Berliner Kurier 22.11.2018
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BERLINER KURIER, Donnerstag, 22. November 2018<br />
„Du kannst nichts gegen<br />
Dummheit machen, aber du<br />
kannst sie abwählen“ –Plakat<br />
einer „March ForOur Lives“-<br />
Aktivistin.<br />
Kämpferische<br />
Angela Merkel<br />
Bundestag: Kanzlerin zeigt Emotionen für den Migrationspakt<br />
Bundeskanzlerin Angela<br />
Merkel (CDU) bei der<br />
Generalaussprache im<br />
Bundestag zum<br />
Bundeshaushalt 2019.<br />
Foto: Andreas Stein/dpa<br />
NACHRICHTEN<br />
Fünf Jahre Maidan<br />
Kiew –Inder Ukraine wurde<br />
des Beginns der prowestlichen<br />
Proteste vor fünf Jahren<br />
gedacht und an die Opfer<br />
erinnert. Die Proteste auf<br />
dem Maidan im Herzen Kiews<br />
gegen eine Annäherung<br />
an Russland hatten am<br />
21. November 2013 begonnen.<br />
Bis heute tobt ein Bürgerkrieg.<br />
Merzwill Asyldebatte<br />
Seebach –Friedrich Merz,<br />
Bewerber um den CDU-Vorsitz,<br />
hat eine Debatte über<br />
das deutsche Asylrecht gefordert.<br />
Deutschland sei das<br />
einzige Land auf der Welt, in<br />
dem es Individualrecht auf<br />
Asyl gebe, sagte er. Man müsse<br />
darüber reden, ob dieses<br />
Recht so fortbestehen könne.<br />
Abschiebung war rechtens<br />
Trocken kommentierte sie:<br />
„Das Schöne an freiheitlichen<br />
Debatten ist, dass jeder über<br />
das spricht,was er fürdas Land<br />
fürwichtighält.“Helle Freude<br />
und laute Lacher, außer bei der<br />
AfD.<br />
SPD-Chefin Andrea Nahles<br />
verkniff sich Bemerkungen<br />
über den Migrationspakt oder<br />
Parteispenden. Sie gab sich betont<br />
staatstragend, lobte den<br />
neuen Haushaltsentwurf der<br />
GroKo, der den Bürgern mehr<br />
Sicherheit im Sozialen und auf<br />
den Straßen bringe. Für die<br />
„Abteilung Attacke“fehlt Nahles<br />
momentan wohl angesichts<br />
der Probleme der SPD die<br />
Kraft. Ihr Vorschlag, bei Hartz<br />
IV aufSanktionenzuverzichten<br />
und die Sache „hinter sich<br />
zu lassen“, stößt auch in den<br />
eigenen Reihen auf Widerstand.<br />
Zuletzt stellten sich Sigmar<br />
Gabriel und Niedersachsen-Premier<br />
Stephan Weil offen<br />
gegensie.<br />
Völlig unbelastet gingen<br />
hingegen Christian Lindner<br />
(FDP), Sahra Wagenknecht<br />
(Linke) oder Anton Hofreiter<br />
(Grüne) mit der GroKo ins Gericht.<br />
Allgemeiner Tenor ihrer<br />
Kritik: Union und SPD beschäftigten<br />
sich zu sehr mit<br />
sich selbst und kümmerten<br />
sich zuwenig um die Menschen.<br />
US-Präsident<br />
Donald<br />
Trump<br />
(r.), Kronprinz<br />
bin<br />
Salman.<br />
Foto: Sean Gallup/Getty<br />
Berlin – Redeschlacht im<br />
Bundestag! Traditionell<br />
nutzt die Opposition die<br />
Haushaltsdebatte, um mit<br />
der Regierung abzurechnen.<br />
Diesmal bestimmten vor allem<br />
die Alpha-Frauen aus<br />
Regierung und Opposition<br />
das Wortgefecht – dabei<br />
schleppt jede von ihnen ganz<br />
eigeneProbleme mit sich herum.<br />
Es war die erste große Debatte<br />
