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*<br />
BERLIN<br />
DER<br />
ROTE<br />
TEPPICH<br />
Ehre, wemEhregebührt!<br />
JörgStempel<br />
hütet den<br />
Schatz der<br />
DDR-Plattenfirma<br />
Amiga.<br />
Fragen?<br />
Wünsche?<br />
Tipps?<br />
Redaktion: Tel. 030/63 33 11 456<br />
(Mo.–Fr. 10–18 Uhr)<br />
10969 Berlin, Alte Jakobstraße 105<br />
E-Mail: leser-bk@dumont.de<br />
Abo-Service: Tel. 030/232777<br />
Foto: dpa<br />
Die guten Rock-, Popund<br />
Schlager-Hits aus<br />
der DDR: Jörg Stempel (61)<br />
sorgt dafür, dass es sie noch<br />
immer zu hören gibt. Als<br />
letzter Amiga-Chef hütet er<br />
seit 1994 beim Musik-Konzern<br />
Sony den Nachlass des<br />
einstigen DDR-Schallplattenlabels.<br />
Ein Schatz<br />
von über 30000 Liedern<br />
von Stars wie den Puhdys,<br />
Karat, Regina Thoss, Bärbel<br />
Wachholz oder Renft, die<br />
dank Stempel nicht in Vergessenheit<br />
geraten und seit<br />
Jahren wieder als CD-Neupressungen<br />
unter dem traditionellen<br />
Label-Namen<br />
erscheinen. Kein Wunder,<br />
der Mann kennt sich wie<br />
kein anderer in Sachen Ost-<br />
Musik aus. Nachdem er in<br />
der DDR Außenwirtschaft<br />
studiert hatte und als Kulturorganisator<br />
für die Bauarbeiter<br />
an der Erdgastrasse<br />
in der Sowjetunion tätig<br />
war, arbeitete Stempel bei<br />
dem VEB-Schallplatte Berlin<br />
und damit für Amiga. Bei<br />
so manchen Aufnahmen im<br />
Studio war er dabei, traf<br />
viele Künstler auch privat.<br />
Zwei Jahre lang war Stempel<br />
sogar Manager der Puhdys.<br />
Mit seiner Hilfe entstand<br />
das Theaterstück<br />
„Die Legende vom heißen<br />
Sommer“, das im März in<br />
Dresden Premiere hatte<br />
und in dem 50 der schönsten<br />
Amiga-Hits zu hören<br />
sind.<br />
Fotos: Hinrichsen, Wächter<br />
Die Alpentour<br />
nach dem Alptraum<br />
Von<br />
FRAUKE HINRICHSEN<br />
Am25. Oktober 2017 wurde<br />
Beate Flanz, mit dem<br />
Rad auf dem Weg zur<br />
Arbeit, von einem Lkw überrollt.<br />
Sie überlebte, erlitt<br />
schwerste Verletzungen. Und<br />
kämpft sich allmählich ins Leben<br />
zurück. Gerade hat sie ihre<br />
erste lange Alpentour auf dem<br />
neuen Spezialrad geschafft.<br />
Die erste Pause ist hart. Mehrere<br />
Minuten braucht Beate<br />
Flanz, um sich, unterstützt von<br />
einem Mitradler, vom Sitz ihres<br />
Dreirads hochzustemmen, das<br />
rechte Bein mit der Prothese<br />
vorsichtig über die Pedale zu<br />
heben, den Gehstock aus seiner<br />
Halterung zu lösen. Bei den ersten<br />
Schritten Richtung Café<br />
strauchelt sie und droht zu<br />
stürzen. Die anderen sitzen<br />
schon bei ihren Getränken, als<br />
sie sich mühsam einen Stuhl<br />
heranzieht und wie in Zeitlupe<br />
daraufsinken lässt. Zehn Radler<br />
plaudern fröhlich miteinander,<br />
Beate Flanz sagt nichts. Sie ist<br />
traurig. „Wie schön es wäre,<br />
