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Berliner Kurier 04.06.2019

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*<br />

BERLIN<br />

DER<br />

ROTE<br />

TEPPICH<br />

Ehre, wemEhregebührt!<br />

JörgStempel<br />

hütet den<br />

Schatz der<br />

DDR-Plattenfirma<br />

Amiga.<br />

Fragen?<br />

Wünsche?<br />

Tipps?<br />

Redaktion: Tel. 030/63 33 11 456<br />

(Mo.–Fr. 10–18 Uhr)<br />

10969 Berlin, Alte Jakobstraße 105<br />

E-Mail: leser-bk@dumont.de<br />

Abo-Service: Tel. 030/232777<br />

Foto: dpa<br />

Die guten Rock-, Popund<br />

Schlager-Hits aus<br />

der DDR: Jörg Stempel (61)<br />

sorgt dafür, dass es sie noch<br />

immer zu hören gibt. Als<br />

letzter Amiga-Chef hütet er<br />

seit 1994 beim Musik-Konzern<br />

Sony den Nachlass des<br />

einstigen DDR-Schallplattenlabels.<br />

Ein Schatz<br />

von über 30000 Liedern<br />

von Stars wie den Puhdys,<br />

Karat, Regina Thoss, Bärbel<br />

Wachholz oder Renft, die<br />

dank Stempel nicht in Vergessenheit<br />

geraten und seit<br />

Jahren wieder als CD-Neupressungen<br />

unter dem traditionellen<br />

Label-Namen<br />

erscheinen. Kein Wunder,<br />

der Mann kennt sich wie<br />

kein anderer in Sachen Ost-<br />

Musik aus. Nachdem er in<br />

der DDR Außenwirtschaft<br />

studiert hatte und als Kulturorganisator<br />

für die Bauarbeiter<br />

an der Erdgastrasse<br />

in der Sowjetunion tätig<br />

war, arbeitete Stempel bei<br />

dem VEB-Schallplatte Berlin<br />

und damit für Amiga. Bei<br />

so manchen Aufnahmen im<br />

Studio war er dabei, traf<br />

viele Künstler auch privat.<br />

Zwei Jahre lang war Stempel<br />

sogar Manager der Puhdys.<br />

Mit seiner Hilfe entstand<br />

das Theaterstück<br />

„Die Legende vom heißen<br />

Sommer“, das im März in<br />

Dresden Premiere hatte<br />

und in dem 50 der schönsten<br />

Amiga-Hits zu hören<br />

sind.<br />

Fotos: Hinrichsen, Wächter<br />

Die Alpentour<br />

nach dem Alptraum<br />

Von<br />

FRAUKE HINRICHSEN<br />

Am25. Oktober 2017 wurde<br />

Beate Flanz, mit dem<br />

Rad auf dem Weg zur<br />

Arbeit, von einem Lkw überrollt.<br />

Sie überlebte, erlitt<br />

schwerste Verletzungen. Und<br />

kämpft sich allmählich ins Leben<br />

zurück. Gerade hat sie ihre<br />

erste lange Alpentour auf dem<br />

neuen Spezialrad geschafft.<br />

Die erste Pause ist hart. Mehrere<br />

Minuten braucht Beate<br />

Flanz, um sich, unterstützt von<br />

einem Mitradler, vom Sitz ihres<br />

Dreirads hochzustemmen, das<br />

rechte Bein mit der Prothese<br />

vorsichtig über die Pedale zu<br />

heben, den Gehstock aus seiner<br />

Halterung zu lösen. Bei den ersten<br />

Schritten Richtung Café<br />

strauchelt sie und droht zu<br />

stürzen. Die anderen sitzen<br />

schon bei ihren Getränken, als<br />

sie sich mühsam einen Stuhl<br />

heranzieht und wie in Zeitlupe<br />

daraufsinken lässt. Zehn Radler<br />

plaudern fröhlich miteinander,<br />

Beate Flanz sagt nichts. Sie ist<br />

