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POLITIK<br />
Dieses Nichtstun<br />
ist tödlich!<br />
MEINE<br />
MEINUNG<br />
Von<br />
Harald<br />
Stutte<br />
Esist erschreckend, in<br />
welchen Niederungen<br />
Europa heute überMigration<br />
diskutiert.Teile von Politik<br />
und Öffentlichkeit halten es<br />
allenErnstes für angemessen,<br />
Menschen im Mittelmeer ertrinken<br />
zu lassen. Und sagen<br />
es auch so,währendRetter<br />
und Lösungssucher mitHass<br />
überzogen werden.Andere<br />
Politiker äußern sich verschämt<br />
gar nicht–aus Angst<br />
vor derRacheder Wutbürger.<br />
Sie setzen sich lieber dem<br />
Vorwurf unterlassener Hilfeleistung<br />
aus, weil politisches<br />
Nichtstuntötet.Diese tödliche<br />
Lähmung zu durchbrechenhat<br />
Außenminister Maas<br />
eine Initiativegestartet. Ziel<br />
sindfeste Kontingente eines<br />
Staaten-„Bündnisses der<br />
Hilfsbereiten“. Innenminister<br />
Seehoferhat bereits Zustimmung<br />
signalisiert.<br />
Beide haben damitein großes<br />
MaßanHerz und Verstand<br />
gezeigt. Seehofer muss sich<br />
nicht einmal vorhalten lassen,<br />
politischePirouetten zu drehen.Dennhier<br />
geht es um das<br />
nackte Überlebenvon Menschen<br />
in Not –nicht um eine<br />
großzügigere Einwanderungspolitik.Der<br />
Kampf<br />
gegen Schlepper, ein verschärftes<br />
Asylrechtoder die<br />
effizientere Rückführung sind<br />
damit keineswegs vom Tisch.<br />
MANN DESTAGES<br />
Wolodymyr Selenskyj<br />
Zwei Monate sind vergangen,<br />
seit der politische Neuling<br />
Wolodymyr Selenskyj<br />
(41) in der Ukraine Präsident<br />
geworden<br />
ist. Außenpolitisch<br />
setzt er bereits<br />
Akzente:<br />
Obwohl<br />
Russlands<br />
Präsident<br />
Wladimir<br />
Putin ihm<br />
nie gratulierte<br />
und<br />
als Provokation russische<br />
Pässe an die Bewohner der<br />
okkupierten Ostukraine verteilen<br />
ließ, griff Selenskyj<br />
zum Hörer und telefonierte<br />
mit dem Kreml –und bat um<br />
ein Treffen.<br />
Foto: Andrew Lahodynskyj/The Canadian<br />
Wie sozial ist die<br />
C0 -Steuer? 2<br />
Nach dem Vorstoß der „Wirtschaftsweisen“:<br />
Klimaabgabe für allekommt.Nur wann?<br />
Berlin –ImBundestag geht es<br />
ja eher ernst zu. Aber eben<br />
nicht immer. Bei einer spitzen,<br />
gewagten, absurden oder einfach<br />
nur witzigen Bemerkung<br />
lacht auch der Parlamentarier<br />
gerne. Im Protokoll des Bundestags<br />
wird dann „Heiterkeit“<br />
vermerkt.<br />
Die Rangliste der Abgeordneten,<br />
die ihre Kollegen am<br />
häufigsten zum Lachen bringen,<br />
führt Bundestagsvizepräsident<br />
Wolfgang Kubicki<br />
(FDP) an, wie der „Spiegel“ berichtet.<br />
Insgesamt 100-mal<br />
vermerken die Sitzungsprotokolle<br />
der laufendenLegislaturperiode<br />
„Heiterkeit“, wenn<br />
der Kieler das Wort ergriff –<br />
oder, wie im vorigen Novem-<br />
Berlin – Die Grundsatzentscheidung<br />
soll im Herbst fallen.<br />
Um die selbst gesteckten<br />
Klimaziele zu erreichen, will<br />
die Bundesregierung dann<br />
eine CO 2 -Steuer einführen.<br />
Wer könnten dabei Gewinner<br />
und Verlierer sein?<br />
Die Grundidee steht: CO 2 -Ausstoß<br />
wird künftig besteuert. Die<br />
„Wirtschaftsweisen“ rechnen<br />
in einem Gutachten mit 30 Euro<br />
pro Tonne Kohlendioxid, „Fridays<br />
for Future“ fordert 160<br />
Euro. In Schweden liegt die<br />
Steuer derzeit bei 115 Euro. In<br />
Deutschland könnte das Geld,<br />
das der Staat auf diese Weise<br />
einnimmt, an die Bürger als einheitliche<br />
Pauschale zurückfließen<br />
(das Regierungsgremium<br />
rechnet mit etwa 150 Euro/<br />
Jahr) oder nur an untere Einkommensschichten.<br />
Wer also<br />
wenig Kohlendioxid ausstößt,<br />
kann am Ende sogar profitieren.<br />
Wer viel ausstößt, verliert.<br />
Noch ist die Entscheidung über<br />
die Details –wie eine Rückzahlung<br />
erfolgt, welche Ausnahmen<br />
es gibt, ob und welche<br />
Steuern sinken –nicht gefallen.<br />
Trotzdem lässt sich schon erkennen,<br />
wer auf welcher Seite<br />