nach der AnkündigungAngela<br />
Merkels, sich vom CDU-Vorsitz<br />
zurückzuziehen. Nicht<br />
ausgeschlossen, dass sie auch<br />
als Kanzlerin bald das Feld<br />
räumt. Wohl auch deshalb<br />
war es Merkel sichtlich<br />
wichtig, auf der großen<br />
Bühne noch einmal Gesicht<br />
zu zeigen. Beim Thema<br />
Migration, bei dem sie<br />
viel Kritik einstecken<br />
musste, wurde sie für ihre<br />
Verhältnisse richtig emotional.<br />
Der von vielen kritisierte<br />
UN-Migrationspakt<br />
sei der „richtige<br />
Antwortversuch“ auf<br />
globale Probleme, sagte<br />
die Kanzlerin mit entsprechendem<br />
Nachdruck.<br />
Die, die glauben, sie<br />
könnten alles alleine lösen,<br />
dächten in Wahrheit nur an<br />
sich, sagte Merkel. „Das ist Nationalismus<br />
in reinster Form.<br />
Das ist kein Patriotismus. Denn<br />
Patriotismusist, wenn man im<br />
deutschen Interesse auch andere<br />
mit einbezieht und Winwin-Situationen<br />
akzeptiert."<br />
Den Preis für die zornigste<br />
und zugleich egozentrischste<br />
Rede hätte AfD-Fraktionschefin<br />
Alice Weidel erhalten,gäbe<br />
es ihn denn. Nur kurz streifte<br />
sie die Regierungspolitik,<br />
sprach mit Blick auf den Dieselskandal<br />
von einem „Krieg<br />
gegen den Verbrennungsmotor“<br />
und feuerte die bekannten<br />
Salven gegen Zuwanderung ab.<br />
Dann widmete sie sich ausführlich<br />
dem Thema Parteispenden.<br />
Eine Angelegenheit, die ihr<br />
auf den Nägelnbrennt, seit die<br />
Staatsanwaltschaft Konstanz<br />
gegen sie wegen eines Verstoßes<br />
gegen das Parteiengesetz<br />
ermittelt. „Ja, wir habenFehler<br />
gemacht“, gab sie zu.Umdann<br />
minutenlang gegen das Finanzgebaren<br />
der anderen Parteien<br />
zu wettern: die Bargeld-<br />
Koffer in der CDU-Spendenaffäre,<br />
die Zuwendungen an die<br />
SPD aus der Rüstungsindustrie<br />
und deren „unüberschaubares<br />
Geflecht“ an Medienbeteiligungen.<br />
Nach Weidels Rede trat<br />
MerkelwiederansRednerpult.<br />
Foto: Screenshot/Youtube<br />
Gelsenkirchen –Islamist Sami<br />
A. wurde Mitte Juli nach<br />
Tunesien abgeschoben –<br />
trotz eines gerichtlichen Verbots.<br />
Monate später sicherte<br />
das Land zu, dass ihm keine<br />
Folter droht. Dies reichte<br />
dem Gericht für eine Neubewertung<br />
der Lage: die Abschiebung<br />
war rechtens.<br />
Defizitverfahren droht<br />
Brüssel –Die EU-Kommission<br />
bleibt im Haushaltsstreit<br />
mit Italien hart. Die Regierung<br />
in Rom verstoße mit<br />
ihrem Haushaltsentwurf für<br />
2019 gegen Regeln der Euro-<br />
Zone, so Kommissionsvizepräsident<br />
Valdis Dombrovskis.<br />
Ein offizielles Defizitverfahren<br />
gegen Rom droht.<br />
Polen: Richter zurück<br />
Warschau –Polen beugt<br />
sichdem Druckder EU und<br />
gestattet zwangspensionierten<br />
Richtern dieRückkehr<br />
ans Oberste Gericht.Die Regierungspartei<br />
PiS legtedem<br />
Parlament einen entsprechendenGesetzesentwurf<br />
vor.Seit drei Jahren streiten<br />
sichPolen und EU um die<br />
Justiz.