03.05.2019 Aufrufe

world of mtb Magazin Enduro & Trail 2019

In der Enduro & Trail Ausgabe 2019 des deutschen Mountainbike Magazins world of mtb findest du ausführliche Biketests, Tipps zur Fahrtechnik, uvm.

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GESCHICHTEN<br />

» ERSTE TEILNEHMER KÄMPFEN GEGEN KRÄMPFE AN, WÄHREND DAS MATERIAL ANDERER<br />

DURCH QUIETSCHENDE, MALEND-REIBENDE GERÄUSCHE DER KETTE AUF VERSÄUMTE<br />

PFLEGEEINHEITEN AUFMERKSAM MACHT. «<br />

Gemeinsam unterwegs<br />

An der Startlinie freue ich mich, Jakob Breitwieser, Felix Döring<br />

und Heiko Gutmann vom Freiburger Mountainbike-Verein<br />

zu treffen. Gemeinsam starten wir in der zweiten Welle um<br />

fünf Uhr und werden zwei der drei Loops gemeinsam bestreiten.<br />

Das Thermometer zeigt sechs Grad. Verrückt. Gestern<br />

behinderte noch Staub die Sicht, heute dürfte der Boden gut<br />

gebunden sein. Rutschige Wurzeln und Schieferplatten blenden<br />

wir aus – im Hinterkopf beschäftigt es jedoch sicherlich<br />

einige.<br />

Der Dreh- und Angelpunkt des ersten Loops ist der<br />

Hausberg „Naudech“: Fast 600 Tiefenmeter und acht Kilometer<br />

beträgt der Night Ride. Die Protektoren werden angezogen<br />

und die Transponder „scharf“ gestellt. Immer noch tröpfelt<br />

es vom Himmel. Meine drei Begleiter verliere ich rasch<br />

aus dem Schein meiner Lampe. Dafür blendet er mich selbst<br />

– der ständige Griff zum Lenker, um die Lampe auf den Weg<br />

zu auszurichten, kostet unnötig Zeit und macht den ohnehin<br />

rutschigen Ritt nicht leichter (Erkenntnis Nummer zwei). Hier<br />

und da muss ich meine neu gewonnenen Französischkenntnisse<br />

einsetzen: „Droit! Pardon! Droit!“ Das ist auch schon die<br />

dritte Erkenntnis, die ich beim nächsten Rennen beherzigen<br />

werde: Laut rufen und höflich bleiben, aber bestimmt sein<br />

und nicht bis zur nächsten Parkbucht warten. Es ist ein <strong>Enduro</strong>-Rennen!<br />

Überholen im richtigen Moment und sich hin<br />

und wieder eingestehen, dass man langsamer als andere ist,<br />

gehört dazu und sorgt insgesamt für schnelle Zeiten und bessere<br />

Stimmung!<br />

Der Regen hat dem Boden tatsächlich gut getan. Lediglich<br />

die Wurzeln und so manche Felspassagen müssen beherzt<br />

genommen werden. Am Ende der Night Stage erreicht<br />

man ein Bachbett, tief in einer Schlucht. Von hier führt ein<br />

neu gebauter <strong>Trail</strong> einige Höhenmeter zurück zur Schotterstraße.<br />

Der Boden ist glitschig. Ich habe Mitleid mit mehreren<br />

E-Bikern, die triefend-nassgeschwitzt ihre schweren Böcke<br />

den Hang hinaufwuchten. Zwei Schritte vor, einen zurück –<br />

und noch mal.<br />

Spuren der EWS<br />

Das erste Zehntel ist geschafft. Langsam dämmert es, während<br />

wir gemeinsam zur „Les Crêtes“-Stage kurbeln. Direkt<br />

unterhalb eines der spektakulärsten Teilstücke des letztjährigen<br />

<strong>Enduro</strong>-World-Series-Rennens in Olargues. Wer es mitverfolgt<br />

