Berliner Zeitung 18.12.2018
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12 * <strong>Berliner</strong> <strong>Zeitung</strong> · N ummer 295 · D ienstag, 18. Dezember 2018<br />
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Berlin<br />
Neue Straße<br />
für Jazzmeile<br />
gesucht<br />
Bergmannstraßenfest soll<br />
an anderem Ort stattfinden<br />
VonStefan Strauß<br />
Die Veranstalter haben soeben<br />
das Aus verkündet,<br />
doch jetzt gibt es neue<br />
Hoffnung für das traditionelle<br />
Musikfest in der Bergmannstraße<br />
in Kreuzberg. „Wir wollen,<br />
dass das Bergmannstraßenfest auch<br />
im kommenden Jahr in Kreuzberg<br />
stattfindet“, sagt der Baustadtrat von<br />
Friedrichshain-Kreuzberg, Florian<br />
Schmidt (Grüne). Es wird einen<br />
neuen Ort geben, denn in der Bergmannstraße<br />
gibt es nicht mehr genügend<br />
Platz für Bühnen und<br />
Stände.<br />
Wie kürzlich berichtet, haben<br />
sich die Mitglieder desVereins Kiez &<br />
Kultur entschieden, das Fest nicht<br />
weiter zu organisieren. 15 Jahre hat<br />
der Verein das Bergmannstraßenfest<br />
durchgeführt, nun wirdsich der Verein<br />
zum Jahresende auflösen. „Unsereermatteten<br />
Häupter werden erst<br />
mal ruhen“, sagt Olaf Dähmlowvom<br />
Verein. EinGrund für diese Entscheidung<br />
sei, so Dähmlow, die neue Begegnungszone<br />
auf der Bergmannstraße.<br />
Infrüheren Parkbuchten an<br />
der Bergmannstraße gibt es jetzt<br />
Sitzecken aus Holz mit Tischen,<br />
Stühlen und Bänken für Passanten.<br />
Das Bergmannstraßenfest gibt es<br />
seit 1994, es gehört zu den anspruchsvollsten<br />
Straßenfesten der<br />
Stadt. Etwa 50 Bands unterschiedlicher<br />
Stile treten an den drei Tagen im<br />
Juni auf, sie spielen Jazz, Swing und<br />
Reggae. Auch Theatergruppen führen<br />
Stücke auf. Doch das Fest wird<br />
bisher nicht staatlich gefördert, die<br />
Organisatoren haben es größtenteils<br />
über die Vermietung von Ständen finanziert.<br />
„Doch dort, wo sonst<br />
Stände waren, steht jetzt die Begegnungszone“,<br />
sagt Dähmlow.<br />
Ohne Bumsmusik: Beim Bergmannstraßenfest<br />
spielen viele Jazzmusiker. IMAGO<br />
Dasverkündete Ende wollen aber<br />
nicht alle ehemaligen Vereinsmitglieder<br />
von Kiez &Kultur akzeptieren.<br />
So haben sich Ingrid und Toge<br />
Schenck entschlossen, einen neuen<br />
Verein zu gründen und das Bergmannstraßenfest<br />
zu retten. „Es soll<br />
weitergehen“, sagt Toge Schenck.<br />
Der 70-jährige Kreuzberger hat sich<br />
für das Bergmannstraßenfest bisher<br />
um die behördlichen Genehmigungen<br />
aus der Bezirksverwaltung gekümmert.<br />
Er sagt, der Bezirk habe<br />
ihn kürzlich gebeten, das Fest weiterzuführen.<br />
Das wolle er nun gemeinsam<br />
mit seiner Frau probieren.<br />
„Wir können es schaffen.“ In den<br />
vergangenen Jahren hätten die Veranstalter<br />
im Februar mit den Vorbereitungen<br />
des Festes begonnen,<br />
dann sei das Organisationsbüro geöffnet<br />
worden.<br />
Fest steht: Am bisherigen Ort in<br />
der Bergmannstraße gibt es künftig<br />
kein Straßenfest dieser Art mehr.<br />
Also suchen Schenck und das Bezirksamt<br />
eine geeignete Straße in der<br />
Nachbarschaft für das Open-Air-<br />
Festival. Eine Alternative wäre die<br />
Kreuzbergstraße, die eine Verlängerung<br />
der Bergmannstraße ist und am<br />
Viktoriapark entlangführt. Stadtrat<br />
Schmidt sagt, der Bezirk werde diesen<br />
