Berliner Kurier 23.05.2019

BERLINER KURIER, Donnerstag, 23. Mai 2019
BERLIN 15
Karin Milger,Vorsitzende
Richterin des Achten
Zivilsenats beim
Bundesgerichtshof
(BGH), eröffnete die
Verhandlungen über
Mieter-Kündigungen.
Wie wehreich mich
gegen Eigenbedarf?
ter leide und wie sich diese auswirken.
Die Berliner Mieterin lebt seit
1974 in ihrer etwa 73 Quadratmeter
großen Dreizimmerwohnung,
die sie gemeinsam mit ihren
zwei über 50 Jahre alten
Söhnen bewohnt. 2015 erwarb
der Vermieter die Wohnung
und erklärte kurz darauf die
Kündigung. Der Vermieter lebt
mit seiner Ehefrau und seinen
zwei Kindern selbst zur Miete
in einer 57 Quadratmeter großen
Zweizimmerwohnung.
Langfristig sei geplant, die
Wohnung der 80-Jährigen mit
der benachbarten Wohnung zu
verbinden. Diese hat der Vermieter
ebenfalls erworben.
Der Bundesverband deutscher
Wohnungs- und Immobilienunternehmen
GdW kommentierte
das Urteil mit dem
Hinweis, dass im Einzelfall immer
zwischen Eigenbedarf und
und sozialer Härte abgewogen
werden müsse. Der Berliner
Mieterverein (BMV) zeigte sich
wenig zufrieden. „Der BGH
Fotos: dpa, Imago Images/Gärtner
drückt sich umeine Klarstellung,
zu Lasten tausender Mieter“,
so BMV-Geschäftsführer
Reiner Wild. Im Berliner Fall
hätten vier Härtegründe vorgelegen:
hohesAlter, Demenz, tiefe
Verwurzelung im Quartier
und fehlender Ersatzwohnraum.
Was müsse denn noch
vorliegen, damit die Härtegründe,
die der Mieter geltend
mache, das Interesse des Vermieters
überwiegen, sagt Wild.
Er fordert einen besseren Kündigungsschutz.
ULP
Berlin – Nachdem der Bundesgerichtshof
über zwei
Eigenbedarfskündigung
entschieden hat, fragen
sich Mieter: Was tue ich,
wenn auch mir zu etwas
droht? Der KURIER beantwortet
wichtigste Fragen.
Wann darf der Vermieter
eine Eigenbedarfskündigung
schicken? Wenn er die
Wohnung für sich, seine Familienangehörigen
oder Angehörige
seines Haushalts
benötigt. Aber: Der Vermieter
muss vernünftige und
nachvollziehbare Gründe angeben.
Ob der Vermieter vernünftige
Gründe hat oder
nicht, wird bei Eigenbedarfsstreitigkeiten
vor Gericht
genau geprüft. Nicht akzeptabel
kann es sein, wenn
der Grund für den Eigenbedarf
schon bei Vertragsabschluss
vorlag oder absehbar
war, wenn im Haus eine andere,
gleichwertige Wohnung
frei ist, auf die der Vermieter
zurückgreifen könnte.
Wie stehen die Chancen,
die Kündigung abzuwehren?
Oft nicht so gut. In den
meisten Fällen kommt der
Vermieter mit der Eigenbedarfskündigung
durch, erklärt
Anwalt Christian Emmerich.
Aber nicht immer! In
einem Fall in Wedding wurde
eine Räumungsklage abgewendet.
Das Vermieterpaar
gab an, schwer kranke Eltern
in der Wohnung zu pflegen.
Es war aber unklar, welche
Eltern genau gemeint waren
und wie sie vorher wohnten.
Auch dass die Eltern wenig
Geld hatten, zählte nicht: Der
Mieter bekam Recht.
Wie wehre ich mich? Auf
jeden Fall Mieterverein oder
Anwalt einschalten. Der Anwalt
Christian Emmerich erlebte
zwei Fälle, in denen
Vermieter sagten, seine Kinder
bräuchten die Wohnung.
Er schickte einen Privatdetektiv
los. Ergebnis: Die Kinder
wollten gar nicht einziehen.
Punkt für den Mieter!
Das Gericht wird bei einer
Klage den anhören, der in die
Wohnung will. Wenn das Gericht
nicht überzeugt ist, dass
Eigenbedarf vorliegt, wird
die Klage abgewiesen.
Auf was ist zu achten?
Prüfen Sie Formalien einer
Kündigung: Ist sie schriftlich?
Sind alle Fristen eingehalten?
Wurde auf das Widerspruchsrecht
hingewiesen?
Fehlt was, kann die Kündigung
angefochten werden.
Was passiert, wenn sich
nachträglich herausstellt,
dass der Eigenbedarf vorgetäuscht
war? Gerichte
sprechen dann Schadenersatz
zu. Das können Umzugskosten
sein, aber auch höhere
Mietausgaben für die neue
Wohnung.
CHG
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