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9./10. FEBRUAR 2019 3<br />
Karoline Herfurth ...<br />
... wurde 1984 in Ost-Berlin geboren und wuchs in Mitte<br />
auf. Sie tanzte in der Kindertanzgruppe des FEZ Wuhlheide<br />
und war Mitglied des Kinderzirkus Cabuwazi. 2003 machte<br />
sie Abitur an der Rudolf-Steiner-Schule in Dahlem. Sie studierte<br />
an der Hochschule für Schauspielkunst Ernst Busch<br />
in Berlin und ist noch immer als Studentin der Politik- und<br />
Sozialwissenschaften an der Humboldt-Universität eingeschrieben.<br />
... stand bereits 1995 für eine Episode der ZDF-Reihe<br />
„Achterbahn“ vorder Kamera. Im Kino sah man sie erstmals<br />
im Jahr 2000 in der Benjamin-Lebert-Verfilmung<br />
„Crazy“. Es folgten u.a. Auftritte in den Welterfolgen „Das<br />
Parfum“(2006) und „Der Vorleser“ (2008). Popkornkinofreunden<br />
ist sie spätestens seit ihrer Rolle als Fräulein<br />
Schnabelstedt in den „Fack ju Göhte“-Filmen ein Begriff.<br />
Bei dem Liebesfilm „SMS für Dich“ führte sie 2016 erstmals<br />
auch Regie. Ab dem 14. Februarist ihre zweite Regiearbeit<br />
„Sweethearts“ zu besichtigen.<br />
... lebt mit ihrer Familie in Berlin.<br />
„Finden Sie nicht, es ist ein Buddy-Film?“ Karoline Herfurth über „Sweethearts“, ihre zweite Regiearbeit.<br />
BLZ/MARKUS WÄCHTER<br />
Odd Couple“, „Midnight Run“, „Lethal Weapon“…<br />
Ichhab mir auch „Thelma &Louise“<br />
noch mal angesehen und „Romeo und Julia“<br />
von Baz Luhrmann. Baz Luhrmann ist sowieso<br />
mein Lieblingsregisseur,sojetzt haben<br />
Sieeinen!<br />
Sie sind ja auch Co-Autorin von „Sweethearts“.<br />
Ja.<br />
Darf ich raten, was in der Storyvon Ihnen ist?<br />
Ichweiß nicht, ob man das jetzt noch auseinanderklamüsernkann.<br />
DerFilm beginnt mit einem Junggesellinnenabschied<br />
…<br />
Ich kann Ihnen nicht sagen, wer die ursprüngliche<br />
Idee dazu hatte, aber es ist natürlich<br />
mein ganz persönliches Schmankerl.<br />
Diesen Horror mal als solchen zu präsentieren?<br />
Ja, gleich mal den Zuschauer herauszufordern,<br />
vielleicht auch ein bisschen zu überfordernund<br />
in so eine rosa Girlie-Hölle zu jagen<br />
–und dann landet er aber ganz woanders.<br />
Der dramaturgische Faden des Films ist ein<br />
wahnsinnig blöder Kalenderspruch …<br />
„Stärke heißt nicht, alles alleine zu schaffen.<br />
Stärke heißt, sich Hilfe zu holen.“ Ich<br />
liebe ihn.<br />
Puh.<br />
Das Schöne an diesen Kalendersprüchen<br />
ist ja, die sind so absurd und überhöht, und<br />
eigentlich denkt man, das ist total albern.<br />
Aber irgendwie ist immer was Wahres dran.<br />
Genau so haben wir es genutzt. Erst mal ist es<br />
so völlig absurd und der Leitspruch so einer<br />
skurrilen Cordula-Stratmann-Figur.Und am<br />
Ende ist es die Wahrheit.<br />
DieAdiletten, die IhreFigur trägt …<br />
Diekamen vonGioia Raspé, der Kostümbildnerin.<br />
Aber ich liebe sie.Ich liebe Adiletten.<br />
„I Wanna Know What Love Is“ von Foreigner<br />
…<br />
Ich weiß nicht mehr, wann, aber irgendwann<br />
haben wir uns ausgedacht, dass wir einen<br />
