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RegioBusiness - November 2018

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<strong>November</strong> <strong>2018</strong> I Jahrgang 17 I Nr. 197<br />

Blickpunkt 07<br />

Gesetzeslage deutlich verschärft<br />

Der Recyclinganteil für bestimmte Stoffe soll ab 2019 in zwei Stufen kräftig zulegen.<br />

VON MARIUS STEPHAN<br />

In Deutschland fallen jedes<br />

Jahr rund 18,2 Millionen Tonnen<br />

Müll an: Pro Einwohner<br />

liegt die Republik mit 220,5 Kilogramm<br />

damit über dem Durchschnitt<br />

der Europäischen Union<br />

von rund 167 Kilogramm, dies belegen<br />

Zahlen des Umweltbundesamtes.<br />

Rund 47 Prozent des Mülls<br />

entfallen auf Privathaushalte. Die<br />

Gründe für den hohen Verpackungsmittelverbrauch<br />

seien vielfältig,<br />

dokumentiert das Amt in seiner<br />

Studie: „Ein Beispiel sind zusätzliche<br />

Funktionen der Verpackungen<br />

wie Dosierhilfen oder<br />

aufwendige Verschlüsse. Diese benötigen<br />

mehr Material und machen<br />

das Recycling schwieriger.<br />

Zudem setzt sich der Trend fort<br />

hin zu kleineren Portionen anstatt<br />

Großverpackungen, zu Versandhandel<br />

anstatt Vor-Ort-Kauf und<br />

zu Außer-Haus-Verzehr“, heißt es<br />

in dem Papier. Die Politik hat eine<br />

Gesetzesänderung auf den Weg gebracht,<br />

die ab Januar 2019 in ihrer<br />

ersten Stufe greift.<br />

ÄNDERUNGEN Das neue Verpackungsgesetz<br />

sieht eine Kontrollstelle<br />

vor und soll auch die Recyclingquoten<br />

erhöhen, denn<br />

neue Zahlen belegen, wie stark<br />

die Verpackungsmüllberge in<br />

Deutschland wachsen.<br />

Unternehmen müssen ab diesem<br />

Zeitpunkt, die von ihnen in den<br />

»Zusätzliche<br />

Funktionen benötigen<br />

mehr Material<br />

und machen<br />

das Recycling<br />

schwieriger.«<br />

Umlauf gebrachten Verpackungen,<br />

stärker an ökologischen<br />

Aspekten ausrichten: Je umweltfreundlicher<br />

die Verpackungen<br />

sind, desto günstiger soll die Entsorgungsgebühr<br />

sein. Zudem gilt<br />

die Beteiligungspflicht an den Entsorgungssystemen<br />

und -kosten<br />

wie auch schon auf Grundlage der<br />

heutigen Verpackungsverordnung<br />

künftig für alle Verpackungen, die<br />

bei Endverbrauchern anfallen.<br />

Ausnahmen für bestimmte Umverpackungen<br />

– heute zum Beispiel<br />

Transportverpackungen – entfallen.<br />

Wer Verpackungen auf den<br />

Markt bringt, muss sich in einem<br />

neuen Verpackungsregister namens<br />

„LUCID“ registrieren und<br />

erst dann einen Vertrag mit einem<br />

Entsorger abschließen. Dieses Verpackungsregister<br />

stellt eine zentrale<br />

Stelle dar, die es bis jetzt<br />

nicht gibt. Zudem soll „LUCID“ ab<br />

2019 öffentlich einsehbar und damit<br />

transparent sein.<br />

Steigerung: Die Recycling-<br />

Quote von Kunststoff soll bis<br />

2022 um 27 Prozent erhöht<br />

werden.<br />

Foto: NPG-Archiv<br />

ZIELE Das Verpackungsgesetz<br />

soll mit dem Verpackungsregister<br />

Fairness in die wettbewerbliche<br />

Verpackungsentsorgung legen.<br />

Mit der im Gesetz auch verankerten<br />

Erhöhung der Recyclingquoten<br />

soll ein Anreiz geschaffen werden,<br />

mehr Verpackungen auf den<br />

Markt zu bringen, die sich recyceln<br />

lassen. Oberstes Gebot ist jedoch<br />

die Steigerung der Recycling-Quoten:<br />

Damit gelten neue<br />

Anforderungen auch an das Recycling<br />

in privaten Haushalten. Bereits<br />

die derzeitige Verpackungsverordnung<br />

stellt unterschiedliche<br />

Anforderungen an die einzelnen<br />

Verpackungsarten bei privaten<br />

Haushalten. Sie erfordert ein<br />

Recycling von 36 Prozent der Verpackungen<br />

aus Kunststoff, 60 Prozent<br />

für Aluminium und Verbunde,<br />

70 Prozent für Weißblech<br />

und Papier und für Glas bei 75<br />

Prozent.<br />

Diese Anforderungen sollen nun<br />

in zwei Stufen steigen, welche ab<br />

2019 beziehungsweise 2022 gelten.<br />

Für Kunststoffe soll anfänglich<br />

eine Quote von 58,5 Prozent<br />

erreicht werden, ab 2022 dann sogar<br />

63 Prozent. Für Glas, Eisen,<br />

Aluminium und Papier gilt eine 80<br />

Prozent-Quote, ab 2022 sind es<br />

90 Prozent. Auch Getränkekartons<br />

(zunächst 75 Prozent, dann<br />

80 Prozent) und sonstige Verbundverpackungen<br />

(zunächst 55<br />

Prozent, dann 70 Prozent) nimmt<br />

das Gesetz ins Visier. Zudem legt<br />

sie fest, dass jedes Jahr mindestens<br />

65 Prozent der gesamten Verpackungsabfälle<br />

verwertet werden<br />

sollen, mindestens 55 Prozent<br />

stofflich. Das heißt, sie werden<br />

wiederverwertet, also recycelt,<br />

nicht verbrannt.<br />

Von Panik in der Branche keine Spur<br />

Regionale Kunststoffverarbeiter blicken dem Verpackungsgesetz entspannt entgegen – wiederverwertbares Material setzen sie bereits ein.<br />