stehen wird:<br />
▶ VERLIERER<br />
Vielfahrer/Landbevölkerung:<br />
„Es wird teurer an der<br />
Zapfsäule“, so der Wirtschaftsweise<br />
Lars Feld. Benzin und<br />
Diesel könnten pro Liter durch<br />
die Steuer bis 2030 um bis zu 37<br />
Cent teurer werden. Ein Problem<br />
vor allem für jene, die auf<br />
dem Land leben und auf ihr<br />
Auto angewiesen sind. Oder für<br />
Besitzer von „Spritfressern“.<br />
Mieter alter Wohnungen:<br />
Bewohner schlecht gedämmter<br />
Wohnungen müssten mit<br />
Mehrkosten rechnen, da Öl und<br />
Gas höher besteuert werden<br />
sollen. Lukas Siebenkotten,<br />
Präsident des Mieterbundes,<br />
zur Funke-Gruppe: „Es kann<br />
nicht sein, dass die dadurch entstehenden<br />
Kosten auf die Mieter<br />
umgelegt werden. Diese haben<br />
keinen Einfluss darauf, wie<br />
ihre Wohnung geheizt wird.“<br />
Die Vermieter müssten die zu-<br />
Rauch zieht über die Dächer vonMehrfamilienhäusern im Süden der<br />
sächsischen Großstadt Leipzig.<br />
sätzlichen Kosten zahlen. Allerdings:<br />
Sanieren Besitzer Häuser<br />
energetisch, steigt die Miete.<br />
Singles, Alleinerziehende:<br />
Diese Gruppe droht überproportional<br />
belastet zu werden,<br />
weil sie in der Regel (pro Kopf<br />
gerechnet) größere Flächen bewohnt<br />
und deshalb im Verhältnis<br />
zu Mehrpersonenhaushalten<br />
relativ mehr Kohlendioxid<br />
produziert. Singles würden nur<br />
eine Rückzahlung („Kopfpauschale“)<br />
erhalten, Eltern mit<br />
drei Kindern aber beispielsweise<br />
fünf.<br />
▶ GEWINNER<br />
Städter (ohne Auto): Häuser<br />
sind in den Städten häufig<br />
besser isoliert als auf dem Land.<br />
Zudem haben Stadt-Bewohner<br />
den besseren Nahverkehr, können<br />
also das Auto sparsam einsetzen<br />
oder ganz darauf verzichten.<br />
Wohlhabende: Wer ein hohes<br />
Einkommen hat, gibt in der<br />
Regel nur einen geringen Anteil<br />
davon für den Energieverbrauch<br />
aus. Besonders profitieren<br />
diejenigen, die bereits in<br />
(bisher recht teure) Technologien<br />
investiert haben wie ein<br />
Elektroauto oder eine Wärmepumpe.<br />
Um untere Einkommen<br />
zu entlasten, ist eine Senkung<br />
der Mehrwertsteuer oder der<br />
Stromsteuer im Gespräch.<br />
Die Wirtschaft: Gewerbe,<br />
Dienstleistungen und Handel<br />
sollten von der CO 2 -Steuer ausgeschlossen<br />
werden, empfehlen<br />
die Wirtschaftsweisen. Begründung:<br />
Diese könnten die<br />
Mehrkosten einfach auf Haushalte<br />
abwälzen.<br />
Kubicki –unschlagbar witzig<br />
Dasliberale Nordlichtsorgte laut Sitzungsprotokoll im Bundestag 100-mal für „Heiterkeit“<br />
ber passiert, als Sitzungsleiter<br />
bei einer Abstimmung seine<br />
eigene Partei vergaß. Damit<br />
liegtKubicki weit vor Bundestagspräsident<br />
Wolfgang<br />
Schäuble (CDU) mit 51 entsprechenden<br />
Vermerken. Vizepräsidentin<br />
Claudia Roth<br />
(Grüne) bringt es noch auf 46<br />
Heiterkeitsausbrüche. Kanzlerin<br />
Angela Merkel (CDU),<br />
die 23-mal für Ausgelassenheit<br />
gesorgt hat, landet auf Platz<br />
vier des Bundestagsrankings.<br />
Auch der CDU-Jungstar Philipp<br />
Amthor (18 Vermerke)<br />
und Thomas Oppermann<br />
(SPD, 15 Vermerke) gehören<br />
noch in die Top Ten<br />
der lustigstenAbgeordneten.<br />
Bei den Ordnungsrufen,<br />
denen normalerweise „Unmutsbekundun-<br />
gen“ vorausgehen,<br />
liegt der<br />
Analyse zufolge<br />
die AfD<br />
vorn: Von<br />
insgesamt 14<br />
Verwarnungen<br />
wurden<br />
acht anAbgeordnete<br />
aus der AfD-Fraktion<br />
ausgesprochen. Rekordhalterin:<br />
Beatrix von Storch (AfD),<br />
die als einzige Abgeordnete<br />
zweimal zur Ordnung gerufen<br />
worden sei –aneinem<br />
Tag! Dreimalermahntedas<br />
Präsidium Delegierte der<br />
Linken, zweimal Abgeordnete<br />
der SPD und einmal<br />
die FDP.<br />
Foto: Frank Molter/d<br />
er/dpa<br />
Stetseinenlosen Witz auf<br />
denLippen: Der FDP-<br />
Politiker Wolfgang<br />
Kubicki (FDP). Im<br />
Bundestag sorgte<br />
er für die<br />
meisten Lacher.<br />
Foto: Jan Woitas/dpa