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POLITIK<br />
Bloß nicht zu<br />
frühfreuen!<br />
MEINE<br />
MEINUNG<br />
Von<br />
Christian<br />
Burmeister<br />
Naendlich!Jahrelang ist<br />
nur geredetworden, nun<br />
habenFinanzminister Olaf<br />
Scholz (SPD) und die GroKo<br />
einen Gesetzentwurf zumAbbaudes<br />
Solidaritätszuschlags<br />
vorgelegt. Besondershäufig ist<br />
es in derGeschichte noch<br />
nichtvorgekommen, dass einmal<br />
eingeführte Steuern oder<br />
Abgabenwieder abgeschafft<br />
wurden.Und auch in diesem<br />
Fall hatdie Politik Trennungsschmerzen:<br />
Scholz beharrt darauf,<br />
dassdie oberen 3,5 Prozentder<br />
Einkommenden Soli<br />
weiter zahlen. Ursprünglich<br />
solltenes5Prozent sein.<br />
Für die meisten Bürgerwird<br />
dieSoli-Abschaffung eine<br />
spürbare Entlastung bringen,<br />
immerhin sollen die Steuerzahler<br />
dieses Jahrlaut Prognosen<br />
nocheinmal mehr als 19<br />
MilliardenEuro für dieAbgabe<br />
zahlen.<br />
Trotzdemsolltensich die<br />
Steuerzahler nicht zu früh<br />
freuen. Denn mit der Abschaffungdes<br />
Solis ist wohl die politische<br />
Voraussetzung für neue<br />
Steuernund Abgaben geschaffen<br />
–wie beispielsweise eine<br />
CO2-, Flug- oder Fleischsteuer.<br />
Ob dieBürger in ein<br />
paar Jahrendann weniger<br />
oder mehr im Geldbeutel haben<br />
werdenals heute, weiß<br />
aber wohlnoch nicht einmal<br />
derFinanzminister selbst.<br />
MANN DESTAGES<br />
Jair Bolsonaro<br />
Er lässt gnadenlos den Regenwald<br />
abholzen, um maximalen<br />
Profit aus den Landflächen<br />
zu schlagen –Brasiliens<br />
rechtsradikaler<br />
Präsident<br />
Jair<br />
Bolsonaro<br />
ist bisher<br />
nicht gerade<br />
als Umweltschützer<br />
aufgefallen.<br />
Doch jetzt<br />
kam der 64-<br />
Jährige mit einem skurrilen<br />
Klimarettungsplan um die<br />
Ecke: „Wer etwas weniger<br />
isst, muss nur alle zwei Tage<br />
ein großes Geschäft verrichten.<br />
Das wäre besser für die<br />
ganze Welt.“ Ohne Worte.<br />
Foto: Eraldo Peres/AP<br />
Olaf Scholzschafftden<br />
Solidaritätszuschlag ab<br />
90 Prozent aller Steuerzahler müssen ab 2020gar nichts mehr für dieneuen Bundesländer abgeben<br />
Berlin – Seit 1991 wird sie erhoben,<br />
bald ist die Abgabe<br />
für die meisten Geschichte:<br />
Bundesfinanzminister Olaf<br />
Scholz (SPD) hat einen Gesetzentwurf<br />
fürdie Abschaffung<br />
des Solidaritätszuschlags<br />
–besser bekannt als<br />
Soli – vorgelegt. Er enthält<br />
eine kleine Überraschung:<br />
Mehr Menschen als bisher<br />
geplant werden finanziell<br />
entlastet.<br />
Mitder Reform von Scholz solleninsgesamt<br />
96,5 Prozent aller<br />
Steuerzahler bessergestellt<br />
werden als heute. Für 90 Prozent<br />
aller Steuerzahler sollder<br />
Soli komplett wegfallen, weitere<br />
6,5Prozent müssten ihnnur<br />
teilweise zahlen –jehöher<br />
das Einkommen, desto<br />
mehr. Das soll verhindern,<br />
dass jemand,<br />
dessen Gehalt die<br />
Schafft den Soli<br />
faktisch ab:<br />
Bundesfinanzminister<br />
Olaf Scholz.<br />
Freigrenze um einen Euro überschreitet,<br />
schon involler Höhe<br />
belastet wird. 3,5 Prozent der<br />
Steuerpflichtigen müssten den<br />
vollen Satz zahlen: 5,5 Prozent.<br />
Für Steuerzahler bedeuten<br />
Scholz’ Pläne: Wer als alleinstehender<br />
sozialversicherungspflichtiger<br />
Arbeitnehmer<br />
bis zu 73 874 Euro brutto im<br />
Jahrverdient,musskünftiggar<br />
nichts mehranSoli zahlen. Mit<br />
einem höheren Einkommen<br />
wüchse die Belastung, bis bei<br />
109 451 Euro Bruttolohn die<br />
vollen 5,5 Prozentfällig<br />
würden. Eine<br />
Familie mit zwei<br />
Foto: Xander Heinl/lmago<br />
keine Flüge erfasst, die beispielsweise<br />
von den Fraktionen<br />
oder den Abgeordneten selbst<br />
bezahlt werden, geht hervor:<br />
Die MdB jetten häufig von Berlin<br />
in ihre jeweiligen Wahlkreise.<br />
Aber auch offizielle Delegationsreisen<br />
per Flugzeug sind<br />
dabei. Bei diesen informieren<br />