Song haben und so rumsingen. Dasist ja<br />
auch eher ein komisches Element, das aber<br />
gleichzeitig auch die Sehnsucht meiner Figur<br />
ausdrückt. Und bei dem Song geht mir einfach<br />
das Herz auf, weiß auch nicht, warum.<br />
Der Film spielt in Berlin und Umgebung.<br />
KamIhnen das zugute als <strong>Berliner</strong>in?<br />
Ich liebe Berlin natürlich, und ich würde<br />
sagen, dass ich mich hier am sichersten bewege,<br />
auch was die Bilder angeht, was die<br />
Zwischentöne der Stadt angeht. Mich würde<br />
es andererseits sehr reizen, auch mal andere<br />
Locations zu nutzen. Seitdem ich selbst inszeniere,<br />
sehe ich ja die Orte,indie ich reise,<br />
mit ganz anderen Augen.Wenn ich jetzt nach<br />
New York fahre, flipp ich halt aus, weil einfach<br />
alles filmwürdig aussieht.<br />
Hatten Sie eigentlich beim Casting das letzte<br />
Wort?<br />
Das brauchte ich gar nicht. Ich sag mal,<br />
ich hatte mir in meinen kühnsten Träumen<br />
ein Cast vorgestellt, und dann waren die verrückterweise<br />
alle dabei. Was soll man da<br />
noch sagen? Anneke Kim Sarnau hatte ich<br />
mir tatsächlich gewünscht als Antagonistin<br />
der beiden Hauptfiguren, schon während<br />
des Drehbuchschreibens. Ich hatte sie in<br />
„Die Hoffnung stirbt zuletzt“ gesehen, von<br />
Marc Rothemund, und das war einer der umwerfendsten,<br />
spannendsten, schlimmsten<br />
Filme,die ich je gesehen habe.Und in „4 Könige“<br />
hat sie mich auch einfach umgehauen.<br />
Diehat so eine Wucht, diese Frau. Ichkönnte<br />
jetzt noch weiterschwärmen.<br />
Bitte.<br />
Bei Hannah Herzsprung weiß ich gar<br />
nicht, was ich über sie sagen soll. Drüber<br />
geht’s halt nicht. So eine taffe Frau, einer der<br />
stärksten Menschen, die ich jemals kennengelernt<br />
habe,und eine so unglaubliche Partnerin.<br />
Wissen Sie, ich musste ja ständig hinund<br />
herswitchen: hier als Regisseurin klar<br />
bleiben, mir sicher sein, Entscheidungen<br />
schnell treffen, auf der anderen Seite so eine<br />
Panik-Wumme spielen. Das war wirklich,<br />
wirklich schwer.Und dann Hannah so daneben,<br />
mit ihrer Ruhe und Souveränität,<br />
schaut, sagt „alles klar“, und dann nimmt sie<br />
dich mit. Na ja, und dass sich Cordula Stratmann<br />
darauf eingelassen hat, wieder meine<br />
Chefin zu spielen, so wie in „SMS für Dich“,<br />
ist natürlich auch megalustig. Wir machen<br />
da jetzt, glaube ich, einen Running Gag<br />
draus.<br />
Mit Katrin Sass, die in „Sweethearts“ Ihre<br />
Mutter spielt, verbindet Sie auch eine Geschichte.<br />
Ichkenne sie seit dem allerersten Drehtag<br />
in meinem allerersten Film, ich durfte in einer<br />
Episode der Reihe„Achterbahn“ mitspielen,<br />
„Ferien jenseits des Mondes“ hieß die,<br />
von Rodica Doehnert gedreht. Ich war da<br />
schon elf, glaube ich, sah aber aus wie acht,<br />
ich war ja so ein spätreifes Mädchen. Jedenfalls<br />
hat Katrin Sass da meine Mama gespielt.<br />
Dashat mich wahnsinnig geprägt. So eine erfahrene<br />
Schauspielerin, wie die mit der Rodica<br />
geredet hat, die haben auf so eine bestimmte<br />