traurig. „Wie schön es wäre,<br />

diese Radtour als Nichtbehinderte<br />

zu machen.“ Sie weint.<br />

Schon vor der Abfahrt war ihr<br />

klar, dass genau das auf dem Alpen-Adria-Radweg<br />

passieren<br />

könnte, dass der Anblick der<br />

anderen sie schmerzlich daran<br />

erinnern würde, dass es die alte<br />

Beate nicht mehr gibt.<br />

Am 25. Oktober 2017 wartete<br />

sie morgens auf ihrem Rad an<br />

der roten Ampel Westfälische,<br />

Ecke Konstanzer Straße, hinter<br />

ihr ein Lkw. Als die Radfahrerampel<br />

auf Grün sprang, fuhr sie<br />

los. Der Lkw-Fahrer bog rechts<br />

ab und überrollte Beate Flanz –<br />

ohne es zu merken, er fuhr weiter,<br />

bis ihn Zeugen anhielten.<br />

Ein Jahr lang lag Beate Flanz,<br />

heute 51, im Krankenhaus. Ihr<br />

Beate Flanz hat<br />

bei einem Unfall<br />

ihr rechtes Bein<br />

verloren, sitzt im<br />

Rollstuhl. Das<br />

Fahrradfahren<br />

gibt sie nicht auf.<br />

Berlins tapferste<br />

Radfahrerin kämpft<br />

sich zurück ins<br />

Leben, nachdem<br />

ein Lkw sie<br />

überrollte<br />

rechtes Bein musste amputiert<br />

werden, rechter Arm und rechte<br />

Hand sind gelähmt, ihr rechtes<br />

Augenlicht und ihr rechtes<br />

Gehör hat sie verloren. „Fünf<br />

Prozent, von dem was ich früher<br />

konnte, kann ich heute<br />

noch tun“, sagt Flanz. „Über<br />

neunzig Prozent der Zeit denke<br />

ich, dass es besser wäre, wenn<br />

ich gestorben wäre.“<br />

Dreimal pro Woche hat sie<br />

Physiotherapie, Ergotherapie<br />

und Logopädie, um ihren Körper<br />

zu stärken, die Beweglichkeit<br />

zu verbessern. Vom Wohnzimmer<br />

auf den Balkon zu gehen,<br />

sich ein Brot zu schmieren,<br />

sich eine Jacke anzuziehen –<br />

Kleinigkeiten wie diese sind<br />

Kraftakte für Beate Flanz, zeitraubend<br />

und frustrierend zugleich.<br />

Ein falsches Hinsetzen<br />

aufs Klo, eine unbedachte Bewegung<br />

mit der Prothese können<br />

zum Sturz führen und zum<br />

halbstündigem Herumrobben,<br />

bevor es ihr wieder gelingt, sich<br />

aufzurichten. „Mein Leben ist<br />

ein Kampf ohne Waffenstillstand“,<br />

sagt Beate Flanz.<br />

Täglich ist Beate Flanz früher<br />

Rad gefahren, zur Arbeit, im<br />

Urlaub. Schon kurz nach dem<br />

Aufwachen aus dem Koma war<br />

der Wunsch, eines Tages wieder<br />

radeln zu können, ein Hoffnungsschimmer.<br />

Im Herbst<br />

2018 zog sie in eine behindertengerechte<br />

Wohnung. Im Keller<br />

stehen die Überreste ihres<br />

Unfallfahrrades und ihr Tourenrad,<br />

das sie erst im Mai vor<br />

dem Unfall gekauft hatte, um<br />

Touren auf allen Kontinenten<br />

zu machen. Doch Beate Flanz<br />

musste erkennen, dass sie nie<br />

wieder ein normales Rad würde<br />

fahren können.<br />

Eineinhalb Jahre nach dem<br />

Unfall ist im April ihr Spezialrad<br />

geliefert worden. Ein dreirädriges<br />

Elektro-Liegerad, das<br />

sich mit der linken Hand len-

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