sich Abgeordnete vor Ort über<br />
die Entwicklungen in ihrem<br />
Fachgebiet.<br />
So reistenbeispielsweise Mitglieder<br />
des Verteidigungsausschusses<br />
2018 in den Kosovo,<br />
um dort stationierte Bundeswehrsoldaten<br />
zu besuchen.2017<br />
waren die Abgeordneten „nur“<br />
7,4 Millionen Kilometer geflogen.<br />
2015 waren es allerdings<br />
noch 11,4 Millionen und 2016<br />
rund 11,1 Millionen. Inabsoluten<br />
Zahlen flogen laut „Bild“ die<br />
Kindern und<br />
einem Alleinverdiener<br />
wäredemnach<br />
bis zu einem Bruttojahreslohn<br />
von 151 990 Euro von<br />
der Abgabe befreit. Abeinem<br />
Bruttojahreslohn von 221 375<br />
Euro müsste der volle Soli gezahlt<br />
werden.<br />
Im Gesetzentwurf heißt es,<br />
„im ersten Schritt“ würden<br />
rund 90 Prozentder Zahler von<br />
Lohnsteuer und veranlagter<br />
Einkommensteuer vollständig<br />
entlastet. Die Formulierung<br />
„im ersten Schritt“lässtweitere<br />
Schritteoffen. Aber geht die<br />
GroKo noch weiter? Darüber<br />
streiten sich Union und SPD.<br />
Die Sozialdemokraten wollen es<br />
bei der Regelungbelassen, Gutverdienern<br />
den Soli weiter abverlangen.<br />
Sosagt der stellvertretende<br />
SPD-Fraktionsvize<br />
Achim Post: „Eine vollständige<br />
Abschaffung des Soli lehnt die<br />
SPD ab“.<br />
Für CDU/CSU ist das neue<br />
Gesetz hingegen nur der Anfang.<br />
Fraktionschef Ralph<br />
Brinkhaus (CDU): „Wir inder<br />
Union halten weiter an dem<br />
Ziel fest, den Soli für alle<br />
Steuerzahler abzuschaffen.<br />
Grüne Abgeordnete fliegen mehr<br />
Unions-Abgeordneten am häufigsten<br />
(330 Einzeldienstreisen).<br />
Pro Kopf sollen demnach<br />
die Grünen-Abgeordneten am<br />
häufigsten geflogen sein: 126<br />
Das wurde bei der Einführung<br />
des Soliversprochen und ist für<br />
uns eine Frageder Verlässlichkeit.“<br />
CDU-Generalsekretär<br />
Paul Ziemiak sagte: „Ich rechne<br />
damit, dass noch in diesem<br />
Monatdas Kabinett die Entlastung<br />
aufden Weg bringt,damit<br />
das Geld schnell bei den Bürgern<br />
ankommt.“<br />
Auch die FDP fordert einen<br />
vollständigen Abbau. Fraktions-Vize<br />
Christian Dürr: „Ab<br />
dem 1. Januar ist der Soli verfassungswidrig<br />
– die Menschen<br />
werden also massenhaft<br />
Widersprüche gegen ihre<br />
Steuerbescheide einlegen.“<br />
Der ehemalige Präsident des<br />
Bundesverfassungsgerichts,<br />
Hans-Jürgen Papier, hatte den<br />
Soli ab 2020ineinem Gutachten<br />
als verfassungswidrig bezeichnet.<br />
Der Zuschlag beträgt 5,5<br />
Prozent derKörperschaft-oder<br />
Einkommensteuer. Im Haushaltsjahr<br />
2018 brachte er dem<br />
Staat laut Finanzministerium<br />
18,9Milliarden Euro ein. Neben<br />
Arbeitnehmern zahlen auch<br />
Gewerbetreibende die Abgabe.<br />
Parlamentarier der Öko-Partei im Bundestag kamen im Schnitt proKopf auf126 Flüge in zwei Jahren<br />
Berlin –Weniger fliegen, um<br />
das Klima zu schonen? Den<br />
Bundestagsabgeordneten fällt<br />
das schwer. Im Rahmen ihrer<br />
Tätigkeit haben die 709 Parlamentarier<br />
im Jahr 2018 insgesamt<br />
9,08 Millionen Flugmeilen<br />
(14,6 Millionen Kilometer) zurückgelegt.<br />
Sie flogen damit<br />
mehr als im Jahr zuvor –aber<br />
immerhin auch weniger als<br />
noch 2015 und 2016. Pro Kopf<br />
gerechnet stiegen die Grünen<br />
am häufigsten ins Flugzeug. Jeder<br />
Parlamentarier legte 2018<br />
im Durchschnitt 13 000 Meilen<br />
mit dem Flugzeug zurück, berichten<br />
die Zeitungen der Funke-Mediengruppe.<br />
Das entspricht<br />
einem Flug von Frankfurt<br />
nach Singapur und zurück.<br />
Aus der Auflistung der Bundestagsverwaltung,<br />
die allerdings<br />
Mal in zwei Jahren. FürDienstreisen<br />
mit dem Flugzeugwerde<br />
„eine CO 2 -Kompensation vorgenommen”,<br />
erklärten die Grünen<br />
auf Nachfrage.<br />
Heftiges Hin und Her: Wie in unserer Fotomontage bevölkern Flugzeuge mit<br />
Bundestagsabgeordneten an Bord den Himmel über Deutschland.<br />
Foto: RND-Monatge/Fotolia