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6 <strong>Berliner</strong> <strong>Zeitung</strong> · N ummer 145 · M ittwoch, 26. Juni 2019<br />
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Hauptstadt<br />
Gesundheit<br />
19. Deutscher Bundestag<br />
Justiz und Verbraucherschutz<br />
Verabschiedete Gesetze<br />
6<br />
in Planung<br />
10<br />
AfD<br />
91 Sitze<br />
709<br />
Abgeordnete<br />
Die Linke<br />
69 Sitze<br />
Verabschiedete Gesetze<br />
in Planung<br />
27<br />
33<br />
Das Gesundheitsministerium hat auf die Anfrageder<br />
<strong>Berliner</strong> <strong>Zeitung</strong> am schnellsten geantwortet.<br />
Das passt zurArbeitsgeschwindigkeit<br />
vonMinister Jens Spahn (CDU). In der laufenden<br />
Legislaturperiode hat sein Haus mehrere wichtigeGesetzte vorgelegt,<br />
unter anderem zur Vergabe vonArztterminen, zur Regelung<br />
vonTransplantationen und Organspende sowie das Gesetz<br />
zur Stärkung des Pflegepersonals, das eine bessere Personalausstattung<br />
an Kliniken sichernsoll.<br />
Verabschiedete Gesetze<br />
1<br />
in Planung<br />
3<br />
Bildung und Forschung<br />
Das Bundesministerium für Bildung und Forschung<br />
hat sich bei der Vorlagevon Gesetzentwürfen<br />
eher zurückgehalten, was Ministerin<br />
Anja Karliczek (CDU) bisweilen vorgeworfen<br />
wurde. Immerhin wurde unter anderem das Bundesausbildungsförderungsgesetz<br />
geändert, das mehr Studenten mit<br />
BAföG versorgen soll. Es wird demnächst in Kraft treten.<br />
Familie und Frauen<br />
FDP<br />
80 Sitze<br />
fraktionslos<br />
CDU/CSU<br />
246 Sitze<br />
Fraktionslose<br />
4 Sitze<br />
Bündnis 90/Die Grünen<br />
67 Sitze<br />
Abwesenheiten der Fraktionen<br />
1. bis 105. Sitzung der 19.Legislaturperiode des Deutschen Bundestages<br />
SPD<br />
152 Sitze<br />
Linke SPD AfD Grüne FDP CDU/CSU<br />
14,52% 7,49% 5,65% 5,18% 5,03% 4,86% 3,62%<br />
Verschnaufpause<br />
20 Seiten mit Tabellen umfasst die Bilanz, die<br />
das Ministerium für Justiz und Verbraucherschutz<br />
schickte. Mit das wichtigste Gesetz, für<br />
das das Haus die Federführung hatte, ist das Gesetz<br />
zur Einführung einer Musterfeststellungsklage, mit der Verbraucherschutzverbände<br />
die Möglichkeit haben, zugunsten<br />
vonVerbrauchernvor Gericht zu ziehen. Amtsinhaberin Katarina<br />
Barley(SPD) wechselte inzwischen nach Brüssel.<br />
Verabschiedete Gesetze<br />
in Planung<br />
4<br />
Ernährung und Landwirtschaft<br />
12<br />
Die Ernährungs- und Landwirtschaftsministerin<br />
Julia Klöckner (CDU) hat ihr Amt mit dem<br />
Hinweis angetreten, sie sei kein verlängerter<br />
Armdes Bauernverbandes. Besonders unangenehm<br />
wurde sie aber nicht für die Lobby. Besondere Initiativen<br />
in Richtung naturverträgliche Landwirtschaft sind nicht bekannt,<br />
auch bei der Kennzeichnungspflicht vonZucker und Fett<br />
auf Lebensmitteln setzt sie lieber auf Freiwilligkeit der Industrie<br />
als auf feste Grenzwerte.<br />
Finanzen<br />
Verabschiedete Gesetze<br />
4<br />
in Planung<br />
7<br />
Zum Beginn der Parlamentsferien haben wir um eine<br />
Zwischenbilanz aus den Ministerien gebeten<br />
Verabschiedete Gesetze<br />
in Planung<br />
18<br />
20<br />
