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40 <strong>Das</strong> <strong>Stadtgespräch</strong><br />
MAULKORBERLASS<br />
Wenn »legitim«<br />
Geschmäckle<br />
hat<br />
»Ich werde mich in den Fachausschüssen<br />
weiterhin immer dann<br />
zu Wort melden wenn ich das für<br />
sachlich geboten halte. <strong>Das</strong> bin<br />
ich den Wählern der UWG schuldig.<br />
Sie erwarten, dass ich mich<br />
nach bestem Vermögen für die<br />
Bevölkerung einsetze und nicht<br />
schweigend alles abnicke«, macht<br />
der Sprecher der Unabhängigen<br />
Wählergemeinschaft Dirk Kamin<br />
unmissverständlich deutlich.<br />
Sämtliche im Stadtrat vertretenen<br />
Fraktionen ließen es bislang zu,<br />
dass ebenfalls die fraktionslosen<br />
Ratsmitglieder in allen Ausschüssen<br />
mitdiskutieren konnten. An<br />
diesem Gentleman-Agreement<br />
nahm niemand Anstoß. Geschadet<br />
hat das nicht: Der UWG-Mann<br />
Dirk Kamin und der ebenfalls vom<br />
Redeverbot betroffene Linken-<br />
Sprecher Fritz Ludwig haben die<br />
ihnen zugestandene Redefreiheit<br />
stets maßvoll, qualitativ und themenbezogen<br />
wahrgenommen. <strong>Das</strong><br />
Halten von Fensterreden und Polemik<br />
war nie ihr Ding.<br />
Vor diesem Hintergrund ist es verständlich,<br />
dass Dirk Kamin sauer<br />
ist: Die Beendigung der bewährten<br />
Redefreiheit für Fraktionslose<br />
in den Fachausschüssen hat keinerlei<br />
positive Auswirkungen auf die<br />
Ratsarbeit in Rheda-Wiedenbrück.<br />
Im Gegenteil: Die Ratsarbeit verliert<br />
an Vielfalt. Die von allen Demokraten<br />
geteilte Willy-Brandt-<br />
Aussage »Mehr Demokratie wagen!«<br />
wird in Rheda-Wiedenbrück<br />
ohne Not konterkariert.<br />
Der Rheda-Wiedenbrücker Maulkorb<br />
geht auf eine Entscheidung<br />
des Ältestenrats im Stadtrat zurück.<br />
Dieser forderte die Einhaltung<br />
der Gemeindeordnung (GO) in<br />
der Ratsarbeit ein. Die GO sieht die<br />
Redefreiheit in den Fachausschüssen<br />
aber nur für die Ratsmitglieder<br />
mit Fraktionsstatus vor. Den<br />
Fraktionsstatus haben nach der<br />
UWG-Sprecher Dirk Kamin kämpft für die<br />
Redefreiheit<br />
GO aber nur alle Gruppierungen<br />
mit zwei und mehr Ratsmitgliedern.<br />
Entsprechend gehören dem<br />
hiesigen Ältestenrat die Vertreter<br />
von CDU, SPD, Bündnisgrünen und<br />
FDP an. Natürlich ist ihr Pochen auf<br />
die Einhaltung der GO legitim. Aber<br />
was rechtens ist, ist nicht immer<br />
angemessen. Und genau dieses<br />
Ergebnis hat der Ältestenrat mit<br />
seiner Entscheidung geschaffen.<br />
Schließlich ist die großzügige<br />
Handhabung des Rederechts in<br />
den Fachausschüssen ein gutes<br />
Stück der in Rheda-Wiedenbrück<br />
gelebten demokratischen Kultur.<br />
Entsprechend der GO können sich<br />
die fraktionslosen Ratsmitglieder,<br />
somit auch der kürzlich aus der<br />
CDU-Fraktion ausgetretene Thomas<br />
Theilmeier-Aldehoff, nur noch<br />
in einem Fachausschuss zu Worte<br />
melden. Sie müssen sich grundsätzlich<br />
entscheiden, in welchem<br />
der neun Fachausschüsse sie sich<br />
zukünftig einbringen wollen. Die<br />
Mitwirkung bleibt ihnen nunmehr<br />
in acht Ausschüssen verwehrt.<br />
Wurde im Ältestenrat eigentlich<br />
bedacht, dass sein plötzliches<br />
Pochen auf die Einhaltung der GO<br />
gerade zum jetzigen Zeitpunkt ein<br />
unangenehmes Geschmäckle bekommt?<br />
Denn dass die Ältestenrat-<br />
Mitglieder von CDU, SPD, FDP und<br />
Bündnisgrünen den Vertretern<br />
von UWG und Linken gerade jetzt,<br />
im Vorjahr der »Kommunalwahl<br />
Herbst 2020«, davon ausschließen<br />
weiterhin an der Meinungsbildung<br />
in allen Fachausschüssen<br />
mitwirken zu können, erweckt