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Das Stadtgespräch Februar 2019

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TRAUMINSELN VORGESTELLT<br />

Martinique – Sehnsuchtsort der Maler und Segler<br />

Wenn man jemanden einen Stift<br />

in die Hand drückt und sagt, er<br />

solle seine Trauminsel zeichnen,<br />

kann man davon ausgehen, dass<br />

die Zeichnung auf jeden Fall drei<br />

Elemente enthalten wird, von denen<br />

eines nicht in Deutschland<br />

zu finden ist, nämlich außer<br />

Wasser und Sand die Palmen.<br />

Nun gibt es ja jede Menge Palmeninseln<br />

auf der Welt, aber wir<br />

stellen in einer Mini-Serie in dieser<br />

und den folgenden Ausgaben<br />

ein paar von ihnen etwas genauer<br />

vor. All das ist natürlich knallhart<br />

persönlich recherchiert –<br />

wobei man doch zugeben muss,<br />

dass diese Recherche nicht allzu<br />

hart war…<br />

Traumziel Gauguins<br />

Schwer zu sagen, wieviel Einfluss<br />

die Kunst auf das generelle Bewusstsein<br />

hat, doch ich könnte<br />

mir schon vorstellen, dass der<br />

Maler Paul Gauguin zumindest<br />

der Nerv vieler seiner Zeitgenossen<br />

getroffen hat. Der Technisierung<br />

und der Prüderie des<br />

ausklingenden 19. Jahrhunderts<br />

setzte er Bilder von glücklichen<br />

Menschen in tropischer Umgebung<br />

entgegen, die leicht bekleidet<br />

dem einfachen Leben frönten.<br />

Malte Gauguin zunächst im<br />

Stil des Impressionismus’, kreierte<br />

er nach seinem Aufenthalt auf<br />

Martinique seinen ganz eigenen<br />

Stil, der als Nachimpressionismus<br />

oder wohl treffender als<br />

Primitivismus bezeichnet wird.<br />

1887 schrieb er von der Insel an<br />

einen Freund » ein schönes Land<br />

mit einem leichten und billigen<br />

Leben – das ist Martinique«.<br />

Mit dem billigen Leben – das<br />

ist heute so eine Sache. Gerade<br />

die Hotels an den zahlreichen<br />

Traumstränden wissen schon,<br />

dass die meisten Touristen, die<br />

es nach Martinique verschlägt,<br />

nicht am Hungertuche nagen.<br />

Doch schön ist die Insel nach<br />

wie vor und die Einwohner<br />

scheinen das Leben auch<br />

leicht zu nehmen und sich<br />

auf die positiven Aspekte<br />

zu konzentrieren. Es fällt<br />

auf, dass im Alltag viel gelacht<br />

wird – bekanntlich<br />

eine gute Medizin!<br />

Kein einfaches Erbe<br />

Dabei ist das Schicksal der<br />

Inselbewohner keineswegs immer<br />

durch sonnige Aussichten<br />

gekennzeichnet gewesen. Erste<br />

Besiedlungsspuren führen nicht<br />

weniger als 6.000 Jahre zurück,<br />

doch die Arawak, die aus dem<br />

Gebiet des Orinoko stammten,<br />

und die Kariben, die später kamen,<br />

hatten keine Chance gegen<br />

die Europäer. Auf seiner vierten<br />

und letzten Reise entdeckte Columbus<br />

im Juni 1502 Martinique<br />

für Europa. Anderthalb Jahrhunderte<br />

später gab es faktisch keine<br />

indigenen Bewohner mehr,<br />

wer nicht direkt durch die Hand<br />

des weißen Mannes starb, verendete<br />

an den eingeschleppten<br />

Krankheiten. Mitte des 17. Jahrhunderts<br />

beanspruchte Frankreich<br />

im Wettlauf der europäischen<br />

Mächte um die Kolonien<br />

die Insel für sich. 1685 wurde der<br />

Code Noir verabschiedet, der die<br />

Sklaverei<br />

in den<br />

französischen<br />

Kolonien rechtfertigte.<br />

Im 18. Jahrhundert sorgten<br />

die rund 60.000 Sklaven durch<br />

ihre kostenlose Arbeitskraft<br />

für den wirtschaftlichen Aufschwung<br />

der Insel, auf der das<br />

in Europa so begehrte Zuckerrohr<br />

angebaut wurde. Im Zuge<br />

der Französischen Revolution<br />

wurde die Sklaverei 1794 abgeschafft<br />

– passte sie doch nicht<br />

zu den Prinzipien der Freiheit,<br />

Gleichheit und Brüderlichkeit.<br />

Die Freiheit hielt jedoch nur bis<br />

1802. Dann führte Napoleon die<br />

Da braucht es kein Photoshop<br />

Sklaverei wieder<br />

ein, unterstützt von seiner<br />

Gattin Josephine, die zufällig<br />

die Tochter eines Plantagenbesitzers<br />

auf Martinique war. Die<br />

kleine Statue der Josephine, die<br />

man in der Hauptstadt Fort-de-<br />

France findet, ist nicht zufällig<br />

kopflos – die Einwohner schätzen<br />

sie noch heute nicht besonders.<br />

Die sind nämlich zu mehr<br />

als 80 Prozent afrikanischer Herkunft<br />

und legen großen Wert auf<br />

die Bewahrung ihrer Traditionen.

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