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blu Januar/Februar 2019

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GESUNDHEIT<br />

PrEP:<br />

„Sex wird wieder frei“<br />

Von ursprünglich 800 Euro<br />

monatlichen Kosten sank der<br />

Preis für die PrEP auf aktuell bis zu<br />

rund 40 Euro und die erste gesetzliche<br />

Krankenkasse erklärte Anfang<br />

Dezember 2018 die freiwillige Kostenübernahme.<br />

In <strong>2019</strong> soll PrEP<br />

reguläre Kassenleistung werden.<br />

Großen Anteil an dieser schnellen<br />

Entwicklung haben engagierte<br />

Ärzte und Apotheker, die PrEP über<br />

spezielle Angebote schon vor den<br />

Preissenkungen für die auf Privatrezept<br />

flächendeckend erhältlichen<br />

Generika erschwinglich machten.<br />

Wir sprachen mit Dr. Inka Krude von der<br />

Alten Apotheke in Bochum, die zusammen<br />

mit TAD Pharna und Prof. Dr. Norbert<br />

Brockmeyer vom WIR-Zentrum für sexuelle<br />

Gesundheit in Bochum ein Verblisterungskonzept<br />

zur PrEP anbieten.<br />

Immer noch kaufen viele PrEP-<br />

Nutzer ihre Medikamente über den<br />

Schwarzmarkt bzw. über das Ausland.<br />

Warum?<br />

Prof. Brockmeyer: Das sind zwei wesentliche<br />

Punkte. Zum einen ist es immer noch<br />

nicht bekannt genug, dass man sich die PrEP<br />

auch in Deutschland zu günstigen Preisen<br />

verschreiben lassen kann. Der andere Punkt<br />

ist der, dass es mit Sexualität zu tun hat. Sexualität<br />

ist nach wie vor ein großes Tabuthema.<br />

Viele haben Angst, sich als promiskuitiv zu<br />

outen und stigmatisiert zu werden.<br />

Welche Risiken birgt das?<br />

Prof. Brockmeyer: Ein ganze Vielfalt. Für<br />

das Individuum die Gefahr, dass über das<br />

Internet gekaufte Medikamente nicht<br />

zu 100 Prozent sicher sind. Das Problem<br />

von gefälschten Medikamenten ist höher.<br />

Das zweite große Problem ist, dass die<br />

regelmäßigen Untersuchungen eventuell<br />

ausbleiben. Sind die Nutzer wirklich nicht<br />

mit dem HI-Virus infiziert? Werden die<br />

Nebenwirkungen, insbesondere der Nieren<br />

beobachtet? Was ist mit anderen sexuell<br />

übertragbaren Krankheiten? Auch deshalb<br />

bieten wir im WIR ein Selbsttestset für HIV<br />

und die gängigen STI an.<br />

Was ist das Besondere an „ihrer“<br />

PrEP?<br />

Dr. Krude: Ursprünglich war das vor allem<br />

der Preis. Im Oktober 2017 kostete die<br />

PrEP regulär rund 800 Euro, wir konnten<br />

sie über unser Konzept für 52 Euro<br />

schnell verfügbar und sicher anbieten. Bei<br />

uns kann man die PrEP innerhalb einer<br />

Stunde fertig verblistert bekommen, was<br />

besonders auch für Menschen mit längerer<br />

Anreise praktisch ist.<br />

Was waren Ihre ganz persönlichen<br />

Gründe, sich so zu engagieren? Reich<br />

werden Sie damit ja nicht …<br />

Dr. Krude: Ich hätte nicht Apothekerin<br />

werden sollen, wenn ich nicht auch den<br />

Menschen sehe: Der Bedarf ist einfach<br />

enorm groß. Der Bedarf, sich zu schützen.<br />

Der Bedarf, sich beim Sex freier zu fühlen.<br />

Zum Beispiel in Beziehungen mit einem<br />

HIV-positiven Partner, wo ich nicht erst<br />

fragen muss, ob nun die Virenlast schon<br />

unter der Nachweisgrenze ist. Oder bei<br />

ganz vielen anderen Situationen – die Erfahrungen<br />

aus dem Jahr sind sehr vielfältig<br />

und mit einer großen Dankbarkeit verbunden.<br />

Ein bisschen stelle ich mir das vor, wie<br />

die sexuelle Revolution in den 1960er-<br />

Jahren gerade. Sex wird wieder frei.<br />

Ihr Verblisterungskonzept gibt es<br />

nur regional und verglichen mit dem<br />

Privatrezept nicht anonym. Was<br />

erhoffen Sie sich in Zukunft?<br />

Dr. Krude: Meine Hoffnung ist, dass die<br />

gesetzlichen Krankenkassen die PrEP<br />

übernehmen und wir sind ja wohl so nah<br />

dran, wie nie zuvor. Damit wäre dann die<br />

Verblisterung nicht mehr nötig. (Siehe<br />

Infokasten „How to PrEP“ A.d.R.)

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