Plan unterstützen, vor allem,<br />
wenn es um die nötigen Genehmigungen<br />
der Behörden gehe.<br />
Eine Frage des Signals<br />
Debatte um Verstaatlichung privater Wohnungsunternehmen geht weiter.SPD und Grüne bleiben skeptisch<br />
VonElmar Schütze<br />
Ist das ein Passus aus der DDR-Verfassung?<br />
„Grund und Boden (…)<br />
können zum Zwecke der Vergesellschaftung<br />
in Gemeineigentum oder<br />
in andere Formen der Gemeinwirtschaft<br />
überführt werden.“ Nein, es<br />
handelt sich um Artikel 15 des<br />
Grundgesetzes der Bundesrepublik<br />
Deutschland. Mitdiesem Artikel sollen<br />
jetzt nach dem Willen der Linkspartei<br />
Immobilienunternehmen mit<br />
3000 oder mehr Wohnungen vergesellschaftet<br />
werden. EinVolksbegehrensoll<br />
dazu ab AprilUnterschriften<br />
sammeln. In der Folge soll das Parlament<br />
dazu aufgefordert werden, ein<br />
entsprechendes Gesetz zu beschließen.<br />
Doch die Skepsis, obdies mit<br />
Hilfe vonArtikel 15 gelingen mag, ist<br />
selbst in der Regierungskoalition<br />
groß. Die Opposition aus CDU, AfD<br />
und FDP lehnt die Idee ohnehin ab.<br />
Ja,aber –solautet die Haltung der<br />
Koalitionspartner SPD und Grüne<br />
zum Vorstoß der Linken. Beide haben<br />
–wie die Linke –das Thema bezahlbares<br />
Wohnen längst als eine<br />
zentrale soziale Frage in einer Großstadt<br />
wie Berlin erkannt. Doch beide<br />
halten den Wegfür fragwürdig. Anders<br />
als Artikel 14 („Eigentum verpflichtet.<br />
Sein Gebrauch soll zugleich<br />
dem Allgemeinwohl dienen“),<br />
der die Enteignung etwa für den Bau<br />
von Autobahnen seit Jahrzehnten<br />
rechtssicher regelt, ist Artikel 15<br />
noch nie angewendet worden.<br />
Sozialismus pur<br />
Der angesehene Verfassungsrechtler<br />
Ulrich Battis hält Artikel 15 für Sozialismus<br />
pur. Der frühere Institutsdirektor<br />
an der Humboldt-Universität<br />
erinnert an die Entstehung des<br />
Grundgesetzes durch den Parlamentarischen<br />
Rat imJahr 1948. Im Jahr<br />
zuvor hatte selbst die CDU vor dem<br />
Hintergrund des zu Ende gegangenen<br />
Zweiten Weltkriegs in ihrem Ahlener<br />
Programm geschrieben, dass<br />
„Inhalt und Ziel dieser sozialen und<br />
wirtschaftlichen Neuordnung nicht<br />
mehr das kapitalistische Gewinnund<br />
Machtstreben, sondern nur das<br />
Wohlergehen unseres Volkes“ sein<br />
könne.SPD und KPD waren naturgemäß<br />
noch radikaler. „Das war der<br />
Zeitgeist“, sagt Battis.<br />
Auch heute noch hält Battis Artikel<br />
15 „für längst nicht erledigt“. Das<br />
Land habe in diesem Fall Gesetzgebungskompetenz.<br />
Schließlich habe<br />
sich der Bund bisher zurückgehalten.<br />
Das EU-Recht sei ausreichend<br />
flexibel („Unter Mitterrand wurden<br />
in Frankreich alle Banken verstaat-<br />
Schreibt die Parole an jede Wand.<br />
Anzeige<br />
Scharniere vom Schauspieler<br />
IMAGO<br />
licht“). Auch die Uno-Menschenrechtskonventionen,<br />
die das Eigentum<br />
formal schützen, seien keine<br />
Hürde. Battis kann nur nicht erkennen,<br />
wer Artikel 15 anwenden wolle,<br />
außer den Linken. Die Grünen als<br />
bürgerliche Partei schieden ebenso<br />
aus wie die Volkspartei SPD. „Ich<br />
kann mir nicht vorstellen, dass die<br />
SPD das mitmacht –wenn doch, sind<br />
sie bald bei sieben Prozent.“ Auch<br />
Berlin nähme aus seiner Sicht Schaden,<br />
beschlösse es ein solches Gesetz.<br />
