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Berliner Zeitung 06.05.2019

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22 <strong>Berliner</strong> <strong>Zeitung</strong> · N ummer 103 · M ontag, 6. Mai 2019<br />

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Feuilleton<br />

In einer anderen Dimension<br />

Das Staatsballett brilliert in der Staatsoper mit dem dreiteiligen Ballettabend „Balanchine /Forsythe /Siegal“<br />

VonMichaela Schlagenwerth<br />

Endlich! Fast bis zum Ende der<br />

Spielzeit hat es gedauert. Nun<br />

hat sich Daniil Simkin, der größte<br />

neue Star des Staatsballetts, dem<br />

<strong>Berliner</strong> Publikum in einer Premiere<br />

vorstellen können. Nicht spektakulär<br />

in einem großen, abendfüllenden<br />

Handlungsballett wie ursprünglich<br />

geplant, das fiel verletzungsbedingt<br />

aus. Aber jetzt, seit der dreiteiligen,<br />

„Balanchine /Forsythe /Siegal“ betitelten<br />

Ballettpremiereinder Staatsoper<br />

Unter den Linden weiß man:<br />

Dervom NewYorker American Ballet<br />

Theatre nach Berlin gewechselte<br />

Simkin ist tatsächlich so aufregend,<br />

wie erhofft. Ein anmutiger Ballettprinz<br />

mit enormer Bühnenpräsenz<br />

und schwebend leichten Sprüngen.<br />

EinTänzer voneinem Format wie er<br />

in Berlin lange gefehlt hat –und ein<br />

Grund mehr um ins Staatsballett zu<br />

pilgern, das unter neuer Leitung<br />

auch mit dieser letzten Premiereder<br />

Spielzeit Furore macht.<br />

Dieser Abend macht Sinn<br />

Elektrisierende Präsenz der Tänzer:Szene aus „Oval“, der zeitgenössischen Choreographie von Richard Siegal.<br />

Daniil Simkin und Maria Kochetkovaindem Ballett-Einakter von George Balanchine.IMAGO<br />

Eigentlich hatte man sich ein wenig<br />

geärgert als die frischgebackenen<br />

neuen Staatsballettchefs, Johannes<br />

Öhman und Sasha Waltz, vor einem<br />

guten Jahr einen dreiteiligen Ballettabend<br />

ankündigten, wie man ihn eigentlich<br />

schon bis zum Überdruss<br />

kennt. Etwas Klassisches mit Glitzer<br />

und Tutu für den konservativeren Geschmack<br />

und darunter gemischt modernes<br />

Ballett, von dem man glaubt,<br />

dass es allein das Haus nicht füllt.<br />

Aber abgesehen davon, dass sich<br />

in diesem Jahr mit Sharon Eyals<br />

Techno-Ballett „Half Life“ schon erwiesen<br />

hat, dass sich in Berlin ein<br />

Opernhaus problemlos auch mit radikal<br />

zeitgenössischem Tanz füllen<br />

lässt: Dieser Abend macht in seiner<br />

Zusammenstellung Sinn. Nicht nur,<br />

weil George Balanchine in der ersten<br />

Hälfte des 20. Jahrhunderts der bedeutendste<br />

Revolutionär der klassischen<br />

Ballettsprache war und William<br />

Forsythe in der zweiten.<br />

Balanchines „Theme and Variations“<br />

zur Musik von Peter I. Tschaikowsky<br />

und Forsythes „The Second<br />

Detail“ weisen einige Parallelen auf<br />

in ihrer Struktur,ihren Fragen an den<br />

Raum. In gewisser Weise öffnet und<br />

schärft Balanchines Arbeit den Blick<br />

für das, was in Forsythes „The Second<br />

Detail“ passiert. Sehr elegant<br />

sind Balanchines „Theme and Variations“<br />

in dem in einem durch drei<br />

große Kristalllüster angedeuteten<br />

Ballsaal zunächst ein Corps de ballet<br />

vonzwölf Tänzerinnen um eine Ballerina<br />

(Maria Kochetkova)und einen<br />

Premier Danseur (Daniil Simkin) arrangiertist.<br />

Ausschlichten ersten Bewegungen<br />

ergeben sich im Laufe des<br />

Stücks immer komplexereMuster.<br />

Ähnliches geschieht, wenn auch<br />

auf ganz andere Weise, in„The Second<br />

Detail“. Schon allein der Titel<br />

hat etwas Detektivisches, weist auf<br />

Verborgenes hin, ebenso wie das<br />

Schild mit einem rätselhaften<br />

„THE“, das für die Dauer des Stücks<br />

an der Rampe aufgestellt ist. Ja, das<br />

was? In den 80er und 90er Jahren<br />

Wiliam Forsythes „The Second Detail“ wardas meist umjubelte Werk des Abends. IMAGO<br />