VON FRANK LUTZ<br />

Ein Meilenstein für den Umweltschutz<br />

soll es werden – das<br />

neue Verpackungsgesetz, das am<br />

1. Januar 2019 in Kraft tritt und<br />

das deutlich höhere Recycling-<br />

Quoten unter anderem bei Kunststoffverpackungen<br />

als bisher vorsieht.<br />

Das neue Gesetz könnte für<br />

die Wirtschaft weitreichende Konsequenzen<br />

haben – besonders für<br />

die kunststoffverarbeitenden Firmen,<br />

die auch in der Region stark<br />

vertreten sind. Welche Auswirkungen<br />

auf ihre Produktion und ganz<br />

allgemein ihr Geschäft erwarten<br />

diese Unternehmen? Sehen sie der<br />

bevorstehenden Gesetzesänderung<br />

mit Sorge entgegen?<br />

Eine Umfrage unter regionalen<br />

Kunststoffverarbeitern zeigt eher<br />

das Gegenteil: Die Unternehmen<br />

geben an, dass das Gesetz nur vorschreibe,<br />

was sie sowieso seit Langem<br />

täten: Sie würden soweit wie<br />

möglich auf wiederverwertbares<br />

Material setzen und hätten schon<br />

zum jetzigen Zeitpunkt eine hohe<br />

Recycling-Quote. Die Gesetzesänderung<br />

bereite ihnen also keine<br />

schlaflosen Nächte.<br />

MONOFOLIEN Gar keine Auswirkungen<br />

durch das neue Gesetz<br />

werden etwa bei August Benker erwartet:<br />

„Unsere Reststoffe werden<br />

zu 100 Prozent recycelt. Da wir<br />

aus 100 Prozent Monofolien arbeiten,<br />

ist ein Recycling auch der eingesetzten<br />

Produkte möglich“,<br />

heißt es beim Dietenhofener<br />

Kunststoffspezialisten, dessen Produkte<br />

in sehr unterschiedlichen<br />

Branchen – vom Spielzeug bis<br />

zum Elektrogerät – zum Einsatz<br />

kommen. Mono-Kunststoffe könnten<br />

einfacher recycelt werden als<br />

Stoffmischungen und sollten daher<br />

soweit wie möglich eingesetzt<br />

werden. Generell sei Kunststoff<br />

ein wunderbarer Stoff, der durch<br />

seine vielseitigen Einsatzmöglichkeiten<br />

das moderne Leben mit<br />

dem vorhandenen Luxus und Standard<br />

erst ermögliche. „Allerdings<br />

müssen wir dafür sorgen, dass<br />

Kunststoff nur da hinkommt, wo<br />

er auch hingehört – er ist ein wertvoller<br />

Rohstoff und sollte nicht im<br />

Müll landen“, heißt es aus dem<br />

Unternehmen.<br />

GRENZÜBERGREIFEND Das<br />

Problem wachsender Müllberge<br />

könne nur global gelöst werden.<br />

Dass China, das zuvor 56 Prozent<br />

des weltweiten Kunststoffabfalls<br />

importiert hatte, seit diesem Jahr<br />

nur noch hochwertigen Kunststoffmüll<br />

entgegennimmt, spiele in diesem<br />

Zusammenhang noch keine<br />

große Rolle: „Grundsätzlich ist<br />

seitdem auf dem deutschen Markt<br />

recyceltes Material überhaupt wieder<br />

verfügbar.“<br />

Ralf Bouffleur, Generalbevollmächtigter<br />

der Rommelag-Unternehmensgruppe,<br />