Ausgerechnet die Hauptstadt:<br />
„Was wäredas für ein Signal?“<br />
Aufsieben Prozent hat die SPD sicherlich<br />
keine Lust. Dennoch sagt<br />
Daniel Buchholz, stadtentwicklungspolitischer<br />
Sprecher der Fraktion<br />
im Abgeordnetenhaus, ersehe<br />
die Initiative „durchaus mit großer<br />
Sympathie“. Er sei dafür, den Bestand<br />
der kommunalen Wohnungsbauunternehmen<br />
von derzeit<br />
300 000 Wohnungen möglichst<br />
schnell auf 400 000 zu erhöhen, um<br />
der Marktmacht der Privaten etwas<br />
entgegenzusetzen. Doch bei der<br />
Umsetzung mit Hilfe von Vergesellschaftung<br />
sei er überaus skeptisch.<br />
Dimension des Atomausstiegs<br />
Allein die Vorstellung, die Unternehmen<br />
nach Marktwert zuentschädigen,<br />
hält Buchholz für illusorisch.<br />
Die Initiatoren des Volksbegehrens<br />
„Deutsche Wohnen und Co enteignen“<br />
–die Deutsche Wohnen ist mit<br />
aktuell 115 000 Wohnungen der<br />
größte Immobilienkonzern in der<br />
Stadt –gehen von14Milliarden Euro<br />
aus. „Das ist ein irrer Betrag“, sagt<br />
Buchholz. Skeptiker halten selbst<br />
diesen für unrealistisch niedrig. Allerdings<br />
wären 14 Milliarden Euro in<br />
Zeiten der Schuldenbremse, selbst<br />
über diverse Haushalte verteilt,<br />
kaum stemmbar.<br />
Buchholz’ Kollegin Katrin<br />
Schmidberger von den Grünen hält<br />
die Initiative ebenfalls für hoch interessant.<br />
Auch sie wolle „langfristig<br />
einen gemeinwohlorientiertenWohnungsmarkt“.<br />
Siesei gegen Denkverbote,wenn<br />
es darum gehe,„börsennotierte<br />
Unternehmen im Streben<br />
nach maximalem Gewinn einzudämmen“.<br />
In Verhandlungen mit<br />
der Deutsche Wohnen habe sie gelernt:<br />
„Wir als Politik sind nicht auf<br />
Augenhöhe – aber da müssen wir<br />
hin.“ Dennoch gehe es auch darum,<br />
„keine falschen populistischen Versprechen<br />
zu geben“.<br />
Sicher ist: Keiner wird es sich<br />
leicht machen. „Wir reden von einer<br />
Entscheidung in der Dimension des<br />
Atomausstiegs“, sagt Schmidberger.<br />
Horst Günter Marx berichtet, wie er als politischer Gefangener in der DDR für Ikea arbeiten musste<br />
VonNorbertKoch-Klaucke<br />
Horst Günter Marx ist einer der<br />
gefragtestenTheater-und Filmschauspieler<br />
in Deutschland. Das<br />
Publikum kennt den 63-jährigen<br />
<strong>Berliner</strong> aus Krimi-Folgen wie „Tatort“<br />
und vor allem als Klinik-Chef<br />
aus der beliebten ARD-Serie „Inaller<br />
Freundschaft –Die jungen Ärzte“. Es<br />
ist weniger bekannt, dass Marx 18<br />
Monate im DDR-Gefängnis saß und<br />
dortfür das schwedische Möbelhaus<br />
Ikea Scharniere herstellen musste,<br />
wie er in einem Gespräch mit der<br />
<strong>Berliner</strong> <strong>Zeitung</strong> berichtete.<br />
Die Ereignisse, die dazu führten,<br />
begannen 1978, als Marx sein Schauspielstudium<br />
an der Hochschule<br />
„Ernst Busch“ in Ost-Berlin absolvierte.<br />
„Mit anderen Studenten<br />
wollte ich zu Frank Castorfnach Anklam<br />
gehen, der dortein sehr modernes<br />
und anderes Theater in der DDR<br />
machte“, sagt Marx. „Doch dies<br />
wurde uns nicht gestattet. Sogar ins<br />
Kulturministerium wurde ich zitiert,<br />
wo man mir untersagte, andas Anklamer<br />
Theater zu gehen, da es nicht<br />
EXPEDITION BAIKAL.<br />
MIT DEM ROBUR NACH SIBIRIEN<br />
HEUTE 20:15<br />
DASGROSSEREISEABENTEUER<br />
den sozialistischen Vorstellungen<br />
entsprach.“<br />