Art geredet, das werde ich nie vergessen,<br />
das war ein Moment, der mich mein<br />
Leben lang begleiten wird. Und jetzt spielt<br />
sie wieder meine Mutter.<br />
Istdas eine bewusste Referenz gewesen?<br />
Ichhabe ihr gesagt, ich drehe einen Film,<br />
willst du nicht wieder meine Mutter spielen?<br />
Es ist nur eine kleine Rolle,aber ich wünsche<br />
es mir so.Weil es ja auch ein Film über Mütter<br />
ist. Und ich war so froh, dass sie gesagt<br />
hat, sie macht das.<br />
Gibt es eigentlich ein Projekt, von dem Sie<br />
träumen?<br />
Ich würde einfach wahnsinnig gerne ein<br />
Musical machen. Das ist schon so ein Witz<br />
zwischen mir und meinem Szenenbildner.<br />
Immer, wenn wir auf Motivtour rumlaufen,<br />
heißt es irgendwann: „Also,das geht jetzt für<br />
den Film nicht, aber für das Musical.“<br />
Wird es denn mal was?<br />
Ich weiß nicht. Jetzt waren schon wieder<br />
so viele Musicals im Kino, „La La Land“, „A<br />
Star is Born“, der Queen-Film, dass es fast<br />
schon wieder out ist. Und singen kann ich<br />
auch immer noch nicht.<br />
Ob Emma Stone so gut singen kann …<br />
…oder?! Daslässt sich doch alles herstellen.<br />
Ichkenne wenige, die freiwillig sagen, dass sie<br />
sich im Kino am liebsten Musicals anschauen.<br />
Ich liebe sie. Ich bin halt auch eine alte<br />
Kitsch-Urmel. Und esgibt so viele fantastische<br />
Musicals.Jeder Disney-Film ist ein Musical.<br />
Behaupten Sienicht, dass Siedas nicht<br />
mögen.<br />
Wenn ich’s mir recht überlege, ist mein Lieblingsfilm<br />
aller Zeiten „MaryPoppins“.<br />
Sehen Sie. Auch ein Musical. Ich mag<br />
auch Tanzfilme,sowas wie „Dirty Dancing“.<br />
Vielleicht mache ich auch einen Tanzfilm.<br />
Aber in der Schublade ist noch nichts?<br />
Nein, ich spinne nur rum. My wildest<br />
dreams.<br />
Wie kommen Sie eigentlich wieder runter<br />
nach einem Film?<br />
Ja,sogar nicht. Nach Drehschluss war ich<br />
erst mal krank, wie das so ist. Undals ich wieder<br />
gesund war, ging es los mit der Postproduktion,<br />
das ging bis letzteWoche.Und Ende<br />
nächster Woche fahre ich schon zu den<br />
nächsten Dreharbeiten.<br />
„BVG fahren kann ich noch auf Studententicket,<br />
aber Kino ist vorbei. Das geht nur bis 31. Hab’ ich<br />
aber eh nie gemacht, weil ich das irgendwie oll<br />
fand: beim Kino rumknapsen.“<br />
Siefliegen nicht wenigstens mal ein paar Tage<br />
in die Sonne?<br />
Null. Also ich und am Strand liegen, gut,<br />
mache ich auch mal, aber das wird mir binnen<br />
kürzester Zeit zu langweilig. Ich bin eh<br />
nicht so der Sonnentyp, ich werde nicht<br />
braun, sondernsehr schnell rot. Ichbenutze<br />
Sunblocker 50, seit ich elf bin. Ichwar mal in<br />
Thailand und aus irgendeinem skurrilen<br />
Grund dachte ich, ich müsste mir die Beine<br />
nicht eincremen –mit einem sehr interessanten<br />
Ergebnis,eswar sehr schmerzhaft.<br />
Haben Sie als Mädchen mit Ihrer Sommersprossigkeit<br />
gehadert?<br />
Na ja, die Sommersprossen kamen ja so<br />
peu àpeu. Als sie erst nur auf der Nase waren<br />
