... der Steirer land ... Ausgabe 04 2018
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DIE GROßEN STEIRISCHEN<br />
Schließlich kam ein hübscher Graf in das Reich, <strong>der</strong><br />
nicht nur über alle Maßen wohlhabend war, son<strong>der</strong>n<br />
obendrein ein sehr anständiger junger Mann<br />
zu sein schien. Obwohl er we<strong>der</strong> seine Gefolgsleu-<br />
GESCHICHTEN-<br />
SAMMLER<br />
Zu je<strong>der</strong> Zeit gab es Menschen, die den Wert des Erzählgutes ihrer Mitmenschen<br />
erkannten, es aufzeichneten und so für die Nachwelt erhielten. Gemeinsam mit<br />
Peter Stelzl wollen wir Ihnen diese Sammler und Chronisten näherbringen<br />
und auszugsweise ihre Geschichten präsentieren.<br />
Romuald Pramberger (1877-1967)<br />
Pater Romuald Pramberger, in Pöchlarn geboren<br />
und in Mautern gestorben, war einer <strong>der</strong> profiliertesten<br />
Volkskundler. Er studierte Theologie,<br />
Rechtswissenschaften und Philosophie an den<br />
Universitäten Wien, Innsbruck und Rom und trat<br />
1899 in den Orden <strong>der</strong> Benediktiner ein. Ab 1903<br />
war er im Stift St. Lambrecht tätig, 19<strong>04</strong> wurde er<br />
zum Priester geweiht. Neben seiner wissenschaftlichen<br />
Arbeit vor Ort bestand sein Hauptwerk in<br />
<strong>der</strong> Sammlung von Sagen und Märchen aus <strong>der</strong><br />
Steiermark. Eine Auswahl davon ist im Buch „Märchen<br />
aus <strong>der</strong> Steiermark“ erstmals veröffentlicht<br />
worden. Pramberger war mit Viktor von Geramb<br />
befreundet, <strong>der</strong> ihn liebevoll als den „Steirischen<br />
Grimm“ bezeichnete. Im Universalmuseum Joanneum<br />
sind seine unzähligen und umfangreichen<br />
volkskundlichen Arbeiten fachgerecht aufbewahrt.<br />
DER WEIßE HIRSCH<br />
Es war einmal ein König, <strong>der</strong> eine Tochter im heiratsfähigen<br />
Alter hatte. Doch trotz seines Drängens<br />
konnte sich das schöne Kind für keinen <strong>der</strong><br />
Prinzen, die zahlreich um ihre Gunst warben, entscheiden.<br />
Schließlich wurde <strong>der</strong> König ungeduldig<br />
und fragte seine Tochter: „Jetzt waren schon so<br />
viele stattliche Herren mit größeren und kleineren<br />
Besitztümern bei uns, die dich nur allzu gerne zur<br />
Frau genommen hätten. Du aber hast allen deine<br />
Hand verweigert. Auf welchen beson<strong>der</strong>en Mann<br />
wartest du nur?“ Die Prinzessin antwortete: „Ach<br />
Vater, <strong>der</strong> Mann, dem ich meine Liebe schenke,<br />
braucht keinen Reichtum. Was er braucht, ist ein<br />
Herz, denn dieses ist viel mehr wert als das prunkvollste<br />
Königreich.“ Stolz auf die Weisheit seines<br />
Kindes, beschloss <strong>der</strong> König den Dingen ihren<br />
Lauf zu lassen und auf das Gespür seiner Tochter<br />
zu vertrauen.<br />
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