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LEOPARDEN<br />
der Farmer. «Aber es hat nicht geholfen.<br />
Wenn wir einen geschossen hatten, war<br />
kurz darauf wieder ein anderer da.» Man<br />
habe sich dann intensiv mit der Lebensweise<br />
der Raubtiere befasst und schliesslich<br />
eine Lösung gefunden. «Die Leoparden<br />
besetzen ein grosses Territorium und<br />
verteidigen es gegen jeden Artgenossen<br />
oft bis auf den Tod.» Weibchen werden<br />
vom Männchen im Revier nur zur Paarung<br />
geduldet. Die Weibchen verziehen<br />
sich anschliessend wieder in ihr Revier,<br />
um nicht in Gefahr zu geraten. Nach 90<br />
Tagen kommen in der Regel drei oder vier<br />
Junge zur Welt. Sie bleiben zwei Jahre<br />
lang bei der Mutter, um alles zu erlernen,<br />
was es im Leben braucht. Dann verlassen<br />
sie die Mutter und suchen ein eigenes Revier,<br />
das sie einem alternden Artgenossen<br />
oft im Kampf entreissen.<br />
Dieses territoriale Verhalten sei der<br />
Grund, warum die Jagd nicht geholfen<br />
hat: «Wenn wir einen Leoparden geschossen<br />
hatten, kam einfach ein anderer und<br />
besetzte sofort das Revier des getöteten<br />
Artgenossen.» Also verfolge man nun eine<br />
ganz andere Strategie. «Wir legen tote<br />
Kälber als Köder aus und präparieren sie<br />
so, dass der Leopard, sobald er den vermeintlichen<br />
Leckerbissen holen will, von<br />
einem Stromschlag getroffen wird. Leoparden<br />
sind intelligente Tiere und lernfähig.<br />
Der betreffende Leopard lässt fortan<br />
seine Pfoten von Kälbern. Und da er ja<br />
sein Revier verteidigt, haben wir Ruhe.»<br />
BEWEGUNG<br />
Schleichen, sprinten, klettern<br />
Die normale Fortbewegungsart<br />
des Leoparden ist der Schritt der<br />
Grosskatzen im typischen Kreuzgang.<br />
So können Leoparden grosse<br />
Strecken zurücklegen. Schneller<br />
ist der Trab, mit dem kurze Strecken<br />
zurückgelegt werden. Bei<br />
der Anschleichjagd kann es vorkommen,<br />
dass die ersten 10 bis<br />
30 Meter im Trab zurückgelegt<br />
werden, wobei der Körper sich<br />
zunehmend mehr duckt. Hier<br />
spricht man auch vom Schleichlauf.<br />
Auf der Jagd wird dieser<br />
Schleichlauf dann durch das<br />
Schleichkriechen abgelöst, bei<br />
dem der Bauch fast den Boden<br />
berührt und ein ganz langsamer<br />
Schritt eingehalten wird, der in<br />
jeder Phase unterbrochen werden<br />
kann. Das geschieht meistens<br />
dann, wenn das angeschlichene<br />
Beutetier aufmerksam wird. Der<br />
Leopard bleibt in dieser Position,<br />
bis die Wachsamkeit des Opfers<br />
nachlässt und er weiter schleichen<br />
kann. Ganz selten gelingt es,<br />
in freier Wildbahn einen solchen<br />
Schleichangriff zu beobachten.<br />
Im Sprint kann ein Leopard mehr<br />
als 60 km/h erreichen. Er benutzt<br />
Leoparden<br />
legen auch<br />
mal lange<br />
Strecken<br />
zurück.<br />
für die letzten Meter nach dem<br />
Anschleichen oder aus dem Ansitz<br />
heraus die raumgreifenden Sprünge,<br />
bei denen er meistens mit beiden<br />
Hinterbeinen zugleich losspringt.<br />
