... der Steirer land ... Ausgabe 04 2018
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Mag. Helmut Kirchengast<br />
Ombudsmann <strong>der</strong> steirischen Katholischen Kirche<br />
nigskind zur Welt. Da sollten<br />
wir wenigstens ein ordentliches,<br />
würdiges Wiegenbett<br />
für das Baby besorgen. Ich<br />
mach mich auf den Weg zum<br />
Palast des Königs Herodes. Dort gibt es doch in<br />
<strong>der</strong> Abstellkammer dieses goldene Wiegenbett mit<br />
Daunenbettwäsche und wun<strong>der</strong>schönen seidenen<br />
Überzügen.“ Der Engel Gabriel erhob Einspruch:<br />
„Es ehrt dich, dass du dem Gotteskind etwas<br />
Schönes gönnen möchtest, aber ich habe strikte<br />
Or<strong>der</strong> vom Chef – so einfach wie möglich.“<br />
Enttäuscht überlegten die Engel weiter. Da sagte<br />
einer: „Wir könnten doch ins Haus des Tuchhändlers<br />
Jakob gehen. Der hat ein einfaches, aber<br />
schönes hölzernes Wiegenbett, die Überzüge aus<br />
schlichtem Linnen und gefüllt mit Stroh.“ Auch<br />
damit erklärte sich <strong>der</strong> Engel Gabriel nicht einverstanden.<br />
Nachdenklich ließ er seinen Blick durch<br />
den Stall schweifen, bis er hinten in <strong>der</strong> Ecke die<br />
Futterkrippe sah. Mit zielstrebigen Schritten ging<br />
er auf sie zu, nahm einen Teil des Heus heraus und<br />
legte es für Ochs und Esel auf den Boden, ergriff<br />
diese mit kräftigen Armen und trug sie in die Mitte<br />
des Stalles. Er stellte sie neben das Strohlager,<br />
das für die Muttergottes bereitet war. „Ja, das ist<br />
das Richtige. Das wird dem Chef gefallen“, sagte<br />
er sich. Die an<strong>der</strong>en Engel murrten: „Der König <strong>der</strong><br />
Welt soll in einer einfachen Futterkrippe liegen?<br />
Was soll denn das? Ein Königskind gehört in eine<br />
königliche Wiege. Das ist doch unwürdig.“ „Nein,<br />
im Gegenteil! Das ist genau <strong>der</strong> rechte Ort. Es ist<br />
Weisung von ganz oben. Niemand soll sich schämen<br />
müssen, wenn er zu diesem Kind kommt.<br />
Niemand soll glauben, er sei unwürdig zum Kind<br />
zu gehen, weil er zu arm ist, zu wenig intelligent,<br />
zu wenig angesehen, zu wenig wichtig. Zu diesem<br />
Königskind sollen alle kommen können, unabhängig<br />
von Stand und Ansehen. Vor allem aber die,<br />
die sonst nirgendwo willkommen sind, mit denen<br />
niemand etwas zu tun haben will.“<br />
„Deshalb liegt <strong>der</strong> ‚König <strong>der</strong> Welt‘ in einer einfachen<br />
Futterkrippe“, sagte ich zu meiner Tochter.<br />
„Damit sich je<strong>der</strong> von uns zu ihm hintraut, von<br />
den edel gekleideten drei Königen bis zu den Hirten<br />
und den einfachen Leuten. Wir alle, so wie wir<br />
sind, sind herzlich willkommen. Denn in den Augen<br />
Gottes sind wir alle Könige.“<br />
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