Berliner Kurier 04.01.2019
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BERLINER KURIER, Freitag, 4. Januar 2019<br />
SPD –Nele Deichmüller<br />
(15):„Ich bin durch die<br />
No-GroKo-Kampagne<br />
auf die SPD aufmerksam<br />
geworden. Da wollte<br />
ich mitmachen, mich<br />
auch engagieren.“<br />
AfD–Carolin Matthie<br />
(26): „Ich vertrete<br />
den Standpunkt:<br />
Jeder kann machen,<br />
waserwill –solange<br />
er niemandem damit<br />
schadet.“<br />
Grüne –Philipp<br />
Kahlert(30): „Die<br />
Grünen arbeiten sehr<br />
sachorientiert.<br />
Sie sind in der Lage,<br />
komplexe Probleme erst<br />
mal zu analysieren.“<br />
Partei ergreifen<br />
Foto:<br />
Zulauf.Das hat nicht zuletzt mit der AfDzutun.Der KURIER sprach mit sechs Neuzugängen<br />
Menschen dazu bewegen, in ihre<br />
Partei einzutreten. Anfang<br />
des neuen Jahres 2019 gab es<br />
1505 Mitglieder in der rechtspopulistischen<br />
Partei, Anfang<br />
2018 waren es 228 weniger.<br />
Viele Neumitglieder anderer<br />
Parteien fühlen sich durch den<br />
Rechtsruck und das Erstarken<br />
der AfD ermutigt, sich politisch<br />
zu engagieren. Sein Partei-Eintritt<br />
sei auch eine Reaktion darauf<br />
gewesen, dass die AfD jetzt<br />
im Bundestag sitze, erklärt zum<br />
Beispiel Linken-Neumitglied<br />
Johannes Grill. Sicher, im<br />
„schönen Nord-Neukölln“ fühle<br />
er sich pudelwohl. Aber nur<br />
wenige Kilometer weiter, in<br />
den südlichen Kiezen Britz und<br />
Rudow, kursierten immer wieder<br />
sogenannte Feindeslisten<br />
von Rechtsextremisten, brannten<br />
im vergangenen Jahr immer<br />
wieder Autos von Menschen,<br />
die sich gegen Rechts<br />
und für die Demokratie einsetzen.<br />
Der 27-Jährige will diese<br />
Zustände nicht hinnehmen.<br />
Lea Diedenhofen (21), Neu-<br />
Mitglied in der FDP, wollte<br />
nach der Bundestagswahl 2017<br />
mehr tun, als nur alle vier Jahre<br />
ihr Kreuzchen zu setzen. „Gerade<br />
jetzt, in einer Zeit, in der<br />
die rechtspopulistische AfD so<br />
viel Zulauf bekommt“, sagt sie.<br />
Es mache Sinn, sich bei einer<br />
Partei zu engagieren, wenn<br />
man etwas bewirken möchte.<br />
Und auch Judith Vogl (27),<br />
Neumitglied der CDU, sei von<br />
der Macht der Rechtspopulisten<br />
erschreckt gewesen. Sie habe<br />
beschlossen: „Wenn ich will,<br />
dass sich etwas ändert, dann<br />
muss ich selbst mehr tun“, sagt<br />
sie.<br />
Besonders die CDU hat Wähler<br />
an die Bundestagsneulinge<br />
AfD verloren. Angela Merkel<br />
mit ihrer Asylpolitikist eines der<br />
größtenFeindbilder der Rechtspopulisten.<br />
Auch bei vielen anderen<br />
Themen laufen diese der<br />
konservativen Union den Rang<br />
ab mit steileren Thesen und viel<br />
härteren Forderungen. Auch<br />
Politikwissenschaftler Gero<br />
Neugebauer von der Freien Universität<br />
sieht dies als einen Faktor<br />
für die wachsende Zahl von<br />
Parteieintritten. „Die Auseinandersetzung<br />
über die Politik der<br />
AfD kann Menschen dazu bringen,<br />
sich parteipolitisch zu engagieren“,<br />
sagte Neugebauer.<br />
„Bei kontroversen Themen wollen<br />
sie eine klarePosition beziehen.“<br />
Aber er macht auch weitere<br />
Faktoren aus. „Wenn der<br />
Bundestag neu gewählt wird,<br />
mobilisieren politische Partien<br />
stets besonders viele neue Mitglieder“,<br />
sagte Neugebauer. Das<br />
wirke dann auch noch im Jahr<br />
2018 nach. „Generell treten<br />
Menschen in Parteien ein, weil<br />
sie auf einer überschaubaren<br />
Ebene mitwirken wollen, gerne<br />
also in der Lokalpolitik“, betonte<br />
der Politikwissenschaftler.<br />
„Mitunter wollen sie auch in eine<br />
Parteigehen, weil ihnen dort<br />
einiges missfällt und sie es besser<br />
machen wollen.“ Um noch<br />
mehr Neumitglieder zu werben,<br />
rät Neugebauer den Parteien,<br />
sich der Zivilgesellschaft zu öffnen<br />
und auch mit einzelnen Projekten<br />
zu kooperieren. „Das<br />
macht der Parteiapparatjedoch<br />
dann nicht so gern, wenndas für<br />
ihn schwierig zu steuernist.“<br />
Mitarbeit mak