinvestitionen promoviert. Er arbeitete zehn Jahre lang<br />
in leitender Position bei der Voith-Gruppe. Seit drei Jahren berät<br />
er mit seinem Unternehmen „Stiller Advisors“ Unternehmer<br />
beim Kauf und Verkauf von Firmen. Sein Büro hat er in Crailsheim.<br />
Foto: Stiller<br />
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IT-TIPP<br />
Einblicke in die IT-Welt (2)<br />
Digitale Identitäten und Zertifikate<br />
Woher wissen Menschen und Maschinen eigentlich,<br />
mit wem Sie im Internet kommunizieren?<br />
Ein digitales Zertifikat ist eine unveränderbare<br />
„elektronische Identitätskarte“, vergleichbar<br />
mit einem elektronischen Personalausweis.<br />
Dieser ermöglicht es dem Benutzer/Besitzer<br />
durch eine digitale Signatur, sich online zu<br />
identifizieren. Zur Ausstellung mancher,<br />
besonders hoch klassifizierter Zertifikate, werden<br />
sogar richtige Identitätsprüfungen/Legitimationsprüfungen<br />
auf Basis von unter anderem<br />
Registereinträgen und Personalausweisen<br />
durchgeführt.<br />
Eine weitere Aufgabe digitaler Zertifikate ist<br />
es, auf deren Grundlage Daten zu verschlüsseln<br />
oder Dokumente zu signieren, das heißt<br />
elektronisch zu unterschreiben. Wenn verschlüsselte<br />
Informationen in die Hände ungebetener<br />
Dritter gelangen, können Sie nicht<br />
gelesen werden, da es sich nur noch um eine<br />
„bedeutungslose“ Text- und Zahlenreihe handelt.<br />
Nur wer im Besitz des richtigen Gegenstücks<br />
ist, einem sogenannten öffentlichen<br />
Schlüssel, kann den Text wieder entschlüsseln/<br />
„dechiffrieren“ und lesbar machen. Damit<br />
bleiben vertrauliche und persönliche Informationen<br />
im Internet geschützt.<br />
Wer stellt digitale Zertifikate aus?<br />
Besonders wichtige Zertifikate werden von<br />
einer öffentlichen Certificate Authority (CA)<br />
ausgestellt. Die CA prüft rechtlich verbindlich<br />
die Indentität und Legitimation des Zertifikateinhabers.<br />
Diese unterliegen den rechtlichen<br />
Rahmenbedingungen (in Europa: unter<br />
anderem eIDAS) und müssen sich an die Vorgaben<br />
des CA Browser-Forums halten. So<br />
kann sich der Empfänger von Nachrichten<br />
darauf verlassen, dass der Absender der ist, als<br />
den er sich im Netz ausgibt.<br />
„Einfache“ Zertifikate ohne Legitimation des<br />
Antragsstellers können auch über spezifische,<br />
firmeninterne Infrastrukturen selbst ausgestellt<br />
werden. Diese heißen PKI. PKI steht für<br />
Public Key Infrastructure. Ein Beispiel für intern<br />
benötigte Zertifikate ist zum Beispiel die SSLverschlüsselte<br />
Kommunikation zwischen zwei<br />
Rechnern in einem internen Netzwerk.<br />
Wo werden digitale Zertifikate überall eingesetzt?<br />
Digitale Zertifikate kommen in verschiedensten<br />
Bereichen vor, in denen digitale Kommunikation<br />
stattfindet:<br />
• Zur Absicherung der Kommunikation auf<br />
Webseiten. Wenn die URL/Internetadresse<br />
mit https:// statt mit http:// beginnt. In der<br />
Adresszeile des Browsers erscheint ein Vorhängeschloss.<br />
• Zur Signierung oder digitalen Unterschrift<br />
elektronischer Dokumente und Verträge<br />
• An Stromtankstellen für Elektroautos zur<br />
