Gustav-Meyrink Meister Leonhard
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<strong>Gustav</strong> <strong>Meyrink</strong> • <strong>Meister</strong> <strong>Leonhard</strong> • Novelle<br />
nicht die Zeit, sich zu kämmen, die Haare hängen ihr<br />
wirr um die Schläfen, sie ißt im Gehen, legt sich nicht<br />
mehr schlafen. Halb angezogen, damit das Rascheln<br />
der Kleider ihr Kommen nicht verrät, huscht sie auf<br />
leisen Filzschuhen, um wie ein Gespenst da und dort<br />
aufzutauchen, durchs Schloß.<br />
Selbst in der Nähe der Kapelle geistert sie bei<br />
Mondschein umher. Niemand traut sich mehr hin; das<br />
Gerede entsteht, daß der Tote dort spukt.<br />
Nie läßt sie sich irgendwelche Hilfe leisten, was sie<br />
braucht, holt sie sich selber; sie weiß genau, daß ihr<br />
stummes blitzartiges Erscheinen mehr Furcht unter<br />
dem abergläubischen Gesinde erzeugt, als wenn sie<br />
herrisch auftritt; die Leute verständigen sich nur noch<br />
im Flüsterton, keiner wagt ein lautes Wort, alles ist<br />
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