hat, erinnert sich bestimmt an die Bilder der steilen<br />

Felspassagen. Die kritischste Schlüsselstelle blieb uns zum<br />

Glück erspart und machte aus dem Weg am Bergrücken<br />

des Naudech eine schnelle und bisweilen sogar flowige Angelegenheit.<br />

Nach einer weiteren Stage auf der Südseite des<br />

malerischen Tales, in dem sich das Flüsschen Jaur seinen<br />

Lauf gebahnt hat, gelangen wir zurück ins Fahrerlager und<br />

tanken auf.<br />

Zweiter Streich<br />

Der erste Anstieg zum zweiten Loop ist der längste des Tages.<br />

Der Redefluss nimmt ab. Erste Teilnehmer kämpfen gegen<br />

Krämpfe an, während das Material anderer durch quietschende,<br />

malend-reibende Geräusche der Kette auf versäumte Pflegeeinheiten<br />

aufmerksam macht. Auf die Nordseite des Tals<br />

nahe dem Lac de Vésoles, der am Rand einer Hochebene auf<br />

1.000 Meter Höhe liegt und dessen Ablauf als Wasserfall vom<br />

„Saut de Vésoles“ in einen felsigen Canyon stürzt, befindet<br />

sich die gleichnamige Stage 4. Aussichtsreich windet sie sich<br />

anfangs extrem verblockt und bockig, später mal flowig, mal<br />

technisch-ausgesetzt und reich an zerklüfteten Spitzkehren<br />

bis zum Fuße des Wasserfalls. Stage 5, „La Secrète“, das Geheimnis,<br />

wird einer meiner Lieblingstrails – wenn man das bei<br />

der extrem hohen Qualität aller <strong>Trail</strong>s überhaupt sagen kann.<br />

Er hält watteweichen Waldboden, hohe Geschwindigkeiten,<br />

schnelle Richtungswechsel, Drops von Felskanten und einzelne<br />

gebaute Kicker bereit. Leider macht der einsetzende,<br />

strömende Regen das Erlebnis für mich an dem einen oder<br />

anderen moosüberzogenen Stein zur Mutprobe. Dann öffnen<br />

sich die Himmelsschleusen vollends. Es regnet ohne Unterlass<br />

und hat kaum mehr als zehn Grad. Umso überraschter<br />

bin ich, wie griffig das Gestein trotz des abfließenden Wassers<br />

ist. Man könnte die letzte Stage des zweiten Loops fast als<br />

Flowtrail bezeichnen; die Geschwindigkeit muss nur passen.<br />

Auf dem zehn Kilometer langen Rückweg zum Fahrerlager,<br />

der im Tal einer alten Bahnlinie folgt, entscheide ich, zunehmend<br />

zitternd und mit klammen Fingern, mir einen heißen<br />

Kaffee zu holen und mich dann direkt auf den letzten Loop<br />

zu begeben.<br />

„Sadistische Züge“<br />

Meine Versorgungstaktik und die Einteilung der Kraft gehen<br />

auf. Den roten Bereich habe ich komplett vermieden. Die letzten<br />

drei langen Anstiege kann ich entspannt mit genügend<br />

Reserven angehen. Stage 7 führt erneut zum Naudech, dann<br />

jedoch in südliche Richtung. Wäre es nicht so bewölkt, würde<br />

man von hier das nur 50 Kilometer entfernte Mittelmeer sehen.<br />

Ich sehe nur graue Wolken und zunehmend ausdruckslose<br />

Gesichter, jedoch auch Vorfreude auf das baldige Finale.<br />

Ich brauche den ganzen Anstieg von 500 Höhenmetern, um<br />

wieder warm zu werden. Die anschließende Stage ist sehr<br />

schnell, hat aber mit einzelnen in den Weg ragenden Felsen,<br />

auf die man reagieren muss, auch ihre Tücken. Mittlerweile ist<br />

es von oben her wieder trocken – und mir bricht der Schweiß<br />

aus. Malerisch, aber mit „sadistischer Note“ führt der vorletzte<br />

Anstieg durch steile Weinberge mit Blick auf ein mittelalterliche<br />

Örtchen und das zerklüftete Flusstal zum „Laurenque-<strong>Trail</strong>“.<br />

Nur noch wenige Teilnehmer kurbeln, viele sind<br />

geschafft. Dennoch bin ich immer wieder – auch von mir<br />

selbst – überrascht, welche Leistung man bergab auf diesen<br />

122<br />

<strong>world</strong> <strong>of</strong> <strong>mtb</strong> Nº3.19

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