IM FOKUS Betriebsbesichtigung im Klassenraum Wie vermittelt man Schülerinnen und Schülern ein realistisches Bild von Ausbildungsberufen? Mit Virtual Reality. Text Vincent Hochhausen Foto: © LightField Studios / Shutterstock.com 10 | ›› <strong>BILDUNGSPRAXIS</strong> – <strong>02</strong>/<strong>2019</strong>
Lächelnd tritt Tammy Weiße aus dem Büro in die Weinabteilung. Tammy, Personalleiterin bei einer Edeka-Filiale in Braunschweig, stellt sich freundlich vor, erzählt über den Alltag im Unternehmen und über die Ausbildung. „In einer kaufmännischen Ausbildung durchläufst du alle Abteilungen bei uns, hier siehst du die Obst- und Gemüseabteilung“, erklärt sie. Danach geht es in die nächste Abteilung. Sie plaudert mit den Angestellten an der Frischetheke über ihre Aufgaben, über die Ausbildung und die Entwicklungsmöglichkeiten im Unternehmen. Das Besondere daran: Die Besucher, die sie durch das Unternehmen führt, befinden sich nicht bei ihr. Sondern im Klassenraum. Sie sehen sich den aufgezeichneten Rundgang über Virtual Reality-Brillen an. Wie Mini-Praktika Das Virtual Reality-Video von Tammy Weiße ist Teil des Projektes „Beruf VR“ und soll die Unterrichtsstunden zur Berufsorientierung an Schulen bereichern. Die Grundidee ist, so den Schülerinnen und Schülern drei- bis fünfminütige Mini-Praktika zu ermöglichen. „Wir hören von Ausbildern immer, dass die besten Azubis diejenigen sind, die vorher entweder ein Praktikum im Betrieb gemacht haben oder sich anderweitig mit dem Unternehmen beschäftigt haben“, sagt Sebastian Seidel. Er ist einer der Gründer des Unternehmens Twinc, das das Beruf VR-Projekt entwickelt hat und umsetzt. „Wir wollen VR-Technologie nutzen, um praktischen Einblicke unkompliziert in der schulischen Berufsorientierung zu ermöglichen.“ Einfache Anwendung ist wichtig Gestartet ist das Projekt vergangenes Jahr zunächst als Testphase mit sechs Videos. Sie geben Einblicke in die Ausbildung als Informatikkaufmann /-frau, Berufskraftfahrer, Einzelhandelskaufmann /-frau, Packmitteltechnologen, Bürokaufmann/-frau und Elektroniker für Automatisierungstechnik. Sie wurden in Zusammenarbeit mit der Industrie- und Handelskammer Braunschweig erstellt, weitere Kammern sollen nun als Kooperationspartner folgen. Mit den Videos sollen speziell Betriebe und Berufe, die Probleme haben, Nachwuchs zu finden, beim Recruiting unterstützt werden. Unternehmen, die sich über ein VR-Video präsentieren möchten, wenden sich an die IHK oder direkt an die Projektverantwortlichen, und lassen sich dann gegen eine Gebühr den Film produzieren. Obwohl die Filme bei Schülerinnen und Schülern und Unternehmen gut ankämen, hätten die Macher aus der Testphase des Projektes wichtige Lehren gezogen, berichtet Seidel: „Am Anfang wollten wir die Schüler nicht überfrachten und haben die Videos relativ statisch gefilmt. Mittlerweile merken wir aber, dass wir sie aus Nutzersicht durchaus dynamischer gestalten und auch interaktive Elemente wie Texteinblendungen einbauen können.“ Zudem sollen die Filme künftig auf drei bis vier Minuten statt fünf bis sechs verkürzt werden. „Eine Minute kann bei der Aufmerksamkeitsspanne der Schüler schon einen großen Unterschied machen“, sagt Seidel. Weitere Informationen: »» Informationen zum Projekt Beruf VR auf: »» www.berufvr.de »» VR-Betriebsbesichtigungen „Dein erster Tag“: »» www.deinerstertag.de