Mit hoher Geschwindigkeit<br />
können Leoparden allerdings<br />
nur kurze Strecken überwinden.<br />
Eine besondere Fortbewegungsart<br />
ist das Erklettern von Bäumen<br />
und das Umherklettern auf Ästen<br />
verschiedener Dicke innerhalb<br />
der Baumkrone. Beim Erklettern<br />
des Baumes werden die Krallen,<br />
die normalerweise eingezogen<br />
sind, ausgefahren. Sie fixieren den<br />
schweren Leopardenkörper selbst<br />
an einem glatten, senkrechten, dicken<br />
Stamm, indem sie tief in die<br />
Rinde eindringen. Ein Baum wird<br />
in Sprüngen bezwungen. Häufig<br />
macht der Leopard vom Boden<br />
aus einen besonders grossen<br />
Sprung nach oben, der schon den<br />
Schwung für die weiteren Sprünge<br />
liefert. Beim Absteigen springt er<br />
aus zwei bis vier Metern Höhe<br />
herunter. Leoparden sind nicht<br />
nur schlaue Schleicher, gute Sprinter<br />
und geschickte Kletterer. Sie<br />
sind auch gute Schwimmer.<br />
DIE AUSNAHME VON BERN<br />
So einfach ist das also. Der Farmer muss<br />
nicht mehr um seine Kälber und der Leopard<br />
nicht mehr um sein Leben fürchten.<br />
Und nun löst mein Gesprächspartner<br />
auch den «Fall Dählhölzli» auf. «Es gibt<br />
tatsächlich ganz seltene Fälle von zwei<br />
Leoparden, die sich ein Revier teilen.<br />
Warum sie sich vertragen, wissen wir<br />
nicht. Vielleicht hängt es damit zusammen,<br />
dass sie zusammen aufgewachsen<br />
sind. Vielleicht gibt es auch andere Gründe.<br />
So ein seltener Fall dürfte das Leoparden-Pärchen<br />
in Bern gewesen sein. Aber<br />
der Umzug in ein neues Gehege hat wohl<br />
die gleiche Wirkung gehabt wie der Umzug<br />
in ein neues Revier. Der Urinstinkt<br />
der Revier-Verteidigung ist dadurch wieder<br />
geweckt worden und das eine Tier ist<br />
auf das andere losgegangen.»<br />
Ich habe nur zahlreiche Reisen im südlichen<br />
Afrika unternommen, um die faszinierende<br />
Tierwelt zu beobachten. Aber<br />
ich bin nur Chronist und weder Zoologe<br />
noch Tierwärter und hüte mich deshalb,<br />
das damalige «Dählhölzli-Drama» zu beurteilen.<br />
Ich kann nur erzählen, was ich in<br />
Afrika, in Namibia erfahren habe. Aber<br />
die Erklärung des Farmers hat mich als<br />
Laien überzeugt. Und als das Feuer erlischt,<br />
bekommen wir noch eine Mahnung<br />
mit auf den Weg. «Verlassen Sie während<br />
der Nacht den Bungalow nicht. Manchmal<br />
sitzt ein Leopard auf dem Dach unserer<br />
Gebäude.» Und so erfahre ich noch einmal<br />
eine Besonderheit über diese Raubtiere.<br />
Sie sind so anpassungsfähig, dass sie sich<br />
– wie bei uns die Füchse – auch in dichtbesiedelten<br />
Gebieten zurechtfinden können.<br />
Dort machen sie Jagd auf freilaufende<br />
Hunde und Katzen – und die sind hier<br />
nicht selten. Ob das alles tatsächlich so ist<br />
oder nicht, weiss ich nicht. Aber hier mein<br />
Tipp: Wenn Sie einen Leoparden auf dem<br />
Hausdach sehen, lassen Sie Hund und<br />
Katze besser nicht mehr aus dem Haus.<br />
FOTO: SHUTTERSTOCK/YLQ<br />
22 s’<strong>Positive</strong> 5 / <strong>2019</strong>