LERNEN MIT ZUKUNFT JUNI 2019

information & wahrnehmung
Hochsensitivität:
Herausforderungen im Leben von HSP
REIZÜBERFLUTUNG UND WIE SIE GEMEISTERT WERDEN KANN
Mag. a Sabine Knoll
Freie Autorin und Trainerin
Gründerin und Obfrau des
„hochsensitiv.netzwerk
von hsp für hsp“
Leiterin des WIFI-Lehrgangs
„Experte/Expertin
für HSP (Hochsensitive/
Hochsensible Personen)“
am WIFI Wien
www.sohreya.net
www.hochsensitiv.net
LINK zur Audio-Gallery
von Mag.a Knoll
Foto © pixabay.com
24 | JUNI 2019
Reizüberflutung ist der Knackpunkt
im Leben von HSP (Hochsensitiven
Personen). Die detailliertere
Reizwahrnehmung und -verarbeitung,
gepaart mit starker Empathie
und Emotionalität, kann schneller als bei
normalsensitiven Personen dazu führen,
dass die „Biofestplatte“ voll ist. Wird
nicht bewusst und rechtzeitig auf einen
Ausgleich geachtet, holt ihn sich der
Körper zuweilen durch ein Burnout.
Alles hat zwei Seiten. Der Genuss, den
die empfindsameren Sinne erlauben – von kulinarischen
Gaumenfreuden über den Duft einer Rose
und den erhebenden Anblick eines Sonnenuntergangs
bis zum kuscheligen Erleben von weichem
Stoff auf der Haut und der entspannenden Wirkung
von Musik – dem gleichzeitig die Belastungen dadurch
gegenüberstehen. Kaum eine HSP erträgt Lärm,
ein verrauchtes Lokal, grelles Licht, kratzige Materialien
oder minderwertiges Essen, um nur ein paar
Beispiele zu nennen. Dazu kommt die Feinfühligkeit
für die Energie von Plätzen und Menschen – so
schön eine nährende Begegnung sein kann oder das
Erleben eines Kraftplatzes, so kräfteraubend können
volle Einkaufszentren sein oder Menschen, die sich
Energie über Aufmerksamkeit holen.
VIDEO:
HSP-Vortrag Tipps
für den Alltag
Was HSP als Lernaufgabe mit in die Wiege bekommen
haben, ist, gesunde Grenzen zu setzen.
Was allerdings nur möglich ist, wenn man die
eigenen Grenzen wahrnimmt. Die Aufmerksamkeit
von HSP richtet sich häufig zuerst auf
die Mitmenschen und deren Wohlbefinden. Sie
möchten, dass es allen gut geht – und vergessen
dabei oft sich selbst. Doch wir können nur für
andere da sein, wenn wir für uns da sein können.
Niemandem hilft unser Zusammenbrechen.
Gut geerdet, gut im Körper und gut mit seinem
wahren Selbst, seiner Essenz, verbunden zu
sein, gibt ein Gefühl für das rechte Maß. Dann
lassen sich Grenzen in Liebe wahren. Die innere
Stimme ist meist recht klar bei Hochsensitiven
Menschen, sie auch nicht zu übergehen, ist für
ihr Leben zentral. Vor allem, wenn sie noch
zusätzlich Scanner-Persönlichkeiten sein sollten,
die Vielbegabten, Vielinteressierten. Oder High
Sensation Seeker auf der Suche nach starken
Reize und nach großen Risiken. Da kann der
innere Motor aufheulen, wenn diese Hin-undher-Gerissenen
mit einem Fuß auf dem Gaspedal
und mit dem anderen gleichzeitig auf der Bremse
stehen, weil die Vielfalt der Reize oft nicht
verarbeitet werden kann.
Balance ist der Schlüssel für HSP, der inneren
Stimme folgen, die genau weiß, wann es genug
ist, sie wieder deutlicher wahrnehmen lernen,
z. B. durch Meditation. Und wenn die Reizüberflutung
zu groß wird, hilft alles, was die Seele
nährt – von Waldspaziergängen über Tanzen
bis hin zu Kunstgenuss, von einem warmen
Bad über seelenvollen Lesestoff bis zu einer
Umarmung. Im Notfall totaler Reizentzug und
Ausschlafen im verdunkelten, ruhigen Raum.
Dann schaut die Welt gleich wieder
anders aus.