diese Radtour als Nichtbehinderte<br />
zu machen.“ Sie weint.<br />
Schon vor der Abfahrt war ihr<br />
klar, dass genau das auf dem Alpen-Adria-Radweg<br />
passieren<br />
könnte, dass der Anblick der<br />
anderen sie schmerzlich daran<br />
erinnern würde, dass es die alte<br />
Beate nicht mehr gibt.<br />
Am 25. Oktober 2017 wartete<br />
sie morgens auf ihrem Rad an<br />
der roten Ampel Westfälische,<br />
Ecke Konstanzer Straße, hinter<br />
ihr ein Lkw. Als die Radfahrerampel<br />
auf Grün sprang, fuhr sie<br />
los. Der Lkw-Fahrer bog rechts<br />
ab und überrollte Beate Flanz –<br />
ohne es zu merken, er fuhr weiter,<br />
bis ihn Zeugen anhielten.<br />
Ein Jahr lang lag Beate Flanz,<br />
heute 51, im Krankenhaus. Ihr<br />
Beate Flanz hat<br />
bei einem Unfall<br />
ihr rechtes Bein<br />
verloren, sitzt im<br />
Rollstuhl. Das<br />
Fahrradfahren<br />
gibt sie nicht auf.<br />
Berlins tapferste<br />
Radfahrerin kämpft<br />
sich zurück ins<br />
Leben, nachdem<br />
ein Lkw sie<br />
überrollte<br />
rechtes Bein musste amputiert<br />
werden, rechter Arm und rechte<br />
Hand sind gelähmt, ihr rechtes<br />
Augenlicht und ihr rechtes<br />
Gehör hat sie verloren. „Fünf<br />
Prozent, von dem was ich früher<br />
konnte, kann ich heute<br />
noch tun“, sagt Flanz. „Über<br />
neunzig Prozent der Zeit denke<br />
ich, dass es besser wäre, wenn<br />
ich gestorben wäre.“<br />
Dreimal pro Woche hat sie<br />
Physiotherapie, Ergotherapie<br />
und Logopädie, um ihren Körper<br />
zu stärken, die Beweglichkeit<br />
zu verbessern. Vom Wohnzimmer<br />
auf den Balkon zu gehen,<br />
sich ein Brot zu schmieren,<br />
sich eine Jacke anzuziehen –<br />
Kleinigkeiten wie diese sind<br />
Kraftakte für Beate Flanz, zeitraubend<br />
und frustrierend zugleich.<br />
Ein falsches Hinsetzen<br />
aufs Klo, eine unbedachte Bewegung<br />
mit der Prothese können<br />
zum Sturz führen und zum<br />
halbstündigem Herumrobben,<br />
bevor es ihr wieder gelingt, sich<br />
aufzurichten. „Mein Leben ist<br />
ein Kampf ohne Waffenstillstand“,<br />
sagt Beate Flanz.<br />
Täglich ist Beate Flanz früher<br />
Rad gefahren, zur Arbeit, im<br />
Urlaub. Schon kurz nach dem<br />
Aufwachen aus dem Koma war<br />
der Wunsch, eines Tages wieder<br />
radeln zu können, ein Hoffnungsschimmer.<br />
Im Herbst<br />
2018 zog sie in eine behindertengerechte<br />
Wohnung. Im Keller<br />
stehen die Überreste ihres<br />
Unfallfahrrades und ihr Tourenrad,<br />
das sie erst im Mai vor<br />
dem Unfall gekauft hatte, um<br />
Touren auf allen Kontinenten<br />
zu machen. Doch Beate Flanz<br />
musste erkennen, dass sie nie<br />
wieder ein normales Rad würde<br />
fahren können.<br />
Eineinhalb Jahre nach dem<br />
Unfall ist im April ihr Spezialrad<br />
geliefert worden. Ein dreirädriges<br />
Elektro-Liegerad, das<br />
sich mit der linken Hand len-