EISSPEEDWAY-WM Finale 3 - Berlin/D „Eishans“ rockt Berlin Enge Kiste 1: Niclas Svensson gegen Franz Zorn und Dimitri Koltakow Franz Zorn vor Max Niedermaier und Markus Jell Stefan Svensson schießt im Semifinale am Samstag Andrej Schischegow ab 10 BAHNSPORT AKTUELL April '19
Wann kriegen wir sowas zu sehen? Hans Weber führt fast drei Runden lang vor dem noch amtierenden Weltmeister Dimitri Koltakow Enge Kiste 2: Dimitri Koltakow zwischen Ove Ledström und Dinar Walejew Nachdem sich der WM-Tross von Almaty über Schadrinsk nach Berlin aufgemacht hatte, musste man damit rechnen, dass die deutsche Hauptstadt von der russischen Walze überrollt werden würde. Lagen doch fünf Russen in der WM-Wertung an der Spitze. Doch dann rockte Hans Weber Berlin. Der Bayer sprengte Grenzen und zog am ersten Tag ins Finale ein. Zwar blieben Dimitri Koltakow, Dinar Walejew und Dimitri Komisewitsch vor ihm, doch die 10 Punkte waren Gold wert. Und beim GP 6 am nächsten Tag sprangen sogar 12 Punkte heraus. Bravo!!!!!! Bei bedecktem Wetter und vor 4200 Zuschauern, erneut mehr als im Vorjahr, begann am Samstag pünktlich um 17:00 Uhr der erste Lauf, der in der Reihenfolge Daniil Iwanow, Niclas Svensson, Nikita Toloknow und Max Niedermaier noch unspektakulär endete. Erwartungsgemäß auch die Sieger der weiteren Läufe mit Dimitri Komisewitsch und Andrej Schischegow, ehe es zum Abschluss des ersten Durchgangs in den Strohballen gewaltig rauschte. Weltmeister Dimitri Koltakow, ganz außen fahrend, ging die Kurve aus, er begab sich in die blauen Säcke und deponierte dort mögliche Punkte, während der bis dahin bestplatzierte Nicht-Russe Martin Haarahiltunen, unabhängig von Koltakows Abstieg, fast zum gleichen Zeitpunkt kurvenausgangs innen in ein Loch geriet, einen Aufsteiger hatte, spektakulär abflog und mit dem Kopf auf dem Eis landete. Nach kurzer Behandlung durch den Rennarzt musste er mit dem Sanitätswagen aus dem Rund gefahren werden. Beide Fahrer wurden disqualifiziert. Aber Koltakow gewann seine weiteren vier Läufe und zog ins Finale ein. Dort holte er sich den Tagessieg vor Dinar Walejew, Komisewitsch und Hans Weber. Auch der Schwede fuhr weiter, holte zwei Laufsiege, zwei Zweier und zog ins Halbfinale ein, das Dimitri Komisewitsch vor „Eishans“ Weber gewann, während zuerst Daniil Iwanow stürzte und dann Haarahiltunen. Der Schwede hatte sich bei seinem Abflug die Hand gebrochen und die war nun nicht mehr „betriebsfähig“, er konnte sein Bike einfach nicht mehr steuern. Damit war für ihn Endstation, auch für den Sonntag. Während am ersten Tag das Eis eher spröde wirkte und auf der Außenbahn reichlich abgefahrenes Material lagerte, gab es am Sonntag bei kurzzeitig leichtem Regen eine wässrige Bahn. Das Wetter war auch dafür verantwortlich, dass an diesem Tag weniger Zuschauer (3800) die durchweg spannenden Rennen verfolgten. Die Binsenweisheit, erstes Rennen = schnellstes Rennen, galt hier wie am Vortag und lag an der Minutengrenze. Nach vier Stürzen im GP 5 – nämlich von Haarahiltunen und Koltakow sowie Stefan Svensson/Andrej Schischegow und Iwanow (in ihren Halbfinalläufen) – musste nun nur Nikita Toloknow aus dem Sattel. Mit den ins Geschehen eingreifenden Ersatzfahrern (statt Haarahiltunen und Schischegow) respektive Wildcardfahrer Tobias Busch, Marc Geyer und Markus Jell erhöhte sich die Anzahl der im GP involvierten Deutschen auf sechs. Für Koltakow verlief der Tag nicht ganz nach Wunsch. Nach den Berlin-Siegen 2017 und 2018 sowie dem Erfolg am Samstag schnitten ihm Iwanow (Lauf 9) sowie Komisewitsch und Walejew (Lauf 19) den Faden ab. Zwar reichte es für das Finale, aber dort waren nun Walejew und Iwanow vorne. Vom Start weg im Hintertreffen, schaffte