SPORTaktiv Winterguide 2018
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gleich ist für den Tourismusforscher klar,<br />
dass das Skifahren im Wintertourismus<br />
durch keine Alternativen ersetzt werden<br />
kann: „Was die Sonne für den Sommer<br />
ist, ist das Skifahren für den Winter“,<br />
sagt Zellmann.<br />
Man müsse aber zunächst zwei Dinge<br />
auseinanderhalten: Den Skiurlaub<br />
und den Alltagsskilauf. Zum Vorwurf<br />
„zu teuren“ Skifahrens hat Zellmanns<br />
Institut für Freizeit- und Tourismusforschung<br />
Vergleiche mit den 1980er-Jahren<br />
angestellt. Ein Skiurlaub kostete<br />
damals, die Teuerungsrate mit eingerechnet,<br />
in etwa gleich viel wie heute.<br />
Zwar seien Liftkarten und Skipässe tatsächlich<br />
etwas teurer geworden (erklärbar<br />
durch den gestiegenen Komfort und<br />
Aufwand), die Ausrüstung dafür aber<br />
wesentlich günstiger. „Der Skiurlaub<br />
war immer ein Angebot fürs obere Drittel<br />
bis obere Viertel der Bevölkerung“,<br />
hält Zellmann fest.<br />
Ost-West-Gefälle<br />
Was sich geändert hat, ist der Alltagsskilauf.<br />
Hier hat sich das frühere Verhältnis<br />
von 60 Prozent Skifahrern zu<br />
40 Prozent Nichtskifahrern umgedreht.<br />
Aber eben nicht vorrangig aufgrund der<br />
Kosten. „Der Preis ist eher eine willkommene<br />
Ausrede. Der wesentliche Faktor<br />
ist, dass die Kinder in Ostösterreich<br />
nicht mehr Skifahren lernen“. Ausgehend<br />
vom Ende der Skikurspflicht, sei<br />
Stück für Stück die „emotionale Nähe“<br />
zum Skifahren verloren gegangen, ist<br />
Zellmann überzeugt.<br />
Dass es ein deutliches Ost-West-Gefälle<br />
gibt, lässt sich gut belegen: „Im Westen<br />
mit den Skigebieten vor der Haustür<br />
gehört es nach wie vor dazu. Der Ausstieg<br />
passiert im Osten.“ Vor allem rund<br />
um die Ballungszentren Wien, Graz und<br />
Linz, wo in den urbanen Großregionen<br />
vier Millionen Menschen leben, sieht<br />
Zellmann ein Fortschreiten dieser Entwicklung<br />
mit Sorge.<br />
Noch merke man in den Tourismusbilanzen<br />
den schleichenden Abschied der<br />
Ostösterreicher vom Skifahren nicht,<br />
weil Ausfälle von neuen Gästegruppen<br />
kompensiert würden. Aber wenn nicht<br />
gegengesteuert werde, dann würde man<br />
es bald merken. Nur zur Veranschaulichung:<br />
Die Hälfte der Nächtigungen im<br />
heimischen Tourismus wird im Winter<br />
„EIN SKIURLAUB<br />
KOSTETE IN<br />
DEN 1980ER-<br />
JAHREN ZIEMLICH<br />
GENAUSO VIEL<br />
WIE HEUTE. “<br />
getätigt und Winterurlaub ist unverändert<br />
vor allem Skitourismus. Daran<br />
werde sich auch in absehbarer Zukunft<br />
von10, 20 Jahren nichts ändern.<br />
Der „emotionale“ Ausstieg<br />
Was ist mit dem (gefühlten) Schneemangel<br />
aufgrund der Klimaveränderung?<br />
Welchen Einfluss hat dieser auf<br />
Gegenwart und Zukunft des Skifahrens?<br />
Auch das hält Zellmann eher für ein<br />
willkommenes Argument jener, denen<br />
Skifahren nicht mehr so wichtig ist,<br />
aber nicht für einen wahren Hinderungsgrund.<br />
Der Rückblick zeigt, dass<br />
auch vor 30 Jahren grüne Täler in den<br />
Semesterferien keine Seltenheit waren.<br />
Und Talabfahrten nicht selten per Gondel<br />
bestritten wurden, als es noch keine<br />
flächendeckende Beschneiung gab.<br />
„Entscheidend ist, ob es ab der Mittelstation<br />
weiß ist. Mit der Möglichkeit,<br />
ab null Grad zu beschneien, stehen uns<br />
noch Jahrzehnte des Skifahrens bevor“,<br />
sagt Zellmann. Im Vergleich zu anderen<br />
Umweltsünden wäre der „technisch<br />
erzeugte Naturschnee“ auch für ökologisch<br />
denkende und handelnde Menschen<br />
vernachlässigbar.<br />
<strong>SPORTaktiv</strong><br />
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