Auch Familienministerin Franziska Giffey(SPD)<br />
hat bereits gut vorgelegt, vorallem bei der<br />
kreativen Auswahl vonNamen für ihre Vorhaben.<br />
Das Gute-Kita-Gesetz ist im Januar in Kraft<br />
getreten, das Starke-Familien-Gesetz soll ab Juli gelten.<br />
Geplant sind außerdem die Weiterentwicklung des Kinderund<br />
Jugendmedienschutzes, eine Reformder Adoptionsvermittlung<br />
und eine Elterngeldreform.<br />
Verabschiedete Gesetze<br />
4<br />
in Planung<br />
9<br />
Umwelt und Naturschutz<br />
Umweltministerin Svenja Schulze (SPD) hat in<br />
ihrem Haus die größten Baustellen, weil Klimaund<br />
Umweltschutz derzeit eines der meistdiskutierten<br />
politischen Themen ist. So soll bis<br />
Ende des Jahres ein Klimaschutzgesetz verabschiedet<br />
werden. Außerdem sind weitere Aktionsprogramme für Insektenschutz<br />
und zur Luftreinhaltung in Planung.Wichtiges Etappenziel<br />
war die Verständigung auf den Kohleausstieg für das<br />
Jahr 2038.<br />
VonChristine Dankbar und Isabella Galanty (Grafiken)<br />
In dieser Woche tagt der Bundestag<br />
zum letzten Malvor der<br />
Sommerpause. Gut möglich,<br />
dass es die große Koalition bis<br />
zur nächsten Sitzung im September<br />
noch weiter auseinandergetrieben<br />
hat. Viele politische Beobachter<br />
rechnen ja mit einem baldigen Ende.<br />
Grund genug also,eine Zwischenbilanz<br />
der Regierungsarbeit zu ziehen.<br />
Die <strong>Berliner</strong> <strong>Zeitung</strong> hat bei allen<br />
Ministerien angefragt, welche<br />
Gesetzgebungsvorhaben sie bereits<br />
umgesetzt haben und welche sich<br />
noch in der Planung befinden. Die<br />
Antworten fallen sehr unterschiedlich<br />
aus,was nicht am unterschiedlichen<br />
Fleiß der Beteiligten liegt, sondern<br />
anden Geschäftsfeldern. So ist<br />
die Erarbeitung von Gesetzen im<br />
Auswärtigen Amt von eher untergeordneter<br />
Natur, während das Justizministerium<br />
gewissermaßen an allen<br />
Gesetzen mitwirkt, weil es die der<br />
anderen Häuser juristisch überprüft.<br />
Untätig geblieben ist kein Ministerium.<br />
Dennoch kann man sagen,<br />
dass die Ernüchterung über die Ergebnisse<br />
der meisten Ressorts überwiegt.<br />
Aus dem Forschungsministerium<br />
kamen wenige Impulse, das<br />
Umweltministerium kündigt vor allem<br />
viele Aktionsprogramme an, die<br />
Landwirtschaftsministerin will Verbesserungen<br />
vor allem im Einvernehmen<br />
mit jenen erreichen, die sie<br />
eigentlich nicht umsetzen wollen.<br />
Die Abgeordneten wiederum<br />
zeigten durchaus Standvermögen,<br />
ihreFehlzeitenimParlament hielten<br />
sich im Rahmen. Jetztsind jedenfalls<br />
erst einmal Ferien.Vielleichtbeginnt<br />
direkt danach schon wieder der<br />
nächste Wahlkampf.<br />
Spannend waren die letztenWochen für Finanzminister<br />
Olaf Scholz (SPD). Er muss vordem<br />
Jahreswechsel nocheineReformder Grundsteuer<br />
durchs Parlament bringen und war deshalb<br />
dringend auf einen Koalitionskompromiss angewiesen.<br />
Wichtigfür dieBürgerwar das Familienentlastungsgesetz mit<br />
Anhebung des Kindergeldes um 10 Euro pro Monat. Wichtige<br />
Planung: Die Abschaffung des Solidaritätszuschlags für 90<br />
Prozent der Steuerzahler.<br />