Nach dem Studium kam Marx<br />
Anfang der 80er-Jahre doch noch<br />
nach Anklam, spielte in Castorf-Inszenierungen<br />
wie „Othello“ mit.<br />
„Das Stück war den Funktionären<br />
nicht genehm, wurde gleich<br />
nach der Premiere abgesetzt“,<br />
sagt Marx. 1984 lösten<br />
die SED-hörigen Behörden<br />
sogar das ganzeEnsemble<br />
auf. „Das war für mich<br />
ein Grund, die DDR zu verlassen,<br />
ich stellte mit einem<br />
Freund den Ausreiseantrag“,<br />
sagt Marx. „Ich habe<br />
nie damit gerechnet, dass<br />
ich deshalb im Gefängnis<br />
landen könnte.“<br />
Einen Ausreiseantrag zu stellen,<br />
war laut DDR-Gesetz eigentlich legal.<br />
Allerdings hatte Marx sich mit<br />
anderen Ausreisewilligen getroffen,<br />
war mit ihnen nach Ost-Berlin gefahren,<br />
um dort indie Ständige Vertretung<br />
der Bundesrepublik zu gehen.<br />
Das wertete die DDR-Justiz anscheinend<br />
als Verschwörung gegen<br />
den Staat. „Drei Männer in Anoraks<br />
standen später an meiner Wohnungstür,<br />
holten mich zur Klärung<br />
eines Sachverhaltes ab“, sagt Marx.<br />
Er kam in die Haftanstalt Neustrelitz<br />
und ins Stasi-Gefängnis Pankow.<br />
„Das erste Verhör dauerte von ein<br />
Uhr nachts bis vier Uhr<br />
Horst Günter<br />
Marx<br />
BLZ/MARKUS WÄCHTER<br />
nachmittags“, erinnert<br />
sich Marx. Ein Gericht<br />
verurteilte ihn wegen<br />
„Zusammenschlusses<br />
zur Verfolgung gesetzwidriger<br />
Ziele“ zu 18 Monaten<br />
Haft. Er landete im<br />
Gefängnis in Naumburg<br />
(Sachsen-Anhalt).<br />
Marx musste als Gefangener<br />
in einem Metallwarenwerk<br />
arbeiten. „Dort stellte<br />
ich auch Möbelbeschläge für den<br />
Westen her. Für Ikea hieß es“, sagt<br />
der Künstler. Der Lohn: monatlich<br />
110 DDR-Mark. 2012 musste Ikea<br />
erstmals einräumen, dass vor allem<br />
politische Gefangene in der DDR für<br />
das schwedische Unternehmen Möbel<br />
oder Teile dafür herstellten. Es<br />
gab eine Entschuldigung, keine Ent-<br />
schädigung. Schätzungen gehen davon<br />
aus, dass bis zu 100 000 Gefangene<br />
wie der Schauspieler für Ikea<br />
arbeiteten.<br />
Schlimmer als die Zwangsarbeit<br />
empfand Marx die Schikanen im Gefängnis,<br />
denen er drei Wochen vor<br />
der Entlassung ausgesetzt war.„Drei<br />
Tage wurde ich in eine Isolierzelle<br />
gesperrt, mit Händen und Füßen ans<br />
Bett gefesselt – wegen angeblicher<br />
Selbstmordgefahr“, sagt der Schauspieler.<br />
Im September 1985 wurde<br />
Marx entlassen. Drei Monate später<br />
durfte er die DDR verlassen.<br />
Er empfindet es als Glück, dass er<br />
als Künstler im Westen sofort Fuß<br />
fassen konnte. Erbekam eine Rolle<br />
im Film „Die Verliebten“ mit Barbara<br />
Sukowa, ging 1986 ans Theater in Basel,<br />
spielte an der Seite von Sonja<br />
Kirchberger die Hauptrolle im Film<br />
„DieVenusfalle“, der 1988 bei den Internationalen<br />
Filmfestspielen in<br />
Cannes uraufgeführtwurde.Mit diesem<br />
Streifen gelang Marx der künstlerischen<br />
Durchbruch. Für seine Arbeit<br />
wurde er mit dem Marx-Ophüls-<br />
Preis ausgezeichnet.<br />
Staatsanwältin<br />
leitet neue<br />
Einheit<br />
Die Abteilung soll vor allem<br />
Geld beschlagnahmen<br />
VonPhilippe Debionne<br />
Bei der <strong>Berliner</strong> Staatsanwaltschaft<br />
hat am Montag eine neue<br />
Abteilung für Vermögensabschöpfung<br />
mit der Arbeit begonnen. Die<br />