IMAGO<br />

hat Forsythe erfunden, was heute<br />

längst Kanon geworden ist, das Zerbrechen<br />

der geraden Linien, das<br />

Aufsprengen der Diagonalen, der<br />

Raumordnung. In „The Second Detail“<br />

kippen die Beine der Tänzer<br />

zum Xzusammen, verschieben sich<br />

unaufhörlich die Achsen, wird aus<br />

einem kleinen Detail eine Unendlichkeit<br />

an Möglichkeiten. Bis am<br />

Ende eine barfüßige Ausdruckstänzerin(in<br />

einem weißen Kleid vonIssey<br />

Miyake) noch einmal alles furios<br />

auflöst in einen reinen, wilden Fluss<br />

der Bewegung.<br />

Im Programmheft berichtet Dana<br />

Caspersen, Partnerin und frühere<br />

Tänzerin Forsythes, wie sie bei der<br />

Entwicklung des Stücks mit dem<br />

Blick gearbeitet haben. In den vorherigen<br />

Arbeiten ist der Blick noch all<br />

den vielen neuen Linien gefolgt, den<br />

die Körper da auf einmal in den<br />

Raum zeichneten und den sie so verlängerten.<br />

In „The Second Detail“<br />

wird das noch weiter radikalisiert.<br />

Der Blick kippt nach innen und in<br />

andere Richtungen. Er erweitert die<br />

Vorstellung davon, was ein Körper<br />

im Raum sein kann noch einmal<br />

weiter um eine Multiperspektivität,<br />

die nicht länger den einzelnen Tänzerins<br />

Zentrum setzt. Einwenig enttäuscht<br />

ist man hier allerdings von<br />

den Staatsballett-Tänzern, die sowohl<br />

bei Balanchine als auch bei der<br />

Uraufführung von Richard Siegals<br />

„Oval“ brillieren. Aber ausgerechnet<br />

hier fehlt das Vibrierende, elektrisierend<br />

Aufgeladene und gestochen<br />

Scharfe mit dem in Forsythe-Stücken<br />

die Luft regelrecht durchschnitten<br />

wird. Einigen der eingesetzten<br />

Tänzer fehlt auch schlicht das technische<br />

Niveau um das komplexe,<br />

hochvirtuose Stück zu meistern.<br />

Nichtsdestotrotz war „The Second<br />

Detail“ zu Recht das zumeist umjubelte<br />

Werk des Abends, Forsythes<br />

Werk hat auch dreißig Jahrenach seiner<br />

Entstehung nichts von seiner<br />

Größe und Radikalität eingebüßt.<br />

Ballettchef Öhman ist mit seiner<br />

klugen Zusammenstellung des Programms<br />

zu verdanken, dass sich das<br />

doch weitgehend ältere, konservative<br />

Premierenpublikum für Forsythe<br />

sogar noch mehr begeistern<br />

konnte als für Balanchine. Dass an<br />

diesem Abend das Orchester nur für<br />

zwanzig Minuten zum Einsatz<br />

kommt, sei ihm dafür verziehen.<br />

Elektronische Musik vonAlvaNoto<br />

Bei dem durch die Forsythe-Schule<br />

gegangenen Richard Siegal ist es<br />

dann da, dieses Vibrierende, gestochen<br />

Scharfe, elektrisierend Präsente<br />

der Tänzer.Wie von outerspace<br />

wirkt „Oval“, das die Bühne der<br />

Staatsoper kurz ineine andere Zeitdimension<br />

katapultiert. Siegal setzt<br />

sich in seinen Stücken schon lange<br />

mit neuen Technologien auseinander.Ein<br />

vonMatthias Singer mit Led-<br />

Licht bespieltes Oval schwebt wie<br />

eine ArtRaumschiff über den Köpfen<br />

der zwölf Tänzer –fast wie ein eigenes,<br />

intelligentes, blinkend mit der<br />

elektronischen Musik von Alva Noto<br />

und mit den Tänzern kommunizierendes<br />

Wesen. Unaufhörlich werden<br />

durch die Tänzer-Körper die treibenden<br />

elektronischen Sounds gejagt. Es<br />

gibt eine unaufhörliche,soghafte Abfolge<br />

von Duetten und Gruppenformationen.<br />

Einwenig SM angehaucht<br />

wirken die Tänzer in ihren Ganzkörper-Kostümen<br />

und ein wenig als<br />

seien sie gerade einer Mission aus einem<br />

„Avenger“-Film entsprungen<br />

und zu einem kurzen Aufenthalt auf<br />

der Bühne der Staatsoper gelandet.<br />

Aber anders als bei Balanchine und<br />

Forsythe weiß man nicht wirklich<br />

wozu. Als Kommentar, als Reflexion<br />

über Balanchine und Forsythe war<br />

„Oval“ angekündigt. Aber daskonnte<br />

man bei allem großen Effekt nicht<br />

recht erkennen.<br />

Michaela Schlagenwerth<br />

war zunächst verärgert,<br />

dann sehr angetan.<br />

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