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Magazin Wallis - Ausgabe 9 - Mai 2019

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KULTUR<br />

Haben Sie vor Kurzem auch gehört,<br />

wie ihr Nachbar erzählte, er habe<br />

«die Hurtigruten gemacht»? Und<br />

das befreundete Paar «machte Südostasien<br />

und Hongkong, nächstes Jahr ist<br />

dann Costa Rica dran». Man stellt sich<br />

die Weltkarte der Betreffenden vor, mit<br />

Stecknadeln an allen Orten, die sie schon<br />

abhaken konnten auf ihrer Tour durch die<br />

Welt. Und durchs Leben.<br />

Man kann aber auch nach Ernen reisen.<br />

Dazu braucht es etwas Mut – denn dieses<br />

Dorf kann man nicht «machen». In Ernen<br />

kommt man an.<br />

Biegt man von der Hauptstrasse durchs<br />

Goms zwischen Lax und Fiesch scharf gegen<br />

Süden ab, fährt man rund drei Kilometer<br />

durch eine idyllische Landschaft.<br />

Die Strasse wird eng, und plötzlich, nach<br />

einer letzten Biegung, ist man mittendrin,<br />

auf dem Dorfplatz, von dem enge Gassen<br />

in das verwinkelte Dorf mit den schwarz<br />

verbrannten Häusern führen. Gepflegte<br />

Bauerngärten, eine Katze, die sich in der<br />

Sonne räkelt. Fast aus der Welt gefallen,<br />

herrscht hier eine Stimmung aus Ruhe<br />

und Beständigkeit, eben ganz so, als habe<br />

man endlich eine Heimat gefunden.<br />

So erging es auch dem ungarischen<br />

Konzertpianisten und Klavierpädagogen<br />

Györ gy Sebök. Der Weitgereiste, mit einer<br />

Professur in Indiana USA, kam in den<br />

Siebzigerjahren erstmals nach Ernen. Der<br />

begnadete Lehrer erkannte die einmalige<br />

Atmosphäre des Dorfes und gründete,<br />

nach einem Gespräch mit dem Dorfpfarrer,<br />

1974 die Sommerakademie für junge<br />

Musikerinnen und Musiker. Die Klaviere<br />

mussten von Genf ins Oberwallis transportiert<br />

werden, das Pfarrhaus diente<br />

den dreissig Musikern ebenso als Übungsraum<br />

wie das am Dorfplatz gelegene<br />

Tellenhaus. Zum Abschluss fanden in der<br />

unter Denkmalschutz stehenden Barockkirche<br />

St. Georg erste Konzerte statt.<br />

«Das ist mein Dank an Ernen», begründete<br />

der grosse Künstler Sebök. Denn:<br />

Kultur hat nichts mit Grossstadt zu tun,<br />

Kultur gehört überallhin.<br />

Niemand hätte damals gedacht, dass aus<br />

dieser Initiative dereinst das Musikdorf<br />

Ernen werden würde, das heute weltbe­<br />

1 Das Festivalorchester<br />

in der Barockkirche<br />

St. Georg in Ernen. Hier<br />

fanden die ersten Aufführungen<br />

statt, die der<br />

Grundstein des Musikdorfs<br />

Ernen waren. 2 Die<br />

Pianisten Alasdair Beatson<br />

und Paolo Giacometti<br />

treten diesen Sommer<br />

wieder in Ernen auf.<br />

Am 3. und am 5. August<br />

gemeinsam. 3 Kunstwerk:<br />

eine Barockvioline.<br />

1<br />

2<br />

3<br />

«Eigene Magie: Wer<br />

einmal in Ernen war, kommt<br />

immer wieder zurück»<br />

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