Arbeit und Soziales<br />
Verabschiedete Gesetze 10<br />
in Planung<br />
16<br />
Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) darf für<br />
sich in Anspruch nehmen, mit seinen Plänen<br />
den größtenKoalitionskrach initiiertzuhaben:<br />
Die Grundrente ohne Bedürftigkeitsprüfung ist<br />
so wie er sie plant, nicht vorgesehengewesen. Ob sie<br />
kommt, ist also noch unklar.Das Ministerium hatte großen Anteil<br />
am Starke-Familien-Gesetz und hat eine Reihe vonkleineren<br />
Verbesserungen für Arbeitnehmer/innen initiiert.<br />
Verteidigung<br />
Auswärtiges Amt<br />
Verkehr und Digitales<br />
Inneres, Bauen und Heimat<br />
Verabschiedete Gesetze<br />
1<br />
in Planung<br />
2<br />
Verabschiedete Gesetze<br />
3<br />
in Planung<br />
3<br />
Verabschiedete Gesetze<br />
keine Angaben<br />
in Planung<br />
keine Angaben<br />
Verabschiedete Gesetze<br />
in Planung<br />
12<br />
16<br />
Verteidigungsministerin Ursula vonder Leyen<br />
(CDU) hatte vorallem Scherereien mit der Kritik<br />
an den externen Beraternihres Ministeriums<br />
und dem Ärger um die Sanierung des Segelschulschiffs<br />
„Gorch Fock“. Verabschiedet wurde ein<br />
Gesetz, das die personelle Einsatzbereitschaft der Bundeswehr<br />
verstärken soll. Geplant sind außerdem Neuregelungen bei der<br />
Entschädigung vonSoldatinnen und Soldaten.<br />
Die außenpolitische Arbeit der Bundesregierung<br />
lässt sich nicht an den Gesetzesinitiativendes<br />
Auswärtigen Amtes messen, sondern<br />
eher an der Reisediplomatie des Ministers Heiko<br />
Maas (SPD). Dennoch gabesauch aus diesem Haus interessante<br />
Gesetzesinitiativen, so etwa das Brexit-Übergangsgesetz<br />
sowie den Gesetzentwurf zum Vertrag vom22. Januar 2019,<br />
mit dem die deutsch-französische Zusammenarbeit und Integration<br />
verbessertwerden soll.<br />
Das Bundesverkehrsministerium hatte in der<br />
vergangenen Woche ein bisschen Stress mit<br />
der Pkw-Maut, die ja nun doch nicht kommt.<br />
So reichte es nur für eine Liste, in der diverse Förderprogramme,<br />
etwa für „umweltfreundliche Lkw“ aufgelistet<br />
werden und auf weitere große Erfolgevon Minister Andreas<br />
Scheuer (CSU) hingewiesen wird: „Wir bringen ab sofortdas<br />
Turbo-Internet in alle Klassenzimmer.“<br />
Als der CSU-Politiker Horst Seehofer das Innenministerium<br />
übernahm, hat er sich auch noch<br />
die Zuständigkeiten für Bauen und Heimat<br />
übertragen lassen. Ausdiesen beiden Bereichen<br />
kamen wenigImpulse. Dafür hat Seehofer mit der Änderung<br />
des Asylgesetzes und dem Gesetz zur Fachkräfteeinwanderung<br />
tagelang die Diskussion dominiert. So wird es wohl<br />
auch sein,wenn demnächst das Gesetz zur Vereinfachung von<br />
Asylverfahren ansteht.<br />
PLATZ DER REPUBLIK<br />
Lasershow für<br />
die Demokratie<br />
Holger Schmale<br />
über Geschichtsunterricht untermSternenhimmel<br />
Das <strong>Berliner</strong> Parlamentsviertel ist<br />
nicht gerade eine Partyzone.<br />
Aber seit dieser Woche ist abends bei<br />
gutem Wetter,soab22Uhr,wenn die<br />
Sonne untergegangen ist, plötzlich<br />
doch einiges los zwischen Reichstagsgebäude<br />
und Marie-Elisabeth-<br />
Lüders-Haus auf der anderen Seite<br />
