23.02.2019 Aufrufe

Berliner Kurier 22.02.2019

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

*<br />

POLITIK<br />

MEINE<br />

MEINUNG<br />

Von<br />

Christian<br />

Burmester<br />

Ein klein bisschen<br />

mehrist zumutbar<br />

Esist so herrlich bequem:<br />

Ein paarKlicksimNetz<br />

und am nächsten Tag klingelt<br />

es an der Tür.Das bestellte<br />

Paket ist da! Und der Versand<br />

warsogar noch „kostenlos“.<br />

Dass derService in der Realitätmanchmalzuwünschen<br />

übrig lässt, tutdem Boom<br />

–vor allem im Onlinehandel<br />

–keinen Abbruch. Leider<br />

hat diePaketflut eine Kehrseite:<br />

Jeder dritte Paketzusteller<br />

erhält nichteinmal<br />

Mindestlohn,wie eine bundesweiteRazzia<br />

kürzlich gezeigt<br />

hat. Dass nun auchTeile<br />

der CDU schärfereKontrollenfordern,<br />

istrichtig. Denn<br />

davon profitieren Unternehmen,<br />

die ihre Angestellten gut<br />

bezahlen(weil es derBilligkonkurrenz<br />

das Leben<br />

schwerer macht), die Sozialkassen<br />

und nicht zuletztder<br />

innerstädtische Fachhandel,<br />

der unterkünstlich niedrig<br />

gehaltenen Versandkosten<br />

leidet.<br />

Weniger Dumpinglöhnewürden<br />

aberwohl auchbedeuten,<br />

dass die Versandkosten für<br />

Kunden um ein paar Cent<br />

steigen. Momentan kostetder<br />

Paketversand in Deutschland<br />

im Schnitt 7Euro.Anderswo<br />

ist er deutlich teurer. In Norwegen<br />

sind es fast 14 Euro.<br />

Einekleine Steigerungwäre<br />

alsodurchaus zumutbar.<br />

MANN DESTAGES<br />

Jean-Claude Juncker<br />

Er wird von Ungarns RechtsaußenpremierViktor<br />

Orbán attackiertund<br />

in Zusammenhang<br />

mit antisemitischen Verschwörungstheorien<br />

gebracht –<br />

doch Jean-<br />

Claude Juncker<br />

ficht das<br />

nicht an.<br />

Während<br />

Kanzlerin<br />

Merkel sich<br />

hinter den<br />

EU-Kommissionspräsidentenund<br />

gegen Orbán<br />

stellte,ging Junckereinfach<br />

seiner Arbeitnach. Und lobte<br />

die Schülerproteste gegen den<br />

Klimawandel: „Ich begrüße<br />

sehr, wasjunge Menschen zurzeit<br />

in Europa bewirken.“<br />

Foto: Virginia Mayo/AP<br />

CDU will mehr Lohn für<br />

Paketboten<br />

Razzia bei HundertenZustellerfirmen offenbart:<br />

Jedes dritte Unternehmen zahltzuwenig<br />

Berlin – Schnell, bequem,<br />

billig: Hunderttausende<br />

Bundesbürger lassen sich<br />

täglich Päckchen bis an die<br />

Haustür liefern. Tendenz<br />

steigend. Was viele nicht<br />

wissen: In der Paketzustellerbranche<br />

herrschen teilweise<br />

verheerende Zustände.<br />

Der CDU-Arbeitnehmerflügel<br />

will das nun ändern<br />

und gegen Dumpinglöhne<br />

vorgehen. Das könnte<br />

den Paketversand mittelfristig<br />

teurer machen.<br />

Am 8. Februar schlug der<br />

Zoll bundesweit zu: Die<br />

Beamten der Finanzkontrolle<br />

Schwarzarbeit untersuchten<br />

HunderteZustellerfirmen.<br />

„Nach einer ersten<br />

Auswertung sieht es so aus,<br />

als würde imSchnitt jeder<br />

dritte Arbeitgeber in dem BereichzuwenigLohnzahlen“,<br />

erklärte jetzteine Sprecherin<br />

desHauptzollamts Duisburg.<br />

Vor allem Subunternehmer<br />

für Paketdienste wie Hermes,GLS,DPD<br />