und auf der Wange, schaute ich mir ältere<br />
Leute an, die hatten Sommersprossen<br />
auf der Stirn, und ich dachte, ich mag ja<br />
meine Sommersprossen, aber zum Glück<br />
habe ich keine auf der Stirn. Schon kamen<br />
sie auf der Stirn. Dann dachte ich so, ich<br />
mag jameine Sommersprossen, aber zum<br />
Glück habe ich keine auf dem Kinn. Dann<br />
kamen sie auf dem Kinn. Und ich weiß<br />
noch, als ich fünfzehn war, war ich bei der<br />
Physiotherapeutin, und die hatte die ganzen<br />
Arme voller Sommersprossen, und ich<br />
dachte, ich mag jameine Sommersprossen,<br />
aber zum Glückhabe ich keine auf den<br />
Armen. Mittlerweile ist alles voll auf meinen<br />
Armen. Also ich war immer mit dem<br />
Zustand, den ich hatte, zufrieden, wollte<br />
aber nicht den nächsten. Aber als der dann<br />
kam, fand ich es so weit in Ordnung. So<br />
habe ich mich daran gewöhnt. Also ich saß<br />
nie da und habe meine Sommersprossen<br />
gehasst oder den Umstand, dass ich nicht<br />
braun werde. Klar, meine Beine sind ganz<br />
schön weiß, aber so hat halt jeder seine<br />
Macken.<br />
Machen Sie noch Werbung für „Eve“ von Jil<br />
Sander?<br />
Nein, da wurde ich vonToni Garrn abgelöst.<br />
Sind Sie nicht seinerzeit vor sich selbst erschrocken,<br />
als Siedas Plakat gesehen haben?<br />
Weil die Sommersprossen wegwaren?<br />
DerRennfahrer Lewis Hamilton erzählte mir,<br />
dass er mal im Auto saß und plötzlich scherte<br />
ein Busvor ihmein, vondem sein eigenes Gesicht<br />
überlebensgroß herunterblickte. Er ist<br />
dem Busvor Schreckhinten reingefahren.<br />
Ich war da, ehrlich gesagt, irrsinnig stolz<br />
drauf. Eine deutsche Schauspielerin als Gesicht<br />
für diese internationale Marke. Aber<br />
klar, hier in der Friedrichstraße hing das<br />
groß, und das war immer ein bisschen absurd,<br />
dran vorbeizugehen. Aber es ist jetzt<br />
auch nicht so, dass ich jeden Tagsoaussehe<br />
wie aufdieser Anzeige.<br />
WasmachteigentlichIhr Politikstudium?<br />
Es schläft. Ichhabe immer noch den innigenWunsch,<br />
es zu Ende zu machen. Aber mit<br />
wachsendem Arbeitsdruck wird esunrealistischer.<br />
Zuletzt hatte ich einen Kurs über<br />
Menschenrechte belegt, wahnsinnig interessant,<br />
und ich dachte, sotoll, überhaupt hier<br />
sein zu dürfen. Aber dann habe ich den<br />
Schein, für den die Anforderungen gar nicht<br />
so hoch waren, wieder nicht machen können,<br />
weil ichsoviel zu tunhatte.Ich hoffe,es<br />
kommt mal die Phase, wo ich eine lange<br />
Pause vom Film brauche, dann würde ich<br />
das gerne fertig machen. Das sind myother<br />
wildest dreams.<br />
Wird man nicht irgendwann exmatrikuliert?<br />
Davorhabeich auch Angst.<br />
Dann können Sie nicht mehr mit dem Studentenausweis<br />
ins Kino.<br />
Das geht ehnur bis 31. BVG fahren kann<br />
ich noch auf Studententicket, aber Kino ist<br />
vorbei. Hab’ ich aber eh nie gemacht, weil ich<br />
dasirgendwie oll fand: beim Kino rumknapsen.<br />
Dasist ja im eigenen Interesse.<br />
Christian Seidl<br />
hält den deutschen Gangsterfilm für<br />
gnadenlos unterschätzt.