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Berliner Kurier 11.08.2019

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14 BERLINER KURIER, Sonntag, 11. August 2019<br />

als Erstes das Gästehaus der<br />

Evangelischen Kirche Berlin-<br />

Brandenburg-schlesische<br />

Oberlausitz ein.<br />

Der zuständige Diakon Norbert<br />

Lehmann hat sich in einem<br />

Telefonat spontan dazu bereiterklärt,<br />

von Cottbus herüberzukommen.<br />

Er fand die Geschichte<br />

aus den 70ern mit der Autobahnabfahrt<br />

amüsant. Und als<br />

er erfuhr, dass die Tochter des<br />

Anrufers vor zwei Jahren mit<br />

ihrer <strong>Berliner</strong> Kita im Landhof<br />

zu Gast war und dass sie lange<br />

vor dem Vater in Klein Bademeusel<br />

nach dem großen Badespaß<br />

hatte suchen können,<br />

musste Lehmann lachen. „Da<br />

wird sie bei uns nicht fündig geworden<br />

sein“, hat er gesagt und<br />

12.30 Uhr für ein Treffen vorgeschlagen.<br />

Pünktlich auf die Minute<br />

schaukelt Lehmann durch die<br />

Kuhlen eines Sandwegs. Er<br />

winkt durch das geöffnete Seitenfenster<br />

seines Autos,<br />

schaukelt weiter auf den<br />

Parkplatz vor dem Land-<br />

Gleich wird er einen<br />

hof.<br />

Tipp abgeben, wo eine<br />

Badestelle zu finden sein<br />

könnte, nicht weit ent-<br />

vom Landhof.<br />

fernt<br />

Doch nach der Be-<br />

geht es<br />

grüßung<br />

zunächst<br />

um<br />

anderes<br />

Wasser.<br />

Wasser,<br />

das eines Tages verschwand<br />

und sobald nicht wieder auftauchen<br />

wird. Und Wasser, das<br />

reichlich vorhanden, aber für<br />

das menschliche Auge ununser<br />

Landhof“, sagt<br />

Leh-<br />

sichtbar ist.<br />

„Das ist also<br />

mann. Er erzählt,<br />

dass dieses weiß<br />

ge-<br />

das<br />

tünchte Haus mal<br />

Forsthaus von Klein<br />

Bademeusel war.<br />

Als der Förster<br />

in den Ruhe-<br />

stand ging,<br />

stand das<br />

Gebäude<br />

Der Froschteich von<br />

Klein Bademeusel liegt<br />

im Wald verborgen.<br />

Fotos: Benjamin Pritzkuleit<br />

samt Gelände zum Verkauf. Die<br />

evangelische Kirche erhielt den<br />

Zuschlag, 1996 begann die Rekonstruktion<br />

der Anlage.<br />

Der Platz erwies sich als ideal<br />

für eine Begegnungsstätte, einen<br />

Ort des Besinnens und der<br />

Begegnung mitten im brandenburgischen<br />

Nadelwald, fernab<br />

von allem. Fast allem. Es<br />

summt, leise, gerade noch vernehmbar.<br />

Insekten? Ein Hornissenschwarm<br />

klingt vermutlich<br />

anders. „Die Autobahn“,<br />

sagt Lehmann. „Seit sie nach<br />

dem letzten großen Sturm Teile<br />

des Unterholzes entfernt<br />

haben, hört man bei einer bestimmten<br />

Windrichtung ein<br />

bisschen mehr.“<br />

Hinter dem Haus liegt eine<br />

weite Rasenfläche, eingerahmt<br />

von einem Kieferngeviert. An<br />

einer Seite wachsen Blattspitzen<br />

senkrecht aus der Grasnarbe<br />

hinaus; eine optische Täuschung,<br />

wie sich mit jedem<br />

Schritt immer deutlicher zeigt.<br />

Es sind Wasserpflanzen, die in<br />

einer Kuhle stehen; sie krallen<br />

ihre Wurzeln in etwas, das einst<br />

der Untergrund eines Teiches<br />

war. Trotzig sehen sie aus, wie<br />

sie da scheinbar im Trockenen<br />

ausharren, umrahmt von<br />

schwarzer, rissiger Folie. Von<br />

der Sonne ausgedörrter Sand<br />

schimmert hindurch. An diesen<br />

Stellen versickert das Regenwasser<br />

im Boden auf Nimmerwiedersehen.<br />

Kein Bad in Klein Bademeusel,<br />

auch hier nicht, nicht einmal<br />

ein Fußbad.<br />

Klein Bademeusel ist von<br />

der Hauptstadt aus in rund<br />

zwei Autostunden zu erreichen.<br />

Dresden und<br />

Leipzig sind nicht weit entfernt.<br />

Kindergärten, Schulklassen,<br />

kirchliche Jugendgruppen<br />

machen sich das zunutze. An<br />

den Wochenenden sind die 26<br />

Betten des Landhofs meist restlos<br />

belegt.<br />

Der Landhof ist umweltfreundlich,<br />

das Gelände liegt<br />

am Ende des Wasserstrangs<br />

nach Klein Bademeusel. „Das<br />

Abwasser wird über eine Wurzelkläranlage<br />

abgeführt, alles,<br />

was nicht flüssig ist, herausgefiltert“,<br />

sagt Lehmann.<br />

Zurück zu den Wurzeln? Das<br />

könnte die Überschrift für das<br />

sein, was Lehmann und seine<br />

Mitstreiter hier auf dem Landhof<br />

im übertragenen Sinn machen.<br />

Und wofür ein Holzbau<br />

am Waldrand ein Zeichen ist,<br />

weshalb der Diakon den Rundgang<br />

nicht beenden möchte,<br />

ohne einen Blick ins Innere geworfen<br />

zu haben.<br />

Die Tür ist nicht abgeschlossen.<br />

„Aha, gut, so wollen wir es<br />

ja auch halten“, sagt Lehmann.<br />

Ein sakraler Raum sollte zugänglich<br />

sein, und diese Hütte<br />

ist streng genommen nichts anderes<br />

als ein sakraler Raum: eine<br />

Kapelle. Anfangs hatten sie<br />

die Tür abgeschlossen. „Doch<br />

dann wurde nachts mehrmals<br />

eingebrochen“, erzählt Lehmann.<br />

„Wahrscheinlich aus<br />

Neugier, um zu sehen, was so<br />

wichtig ist, dass es hinter einer<br />

Tür verborgen wird.“<br />

Ein selbst gezimmerter Tisch<br />

aus Baumstämmen,<br />

darauf<br />

fällt der<br />

Blick<br />

DiakonNorbert<br />

Lehmann, der in<br />

Cottbus wohnt,<br />

steht auch im<br />

Dienstder Kirche<br />

und der Jugend in<br />

Klein Bademeusel.

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