der Spree. Lasereffekte zucken über<br />
die Fassaden, dazu tönt „Tage wie<br />
diese“ vonden Toten Hosen in einem<br />
satten Sound über das Wasser. Dann<br />
verwandelt sich das Lüders-Haus in<br />
eine riesige Lichtspielbühne und oft<br />
verfolgen Hunderte Menschen gebannt<br />
eine Film- Licht- und Ton-Installation.<br />
Seit einigen Jahren schon<br />
veranstaltet der Bundestag in den<br />
Sommermonaten diese Abendunterhaltung,<br />
die historische und politische<br />
Information in einer höchst attraktiven,<br />
multimedialen Inszenierung<br />
bietet. Die halbstündige Installation<br />
trägt den Titel„Dem deutschen<br />
Volke —Eine parlamentarische Spurensuche.<br />
Vom Reichstag zum Bundestag“<br />
und zeigt die Geschichte des<br />
Parlamentarismus in Deutschland<br />
und die des Reichstagsgebäudes sozusagen<br />
am Originalschauplatz.<br />
DieZuschauer sitzen auf den Stufen<br />
am Reichstagsufer und erleben<br />
wichtigeWegmarken und emotionale<br />
Höhepunkte deutscher Parlamentsgeschichte<br />
– vom Kaiserreich Ende<br />
des 19. Jahrhunderts über die revolutionär<br />
beginnende Weimarer Zeit, die<br />
finsteren Jahrevon Nazi-Diktatur und<br />
Unterdrückung der Demokratie, die<br />
Teilung Deutschlands und die Blockade<br />
Berlins bis zum Mauerfall und<br />
der Wiedervereinigung. Die Hauptrolle<br />
spielt dabei stets das Reichstagsgebäude<br />
im Rücken der Zuschauer –<br />
wie es errichtet, zerstört, instand gesetzt,<br />
verhüllt und umgebaut wurde,<br />
bis schließlich 1999 dort wieder das<br />
Herz der deutschen Demokratie zu<br />
schlagen begann.<br />
Die Präsentation vermag es, die<br />
zeitgeschichtlichen Informationen<br />
in ein emotionales Erlebnis einzubetten.<br />
Insgesamt werden fünf Projektionsflächen<br />
bespielt, die größte<br />
in Form einesriesigen runden Gucklochs<br />
von 300 Quadratmetern, die<br />
kleinste hat immer noch 21 Quadratmeter.<br />
Zusätzlich werfen Laserprojektoren<br />
weitereMotiveauf verschiedene<br />
Gebäudeteile; Scheinwerfer<br />
und die Toninstallation schaffen<br />
eine eindrucksvolle Stimmung an<br />
der Spree, deren Wasser das Geschehen<br />
vielfältig reflektiert. EineVorführung<br />
dauert30Minuten und wirdjeden<br />
Abend zweimal hintereinander<br />
gezeigt. Der Film hat englische Untertitel,<br />
aber mithilfe einer App können<br />
ausländische Touristen den Text<br />
auf dem Smartphone in zehn Sprachen<br />
verfolgen. Zur heiteren Atmosphäre<br />
an den jetzt so besonders<br />
lauen Abenden trägt der freie und<br />
unkontrollierte Zugang mitten im<br />
Parlamentsviertel bei, eine schöne<br />
<strong>Berliner</strong> Besonderheit unter den großen<br />
Hauptstädten.<br />
In der letzten Sitzungswoche vor<br />
der Sommerpause hat der Bundestag<br />
noch einiges zu tun. Am Donnerstag<br />
absolviert ersozusagen ein Parallelprogramm<br />
zur Installation draußen.<br />
DieTagesordnung reicht fast bishalb<br />
zwei Uhr früh am Freitagmorgen.<br />
Aber es istgut möglich, dass Themen<br />
wie die Ferkelbetäubungssachkundeverordnung<br />
dann doch nicht mehr<br />
debattiert werden und die Abgeordneten<br />
einfach mal schauen, was sich<br />
da vorihrer Türsoabspielt.