er auf seiner bevorzugten Außenbahn nicht mehr als Rang 3. Dieser Ausgang bescherte der WM- Wertung eine Spitzentroika mit den nach Berlin gleichauf liegenden 97 Punktern, nämlich Koltakow, Iwanow und Walejew. Letztgenannter konnte als Einziger in allen sechs bisherigen Grand Prix ins Finale kommen und feierte seinen zweiten GP- Sieg. Weiterhin ist er mit der Teilnahme an 40 Läufen innerhalb dieses Championats Spitzenreiter vor Koltakow, Iwanow und Komisewitsch (jeweils 39). Diese vier Cracks legen mit einem Punkteschnitt von rund 2,5 einen deutlichen Abstand zum Fünftplatzierten Nikita Toloknow, der nach 34 Laufteilnahmen auf einen Schnitt von 1,73 kommt, vor. Eindeutiger Aufsteiger in Berlin war Hans Weber, der sich mit seiner feinen Leistung auf Platz 6 der WM festsetzte und nun das Prädikat „Bester Nicht-Russe“ führen kann. Nach anfänglichen kleinen Problemen griff man auf das alte Set-up zurück, denn zu diesem Zeitpunkt „waren 9 Punkte zu holen“, so der Eis-Hans zum ersten Tag befragt. Sechs zusätzliche holte er in den folgenden drei Läufen heraus und sah sich im Halbfinale gegen Iwanow, Komisewitsch und Haarahiltunen. Nach einem Sturz von Iwanow und einem weiteren von Haarahiltunen, nachdem das Rennen schon gestoppt war und bei dem er sich die Hand brach, war die Sensation im Re-run perfekt – Weber im Finale! Das war der Zeitpunkt, wo der „Hab’ nichts zu verlieren“-Modus eingriff. So startete Weber ganz relaxt in den Heat, in dem sich „das Problem ergab, dass ich den Drehgriff nur mit drei Fingern hatte und nachgreifen musste“. Ende gut, alles gut; für den schnellen sowie ebenso sympathischen Bayern war die Finalteilnahme die Krönung der bisherigen Laufbahn. Am zweiten Tag schrammte er trotz 2 Punkten mehr am Finale vorbei, doch Tagesrang 5 vor dem Schweden-Trio war auch nicht schlecht. Was gab es noch Deutschsprachiges? Nach Nullern am Eröffnungstag konnten sowohl Busch als auch Geyer einen Zähler verbuchen. Marc Geyer musste, nachdem er keine einsatzfähigen Vorderräder mehr hatte, auf den Bikes von Haarahiltunen und Busch starten, mit denen er sichtlich Probleme hatte und lediglich darauf bedacht war, die Maschinen und sich heil ins Ziel zu bringen. Markus Jell, der neue deutsche Eisspeedwaymeister, konnte sich auf 4 Zähler steigern und hinterließ einen durchaus positiven Eindruck im Feld der „Großen“. Max Niedermaier war mit seiner Performance (Platz 13 bzw. 11) nicht zufrieden und wartet auf Inzell, wo ihm das Eis mehr taugt. Bereits nicht fit angetreten, waren für Stefan Pletschacher beide Tage leere Kilometer. Ein eingeklemmter Nerv verhinderte ein normales Fahren und das vorzeitige Aus war vorprogrammiert. Auch die ehemalige Speerspitze der österreichischen Fahrer Franz Zorn war stumpf. Die Nachwirkungen des Almaty-Sturzes waren offensichtlich, womit es bei einem Zuwachs von insgesamt 12 Punkten blieb, was derzeit Rang 14 in den Charts bedeutet. Zwei Ränge dahinter rangiert sein Landsmann Charly Eber, der in allen bisherigen GP punktete, aber in der harten Ice-Gladiators-Welt noch Lehrgeld zahlt. Die schwedische Fraktion verkraftete den Ausfall Haarahiltunens einigermaßen. Nach den Rängen 6 (Haarahiltunen), 8 (Stefan Svensson) 9 (Niclas Svensson) und 11 (Ledström) gab es am Sonntag ein geschlossenes Trio Niclas Svensson, Stefan Svensson, Ove Ledström auf den Plätzen 6 bis 8. In der WM-Wertung hieß es nach Berlin Siebter Haarahiltunen, Achter Stefan Svensson vor dem Filius und Ledström als Elfter. • Text: Alfred Domes; • Fotos: David Reygondeau/good-shoot.com Samstag (v.l.): Dinar Walejew, Dimitri Koltakow, Dimitri Komisewitsch; Sonntag (v.l.): Daniil Iwanow, Walejw und Koltakow April '19 BAHNSPORT AKTUELL 11