Sicherung der Kommunikation zwischen<br />
Fahrzeug und Ladeinfrastruktur<br />
essendi it ist ein IT-Beratungs- und Entwicklungsunternehmen<br />
und ist unter anderem im<br />
Bereich IT-Security aktiv.<br />
essendi it GmbH<br />
Dolanallee 19<br />
74523 Schwäbisch Hall<br />
Tel.: 07 91-94 30 70-12<br />
Internet: www.essendi.de<br />
Im Gespräch: (v. li.) Heribert Lohr, Leiter Verlagsprodukte bei der SÜDWEST PRESSE Hohenlohe, Sparkassen-Vorstand<br />
Klaus Ehrmann, die Unternehmer Dr. Nicolas Maggiarosa, Ralph Buckenmaier, Hanspeter<br />
und Michael Hackner und IHK-Berater Jürgen Becker.<br />
Foto: Kerstin Dorn<br />
Wer will meine Firma?<br />
Jedes Jahr suchen 180 Unternehmer im Landkreis Schwäbisch Hall einen<br />
geeigneten Nachfolger. Tendenz steigend. VON KERSTIN DORN<br />
Die IHK Heilbronn-Franken,<br />
die Sparkasse<br />
Schwäbisch Hall-Crailsheim<br />
und das Wirtschaftsmagazin<br />
REGIOBUSINESS machten<br />
Mitte Oktober ein Thema zum<br />
Gegenstand einer Podiumsdiskussion,<br />
das zunehmend an Brisanz<br />
gewinnen wird. Die IHK<br />
Heilbronn-Franken rechnet in<br />
ihrem Einzugsgebiet mit 900<br />
Betrieben pro Jahr, die bis<br />
2023 an einen Nachfolger übergeben<br />
werden müssen. In der<br />
darauffolgenden Dekade bis<br />
2033 werden es sogar 1300 Unternehmensnachfolgen<br />
sein,<br />
die jährlich geregelt werden<br />
müssen. Für den Landkreis<br />
Schwäbisch Hall sagen die IHK-<br />
Berechnungen bis 2023 180<br />
Unternehmensübergaben voraus,<br />
deren Zahl bis 2033 sogar<br />
auf 270 steigen wird.<br />
Was viele verkennen ist die<br />
lange Dauer, die eine ordnungsgemäße<br />
und saubere Übergabe<br />
aller Erfahrung nach braucht.<br />
Fünf bis zehn Jahre könne dieser<br />
Prozess dauern, ganz unabhängig<br />
davon, ob ein kleineres<br />
oder größeres Unternehmen<br />
übergeben werden soll. Das sei<br />
auch vielen Unternehmern<br />
nicht bewusst, für die eine Übergabe<br />
zudem eine nicht zu unterschätzende<br />
emotionale Entscheidung<br />
darstellt.<br />
Jürgen Becker begleitet und<br />
moderiert den Prozess der Unternehmensübergabe<br />
im Auftrag<br />
der IHK seit 15 Jahren kostenfrei<br />
für Kammermitglieder.<br />
Gesprächspartner auf der Podiumsbühne<br />
waren darüber hinaus<br />
Bankvorstand Klaus Ehrmann<br />
und Hanspeter und Michael<br />
Hackner (CDS Hackner)<br />
sowie Ralph Buckenmaier (TC<br />
Buckenmaier), die über eine<br />
gelungene Unternehmensnachfolge<br />
innerhalb der eigenen Familie<br />
berichten konnten. Die<br />
Seite einer Nachfolgeregelung<br />
von außen repräsentierte der<br />
Kölner Nicolas Maggiarosa. Der<br />
promovierte Chemiker ist als<br />
externer Interessent bei „HC<br />
Hessentaler Container“ eingestiegen.<br />
Diese Firma bietet ihm<br />
das Umfeld und die Voraussetzungen,<br />
um seine eigenen<br />
Ideen umzusetzen. Einig waren<br />
sich die Gäste auch über die<br />
Vorteile, die eine Betriebsübernahme<br />
gegenüber einer Neugründung<br />
bietet: Die Firma ist<br />
eingeführt, ein Kundenstamm<br />
vorhanden. „Man weiß, mit welchen<br />
Ergebnissen man rechnen<br />
kann“, bringt es Michael Hackner<br />
auf den Punkt.