Berliner Kurier 12.03.2019
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*<br />
POLITIK<br />
MEINE<br />
MEINUNG<br />
Gefühlt bereits<br />
im Kanzleramt<br />
Von<br />
Daniela<br />
Vates<br />
Aus „Merkel muss weg“ ist<br />
inzwischen „Merkel ist<br />
weg“ geworden: Sie hat den<br />
Parteivorsitz niedergelegt. Als<br />
Kanzlerin war sie auch schon<br />
präsenter. Die Gassenhauer-<br />
Bühne in der CDU gehört eindeutig<br />
Annegret Kramp-Karrenbauer.<br />
Merkel hat ihr zudem<br />
gerade die Antwort auf<br />
Macrons EU-Pläne überlassen.<br />
Es war eine Art kleine<br />
Übergabe der Staatsgeschäfte.<br />
Die SPD hat allerdings deutlich<br />
gemacht, dass sie einen<br />
fliegenden Wechsel von Merkel<br />
auf AKK nicht unterstützen<br />
will. Die Sozialdemokraten<br />
haben sich nie wohlgefühlt<br />
in dieser Koalition, ein Wechsel<br />
an der Spitze dürfte für sie<br />
ein Anlass sein zu gehen.<br />
Die Folgen wären: Neuwahl,<br />
Wahlkampf, Monate ohne Regierung.<br />
Oder, sofern sich<br />
Grüne und FDP regierungswillig<br />
zeigen, lange Koalitionsverhandlungen.<br />
Die<br />
Union wird gern auf diesen<br />
erneuten Stillstand mit<br />
Chaos-Einsprengseln verzichten<br />
–zumindest vor der<br />
Europawahl. Für AKK wäre<br />
es ein Vorteil, wenn sie als<br />
Kanzlerkandidatin mit Amtsbonus<br />
in eine Wahl zöge.<br />
Aber eben auch kein Muss.<br />
Möglicherweise reicht es für<br />
sie schon, wie jetzt die gefühlte<br />
Regierungschefin zu sein.<br />
MANN DESTAGES<br />
Cem Özdemir<br />
Seine Aussage istmutig, doch<br />
Cem Özdemir ist es gewohnt,<br />
den Zorn islamistischer und<br />
rechter Türken auf sich zu<br />
ziehen. So<br />
wird auch<br />
seine jüngste<br />
Warnung<br />
im Deutschlandfunk<br />
vor<br />
Reisen in die<br />
Türkei wiederfür<br />
Wutausbrüche<br />
bei der Regierung<br />
in<br />
Ankaraund deren Anhängern<br />
hierzulande sorgen. „Keiner<br />
ist in derTürkei sicher, weder<br />
Deutschenoch Nichtdeutsche.<br />
Das ist einWillkürstaat“,<br />
sagte der 53-jährige<br />
Sohn türkischer Eltern.<br />
Foto: Christoph Schmidt/dpa<br />
AKK –Warmlaufen für<br />
den Job im Kanzleramt<br />
CDU-ChefinAnnegret Kramp-Karrenbauer positioniertsich zunehmend in derpolitischen Debatte<br />
mer schwerer, Angela Merkel<br />
ohne Neuwahlen zu beerben.<br />
Zumal die SPD der CDU-Chefinden<br />
direkten Weg ins Kanzleramt<br />
versperren will. Johannes<br />
Kahrs,Chef des konservativen<br />
Seeheimer Kreises in der<br />
SPD,will AKK bei einem Rück-<br />
Berlin – Annegret Kramp-<br />
Karrenbauerarbeitetfieberhaftander<br />
„OperationKanzlerwechsel“.<br />
Doch eine neue<br />
Umfrage zeigt: Eine Mehrheit<br />
der Bundesbürger würde<br />
Angela Merkel am liebsten<br />
bis 2021 im Kanzleramt<br />
behalten. Strebt die neue<br />
CDU-Vorsitzende deshalb<br />
Neuwahlen an?<br />
Die Werte-Union, ein besonderskonservativerZusammenschluss<br />
innerhalb der CDU,<br />
kann es kaum erwarten: „Es<br />
wäre für die Union das Beste,<br />
wenn Frau Merkel ihr Amt<br />
möglichst bald anAKK übergibt“,<br />
erklärte Werte-Union-<br />
Chef Alexander Mitsch der<br />
„Passauer Neuen Presse“. „Ein<br />
Bruch der Koalition steht ohnehinbevor“,<br />
ist der CDU-Politiker<br />
überzeugt.<br />
Allerdings steht Mitsch mit<br />
Unausgesprochenes Duell um die Macht: Bundeskanzlerin Angela Merkel<br />
(CDU) und CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer (rechts).<br />
seinem Wunsch für eine doppelte<br />
Minderheit: Zahlreiche<br />
CDU-Spitzenpolitiker versuchen<br />
die Diskussion herunterzuspielen<br />
und sprechen von<br />
„Nachwirkungen der Narrenzeit“<br />
–dabei ist ein Kanzlerwechsel<br />
impolitischen Berlin<br />
Tuschelthema Nummer eins.<br />
Und: Zwei Drittel der Deutschen<br />
lehnen laut einer Forsa-<br />
Umfrage für RTL/N-TV einen<br />
vorzeitigen Rückzug der Bundeskanzlerin<br />
aus dem Amt ab<br />
und wünschen sich, dass die<br />
64-Jährige bis zum Ende der<br />
Legislaturperiode im Herbst<br />
2021 regiert.Sollte Merkel vorzeitig<br />
zurücktreten, wären 56<br />
Prozentfür Neuwahlen.Nur 17<br />
Prozentkönnen sich für Jamaikabündnis<br />
im Bundestag erwärmen,<br />
das die Saarländerin<br />
auch ohne Neuwahlen ins<br />
Kanzleramt bringen würde.<br />
Für AKK wird es damit imzug<br />
Merkels ebenso wenig zur<br />
Kanzlerin wählen („Dann laufen<br />
wir Amok“) wie die Partei-<br />
Linken um Juso-Chef Kevin<br />
Kühnert.<br />
Kramp-Karrenbauerscheint<br />
für Neuwahlen allerdings gerüstet.<br />
Hinter den Kulissen ist<br />
Foto: Kay Nietfeld/dpa