und DHLfielen<br />

den Beamtennegativ auf.<br />

Sie zahlen ihren Fahrern oft<br />

deutlich weniger als den<br />

Mindestlohn, der aktuell 9,19<br />

Europro Stundebeträgt.<br />

Uwe Schummer (CDU),<br />

Chef der Arbeitnehmergruppe<br />

der Unionsfraktion,<br />

sagte dem RedaktionsNetzwerk<br />

Deutschland<br />

(RND): „Für einen fairen<br />

Wettbewerb und faire<br />

Arbeitsbedingungen ist<br />

eine Nachunternehmerhaftungder<br />

entscheidende<br />

Schritt.“ Die Auftraggeber<br />

würden auf diese<br />

Weise mit in die Pflicht<br />

genommen, faire Arbeitsbedingungenbei<br />

ihren Subunternehmen<br />

sicherzustellen.<br />

Bei der Nachunternehmerhaftunggeht<br />

es vor allem<br />

um Sozialversicherungsbeiträge.<br />

Auftraggeber werden<br />

dann juristisch belangt,<br />

wenn ihre Subunternehmer<br />

weniger als verlangt andie<br />

Sozialkassen überweisen. In<br />

der Baubranche und der<br />

Fleischindustrie habe ein<br />

solchesInstrument geholfen,<br />

rechtswidrige Zustände<br />

spürbar zurückzudrängen,<br />

so Schummer.<br />

„Die großen Paketdienstleister<br />

können sich allzu<br />

leicht aus der Verantwortung<br />

ziehen, weildie rechtliche<br />

Verantwortung bei den<br />

Subunternehmern liegt“,<br />

sagt Schummer. Es werde<br />

von den Unternehmen nicht<br />

hinterfragt, wie die „günstigen“<br />

Preise der Subunternehmer<br />

für die Paketzustellung<br />

zustande<br />

kämen.<br />

oto: privat<br />

„Nicht akzeptabel“: UweSchummer (CDU), Chef der<br />

Arbeitnehmergruppe der Unionsfraktion, kämpft gegen Lohndumping.<br />

Dabei sind die Tricks bei<br />

vielen Gewerkschaften<br />

durchaus bekannt: So werde<br />

beispielsweise acht Stunden<br />

am Tag Mindestlohngezahlt,<br />

aber tatsächlich zwölf Stunden<br />

gearbeitet. Zudem sind<br />

Paketfahrer nur schwach gewerkschaftlich<br />

organisiert.<br />

Viele kommen auch aus dem<br />

Ausland und verfügen beispielsweise<br />

über keine offizielle<br />

Arbeitserlaubnis. Auf<br />

solche Fälle stieß auch der<br />

Foto: Malte Christians/dpa<br />

Zoll bei seiner jüngsten Razzia.<br />

Aber auch Auftraggeber<br />

wie die Deutsche Post versuchen<br />

offenbar, die Preise so<br />

weit wie möglichzu drücken.<br />

Kürzlich sorgten bei Angestellten<br />

des teilstaatlichen<br />

Unternehmens Berichte für<br />

Aufruhr, wonach der klassische<br />

Zustellbetrieb mit der<br />

Billigtochter Delivery zusammengelegt<br />

werden soll.<br />

Bei der Billigtochter werden<br />

nur 12 statt20Euro pro Stunde<br />

gezahlt. Nun geht die<br />

Angst vor einer Angleichung<br />

nach unten um.<br />

Für Schummer sind aber<br />

vor allem die rechtswidrigen<br />

Niedriglöhne das Problem:<br />

„Die Versandkosten<br />

werden so künstlich<br />

niedrig gehalten.“<br />

Dadurch werde auch<br />

der Wettbewerb zwischen<br />

innerstädtischem<br />

Fachhandel<br />

und dem Onlinehandel<br />

verzerrt. Dem<br />

dürfe man nicht tatenlos<br />

zusehen:<br />

„Das ist nicht akzeptabel.“<br />

Viel Arbeit,wenig<br />

Lohn: Ein Paketbote<br />

der Post liefert<br />

Päckchen in<br />

Hamburgaus.

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!