Spezialabteilung solle dazu beitragen,<br />
die Organisierte Kriminalität<br />
wirksamer zu bekämpfen, teilten<br />
Justizverwaltung und Generalstaatsanwaltschaft<br />
mit. Geleitet wird die<br />
neue Abteilung von Nina Thom. Sie<br />
gilt in Ermittlerkreisen als erfahrene<br />
Staatsanwältin.<br />
„Die Spezialabteilung dient dem<br />
Ziel, Organisierte Kriminalität noch<br />
wirksamer zu bekämpfen und die<br />
2017 geschaffenen<br />
gesetzlichen<br />
Möglichkeiten<br />
der Einziehung<br />
von Vermögenswerten<br />
voll auszuschöpfen“,<br />
teilte die Senatsjustizverwaltung<br />
am Montag mit.<br />
Aufgabe sei „die<br />
STAATSANWALTSCHAFT BERLIN<br />
Staatsanwältin<br />
Dr.Nina Thom<br />
Beratung und<br />
Unterstützung der <strong>Berliner</strong> Strafverfolgungsbehörden<br />
bei Vermögensabschöpfungsmaßnahmen<br />
im Rahmen<br />
laufender Ermittlungen“.<br />
Berlins Generalstaatsanwältin<br />
Margarete Koppers ergänzte, die<br />
neue Abteilung sei „Teil der Hauptabteilung<br />
Wirtschaft“. Auf diese<br />
Weise solle „die Vernetzung mit Experten,<br />
etwa aus dem Steuerrecht,<br />
der Korruptionsdelikte oder der<br />
Geldwäsche, selbstverständlicher<br />
Alltag bei der Aufklärung von Finanzströmen<br />
undVermögenswerten<br />
unbekannter Herkunft werden“.<br />
Weiterhin ist laut Koppers eine engere<br />
Zusammenarbeit als bisher mit<br />
„anderen Partnern wie Finanzbehörden<br />
und der Steuerfahndung“<br />
vorgesehen.<br />
Auch ausgewählte Ermittlungsverfahren<br />
mit dem Schwerpunkt<br />
Vermögensabschöpfung aus dem<br />
Bereich Organisierte Kriminalität<br />
und Wirtschaftskriminalität sollen<br />
vonder neuen Abteilung aus geführt<br />
werden. Zudem ist sie Zentralstelle<br />
für die Verwertung virtueller Währungen<br />
für sämtliche Vollstreckungsbehörden<br />
des Landes Berlin.<br />
Dabei lasse man sich nach den Worten<br />
von Justizsenator Dirk Behrendt<br />
vom Grundsatz leiten: „Straftaten<br />
dürfen sich nicht lohnen.“<br />
Zunächst gehören zu der Abteilung<br />
neben Nina Thom ein weiterer<br />
Staatsanwalt sowie vier spezialisierte<br />
Rechtspflegerinnen. Dem rbb sagte<br />
Thom kürzlich, sie habe ihreKarriere<br />
„ganz normal“ bei der Staatsanwaltschaft<br />
begonnen und hier verschiedene<br />
Stationen durchlaufen. 2008<br />
habe sie dann in der Hauptabteilung<br />
für Wirtschaft angefangen, in der<br />
schon damals Vermögensabschöpfungen<br />
bearbeitet worden seien. Davon,<br />
so wird Thom zitiert, habe sie<br />
sich „mitreißen lassen“ und sei „dabei<br />
geblieben“. Ein wichtiger Baustein<br />
für die Verbrechensbekämpfung<br />
sei das neue Gesetz zur Vermögensabschöpfung.<br />
Dieses Gesetz war am 1. Juli 2017<br />
in Kraft getreten und soll dem Staat<br />
mehr Möglichkeiten geben, durch<br />
Verbrechen zusammengetragenes<br />
Vermögen zu beschlagnahmen. Dieses<br />
kann nun bereits eingezogen<br />
werden, wenn die Herkunft des Geldes<br />
unklar ist. Sogar dann, wenn die<br />
Straftat, aus der das Vermögen<br />
stammt, nicht nachgewiesen werden<br />
kann. Früher musste der Staat<br />
beweisen, dass Geld aus Verbrechen<br />
stammt.<br />
Spektakulär war im Juli die vorläufige<br />
Beschlagnahme von 77Immobilien<br />
im Wert vonmehr als neun<br />
Millionen Euro. Sie sollen einer arabischen<br />
Großfamilie gehört haben.<br />
Es handelte sich um eine der größten<br />
Aktionen gegen die Organisierte Kriminalität.