sieht ebenfalls<br />

vorerst keine Auswirkungen des<br />

Zukunftsweisend: Mit einer eigenen Recycling-Anlage bereitet Rommelag überschüssigen Kunststoff aus<br />

dem Produktionsprozess wieder auf.<br />

Foto: Rommelag<br />

»Kunststoff ist ein<br />

wertvoller Rohstoff<br />

und sollte nicht im<br />

Müll landen.«<br />

neuen Verpackungsgesetzes auf<br />

das eigene Geschäft: „Wir legen<br />

seit jeher Wert auf einen verantwortungsvollen<br />

Umgang mit unseren<br />

Produkten. Wir betreiben beispielsweise<br />

eine eigene Recyclinganlage,<br />

um überschüssigen Kunststoff<br />

aus dem Produktionsprozess<br />

wieder aufzubereiten.“ Ähnlich<br />

wie August Benker achte auch der<br />

Hersteller von Abfüllanlagen und<br />

Verpackungslösungen, zu dem Kocher-Plastik<br />

Maschinenbau in<br />

Sulzbach-Laufen gehört, auf die<br />

Wiederverwertbarkeit seiner Produkte.<br />

So biete Rommelag dem<br />

Kunden unter anderem kompostierbare<br />

Folien.<br />

Bouffleur ist ebenfalls überzeugt,<br />

dass Kunststoff ein idealer Werkstoff<br />

für viele Anwendungen sei:<br />

„Auf dieser Basis kann man zum<br />

Beispiel Arzneimittel günstig und<br />

dennoch sicher verpacken oder<br />

Lebensmittel so versiegeln, dass<br />

sie lange frisch bleiben.“ Wichtig<br />

sei nur zweierlei: Die Verbraucher<br />

müssten verantwortungsvoll<br />

mit Rohstoffen aller Art umgehen<br />

und es müssten sinnvolle Sammelsysteme<br />

auch für Rest-Kunststoff<br />

etabliert werden.<br />

Auch Wirthwein sieht sich von der<br />

Neuerung nur indirekt betroffen,<br />

da der Creglinger Kunststoffspezialist<br />

Verpackungen in der Regel<br />

produktbezogen zusammen mit<br />

dem Kunden entwickele. Dabei<br />

werde schon seit mindestens fünf<br />

Jahren darauf geachtet, möglichst<br />

viel wiederverwertbare Verpackung<br />

zu verwenden. „Dazu gibt<br />

es allgemein interne Regelungen<br />

beziehungsweise externe Vorschriften<br />

wie zum Beispiel individuelle<br />

Verpackungsvorschriften<br />

vom Kunden“, berichtet Robert Sawicki,<br />

der das Qualitätsmanagement<br />

leitet.<br />

SPEZIALISIERUNG Er fügt<br />

hinzu: „Zudem wird das Thema<br />

immer weiter professionalisiert,<br />

indem spezialisierte Abteilungen<br />

– zum Beispiel Verpackungsplanung<br />

in einer Logistik- beziehungsweise<br />

Qualitätsabteilung –<br />

die Aufgabenstellungen in Bezug<br />

auf Wiederverwendbarkeit und<br />

Produkterhaltung in der individuellen<br />

Verpackung vereinen.“ Beispiele<br />

dafür seien Gitterboxen, stapelbare<br />

Lösungen sowie zusammenklappbares<br />

und wiederverwendbares<br />

Leergut.<br />

www.benker-packaging.de<br />

www.rommelag.com<br />

www.wirthwein.de

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